Philip Bruchner
Beiträge in merz
- Elke Dillmann / Philip Bruchner: Ohren auf - wie klingt der Wald?
Elke Dillmann / Philip Bruchner: Ohren auf - wie klingt der Wald?
Zwölf Kinder suchen nach dem blauen Gold: Woher kommt unser Trinkwasser? Was macht es so wertvoll? Was tun wir und was tut der Wald, um es zu erhalten? Die Kinder sitzen im Kreis auf dem Waldweg. In der Mitte: Ein Aufnahmegerät und ein Mikrofon.
Das Leben eines Wassertropfens im Gebirge ist das Thema der Geschichte, die sich die Kinder ausgedacht haben. Zuerst wird die Geschichte gespielt. Die Gebirgswiese wird zum Tegernsee, in dem die Kinder als Wassertropfen herumplantschen. Plötzlich wird es furchtbar heiß, die Kinder steigen auf und schaukeln in einer Wolke dahin, bis ein heftiges Gewitter sie wieder he-runterplatschen lässt. Sie landen im Wald, versickern, gelangen zur Quelle, zum Bach, zum Fluss und landen schließlich wieder im Tegernsee. Anschließend haben alle eine halbe Stunde Zeit, sich in Kleingruppen je eine Etappe dieser Reise genau zu überlegen, schöne sprachliche Bilder und lautmalerische Wörter zu finden und die passenden Geräusche zu suchen. Dann wird die Klang-Geschichte aufgenommen. Selbstverständlich sind die Kinder die Tontechniker und die Regisseure „ihrer“ Geschichte, die Erwachsenen wirken nur unterstützend und geben Tipps.
Die zwölf „Kinderreporter“ verbringen das Wochenende in einer einfachen Forsthütte. Nach der Zugfahrt wandern sie gemeinsam zur Hütte, erkunden das Matratzenlager und richten sich für das Wochenende ein. Die Kinder sind verantwortlich für die Vorbereitung der Mahlzeiten, sie sammeln Holz und schüren den Herd in der Küche ein. Die einfache Berghütte setzt Zusammenarbeit im Team und Selbstorganisation der Gruppe voraus.
Samstag ist Arbeitstag. Die Kinderreporter sind mit dem Förster im steilen Bergwald unterwegs. Es wird experimentiert. Obststeige Nr. 1 enthält blanke Erde und Steine, Obsteige Nr. 2 wird mit Moos und Bäumchen bepflanzt. 4 Liter Wasser rauschen durch beide Kästen. Ein Gewitter, ein Erdrutsch und weg ist Nr. 1. Aus Kasten Nr. 2 hingegen fließt klares Wasser ohne Schmutz. Die Kinder messen die Abflussmenge, schmecken und befinden für gut. Der Bergwald hat den Boden festgehalten und seine Schutzfunktion erfüllt. Es wird mit dem soeben gewonnenen Trinkwasser angestoßen. Bei jedem Experiment ist ein Teil der Gruppe Wissenschaftler, andere Kinder sind Reporter, die die Wissenschaftler interviewen und die Experimente beschreiben. Die Rollen werden immer wieder gewechselt. Bei „Ohren auf“ werden unterschiedliche pädagogische Ziele kombiniert: Die Förderung der Wertschätzung der Kinder gegenüber der Natur steht als umweltpädagogisches Richtziel an vorderster Stelle. Medienpädagogisch legen wir Wert auf die Ausbildung einer kreativen Gestaltungsfähigkeit der Kinder im Umgang mit Medien.
Die Kombination von Umweltpädagogik mit aktiver Medienarbeit ist ein Gewinn: Sowohl Wertschätzung als auch Gestaltungsfähigkeit setzen Wahrnehmungsfähigkeit voraus und Wahrnehmung basiert auf unseren Sinnen. Alle Aktivitäten enthalten daher Elemente, durch Sinnes-Training den Bergwald ganz anders und dadurch intensiver wahrzunehmen. Die Kinder lernen, alle Sinneskanäle zu benutzen, ihre Umwelt ganzheitlich wahrzunehmen. Natürlich liegt das Hauptaugenmerk bei den Ohren; die Kinder lernen, genau hinzuhören. Die Reporterrolle steigert die Motivation, ökologische Zusammenhänge zu erkunden. Profis als Betreuer, das unterstreicht die Ernsthaftigkeit der Aktionen und fördert die Ich-Stärke der Kinder – jeder fühlt sich wichtig, egal ob er gerade in der Rolle des Reporters oder des Interviewten steckt.
Kreative Klanggeschichten und erlebnisorientierte Naturexperimente, von den Kindern durchgeführt an für sie ungewöhnlichen Orten wecken ihre Neugier, machen Spaß und beflügeln die Phantasie. Hier machen Kinder Radio für andere Kinder. Die Ergebnisse der Kinderreporter werden im Internet auf www.br-kinderinsel.de veröffentlicht, ein „Best of“ bei Radio Mikro, der Kindersendung des Bayerischen Rundfunks, gesendet.
(merz 2004-5, S. 31-32)