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Zum Anne Frank Tag: Das Filmbildungsprojekt Film Macht Mut

Antisemitismus, Vielfalt, Diskriminierung, Empowerment, Vorurteile, jüdisches Leben, Identität: Am 12. Juni ist der Anne Frank Tag, ein bundesweiter Aktionstag gegen Antisemitismus, Rassismus und Diskriminierung. Dieser Tag wurde ins Leben gerufen, um an Anne Frank und die Verbrechen in der Zeit des Nationalsozialismus zu erinnern. Anne Frank war ein jüdisches Mädchen, das während des Zweiten Weltkriegs im Versteck vor den Nationalsozialist*innen lebte. Während dieser Zeit führte sie ein Tagebuch, das als Das Tagebuch der Anne Frank bekannt ist. Sie und ihre Familie wurden entdeckt und in Konzentrationslagern ermordet, aber ihr Tagebuch überlebte und wurde zu einem bedeutenden Zeugnis der Schrecken des Holocausts. Es ist von großer Bedeutung, die Erinnerung an das Leben und den Tod von Anne Frank und alle unschuldigen Opfer des Holocausts wachzuhalten. Jede Generation sollte sich mit den Schrecken der Vergangenheit auseinandersetzen. Denn es darf nie wieder passieren, weder gegenüber Jüd*innen noch gegenüber anderen gesellschaftlichen Gruppen. Es ist die Verantwortung der Gesellschaft, dass Kinder bereits in der frühen Kindheit mit diesen Themen in Berührung kommen und ihnen Werte des Respekts und der Toleranz vermittelt werden. Dies sollte insbesondere im Rahmen der Bildung und Erziehung von Kindern erfolgen. 

Genau dieses Ziel hat sich das Projekt Film Macht Mut gesetzt. Das Filmbildungsprojekt verbindet Film und Medienpädagogik, um Kindern Rassismuskritik und Antisemitismuskritik zu vermitteln. Als Projekt von VISION KINO in Kooperation mit den SchulKinoWochen wurde es 2021 ins Leben gerufen und wird von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert. Bundesweit bietet Film Macht Mut Workshops für Kinder von der ersten bis zur sechsten Klasse an, die von externen Expert*innen durchgeführt werden. In diesen interaktiven Workshops lernen Kinder, Vorurteile kritisch zu hinterfragen, Stereotype zu erkennen und Empathie für Menschen unterschiedlicher kultureller und religiöser Hintergründe zu entwickeln. Das Projekt verwendet verschiedene Filmgattungen und -formate wie Langfilme, Kurzfilme, Animationsfilme, Dokumentarfilme, fiktive Spielfilme oder experimentelle Filme, um Kindern wichtige Themen wie Antisemitismus, Vielfalt und Diskriminierung näherzubringen. Ein weiteres Ziel des Projekts besteht darin, Kinder mit unterschiedlichen kulturellen und religiösen Hintergründen wie BIPoC (Schwarze, Indigene und People of Color) und Jüd*innen zu stärken und zu empowern, indem ihnen Filme vorgestellt werden, die positive Identifikationsvorbilder für sie darstellen. Darüber hinaus werden im Rahmen des Projekts regelmäßig Beratungen und Fortbildungen für Lehrer*innen angeboten. Diese ermöglichen es den Lehrkräften, neue pädagogische Ansätze kennenzulernen, um die Themen Rassismus und Antisemitismus sensibel und angemessen im Unterricht zu behandeln. Schließlich spielen sie eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung und Sensibilisierung von Kindern. Um ihre Arbeit zu unterstützen, stellt das Projekt Film Macht Mut auch pädagogisches Material zu Verfügung. 

Aber warum sollte man Filme als Medium nutzen, um Kindern diese Themen zu vermitteln? 

Das Filmbildungsprojekt Film Macht Mut teilt die Überzeugung, dass eine frühzeitige Sensibilisierung notwendig ist. Denn Vorurteile und Diskriminierungsformen entstehen bereits in der frühen Kindheit. Filme stellen in diesem Zusammenhang eine hervorragende Chance dar, da sie ein großes Lernpotenzial haben. Sie können Kinder zur reflektierenden Auseinandersetzung und zur emotionalen und kognitiven Verarbeitung anregen. Filme sind zudem ein gutes Bildungsmedium, da sie für alle Kinder faszinierend sind, unabhängig von ihrer sozialen Herkunft oder Religion. 

Bisherige Studien zeigen, dass Filme Wissen vermitteln und Meinungen formen können. Sie können Einfluss auf die Einstellungen und Wertvorstellungen der Zuschauer*innen ausüben, indem sie bestimmte Themen, Ideen oder Lebensstile darstellen. Wenn sie richtig eingesetzt werden, können Filme eine sehr positive Wirkung auf die Entwicklung von Kindern haben. Sie können das Empathievermögen fördern, Vorurteile abbauen oder Menschen dazu bringen, sich mit komplexen sozialen oder politischen Themen auseinanderzusetzen. Sie können allerdings auch Stereotype, Gewaltverherrlichung oder einer einseitigen Darstellung von Themen verstärken. Es ist wichtig zu betonen, dass der Einfluss von Filmen auf die Meinungsbildung von vielen Faktoren abhängig ist, wie von individuellen Unterschieden, persönlichen Erfahrungen, vom sozialen Umfeld oder von kulturellen Kontexten. 

Darüber hinaus können Filme die kognitiven Prozesse der Zuschauer*innen anregen und zu einer intensiven geistigen Verarbeitung führen. Insbesondere bei Kindern kann dies zu Lernprozessen führen, die dazu beitragen, die Welt zu verstehen, das Bewusstsein zu schärfen und nachzudenken. Die kognitive Verarbeitung von Filmen kann auch durch starke emotionale Reaktionen beeinflusst werden, die oft beim Zuschauen eines Films auftreten. Studien zeigen, dass Filme zur Entwicklung von Empathie sowie zur Identifikation mit den dargestellten Personen führen können. Die Identifikation zeichnet sich dadurch aus, “dass der Zuschauer sich in die Situation einer Figur hineinversetzt, ihre mentale Perspektive übernimmt, während sich bei Empathie der Rezipient bei der Beobachtung der Figur deren emotionaler Perspektive annähert, also bei ihm dieselben oder ähnliche Gefühle wie die der Figur entstehen" (Schick, 2018).  

Insgesamt erhalten Kinder durch das Filmbildungsprojekt Film Macht Mut die Möglichkeit, ein tieferes Verständnis für Rassismus und Antisemitismus zu entwickeln. Indem sie über Filme diskutieren und ihre Gedanken und Gefühle dazu ausdrücken, lernen sie andere Kulturen zu respektieren, die Bedeutung von Gleichberechtigung und sozialer Gerechtigkeit. Somit trägt das Projekt dazu bei, eine generationenübergreifende Kultur der Toleranz, des Respekts und der Vielfalt zu fördern und setzt sich für eine gerechtere und inklusivere Gesellschaft ein. 

 

Literatur 

Schick, T. (2018). Psychologie des Films. In Groß, B., Morsch, T. (Hrsg.), Handbuch Filmtheorie. Springer Reference Geisteswissenschaften. Springer VS. https://doi.org/10.1007/978-3-658-09514-7_22-1 

 

Chaymaa Zimame 


© Film Macht Mut (bearbeitet mit Canva)


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