Udo Feist
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- Udo Feist: Kinski mit Erdbeermund
Udo Feist: Kinski mit Erdbeermund
Kinski spricht Werke der Weltliteratur – Box mit 20 CDs, Gesamtlaufzeit über 1.000 Minuten. Deutsche Grammophon Literatur; 149,90 Euro/Einzelausgaben: Einzel-CDs für 18 Euro, Doppel-CDs für 21 Euro
Klaus Kinski ist zurück. Als sei dessen prometheische Prahlerei ‚Ich lebe ewig‘ wahr geworden, steht der skandalnotorische Mime zwölf Jahre nach seinem Tod so markant wie eh vor uns. Die Edition Kinski spricht Werke der Weltliteratur stellt erstmals komplett sein Rezitationswerk zusammen – vom verehrten Villon (‚Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund‘), Shakespeare, Goethe, Nietzsche und Strindberg bis Dostojewskij, Mallarmé und Jack London. Grundlage sind 30 Sprechplatten, die er von 1957 bis 1962 aufnahm. Die 20 CD-Box mit Booklet, bislang unveröffentlichten Aufnahmen von Brecht und Evelyn Waugh und zwei Bonus-Hörspielen verbindet löbliche Dokumentation und pure Kulturgeschichte, denn Kinski war in Adenauers Fünfzigern ein früher deutscher Popstar. Abende mit ihm erregten wie sonst nur Rock’n’Roll. Der Wanderrezitator, den von 1952 bis 1962 über eine Million Menschen hörten, hat mit exaltierten Interpretationen sogar im Unterricht betäubte Schiller-Balladen wieder zum Erlebnis gemacht.
Er stöhnte, flüsterte, und brüllte, war Faust, Raskolnikow, Strindbergs Steinmann und ‚Das trunkene Schiff‘. Mit Empathie, Gosse und Existentalismus versöhnte er Bildung und Rausch, vor allem wenn er identifikatorisch den Villon rezitierte: ‚In blutiger Zerschlagenheit, rasendem Lebenshunger und dem Kampf um die Wahrheit der Gerechtigkeit, in revolutionärer Raserei gegen Stumpfheit und Verlogenheit der Menschen und in zerschmetterter, trauriger aber gläubiger Kindlichkeit ist sein Schicksal das von Villon,‘ schrieb er in dritter Person über sich selbst. Prallen Sex stellte er neben zarte Lyrik, vital wie jener, der zwischen Rock, Galgen und Überdruss stromernde Vagant. Versekotzer, Schreihals und Popanz wurde Kinski geschmäht, weil er in Kneipen, Theatern und Turnhallen Schiller so emphatisch wie Baudelaire oder sich selbst inszenierte.
Die Jugend berauschte sich zum Entsetzen der Biederbürger daran. Eine Facette, die nur noch wenige kennen, da sein Bild von der Finsterikone überlagert wurde, zu der er sich dann mit Bösewichtrollen in meist schlechten Filme stilisierte, oder vom Image des egomanen Genialikers in Werner Herzog-Filmen (Aguirre; Nosferatu; Fitzcarraldo) sowie seinen Einlagen als Talkshowbeißer bis zu seinem Tod 1991. Dabei hatte das Jahrhunderttalent zuvor Einzigartiges als Rezitator geboten. Die Box macht es nun wieder zugänglich – als Trip ins Herz literarisch erschlossener Menschenfinsternisse, den er mit stets besessener Diktion durchlitt. Das erzeugt einen Sog, der bis in unsere autistisch-bohleneske Gegenwart wirkt.
- Udo Feist: Quax als Sprechpilot
Udo Feist: Quax als Sprechpilot
Heinz Rühmann: Gesammelte Hörspiele. 6 CDs (Audiothek / Deutsche Grammophon Literatur 2004; 36 e) – auch einzeln erhältlich.
Heinz Rühmann in Heinrich Spoerls Die Feuerzangenbowle. 2 CDs (Audiothek/Deutsche Grammophon Literatur 2004; 18 m)
Die Schafe kennen ihres Hirten Stimme, sagt Jesus bei Johannes. Ein ähnliches Gefühl von Nötigung kommt bei Heinz Rühmann auf. Wenn man ihn nur hört, sieht man ihn gleich ganz vor sich. Was bereits beschreibt, welche Rolle er im Filmgedächtnis der Deutschen spielt und zugleich wohl Grund dafür ist, dass sich an ihm die Geister scheiden: Er steht für ein zwiespältiges Wiedererkennen, da er weniger Hirte als vielmehr Paradeschaf gewesen ist - „das lebende Denkmal des kleinen Mannes im deutschen Film“, wie ihn einmal Wim Wenders nannte. In dessen In weiter Ferne, so nah spielte er 1993 seine letzte Rolle.
Die Karriere des 1902 in Essen geborenen Schauspielers, der 1930 mit der Tonfilm-Operette Die Drei von der Tankstelle zum Star avancierte, verlief fast bruchlos, auch in der NS-Zeit. Seine schüchtern-lausbübischen Kleinbürger, die mal aufrecht-pfiffig, mal frech-gebeugt ihr Glück machten, hatten ungebrochen Konjunktur. Von 1933 bis 1945 war er damit einer der meistbeschäftigten Komiker im deutschen Film, der in seinen Rollen munter weiter unterhielt, auch als Land und Welt zusehends in Trümmern versanken. Rühmann war die Inkarnation des Arglosen in arger Zeit, ein Tröster, als Trostlosigkeit bittere Realität war. Als vorgebliches Flug-As Otto Groschenbügel, genannt Quax, poussierte der auch selbst passionierte Flieger 1941 in Quax, der Bruchpilot mit Happy End-Heiterkeit, die in der Wirklichkeit damals noch Siegesparaden begleiteten. Anders sah es dagegen 1944 aus, als Die Feuerzangenbowle um den Schulzeit und Streiche nachholenden, zuvor völlig drögen Dr. Hans Pfeiffer anlief. Bombennächte überschatteten die Dreharbeiten, doch die mitwirkenden Primaner hofften auf eine lange Produktionszeit, damit sie nicht einberufen wurden.
Erschütternd zeitlos wirkt denn auch das Ergebnis dieser ihm auf den Leib geschriebenen Rolle. Rühmanns regressive, in vorgeblich unbeschwerte Jugend zurückfallende Pennälergalanterie jenes Pfiffikus mit den drei f („eins vor und zwei nach dem ei“) versorgte mit Brüllern und Schenkelklopfern. Scheinbar unverfänglich, dabei ist Die Feuzerzangenbowle der Inbegriff betäubender Nostalgie, jener Sehnsucht nach Dingen, die es nie gegeben hat, und insofern Opium fürs Volk – wobei zu denken gibt, dass ausgerechnet dieser Rühmann-Film nach dem Krieg eine intensive TV-Karriere hatte, so dass zumindest 40-Jährige und Ältere die Gags („de Dampfmaschin‘: da stellen wir uns mal ganz dumm“ oder die alkoholische Gärung mit dem „wönzigen Schlock“) verlässlich aufsagen können.
In unseren TV-gewandelten Zeiten mit Werbeunterbrechung, Zapping und SitCom-Elend, wo außerhalb des Kinos kaum noch einer einen Film von Anfang bis Ende anschaut, ist es da vielleicht sogar schlüssig, diesen fraglosen Klassiker deutscher Filmgeschichte als Hörbuch herauszubringen. Zum Anlass nimmt die Deutsche Grammophon Literatur Heinz Rühmanns Todestag (3. Oktober 1994), der sich zum zehnten Mal jährt, und nennt zudem die „tiefe Verankerung im auditiven Bewusstsein der Bevölkerung“ als charmantes Motiv.
Grundlage ist die Originalfilmtonspur, die man um einen Erzähler (Friedhelm Ptok) erweitert hat, der sinnergänzend Passagen aus Heinrich Spoerls Romanvorlage liest. Zum ‚Film im Kopf und Kopfhörer‘ wird die Fassung aber wohl doch nur dem, der die bewegten Bilder kennt und eine Geschichte damit verbindet. Die kann wiederum nur zwiespältig sein: Entweder geprägt von der Inszenierung als Humor-Highlight mit Kultcharakter, die seit Jahren die Feuerzangenbowle-Präsentation in Hörfunk (gern mit Höreraktionen) und Fernsehen bestimmt, oder sie hält sich an die genuine Beruhigungsfunktion des Films. Die Rezeption wird dann kritisch in größeren Zusammenhang eingebettet sein – und die Hörfassung insofern vor allem als Dokument betrachten. Das Verkaufskalkül zielt indes auf den Kultcharakter und die Verklärung: Im Booklet suggeriert das Rühmann-Bonmot „Der Ton macht die Musik – und der Resonanzboden muß das Herz sein“ Zeitlosigkeit, wo Fragezeichen nötig sind. Die gibt es dafür bei den „Gesammelten Hörspielen“, in einer 6 CD-Box ebenfalls zum Todestag erschienen. Rühmann-Biograph Torsten Körner betont im Begleittext dessen Wandlung vom „Trostspender und unzerbrechlichen Gummimännchen“ zu einem nachdenklichen Mann „auf der Suche nach leisen Tönen“ und würdigt ihn fast apologetisch von seinen späten Jahren her, indem er beispielhaft Rühmanns Bibellesungen zum Advent 1977 in einer Kirche nennt.
Die in der Box gesammelten Hörspiele sind geeignet, diese Wandlung zu illustrieren. Sie stammen alle aus der frühen Nachkriegszeit, karrieretechnisch für Rühmann eine Krisenzeit: Die zeitweilige und fälschliche Verdächtigung, er sei Nazi und Fliegeroffizier mit Geheimaufträgen gewesen, beschädigen seinen Ruf. Die Rollen bleiben aus, er beginnt wieder Theater zu spielen und zu tingeln und gründet, geschäftlich unerfahren und gegen den Rat von Freunden, mit einem Partner eine Produktionsgesellschaft – die mit Millionendefizit Pleite macht. In dieser Phase beginnt er für den Rundfunk zu arbeiten.
Sein Hörspiel-Debut ist 1949 ein typischer ‚Rühmann-Film‘, in diesem Fall allerdings tatsächlich nur zum Hören: In Du kannst mir viel erzählen gibt er den Möchtegern-Don Juan, der seine Frau von seiner Virilität zu überzeugen versucht, indem er Affären erfindet, was dem Treu-Tappsigen kräftig über den Kopf wächst. Rühmann-Lustspiel ist auch Ein Engel namens Schmitt, in dem er als kleiner Angestellter wegen einer vertauschten Blutprobe mit dem baldigen Tod rechnet. Kennt man irgendwie.
Spannender sind da schon Abdallah und sein Esel – Geschichten der Kinderbuchautorin Käthe Olshausen um einen Gemüsehändler und seinen Esel, der plötzlich spricht – mit Rühmanns Stimme, die stets sein Markenzeichen war. In Fritz Kortners Inszenierung von Becketts Warten auf Godot hatte er dann 1954 endlich Gelegenheit, in einer ernsten Theaterrolle zu zeigen, was er kann: Er spielte den Landstreicher Estragon, was für einiges Aufsehen sorgte und nun als Hörbuch vorliegt. Dem Rühmann-Bild fügt das eine Facette hinzu, die man kaum kennt. Dennoch zeigen die Gesammelten Hörspiele nicht zuletzt, wie dicht ihm die fulminante Kleinbürger-Überhöhung auf den Fersen blieb. Irgendwo im Hintergrund meint man mitunter ein Schaf zu hören.
Udo Feist
- Udo Feist: Universalbibliothek "eloquence"
Udo Feist: Universalbibliothek "eloquence"
Gustav Gründgens „Faust“ 1954 am Düsseldorfer Schauspielhaus begeisterte auch Elsa Schiller, damals in Hamburg Chefin der klassischen Musikabteilung bei der Deutschen Grammophon. Gegen schwere Bedenken im eigenen Haus setzte sie die Aufzeichnung der Aufführung durch, um sie der Nachwelt zu bewahren. Seither wurde die als Sprechplatten-Box erschienene Aufnahme (die LP setzte sich gerade durch) über 250.000 mal verkauft und gilt heute als Beginn der eigentlichen Hörbuchgeschichte in Deutschland.Der Erfolg des - immer noch lieferbaren - Faust führte bei der Grammophon zur Entwicklung eines Programmkonzepts dafür, was heute Hörbuch heißt. Über die Jahre kam ein Repertoire zusammen, das mehr als 2000 Produktionen umfasst, von etlichen Klassikern mit großen Stimmen bis zu aktuellen Autoren. Deren traditionsreiche Literaturabteilung hat nun mit „eloquence“ eine Reihe in schlichtem Design begonnen, die fortan „zu attraktiven Preisen große Texte der Literatur gesprochen von berühmten Interpreten“ herausbringen wird.
Annonciert ist sie als die „erste Budget-Hörbuch-Serie“, was bei unverbindlichen 4,99 € für die Einzel- und 7,99 € für Doppel-CDs nicht zu viel verspricht. Die Qualität des Günstigen verbürgt der enorme Backlist-Katalog, auf den sie zurückgreifen kann.Die frische Auftaktlieferung mit 15 Einzeltiteln zeigt gleich Schwergewicht und sicher auch, dass man auf Werbung für das reguläre Programm hofft: Schillers „Kabale und Liebe“ in Ernst Lothars Inszenierung von 1955 bei den Salzburger Festspielen (mit Will Quadflieg, Erich Ponto, Maria Schell), Lessings „Nathan der Weise“ (1956; u.a. Ernst Deutsch) und Gründgens „Hamlet“ (Maximilian Schell, Marianne Hoppe, Uwe Friedrichsen; 1963 am Schauspielhaus Hamburg) knüpften damals an den Maßstab des Düsseldorfer Faust an.Glorreiche 50er-Patina prägt auch die Kinski-Compilation, dessen komplettes Sprechwerk die Grammophon erst im Herbst herausbrachte und dafür das Lob „Hörbuch des Jahres 2003“ erhielt (vgl. merz 1-04, S. 85).
Der im Vorjahr verstorbene Will Quadflieg präsentiert das beeindruckende Potpourri „Mein Goethe“, dem überdies das Special „Große Goethe-Interpreten“ gewidmet ist (u.a. Ernst Ginsberg, Paula Wessely und Maria Wimmer; dazu Monologe aus dem 54er Faust).„Hörvergnügen mit Gert Westphal“ stellt dagegen den berühmten Sprecher groß raus, sicher auch als Appetizer: Das Booklet zeigt die Grammophon-Titel (u.a. Storm, Kästner, Flaubert, Fontane, Thomas Mann und Karl May), aus denen die Ausschnitte stammen. Daneben stehen in der eloquence-Reihe „Heine“, „Rilke“, „Eichendorff“ sowie „Mörike, Trakl u. a.“ für Lyrik und „Der Unbesiegte“, nebst anderen Stories gelesen von Christoph Bantzer, für den Solitär Ernest Hemingway. Das Krimi-Fach vertreten solide Chandlers „Erpresser schießen nicht“ (von Günter Lamprecht) und Agatha Christies „Villa Nachtigall“ und „Die Mausefalle“ (beide von Hannelore Elsner gelesen; alle drei Aufnahmen von 1996). Kurzum, für jeden Geschmack ist etwas dabei.Das Konzept folgt dem der seit 1998 erfolgreichen Musikreihe „eloquence“ der Grammophon, die schon 417 Titel mit klassischer Musik umfasst – „zeitlose Aufnahmen in zeitgemäßer Qualität“ aus den Archiven der Universal-Klassiklabel.
Die neue Hörbuch-Reihe ist im Anspruch und Preis Reclams Universalbibliothek der Klassiker vergleichbar und wird ein üppiges Repertoire zugänglich machen – zum genussvollen Gebrauch zwischen Unterhaltung und Bildung.
Beitrag aus Heft »2004/03: Computerspiele - Interessen und Kompetenzen«
Autor: Udo Feist
Beitrag als PDF - Udo Feist: Der Pop-Messias
Udo Feist: Der Pop-Messias
„Kunst muss auch Versuchung sein. Höre ich Rockmusik, will ich wissen, was mir die Schlange zu sagen hat“, heißt es in der wichtigsten Popveröffentlichung seit langem, und immer wieder beißt man gern an. Ein Insider-Buch, das Spaß macht und begeistert. „Kinder, der Tod ist gar nicht so schlimm!“ ist engagierte Managerkritik, Bekenntnis zum Fansein und nicht zuletzt Selbststilisierung.
Tim Renner war 18 Jahre wichtiger Akteur der Musikindustrie, gründete das szenenahe Label Motor Music und war bis Januar Deutschlandchef von Universal Music. Begonnen hatte der 39-Jährige mit einm Punk-Fanzine mit selbstkopierten Kassetten. Zu dem Marktriesen ging er, um aus dem Bauch des Wals eine Wallraff-Story zu schreiben. Statt dessen brachte er frisches Denken ins Business, zog sich zuletzt aber frustriert zurück. „Dies ist die Geschichte eines Scheiterns“ – beginnt denn auch sein Buch, das Bericht, Analyse und Abrechnung in einem ist. Er genoß die Möglichkeiten der großen Firma, spannende Musik zu vermarkten, und forderte angesichts von Digitalisierung und Internet (Musik als Datenpaket) früh neues Marketing. Doch als die Branchenkrise seit Ende der 90er bloß zu Kündigungen führte, damit das Kapital weiter Rendite hatte, schmiss er hin. Renner schildert vor diesem Hintergrund Gleichgesinnte und Shareholder value-fixierte Funktionäre, die nichts von Pop verstehen, aber gute Abschlüssen in Betriebswirtschaft haben. Er bekennt sich zu Kunst als Ware, damit beide, Künstler und Käufer, profitieren, will aber Profil statt Gleichmacherei fürs schnelle Geld, attraktive Angebote statt Kampagnen gegen Netztauschbörsen.
Kurzum, er will mehr Markt und setzt gerade bei Musik auf dessen Kraft, weil club- und probekellergeborener Rock’n’Roll immer schon prickelnder war als einseifende Nivellierung via TV-Castingshow, Formatradio oder Bravo Hits. Nostalgisch? Jedenfalls kein Wunder, dass der Konsument, statt zu zahlen, lieber brennt oder tauscht, sagt Renner. Wie er das tut, macht den Reiz des Buches aus.
Nebenher erzählt er alles, was man über die Musik- und Medienindustrie wissen muss, von der Erfindung des Phonographen bis zur Digitalisierung heute. Bissig, aber nötig und wegen seiner intimen Kenntnisse hochinformativ sind vor allem Schilderungen, wie Markthaie Stars, Preise und Profite machen, ob Saturn und Mediamarkt, Sender mit anruffinanzierten Ballaballa-Shows, Werbezeiten- und Imagevermarkter oder sonstige Einweg-Idol-Aufbauer, deren Beats immer nur rollenden Rubeln folgen.
Damit ist ihm ein Aufklärungsbuch gelungen, das unterhaltsam mit Storys unterfüttert daherkommt. Seine Vision von Musikfirmen der Zukunft scheint da schlüssig: statt großer Konzerne intelligentes Management, das zwischen Künstlern, Presswerken (solange es noch CDs gibt) und den Verwertungsketten vermittelt. Wie er sich das vorstellt, demonstriert er seit dem Sommer mit seiner alten neuen Firma Motor (den Namen ließ er sich damals sichern).
Mit dem Motto ‚Subversion, die Spaß macht‘ soll sie eine Marke sein, die Musik und Künstler mit Haltung und Szenebindung bietet. Identität also. Das Buch lockt schon mal mit Hinweisen auf Hintergrundinterviews, die es auf der Homepage www.motor.de gibt. Und für das dazu passende Radio MotorFM hat Renner in Berlin gerade die Sendelizenz erhalten.
Dass der Mann mit solider kirchlicher Herkunft (seinem Vater gehörte das Lutherische Verlagshaus in Hamburg) sein Buch in Altes und Neues Testament gliedert und es heilsgeschichtlich von Sündenfall bis Auferstehung auflädt, mag man vermessen finden oder banal. Selbstgefälligkeit gehört im Popgeschäft aber nun mal dazu, und als Musikfan wünscht man ihm ohnehin aufrichtig Glück.
- Udo Feist: Besitz und Besessenheit
Udo Feist: Besitz und Besessenheit
Der Autor zeichnet den Weg des Voodoo nach von seinem Ursprung auf Haiti, wo dieser Kult in erster Linie eine Sozialtechnik darstellt, bis zur Verbreitung in den USA und Europa, wo er sich in der Jugendkultur und Esoterik ausprägte.
(merz 2001-01, S. 37-42)