Raphaela Müller
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- Nina Kunz/Georg Materna/Raphaela Müller/Charlotte Oberstuke/Fabian Wörz: Bewegtbildformate in der universellen Extremismusprävention. Erfahrungen aus dem Projekt RISE – jugendkulturelle Antworten auf islamistischen Extremismus
Nina Kunz/Georg Materna/Raphaela Müller/Charlotte Oberstuke/Fabian Wörz: Bewegtbildformate in der universellen Extremismusprävention. Erfahrungen aus dem Projekt RISE – jugendkulturelle Antworten auf islamistischen Extremismus
Die zunehmende Präsenz von extremistischen Inhalten auf jugendaffinen Plattformen fordert eine adäquate Extremismusprävention. Der Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, wie Bewegtbildformate eingesetzt werden können, um Jugendliche gegen extremistische Ansprachen zu stärken. Es wird das Projekt RISE vorgestellt, das eine aktive Auseinandersetzung der Jugendlichen mit dem Themenfeld fördert, indem sie zu für sie relevanten Fragestellungen eigene Kurzfilme produzieren, die entsprechend gerahmt als authentische Produktionen in Bildungskontexten eingesetzt werden können.
Literatur:
Baeckmann, Kyra von/Maradin, Miron/Materna, Georg (2020). Die Coronakrise zwischen Glaubensbewährung und ‚Meinungsdiktatur‘. Ein qualitativer Vergleich von Videos zur Coronakrise auf islamistischen und rechtspopulistischen YouTube-Kanälen. Entstanden im Rahmen des Projektes RISE – jugendkulturelle Antworten auf islamistischen Extremismus. https://rise-jugendkultur.de/artikel/die-coronakrise-zwischen-glaubenbewaehrungund-meinungsdiktatur/ [Zugriff: 11.01.2021]
Frankenberger, Patrick/Hofmann, Ingrid/Ipsen, Flemming/Oezmen, Fehime/Zarabian, Nava (2019). Islamismus im Netz. Bericht 2018. www.jugendschutz.net/fileadmin/download/pdf/Bericht_2018_Islamismus_im_Internet.pdf [Zugriff: 21.12.2020]
Frischlich, Lena (2019). Extremistische Propaganda und die Diskussion um ‚Gegenerzählungen‘. www.bpb.de/politik/extremismus/radikalisierungspraevention/293970/extremistische-propaganda-und-die-diskussion-um-gegenerzaehlungen [Zugriff: 21.12.2020]
Frischlich, Lena/Rieger, Diana/Morten, Anna/Bente, Gary (2017). Wirkung. In: Frischlich, Lena/Rieger, Diana/Morten, Anna/Bente, Gary (Hrsg.), Videos gegen Extremismus? Counter-Narrative auf dem Prüfstand. Wiesbaden: Bundeskriminalamt, S. 81–139.
Nordbruch, Götz (2018). Videos und soziale Medien: Prävention im Internet. www.bpb.de/politik/extremismus/radikalisierungspraevention/271421/videos-und-sozialemedien-praevention-im-internet?p=all [Zugriff: 04.06.2019]
Rieger, Diana/Morten, Anna/Frischlich, Lena (2017). Verbreitung und Inszenierung. In: Frischlich, Lena/Rieger, Diana/Morten, Anna/Bente, Gary (Hrsg.), Videos gegen Extremismus? Counter-Narrative auf dem Prüfstand. Wiesbaden: Bundeskriminalamt, S. 47–80.
Schell, Fred (2003). Aktive Medienarbeit mit Jugendlichen. Theorie und Praxis. Reihe Medienpädagogik, Band 5. München: kopaed.
Beitrag aus Heft »2021/01 Flucht nach vorne. Digitale Medien in der Bildung«
Autor: Nina Kunz
Beitrag als PDF - Steckbrief: Das Projekt TruthTellers – Wie kann ich Verschwörungserzählungen mit Jugendlichen thematisieren? | Raphaela Müller
Steckbrief: Das Projekt TruthTellers – Wie kann ich Verschwörungserzählungen mit Jugendlichen thematisieren? | Raphaela Müller
Die Auseinandersetzung mit dem Thema Verschwörungserzählungen hat die Gesellschaft gerade in der Pandemie stark beschäftigt. So hat auch der Bedarf an pädagogischen Angeboten zugenommen, die Jugendliche dazu befähigen, Quellen zu hinterfragen und Fakten zu checken. Um die Mechanismen und Charakteristika von Verschwörungserzählungen zu verstehen und erkennen zu können, reicht das Wissen zu Quellenkritik und Faktenchecks allein jedoch nicht aus. Vielmehr bedarf es einer ganzheitlichen Auseinandersetzung mit den dahinterstehenden Weltbildern und Narrativen, um für die Strategien der Verbreitung sensibilisiert werden zu können. Hier setzt das Projekt TruthTellers an. Das Projekt wurde initiiert vom JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis und gefördert von der mabb – Medienanstalt Berlin-Brandenburg.
Pädagogischer Ansatz: über Storytelling und mediale Stilmittel der Emotionalisierung
Woher wissen wir eigentlich, was die Wahrheit ist? In fünftägigen Modellworkshops haben sich 2021 drei Berliner Schulklassen der 8. und 9. Jahrgangsstufe in aufeinander abgestimmten Moduleinheiten mit den Themen Wahrheit, Erzählungen und Ideologien auseinandergesetzt. Die Teilnehmenden entwickelten im Projektverlauf selbst Verschwörungsgeschichten und bedienten sich dabei, unterstützt durch den Einsatz digitaler Tools, verschiedener Formen des Storytellings und medialer Stilmittel der Emotionalisierung. Darüber haben sie die Bedeutung von Narrativen und die Kraft des Erzählens selbstwirksam erfahren. Was steckt hinter den Geschichten? Wie erfinde ich eine Verschwörungserzählung? Welche Bausteine brauche ich dafür? Wie kann ich meine Geschichte besonders überzeugend und emotional erzählen? Wie kann ich mit medialen Stilmitteln Emotionen erzeugen und somit Menschen in ihrer Meinungsbildung beeinflussen? Was hat Geschichtenerzählen mit Verantwortung zu tun? Und welche Auswirkungen haben solche Geschichten auf unsere Gesellschaft? Diese und weitere zentrale Fragestellungen standen im Mittelpunkt der pädagogischen Arbeit mit den Jugendlichen. Sie reflektierten gemeinsam darüber, welche bedeutende Rolle Erzählungen, Glaube und Gefühle spielen, um Menschen für das eigene Weltbild, ‚die eigene Wahrheit‘, zu überzeugen.
Materialien & Methodenpool
Zu Beginn der Projektwoche wurde das Thema Verschwörungserzählungen durch eine fiktive Rahmengeschichte eingeleitet. Es wurde bewusst darauf verzichtet auf bestehende Verschwörungserzählungen einzugehen, um nicht auf diese aufmerksam zu machen. Haben im Verlauf des Workshops Teilnehmende selbst einzelne Verschwörungserzählungen erwähnt, wurden diese kurz thematisiert, ohne den Fokus auf die Wiederlegung einzelner Aspekte zu legen. Im Anschluss diskutierten die Teilnehmenden über den Wahrheitsgehalt und erarbeiteten gemeinsam Mechanismen von Verschwörungserzählungen, die gleichzeitig wichtige Elemente für spannende Geschichten sind.
Anhand der Rahmengeschichte mit transparenten Quellenangaben stießen die Schüler*innen auf reale und gefälschte Inhalte. Neben aus dem Kontext gerissenen Nachrichten und Bildern, konnten sie auch Webseiten und Generatoren entdecken, mit welchen Fake People, Fake-Posts, -Tweets, -Chats oder reißerische Überschriften und SharePics generiert wurden. In einer ersten Framing-Übung erzeugten die Teilnehmenden eigene News und neue Zusammenhänge. Diese Übung lieferte auch den Einstieg, um über das Thema Verantwortung zu diskutieren. Mit Hilfe von Pen & Paper-Methoden, wie Charakterbogen und Raumsettings zur Entwicklung der eigenen Figuren und Welten, wurden die Basis für die eigene Geschichte gelegt. Einige Mechanismen von Verschwörungserzählungen, wie beispielsweise die Feindbild-Logiken wurden durch Methoden, wie Cui Bono, vertieft.
Nachdem die Teilnehmenden mit Hilfe von Verschwörungskarten ihre eigene Geschichte logisch zusammengesetzt haben („Es gibt keine Zufälle“), ging es im nächsten Schritt um die Emotionalisierung ihrer Verschwörung. Wie können sie die erfundene Geschichte so aufbereiten, dass sie andere Menschen aufwühlt? Welche Möglichkeiten haben sie, das Thema für alle Menschen relevant werden zu lassen? Wie kann man emotional aufgeladene Medieninhalte (Posts, Nachrichten, Videos, Sprachnachrichten, Bilder, News) framen oder selbst produzieren? Nachdem sich die Teilnehmenden mit verschiedenen Emotionen aus ihrer eigenen Lebenswelt auseinandergesetzt haben, bekamen sie noch Inputs unter anderem zu den Wirkungsweisen von (bewegten) Bildern, Rhetorik, Schrift und Symbolen. Zum Ende des Projekts wurden die Geschichten mit den emotionalisierten Beweisen als PowerPoint, Adobe Spark Video oder Twine Text-Adventure-Game vor der Klasse präsentiert. Die Inhalte und Beweise wurden hinterfragt, diskutiert und durch einen Glaubwürdigkeitstest bewertet. Dadurch gingen die Teilnehmenden in eine tiefere Reflexion über Auswirkungen und Verantwortung bei der Verbreitung solcher Geschichten. Sie riefen sich außerdem nochmal die Mechanismen und Gefahren von realen Verschwörungsgeschichten in Erinnerung und reflektierten über einen sinnvollen Umgang mit Verschwörungsgläubigen.
Aus den Modellworkshops sind pädagogische Methoden und Materialien entstanden, die für die Arbeit mit Jugendlichen kostenfrei genutzt werden können und auf www.truthtellers.de abrufbar sind.
Beitrag aus Heft »2023/01: Für Demokratie, gegen Polarisierung. Impulse für die politische Medienbildung«
Autor: Raphaela Müller
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