Prof. Dr. Holger Schramm
Beiträge in merz
- Holger Schramm und Werner Wirth: Stimmungs- und Emotionsregulation durch Medien
Holger Schramm und Werner Wirth: Stimmungs- und Emotionsregulation durch Medien
Der Beitrag stellt die wichtigsten Begrifflichkeiten, Theorien und Befunde der Forschung zur Stimmungs- und Emotionsregulation durch Medien vor. Ein besonderes Gewicht wird dabei auf die Mood-Management-Theorie von Dolf Zillmanns gelegt.(merz 2007-4, S. 14-22)
- Schramm, Holger: Moodmanagement durch Musik. Die alltägliche Nutzung von Musik zur Regulierung von Stimmungen
Schramm, Holger: Moodmanagement durch Musik. Die alltägliche Nutzung von Musik zur Regulierung von Stimmungen
Es wäre sicher spannend, einmal eine Umfrage unter Medienforscherinnen und -forschern darüber anzustellen, welchen Stellenwert Musik in ihrem Leben hat. Denn obwohl Musikmedien wie Tonträger oder das Radio bewiesenermaßen integraler Bestandteil des Alltags der meisten Menschen sind, ist man geneigt, eine an Konsequenz grenzende Geringschätzung auditiver Medien und -inhalte unter den empirisch Forschenden festzustellen. Die Kenntnisse zur Rezeption und zum Umgang mit Musik beschränken sich auf Schlaglichter, die sporadisch auf den Gegenstand geworfen werden. Es fehlt an kontinuierlicher und systematischer Forschung, die in ihrer Zusammenschau Aussagen darüber treffen kann, welche sozialen Gruppen mit der Nutzung welcher Musikmedien und welcher Musikinhalte in welchen Situationen und Kontexten welche Ziele verfolgen. Eine der wenigen neueren deutschsprachigen Arbeiten, die sich fundiert und auch empirisch mit Musik beschäftigt, ist die Dissertation von Holger Schramm. Mit der Fokussierung auf die Stimmungsregulation durch Musik (Moodmanagement) schließt er an die musikpsychologische Perspektive an. Die Arbeit überzeugt durch ihre verständliche Sprache, hohe Informationsdichte und den selbstkritischen Umgang mit den Ergebnissen. Zu-nächst bestimmt Schramm den Begriff Stimmung, den er gegenüber den Begriffen Affekt und Emotion abgrenzt. Es folgen Ausführungen zur Moodmanagement-Theorie (Zillmann), die ursprünglich auf das Fernsehen bezogen entworfen wurde und von Schramm auf den Gegenstandsbereich Musik übertragen und geprüft wird. Die Moodmanagement-Theorie denkt den Menschen als ein hedonistisches Wesen, das stets bestrebt ist, unangenehme Stimulationen und Stimmungen zu vermeiden oder zu verringern und angenehme Stimulationen und Stimmungen aufrecht zu erhalten oder zu verstärken. Die anschließenden theoretischen Ausführungen zur Rezeption von Musik bieten eine Zusammenschau der wichtigsten diesbezüglichen Erkenntnisse.
Gegliedert in die drei Phasen des Kommunikationsprozesses (präkommunikativ, kommunikativ, postkommunikativ) finden sich hier Aussagen unter anderem zu Motiven der Musiknutzung, Rezeptionsmodi und Wirkungen von Musik.Der empirische Teil der Arbeit stellt drei aufeinander aufbauende Untersuchungen vor, die sich dem Forschungsgegenstand im Sinne der Methodentriangulation aus unterschiedlicher Perspektive nähern. Im Rahmen eines DFG-Projekts sind eine explorative qualitative Studie mit Leitfadeninterviews und eine halbstandardisierte Telefonbefragung entstanden. Flankierend führte Schramm darüber hinaus ein Experiment durch. Unter Rekurs auf die Theorie der Stimmungen nach Thayer unterscheidet er vier Prototypen an Stimmungen: Glück/Freude, Trauer/Melancholie, Wut/Ärger und Ruhe/Gelassenheit. Die grundsätzliche Logik der Beweisführung besteht darin, dass sich Menschen in diese Stimmungen hineinversetzen sollen (Befragung) beziehungsweise tatsächlich in einer bestimmten Weise gestimmt sind (Experiment) und daraufhin angeben, welche Musik sie in diesem Zustand mit welchem Ziel hören würden. In Bezug auf die Thesen der Moodmanagement-Theorie zeichnet Schramm ein differenzierendes Bild: Bei positiven Stimmungen bestätigt sie sich weitgehend. Musik wird in der Regel genutzt, um Freude, Glücksgefühl, Ruhe und Gelassenheit beizubehalten oder zu verstärken. Im Vergleich dazu variieren die Umgangsweisen bei negativen Stimmungslagen stärker: Nach den Postulaten der Moodmanagement-Theorie eher überraschend ist der Befund, dass etwa gleich viele Menschen in Situationen der Trauer und Melancholie Musik mit dem Ziel hören, die Stimmung zu kompensieren und abzuschwächen wie auch zu stützen und zu verstärken. Letztere Tendenz zeigt sich bei Frauen und Jüngeren in höherem Maße als bei Männern und älteren Menschen. Eine wesentliche Ursache für die ‚Lust an der schlechten Stimmung’ sieht er zudem in den so genannten Meta-Emotionen, das heißt der individuellen Einschätzung der empfundenen Zustände. Trauer und Melancholie werden von bestimmten Menschen in bestimmten Situationen also durchaus positiv bewertet und es besteht der Wunsch, diese auszuleben. Anders verhält es sich in Situationen der Wut und des Ärgers.
Diese Stimmungen möchten die meisten Menschen kompensieren. Dazu nutzen sie, vor allem Männer und Jugendliche, in erster Linie aggressive Musik. Insgesamt recht hoch zeigt sich jedoch auch der Anteil derjenigen, die in negativen Stimmungslagen gar nicht zur Musik greifen möchten. Die Moodmanagement-Theorie ist nach diesen Ergebnissen zumindest in Bezug auf Musik und hier besonders hinsichtlich des Umgangs mit Musik in negativen Stimmungslagen zu modifizieren. Darüber hinaus vertieft die Untersuchung das Wissen um personenabhängige Merkmale wie Rezeptionsweisen, Offenheit für neue Erfahrungen, emotionale Labilität/Stabilität oder Extraversion. Auf der Basis der bestehenden Daten kann dabei nicht immer eine konsistente Ergebnislage präsentiert werden (etwa zum Einfluss der Merkmale Bildung und Musikalität/musikalische Ausbildung). Die Lektüre der Arbeit regt zur weiteren Beschäftigung mit dem Thema an: In einem nächsten Schritt sollte ermittelt werden, ob die Menschen auch tatsächlich ihre Stimmungsziele erreichen. Fernab von der Stimmungsregulation als wohl wichtigstem Musiknutzungsmotiv sind weitere empirische Analysen auch zu anderen Motiv- und Funktionsgruppen wünschenswert (zum Beispiel zu den sozialen Funktionen von Musik). Es mangelt besonders an Untersuchungen, die die Motivgruppen zur Musiknutzung auf ihren Zusammenhang mit der Funktionalität spezifischer Musikmedien prüfen. Schramm äußert im theoretischen Teil der Arbeit begründete Vermutungen zum Unterschied der Rezeption und Nutzung von Radiomusik im Vergleich zu individuellen Musikmedien, wobei er die Funktion der Stimmungsregulation vor allem bei letzteren verortet sieht. Nur hier könne sich der Rezipient schließlich bewusst und zielgerichtet für eine spezielle Musik entscheiden. In weiteren Forschungsvorhaben sollte Überlegungen dieser Art empirisch nachgegangen werden.
- Marco Dohle, Christoph Klimmt und Holger Schramm: König Fußball: Rezeptionsmotive und Medienmenüs an einem Bundesliga-Spieltag
Marco Dohle, Christoph Klimmt und Holger Schramm: König Fußball: Rezeptionsmotive und Medienmenüs an einem Bundesliga-Spieltag
Im Artikel werden die Ergebnisse einer zweiwelligen Befragung von 290 Nutzerinnen und Nutzern fußballbezogener Medieninhalte vorgestellt. Analysiert wurde die Selektion von Medienangeboten unter der Voraussetzung, dass mehrere ähnliche Angebote zur Verfügung stehen. Überprüft wurde (1) die Übereinstimmung zwischen allgemeinen Nutzungsmotiven und speziellen Gratifikationserwartungen an konkrete Medienangebote sowie (2) die Frage, ob es eine Übereinstimmung zwischen erwarteten und erhaltenen Gratifikationen gab.
The article presents findings from a two-wave-survey of 290 users of football-related media. The study assessed the selection of media content under the condition that multiple similar media offers exist. Two aspects were examined: (1) The match between general motives and according expectations towards the media offers that respondents intended to use. (2) The match between expectations towards a media product and gratifications which were actually obtained.
(merz 2006-6, S. 51-62)