Marcus Müller
- Studentische Hilfskraft
Vita
Ich bin bei merz seit Januar 2024.
Aktivitäten
Student im Masterstudiengang Gesellschaft und Kultur mit den Fächern Medienwissenschaft und Philosophie an der Universität Paderborn
Studentische Hilfskraft am Lehrstuhl für Schulpädagogik am Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Paderborn
Beiträge in merz
Marcus Müller: Politische Medienbildung GEGEN HASS IM NETZ
Der Kompass für gelingende politische Medienbildung GEGEN HASS IM NETZ bietet entlang von fünf Themenbereichen Hilfestellungen für Akteur*innen, die Angebote zum Umgang mit Hass im Netz im Bildungsbereich durchführen wollen. Die Orientierungshilfe wurde von der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) in Zusammenarbeit mit medialepfade.org – Verein für Medienbildung veröffentlicht. Die Autor*innen regen dazu an, über das Thema und die damit verbundenen Lernziele nachzudenken und besonders im Onlinekontext die Überschneidungen von Themenfeldern wie Rassismus und Hass mit solchen wie Desinformation oder Cybermobbing zu beachten.
Hinsichtlich der Haltung zu Demokratie und Vielfalt ist im Kontext der Medienbildung eine deutliche Bezugnahme auf Werte und Grundrechte des Grundgesetzes von Bedeutung. Für die Vermittlung einer friedlichen und demokratischen Debattenkultur ist dies zentral. Starke Methoden bedeuten laut Medienbildungskompass, dass Medien methodenorientiert eingesetzt werden und abgewogen wird, in welchem Umfang mit authentischen oder zu Anschauungszwecken hergestelltem Material gearbeitet werden sollte. Weiterhin soll sich die Zielgruppe mit dem Angebot identifizieren können. Daher sollten nicht ausschließlich privilegierte Sichtweisen abgebildet werden und das Material möglichst barrierearm sein. Hierbei sollten pädagogische Fachkräfte ihre eigene Identität und Betroffenheit reflektieren.
Zuletzt weist der Kompass auf die Nachnutzung bzw. Aktualisierbarkeit von Materialien und Projektkonzeptionen als Kriterium für nachhaltige Bildungsarbeit hin. Gelungen sind die Materialien laut Kompass, wenn sie für verschiedene Lernsituationen anschlussfähig sind.Marcus Müller: Gravelmann, R. (2024). Jugend online! Soziale Arbeit offline? Digitale Lebenswelten junger Menschen als Herausforderung für die Praxis Sozialer Arbeit. Beltz Juventa. 157 S., 25,00 €.
Ein erheblicher Teil der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen findet digital statt. Wie steht die Soziale Arbeit dazu? Inwiefern muss sie selbst digitaler werden und was sollten Erziehungsberechtigte, Pädagog*innen und Sozialarbeiter*innen über die digitale Jugendkultur unbedingt wissen? All diese Fragen werden fachkundig und aktuell von Reinhold Gravelmann, Referent des Bundesverbands für Erziehungshilfe, Eltern-Medientrainer und Autor, in seiner aktuellen Publikation behandelt. Das Werk richtet sich vor allem an Fachkräfte, die im Bereich der Sozialen Arbeit tätig sind.
Gravelmann geht von der Beobachtung aus, dass die digitale Welt einer der wenigen Bereiche ist, in denen viele Heranwachsende sich besser auskennen als die Erwachsenen, die mit der Internetkultur und aktuellen Trends und Phänomenen der Sozialen Netzwerke weniger vertraut sind. Der Wissensvorsprung, auf den Erwachsene in vielen anderen Bereichen bauen können, ist hier nicht vorhanden. Entsprechend verstärkt seien daher die Ängste einiger Erwachsener bezüglich der Nutzung von digitalen Angeboten durch Jugendliche. Ein Reagieren auf die aktuellen Umstände ist jedoch laut Autor unerlässlich, denn „Die Jugend wartet nicht auf die Soziale Arbeit.“ (S. 18). Auch wenn sich parallel zur heutigen Debatte um ‚Mediensucht‘ historische Pendants wie etwa die ‚Lesesucht‘ finden, lassen sich die neuen Entwicklungen der Medienwelt nicht allein mit vergangenen Medienerfahrungen begreifen, wie Gravelmann in einer kurzen Darstellung der Medienhistorie zeigt. Daher gelte es, die aktuellen Entwicklungen in ihrer neuen Qualität und Bedeutung für Kinder und Jugendliche zu begreifen.
In der Jugendkultur sind die Online- und Offlinewelt schon längst nicht mehr zu trennen und Soziale Plattformen und digitale Spiele bieten neue Möglichkeiten der Identitätsbildung. Dementsprechend werden in der Publikation allgemeine Trends wie E-Sport, Let’s Plays und sexuelle Dienstleistungen im Internet vorgestellt. Konkret werden in diesem Zuge auch die derzeit beliebtesten Social Media Apps hinsichtlich ihrer Funktion und Bedeutung für Heranwachsende beschrieben.
In der Spannbreite der Nutzung digitaler Medien liegen sowohl eine Freizeitgestaltung, bei der soziale Kontakte gepflegt werden und Internettrends die Jugendkultur konstituieren, als auch ein problematisches Nutzungsverhalten bis hin zum suchtartigen Verhalten. Diese Spannungen zwischen Chancen und Risiken durchziehen auch den Einsatz digitaler Medien in der Sozialen Arbeit. Immer wieder verweist Gravelmann darauf, dass der Einsatz digitaler Medien seit der Corona Pandemie in der Sozialen Arbeit zwar stärker etabliert wurde, aber etwa der Einsatz von KI noch in der Erprobungsphase steht und es noch viele ethische und rechtliche Fragen zu klären gilt.
Weiterhin besteht bei vielen datenschutzrechtlichen Fragen und im Bereich des Jugendschutzes eine so umfangreiche Gesetzeslage, dass die vorliegende Publikation hierzu einen Überblick gibt, da sowohl Fachkräfte als auch Jugendliche eine Reihe von Rechtsverstößen im digitalen Raum begehen können. Zudem merkt der Autor ein Hinterherhinken der gesetzlichen Regelungen hinter der sich wandelnden Medienwelt an und resümiert: „Auch wenn das Jugendschutzgesetz (endlich) den Erfordernissen der veränderten Medienwelt angepasst wurde, bleibt es den einzelnen Mediennutzer*innen sowie den Fachkräften in der Sozialen Arbeit überlassen, mit den dennoch weiterhin bestehenden Herausforderungen und gesetzlichen Unzulänglichkeiten umzugehen […]“ (S. 91–92).
Jugend online! Soziale Arbeit offline? bietet einen gelungenen Überblick über die aktuellen Problemfelder der Sozialen Arbeit in Bezug auf die Digitalisierung und berücksichtigt dabei die Perspektive und Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen sowie die Rolle der Fachkräfte in angemessener Weise. Durch die Beschreibung des Nutzungsverhaltens der Jugendlichen von digitalen Dienstleistungen wird gut nachvollziehbar beschrieben, dass diese Anwendungen tief in das Sozialleben, die Freizeitgestaltung und Identitätsfindung eingedrungen sind, sodass ein Verständnis der digitalen Lebenswelt unerlässlich bei der Konzeption von Hilfsangeboten für Kinder und Jugendliche ist.
Positiv fällt zudem auf, dass neben den Jugendlichen, den sozialen Einrichtungen, Eltern, Fachkräften und dem Gesetzgeber die Anbieter von digitalen Medien Erwähnung finden. Eine Verantwortungszuschreibung seitens des Gesetzgebers an diejenigen, die digitale Medien anbieten, hält Gravelmann für wünschenswert. Auch wenn es das Feld der Sozialen Arbeit überschreiten würde, umfangreiche medienethische Kritik an Angeboten der Anbieter von digitalen Medien zu üben und dies wohl nicht zu den Aufgaben einzelner Fachkräfte zählen mag, wäre es interessant gewesen, diesen Punkt weiter zu vertiefen. Die Erkenntnisse, die die Soziale Arbeit in Auseinandersetzung mit Problemen, wie etwa exzessivem oder suchtartigem Medienkonsum erfährt, könnten wichtige Hinweise für den Gesetzgeber bieten.
Den Schwerpunkt für eine Umsetzung der digitalen Transformation macht Gravelmann vorrangig in einer besseren Ausstattung der sozialen Einrichtungen mit Ressourcen und Fortbildungsangeboten für die Fachkräfte aus. Insgesamt zeigt Gravelmann, dass digitale Medien in der Sozialen Arbeit Teil der Lösung und Teil des Problems sind und arbeitet differenziert heraus, wann welcher Schwerpunkt überwiegt.
Marcus Müller ist studentische Hilfskraft bei merz | medien + erziehung. Er studiert Medienwissenschaften und Philosophie an der Universität Paderborn.
Gravelmann, R. (2024). Jugend online! Soziale Arbeit offline? Digitale Lebenswelten junger Menschen als Herausforderung für die Praxis Sozialer Arbeit. Beltz Juventa. 157 S., 25,00 €.
Marcus Müller: Erichsen, Jakob (2024). Digitale Zukünfte. Fiktionale Erwartungen in der öffentlichen Diskussion zur Digitalisierung der Schulen. Weinheim, Basel: Beltz Juventa. 372 S. 46,00 €.
Debatten über Bildungspolitik sind zugleich immer auch Debatten über die Zukunft unserer Gesellschaft. Schließlich sollen Bildungsinstitutionen Heranwachsende darauf vor-
bereiten. Die Weiterentwicklung unserer Gesellschaft im Zuge der Digitalisierung ist zu Teilen noch offen. Jedoch werden schon jetzt fiktionale Erwartungen über die Zukunft formuliert, um bestimmte Digitalisierungsbestrebungen im Bildungswesen zu legitimieren oder zu delegitimieren. Jakob Erichsen hat die Debatten um die Digitalisierung des Bildungswesens diskursanalytisch untersucht, um herauszufinden, wie bestimmte Vorstellungen von der Zukunft den politischen Diskurs um unsere gegenwärtige Bildungspolitik prägen.Schwerpunktmäßig analysiert er den journalistischen Bereich anhand der Tageszeitungen Frankfurter Allgemeine Zeitung und Süddeutsche Zeitung sowie der Wochenzeitung Die Zeit. Erichsen schätzt die Wirkmacht dieser drei Zeitungen höher ein, als es die reinen Auflagenzahlen vermuten lassen, da diese als Qualitäts- und Leitmedien gelten und sich viele journalistische Medien an ihnen orientieren. Gerade der journalistische Bereich sei für die Untersuchung besonders interessant, so Erichsen, da dieser eher als meinungs- und tatsachenorientiert wahrgenommen würde, die fiktionalen Zukunftserwartungen jedoch eher spekulativen und fantasiebetonten Charakter hätten. Der Autor vermutet, dass die fiktionalen Erwartungen im Journalismus möglicherweise besonders wirkungsvoll sein könnten, da sie hier unbemerkt wirken können.
Anschaulich zeigt Erichsen die dominierenden Zukunftsnarrative auf und zeigt, wie digitalisierungsbefürwortende, ablehnende und vermittelnde Positionen in den Argumentationen plausibilisiert werden. Dieses Buch ist allen zu empfehlen, die interessiert die gegenwärtigen Debatten um die Digitalisierung des Bildungssystems verfolgen und diese einmal aus der Metaperspektive betrachten möchten, um so vielleicht auch die eigene Position distanziert betrachten zu können.
Erichsen, Jakob (2024). Digitale Zukünfte. Fiktionale Erwartungen in der öffentlichen Diskussion zur Digitalisierung der Schulen. Weinheim, Basel: Beltz Juventa. 372 S. 46,00 €.
Marcus Müller: Letz, Malte & Lippok, Juliane (2024). Globales Lernen im Museum. Ein Praxisleitfaden. Bielefeld: transcript. Edition Museum. 130 S., 29,00 €.
Eine zentrale Frage der Medienpädagogik dreht sich darum, welche Medien mit welchen Methoden in der Bildung eingesetzt werden sollten. Um eine weitere Dimension kann man die Bildungsarbeit erweitern, indem man sich fragt, aus welcher Perspektive die eingesetzten Medien bestimmte Inhalte übermitteln sollen. Malte Letz und Juliane Lippok setzen genau hier mit ihrem Praxisleitfaden Globales Lernen im Museum an und zeigen Wege auf, wie die entwicklungspolitische Bildung durch Kooperation mit dem von Kolonialgeschichte geprägten Lernort Museum zu einer neuen globalen Perspektive gelangen kann.
Ausgangspunkt ist für die Autor*innen der Ansatz des Globalen Lernens aus der entwicklungspolitischen Bildung. Mit diesem Ansatz sollen Verbindungen zwischen Globalem Norden und Globalem Süden in Museen sichtbar gemacht werden. Die so gewonnene Multiperspektivität soll einen nachhaltigen Umgang mit der Globalisierung, Digitalisierung, Klimawandel und wachsender Diversität vermitteln. Inhaltlicher Kern des Praxisleitfadens sind acht Perspektiven, die zu einer zielführenden Angebotsentwicklung im Rahmen einer solchen Bildungskooperation beitragen sollen. Die acht Perspektiven sind die Rahmenbedingungen, die Zielgruppe und das Bildungsformat, die Auswahl von Bezugsregionen des Globalen Südens, der Bezug zu den 17 UN-Nachhaltigkeitszielen (SDG), Bezüge zum Museum, die Fachkräfte, eine Auswahl von Kernkompetenzen, die vermittelt werden sollen und die Gesamtorganisation. Darauf aufbauend werden Überlegungen zur Methodik und Evaluation des Globalen Lernens im Museum angestellt und bewährte Ansätze vorgestellt.
Globale Perspektiven in konkrete individuelle Lernsituationen einzubringen, ist der Versuch, das Universelle mit dem Individuellen zu verbinden. Durch das Aufzeigen der Bezugspunkte zwischen der global ausgerichteten entwicklungspolitischen Bildung und den methodischen Möglichkeiten des lokalen Museums gelingt den Autor*innen genau das.
Letz, Malte & Lippok, Juliane (2024). Globales Lernen im Museum. Ein Praxisleitfaden. Bielefeld: transcript. Edition Museum. 130 S., 29,00 €.