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„It´s Not Just a Game.” Die Gamescom 2023 im Rückblick

Mit über 1200 Darbietungen aus 63 Ländern, darunter auch Brasilien als das diesjährige Partnerland der weltweit größten Videospielemesse, lockte die #gamescom2023 auch dieses Jahr wieder Interessierte auf das Kölner Messegelände. Ein dabei sich in vielerlei Hinsicht wiederfindender Gegenstand: Mental Health. So konnte sich beim Gamescom Award 2023 in der Kategorie des besten mobile Games Sky:Children of the Light durchsetzen. In dem Online-Multiplayer begeben sich die Spieler*innen in die Rolle der Kinder des Lichts, deren Aufgabe es ist, wieder Ordnung in die Sternenbilder zu bringen. Dabei wartet das Entwicklerstudio thatgamecompany mit zahlreichen Facetten in der Open-World-Landkarte auf, die spezifische Emotionen repräsentieren. Gepaart mit einem umfangreichen Communitysystem zielt das Spiel so darauf ab, ihren User*innen einen wohlfühligen Rückzugsort mit Verbundcharakter zu eröffnen. Und auch auf dem diesjährigen Gamescom Congress wurde Mental Health besprochen. So näherte sich beispielsweise das Panel um Jessica Kathmann der Frage an, ob Spiele einen Beitrag dazu leisten könnten, das gesellschaftliche Bewusstsein für psychische Erkrankungen zu stärken. Neben weiteren feeldgood Titeln wie Faefarm  (Phoenix Labs) und Sonic Superstars  (Sega) gab es mit The 7th Guest VR  (Vertigo Games) aber auch altbekannte Wer-ist-der*die-Mörder*in?-Gruselformate in neuen, virtuellen Gewändern.

Ein weiteres Querschnittsthema: Umwelt- und Klimaschutz. Mit fortwährenden Kampagnen wie dem Gamescom Forest, green Tickets und einer klimaneutralen Ausrichtung der Messe gemäß dem Greenhouse Gas Protocol1, wurde um Bewusstsein für die Klima-Verantwortung der Gamingcommunity und ihrer Branche geworben. Und auch Talks auf dem Gamescom Congress fokussierten den Umgang damit. So zeigte anhand seines serious Games Imagine Earth (Serious Brothers) zum Beispiel Isensee die Komplexität des Umgangs mit der Klimakrise als Spielethema und dem damit einhergehenden Spaltungspotenzial auf.

Die Darbietungen der ausstellenden Publisher eint zunehmend, dass ihr Storytelling nicht innerhalb des Spiels endet, sondern um multimediale, spielekulturelle Formate erweitert wird. Deutlich wird dies unter anderem bei den Abenteuern von Little Nightmares III (Supermassive Games/Bandai Namco). Im Single- oder Duoplayerformat gilt es dabei, einen Weg aus dem sagenumwobenen Niemandsland zu finden. Neben Eindrücken aus dem Gameplay des dritten Teils derReihe wurde das zugehörige Hörspiel „Der Klang der Albträume“ vorgestellt. Die sprichwörtliche Rolle rückwärts hingegen präsentierte der Netflix-Film Rebel Moon, aus dem ein Videospiel hervorgehen wird. 

Doch wie steht es um die Spieleindustrie in Deutschland? Welchen Stellenwert hat sie auf politischer Ebene? Und welche (künftigen) Förderprogramme lassen sich daraus für (medienpädagogische) Initiativen ableiten? Einen Eindruck davon konnte man am Abend der politischen Eröffnung erlangen. So lag der Tenor kurzum darauf, dass die politische Förderung der Branche in Deutschland zu wünschen übrig lasse. So kritisierte u.a. Falk (Verband der deutschen Games-Branche e.V) die angedachten Kürzungen des Bundeshaushalts. Neben ihm adressierten auch weitere namhafte Stimmen wie Klose (Deck13 Interactive) an den anwesenden Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Habeck die brisante Lage für Spieleentwicklungen in der Bundesrepublik. In petto hatte das Grußwort des Bundeswirtschaftsministers zwar leider keine neue Förderpläne, dafür aber offenkundige Kritik am Bundesminister des Finanzen und dessen Einhaltung der Schuldenbremse. So konnte Habeck lediglich seine persönliche Euphorie für die Spielewelt zum Ausdruck bringen, um zugleich dafür zu plädieren, bei der Entwicklung von neuen Spielen mögliche Anwendungsfelder außerhalb der Unterhaltungsbranche von Anfang an mitzudenken.

Perspektivisch scheint man also davon ausgehen zu müssen, dass die Tendenz von den aktuell circa 70 Millionen Euro Bundesförderungen für den Sektor nach unten gehen wird. Daneben stellen die Bundesländer diverse Förderprogramme zur Verfügung. So auch Nordrhein-Westfalen, welches von der Gamingindustrie jüngst zum attraktivsten Wirtschaftsstandort in Deutschland votiert wurde. Der bisherige Favorit Bayern rutschte dagegen auf Platz drei ab (game e.V. 2023, S. 36).2

Den (finanz-)politischen Entwicklungen entgegen, setzte der game-Verband ein Zeichen mit seiner Forderung zur Stärkung von Forschung und Lehre im diesjährigen Jahresreport der deutschen Games-Branche. Neben spezifischen Forschungscluster und der Möglichkeit zur Promotion und Habilitation für die Absolvent*innen aller Games-Studiengänge, bedürfe es u.a. auch der Gründung einer „Games-Universität“ (ebd., S. 38).

Als kulturellen Ausklang bot das abschließende Gamescom City Festival musikalische und kulinarische Highlights in der Kölner Innenstadt. Und so ist die Analogie zum Fußballsport in vielerlei Hinsicht zutreffend, wenn Jenkins und James (2012) konstatieren: „It´s Not Just a Game.“ 3

 

Stefanie Neumaier

 


1 https://ghgprotocol.org/

2 www.game.de/wp-content/uploads/2023/08/230809GME_Jahresreport_2023_168x240_DE_Web.pdf

www.efdn.org/wp-content/uploads/2016/12/Its-not-just-a-game-community-work-in-the-UK-Football-Industry.pdf


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