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TikTok-Pranks mit Kindern

Der Report TikTok-Pranks mit Kindern des Kompetenzzentrums jugendschutz.net berichtete im November 2023 darüber, wie Kinder und Jugendliche auf TikTok geprankt und dabei emotionale Grenzen überschritten werden.

Ein ,Prank’ ist ein Scherz bzw. Streich und schon seit längerem ein beliebtes Videogenre auf YouTube oder TikTok. Als ,Prankster’ wird die Person bezeichnet, die den Prank jemand anderem spielt. Häufig werden dabei App-Effekte der App TikTok benutzt. Solche App-Effekte retuschieren die Umgebung oder das Gesicht in Echtzeit, während man sich selbst mit der Smartphone-Kamera filmt. Dabei wird das Gefilmte durch Verzerrungseffekte verfremdet oder es werden Elemente hinzuretuschiert. Beim Pranken von Kindern wird den Kindern dabei der Smartphone-Bildschirm mit den App Effekten gezeigt, sodass sie sich selbst oder die Umgebung mit den Verfremdungseffekten wahrnehmen und für einen Moment glauben, die Verfremdungseffekte wären tatsächlich real.

Beim sogenannten ,Spinnen-Prank’ wird dabei dem Kind die Selfie-Kamera des Smartphones vor das Gesicht gehalten und eine Spinne auf ihr Gesicht projiziert. Die Kinder glauben im Schreckmoment, dass ihnen tatsächlich eine große Spinne übers Gesicht läuft.Dabei reagieren sie häufig mit Ekel und versuchen panisch die Spinne aus dem Gesicht zu wischen.

Manchmal werden die Pranks mit App-Effekten in bestimmter Weise vorbereitet, um den Effekt realistischer wirken zu lassen. Ein Beispiel hierfür ist der etwa Ende 2022 entstandene ,Ghost-Prank’. Der Prankster filmt sich dabei zusammen mit dem Streichopfer in einem abgedunkelten Zimmer. Wenn der Ghost-Effekt auf dem Smartphone in TikTok aktiviert ist, läuft der Prankster aus dem Zimmer und verschließt die Tür von außen. Auch hier sieht sich das Kind wieder selbst auf dem Bildschirm, dazu ertönt ein gruseliges Lachen und hinter dem Kind erscheint ein Geist auf dem Bildschirm. Die auf diese Weise erschrockenen Kinder versuchen panisch den Raum zu verlassen, weinen und schreien und versuchen die Tür zu öffnen, um zu fliehen. Die Prankster lassen die Tür allerdings verschlossen und sorgen dafür, dass die Kinder dieser Situation ausgesetzt bleiben.

Es gibt zudem einen App-Effekt, der dem Kind vermitteln soll, dass sein Gesicht entstellt wurde. Hierbei reibt der Prankster dem Kind übers Gesicht, hält ihm die Augen zu und stellt währenddessen den ,Augen-Effekt’ in der TikTok App ein. Dieser Effekt sorgt dafür, dass es auf dem Bildschirm so aussieht, als sei ein Auge des Kindes verrutscht. Auch hier reagieren die Kinder erschrocken und panisch und versuchen ihr Gesicht durch Drücken in gewohnter Weise wieder herzustellen.

Weitere Arten von Streichen kursieren auf TikTok, die ohne App-Effekte durchgeführt werden, aber dennoch meist aus Selfie-Perspektive aufgenommen werden und entsprechend mitgefilmt und auf TikTok hochgeladen werden. In dieser Kategorie ist unter anderem die ,Eggcrack-Challenge’ im Trend, bei der häufig die Eltern des Kindes ein rohes Ei am Kopf ihres Kindes aufschlagen. Dies verursacht neben dem Schrecken auch Schmerz und hat durch den irreführenden Hashtag #eggcrackchallenge gesteigerten Nachahmungscharakter. Bei der vermeintlichen ,Challenge’ geht es auch wieder nur darum einen ,Scherz’ auf Kosten des Kindes zu machen.

Der ,TV-Scare-Prank’ ist ein Prank, bei dem einem Kind ein ruhiges Fernsehprogramm gezeigt wird, bis plötzlich ein Jumpscare eingeblendet wird. Der Jumpscare ist ein häufig in Horrorfilmen eingesetztes Stilmittel, bei dem schlagartig eine Horrorfigur auftaucht und mit einem Schrei oder erschreckenden und gruseligen Geräuschen hinterlegt ist. Dieser Prank zielt vor allem auf einen starken Schreckensmoment ab. Die so erschreckten Kinder laufen meist schreiend in Panik davon.

Ein Prank, bei dem sich mehrere Prankster finden müssen, die gemeinsam gezielt das Kind verunsichern, ist der ,Invisible Prank’. Dem Kind wird vorgetäuscht, dass es durch einen Zaubertrick unsichtbar gezaubert worden sei. Dazu wird dem Kind zum Beispiel eine Decke übergestülpt und ein Zauberspruch gesprochen. Nachdem die Decke von einem der Prankster hochgenommen wurde, tun alle, die den Zaubertrick gesehen haben so, als könnten sie das Kind nicht mehr sehen. Gesteigert wird dies manchmal noch, indem die Prankster mit dem Kind ein Foto machen. Dem Kind zeigen sie dann aber ein zuvor aufgenommenes Foto, auf dem es nicht zu sehen ist. Dieser Prank enthält eine zusätzliche soziale Komponente, weil häufig mehrere Prankster beteiligt sind und alle schauspielerisch zur Täuschung des Kindes beitragen.

Ähnlich wie der Spinnen-Prank soll der ,Poop-Prank’ ein Ekelgefühl beim Kind auslösen. Hierbei bittet der Prankster, der gerade auf der Toilette sitzt, das Kind, ihm eine Toilettenpapierrolle zu bringen. Der Prankster schmiert dem Kind, wenn es ihm die Rolle geben will, mit Schokoladencreme an. Hier ist das eklige Moment also nicht bloß auf einem Smartphone Bildschirm zu sehen, sondern dem Kind wird vorgetäuscht, dass es gerade vom Prankster also häufig vom Geschwisterkind oder von den Eltern mit Kot beschmiert wurde. Die Kinder schämen sich hierbei häufig und ekeln sich teilweise so stark, dass sie würgen müssen.

Der Report von jugendschutz.net kommt zum Schluss, dass die negativen emotionalen Reaktionen der Kinder sowohl in den Videobeschreibungen der Videoersteller als auch in den Kommentaren häufig heruntergespielt werden. So werden in den Überschriften oder Beschreibungen der Videos manchmal Entschuldigungen der Eltern ausgedrückt, die jedoch im Widerspruch zum Upload des Videos stehen. Schließlich haben sich die Prankster das Video hochgeladen, auch wenn sie sich dafür entschuldigt haben. In den Kommentaren sind einige Beiträge zu finden, bei denen betont wird, dass die Reaktion des Kindes süß aussah, man über den Schrecken des Kindes belustigt ist oder eine Nachahmung angekündigt wird.

Insgesamt sind die Erstellung und der Upload solcher Prank Videos, bei denen Kinder betroffen sind, in juristischer, ethischer und pädagogischer Hinsicht fragwürdig. Fünf Videos hat jugendschutz.net an TikTok gemeldet, worauf diese vom Dienst entfernt wurden. Auch wenn nicht immer eindeutig klar ist, ob ein strafrechtlich relevantes Vergehen vorliegt, sind die Persönlichkeitsrechte von Kindern durch die öffentliche Verbreitung solcher Videos gefährdet. Zudem werden nicht nur durch den Prank an sich, sondern auch durch das öffentliche Teilen und Weiterleiten fragwürdige Werte vermittelt und normalisiert, zum Beispiel, dass man Vertrauen missbraucht und sich Scherze auf Kosten anderer erlaubt und dabei teils starke emotionale Reaktionen erzielen will. Auch wenn der Prank gegenüber den Kindern am Ende meist aufgelöst wird, ist nicht ohne weiteres davon auszugehen, dass die Kinder dies einordnen können. Die Gefährdung des Vertrauensverhältnisses besteht trotz dessen und der Schreckensmoment oder die Ekelreaktion sind so ebenfalls nicht ungeschehen gemacht. 

 

Quelle

Glaser, S., (2023). TikTok-Pranks mit Kindern Darstellung emotionaler Ausnahmezustände zu Unterhaltungszwecken, verfügbar unter: https://www.jugendschutz.net/fileadmin/daten/publikationen/praxisinfos_reports/report_tiktok_pranks_mit_kindern.pdf

 

Marcus Müller


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