Jounas Al Maana
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- Jounas Al Maana/Maurice Pflug: Erfahrungen junger Menschen in der Corona-Zeit
Jounas Al Maana/Maurice Pflug: Erfahrungen junger Menschen in der Corona-Zeit
Junge Menschen sehen ihre Perspektiven in der Corona-Krise nicht beachtet. Das zeigt die JuCo-Studie des Forschungsverbunds Kindheit – Jugend – Familie in der Corona-Zeit, der sich aus dem Institut für Sozial- und Organisationspädagogik an der Stiftung Universität Hildesheim und dem Institut für Sozialpädagogik und Erwachsenenbildung an der Universität Frankfurt in Kooperation mit der Universität Bielefeld zusammensetzt.
An der Umfrage nahmen 6431 Menschen zwischen 15 und 30 Jahren teil, von denen 5128 den Fragebogen zu mindestens 95 Prozent ausfüllten. Bei der Onlinebefragung haben 566 Teilnehmende Angaben im Bereich der freien Texteingabe zum Ende des Befragungsbogens gemacht, sodass der Forschungsverbund seine quantitative Analyse um einen qualitativen Teil erweiterte.
Im quantitativen Teil der Studie wird auf einer Skala von null bis zehn ein eher hohes Wohlbefinden der Jugendlichen in der Wohnsituation (6,61) festgestellt. Mit den Kontakten zu Peers sind die Jugendlichen bei einem Mittelwert von 4,95 deutlich unzufriedener. Rückblickend sind die Befragten mit ihrer verbrachten Zeit vor den Kontaktbeschränkungen im Schnitt deutlich zufriedener als mit ihrer Zeitgestaltung während der Beschränkungen. Besonders bemerkenswert ist der Eindruck vieler Jugendlicher, dass ihre Sorgen nicht gehört werden. Etwa 30 Prozent stimmen der Aussage teilweise, etwas über 16 Prozent eher und etwa sieben Prozent voll zu. Auch auf die aktuell besonders prekäre Lage von Schüler*innen von Förderschulen und/oder jungen Menschen mit Beeinträchtigungen weisen die Autor*innen hin.
Damit machen sie auch auf die relevante Verzerrung – insbesondere des qualitativen Teils der Umfrage – aufmerksam, dass Schüler*innen mit ausgeprägtem Wunsch zur Mitteilung vermutlich stärker erfasst wurden, als solche ohne entsprechenden Wunsch, während andere Jugendliche, etwa diejenigen mit Beeinträchtigungen, womöglich nicht oder kaum zu Wort kamen. Die Ergebnisse des qualitativen Teils der Studie zeigen, dass die Jugendlichen sich teilweise auf ihre Rolle als Schüler*innen und Studierende, die ‚funktionieren‘ sollen, reduziert fühlen – angehende Abiturient*innen äußern dahingehend besonders häufig Bedenken. Der Wegfall von organisierten, regelmäßigen Aktivitäten außerhalb der Schule, etwa in Vereinen, wiegt für viele Jugendliche besonders schwer. Es werde nicht hinreichend beachtet, dass Jugendliche im Gegensatz zu vielen Erwachsenen keine fortlaufenden Außenkontakte haben. Viele Jugendliche äußern Bedenken bezüglich der Verstärkung sozialer Ungleichheiten, etwa vor dem Hintergrund unterschiedlicher technischer Ausstattung. Sie fühlen sich in der Berichterstattung über die Pandemie häufig unterrepräsentiert.
Zwar zeigen sich einige erleichtert über den Wegfall sozialen Drucks im Schul- oder Peerkontext, gleichzeitig äußern andere Einsamkeitsgefühle. Als eine zentrale These des Papiers kann gelten: „Das Recht der jungen Menschen auf Beteiligung und Schutz darf nicht ein Schönwetterrecht sein und muss demnach krisenfest sein. Wenn es in der Krise aussetzt, ist es nicht fest genug etabliert.“
www.uni-hildesheim.de
Jounas Al Maana, Maurice PflugBeitrag aus Heft »2020/04 Medien und Narrative - Die Kraft des Erzählens in mediatisierten Welten«
Autor: Jounas Al Maana
Beitrag als PDF - Jounas Al Maana: stichwort: E-Girl/E-Boy
Jounas Al Maana: stichwort: E-Girl/E-Boy
Grüne Haare, gestreifte Second-Hand-Shirts und spitz auslaufender Eyeliner. Das ist eine stereotypische Beschreibung eines E-Girls. Das ‚E‘ steht dabei für ‚Electronic‘, denn die Kultur der E-Girls und E-Boys findet online statt. Ein beliebtes Videoformat ist die sogenannte ‚E-Girl Factory‘. Das sind Videos von ‚normalen‘ Menschen, in denen sie durch das Styling von Haaren, Makeup und Kleidung zu E-Girls werden. Auch E-Boys tragen gestreifte Shirts, viele Ketten, Nagellack und teilweise Makeup. Sie erinnern durch Mittelscheitelfrisur stark an einen 90er Boy-Band-Look gepaart mit Gothic-Elementen. Das Label E-Boy/E-Girl ist zwar geschlechtsbinär getrennt, doch der Style ist sehr ähnlich.
Blickt man auf die Entwicklung des Begriffs E-Girl lässt sich ein Wandel erkennen. Die ersten Urban-Dictionary-Einträge von Ende der 2000er Jahre zeigen die negative Konnotation des Phänomens. Der Begriff diente zur Abwertung von Frauen in der männlich dominierten Gamer-Welt, welche auf der Annahme beruhte, dass Frauen sich eine Online-Identität nur erschaffen, um Gamer zu verführen. Die heutigen E-Girls haben sich von dieser sexistischen Zuschreibung gelöst. Die Eigenbezeichnung beschreibt nun vielmehr einen eigenen Style, der inspiriert ist aus Skatekultur, Emo, Goth und K-Pop. Neben den gefärbten Haaren sind es vor allem die rosa geschminkten Nasen und Wangen und die aufgemalten Herzchen unter den Augen, die zu einem animéartigen Erscheinen führen. Oft kommen noch auffällige Accessoires wie Ketten, Choker-Halsbänder und bunte Haarspangen hinzu. In manchen Videos sind sexualisierte Gestik und Mimik der E-Girls und E-Boys zu beobachten. Inwiefern sich die Szene über die Wahrnehmung dieser Art der Präsentation bewusst ist, lässt sich nur schwer beurteilen. Einige bekannte E-Girls nutzen diese Ästhetik jedoch für ihre Geschäftsmodelle, bei denen sie durch die Sexualisierung ihrer Online-Auftritte Geld verdienen.
Aber sieht man E-Girls und E-Boys auch auf der Straße? Eher unwahrscheinlich! Es handelt sich hauptsächlich um eine Online-Kultur, die vor allem durch TikTok im Mainstream angekommen ist. Man erkennt E-Boys und E-Girls also nicht daran, was sie im Alltag tragen, sondern daran, was sie auf ihren Twitch-, Instagram- und TikTok-Accounts veröffentlichen. Eine klare Abtrennung zu anderen Trends, wie Cosplay oder Emo ist dabei kaum möglich, denn die Übergänge sind fließend.
Beitrag aus Heft »2020/04 Medien und Narrative - Die Kraft des Erzählens in mediatisierten Welten«
Autor: Jounas Al Maana
Beitrag als PDF - Jounas Al Maana: Filmreihe über Alltagsrassismus bei Jugendlichen
Jounas Al Maana: Filmreihe über Alltagsrassismus bei Jugendlichen
Medienprojekt Wuppertal (2019). Alltagsrassismus. Filmreihe als DVD, 32,00 €, zum Streamen, 9,00 € oder als Download, 25,00 €.
Woher kommst du? Für Menschen mit Migrationsbiografie ist die Frage jedes Mal ein Drahtseilakt. Geht es jetzt darum, in welcher Stadt ich aufgewachsen bin oder ob ich gerade aus der Schule komme? Denn oft ist die Frage verbunden mit einem ‚ursprünglich‘. Es geht vielmehr um die Herkunft der Eltern und bezieht sich auf ein nicht-weißes Erscheinungsbild. Kinder und Jugendliche, die äufig mit dieser Form des ‚Andersmachens‘ und dem entsprechenden Antwortdruck konfrontiert sind, entwickeln im Laufe der Zeit eine individuelle Methode, mit dieser Frage umzugehen. Dabei werden essentielle Fragen der eigenen Identität und Zugehörigkeit aufgeworfen, die oft zu inneren und äußeren Konflikten führen. In der Filmreihe ‚Alltagsrassismus‘ werden genau diese Fragen nach Identität und rassistischen Erfahrungen von nichtweißen Jugendlichen in einem Kurzfilm sowie zwei Dokumentarfilmen behandelt.
In den beiden Dokumentarfilmen, auf denen der Fokus hier liegen soll, werden Jugendliche interviewt und zu ihren Erfahrungen und Perspektiven befragt. Im Folgenden wird auf einige zentrale Aspekte aus den Interviews eingegangen.
„Wir sind so gut wie Deutsche“
In der Interviewreihe ‚Bruder, Bruder, Bruder‘ wird das Thema der Identität und Zugehörigkeit aus den unterschiedlichen Perspektiven der Jugendlichen diskutiert. Es zeigt sich die Krise, in der viele junge Menschen mit Migrationsgeschichte stecken: „Ich habe immer versucht, das zu machen, was sie von mir erwartet haben.“ Sie leben in zwei Realitäten Filmreihe über Alltagsrassismus bei Jugendlichen und entwickeln unterschiedliche Handlungsmuster – je nachdem, in welchen Kontexten sie sich befinden. Diese Kontextabhängigkeit wird auch an weiteren Stellen deutlich: „In der Schule bin ich
mehr so Deutscher. Zuhause bin ich der, der ich wirklich bin“.Die Suche nach dem wahren ‚Ich‘ der Jugendlichen wird durch die unterschiedlichen Kontexte und den damit einhergehenden Erwartungsdruck erschwert. Von diesen individuellen und kontextabhängigen Verhaltensmustern geht auch die übergeordnete Frage nach Zugehörigkeit zu Deutschland einher. Den Konflikt vieler Deutscher mit Migrationsbiografie beschreibt folgende Aussage: „Hier werden wir nicht anerkannt, aber wenn wir im Ausland sind, sind wir da die Deutschen“ Dieses fehlende Zugehörigkeitsgefühl und die Suche nach einem Platz in der Gesellschaft begleitet viele Jugendliche in ihrer Identitätsfindung. In Deutschland wird die vermeintliche Andersartigkeit durch ihre Migrationsbiografie hervorgehoben und durch die Frage, wo man denn ‚ursprünglich herkomme‘ bis hin zu rassistischen Anfeindungen tagtäglich vor Augen geführt. In den Ursprungsländern ihrer Eltern oder Großeltern ist eine Zugehörigkeit auch nur bedingt möglich, da man schließlich in Deutschland sozialisiert wurde.
„Vielleicht versuchen die einfach, die besseren Ausländer zu sein“
Ein interessanter Aspekt der Filmreihe ist auch die Frage nach ‚den Deutschen‘, womit wohl weiße deutsche Menschen ohne Migrationsbiografie gemeint sind. Die Jugendlichen erzählen, dass es in der Jugendkultur mittlerweile ‚cool‘ sei, ‚Ausländer‘ zu sein. Mit lachendem Auge blicken die Jugendlichen dabei auf ihre Mitschüler*innen, die nun arabische Wörter und Redewendungen
in ihre Sprache aufnehmen. Diese Entwicklung zeigt einmal mehr, wie Diversität bei jungen
Menschen immer mehr zur Normalität wird.Stopp, hör mal auf damit!
In der Interviewreihe ‚Ich geh dazwischen‘ berichten Jugendliche, dass rassistische Stereotype innerhalb von Freundschaften weit verbreitet sind. Viele bewerten dies als harmlos, solange eine sehr enge Beziehung mit den Personen besteht. Gleichzeitig setzen die Jugendlichen auch klare Grenzen: „In manchen Situationen darf man sowas einfach nicht, weil man nicht weiß, ob man die Person verletzt“, so eine Schülerin. Die Jugendlichen wurden auch nach eigenen rassistischen Erfahrungen befragt und berichten aus ihrem Alltag in der Schule sowie im öffentlichen Raum von starken rassistisch-verbalen Angriffen. Dabei werden Erfahrungen von anti-schwarzem Rassismus, anti-kurdischem Rassismus und anti-muslimischen Rassismus aus der Perspektive der betroffenen Jugendlichen geteilt. Auch, wenn die Jugendlichen von grenzüberschreitenden Erfahrungen in ihren Peergroups berichten, liegt der Fokus doch auch auf Erfahrungen mit ‚älteren‘ Menschen. „Wir sind alle miteinander aufgewachsen […] Die meisten, die dann irgendetwas gesagt haben waren die Eltern, die gesagt haben: Nein, mein Kind kann nicht mit irgendwelchen Ausländern zusammen sitzen.“ Das Aufwachsen in diversen Milieus führt laut den Jugendlichen zu mehr Offenheit und der Normalisierung von vermeintlichen Unterschieden. Die Schüler*innen appellieren daran, in (alltags-)rassistischen Situationen sowohl mit Gleichaltrigen als auch mit Erwachsenen Zivilcourage zu beweisen und den Betroffenen zur Seite zu stehen.
Die multiplen Perspektiven der Jugendlichen und die Breite der angesprochenen Themen von Identität und Zugehörigkeit über Rassismus bis hin zu Handlungsmöglichkeiten bieten eine Vielzahl an Gelegenheiten, mit Jugendlichen in den Austausch zu kommen. Was der Reihe fehlt, ist begleitendes Material, welches konkret Alltagsrassismus thematisiert. Allein die oben zitierten Aussagen der Jugendlichen bieten genug Potential, um tiefergehende Diskussionen über Rassismus zu führen. Ohne Anleitung und Einbettung in größere Zusammenhänge bleibt diese Diskussion jedoch nur schwer einzugrenzen. Über den Titel ‚Alltagsrassismus‘ hinaus werden letztlich viel mehr Themen besprochen und grundlegende Fragen der Zugehörigkeit und Identität behandelt. Das selbst ausgeschriebene Ziel der Filmreihe – Diskussionen anzuregen – kann in der Praxis auf jeden Fall gelingen.
Das Filmprojekt wurde durchgeführt vom Fachbereich Jugend & Freizeit Wuppertal, Kinder- und Jugendschutz, und dem Haus der Jugend Barmen (Close Up-Theater) mit dem Medienprojekt Wuppertal, gefördert durch das Landesprogramm NRWeltoffen.
Beitrag aus Heft »2020/04 Medien und Narrative - Die Kraft des Erzählens in mediatisierten Welten«
Autor: Jounas Al Maana
Beitrag als PDF - Jounas Al Maana: Kaminsky, Carmen/Seelmeyer, Udo/ Siebert, Scarlet/Werner, Petra (Hrsg.) (2020). Digitale Technologien zwischen Lenkung und Selbstermächtigung. Interdisziplinäre Perspektiven. Weinheim: Beltz Juventa. 186 S., 29,95 €.
Jounas Al Maana: Kaminsky, Carmen/Seelmeyer, Udo/ Siebert, Scarlet/Werner, Petra (Hrsg.) (2020). Digitale Technologien zwischen Lenkung und Selbstermächtigung. Interdisziplinäre Perspektiven. Weinheim: Beltz Juventa. 186 S., 29,95 €.
Kaminsky, Carmen/Seelmeyer, Udo/Siebert, Scarlet/Werner, Petra (Hrsg.) (2020). Digitale Technologien zwischen Lenkung und Selbstermächtigung. Interdisziplinäre Perspektiven. Weinheim: Beltz Juventa. 186 S., 29,95 €.
In Kontexten der Sozialarbeit sowie der Therapie werden digitale Technologien von Self Tracking bis Gamification eingesetzt. Die Publikation versucht anhand interdisziplinärer Perspektiven Technik, ‚die auf soziale Verhaltensänderung zielt‘, in ihren Chancen und Risiken zu beleuchten.
Dazu widmet sich der erste Teil dem Spannungsfeld zwischen Ermächtigung und Kontrolle bei digitalen Tools aus einer techniksoziologischen Perspektive. Dabei wird das Konzept der ‚digitalen Dienstbarkeit‘ entworfen, um den Nutzen der Technologie für den Menschen zu beschreiben. Anhand eines zeitlichen Abrisses der verschieden ‚Zäsuren‘ der Digitalisierung wird aufgezeigt, wie sich das Selbstbild durch die digitale Transformation verändert.
Die Frage nach Lenkung und Selbstermächtigung durch digitale Technologien wird in den weiteren Beiträgen anhand konkreter digitalisierter Praktiken in Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit diskutiert. Die behandelten Settings reichen von Gamification und Technikberatung für ältere Menschen bis zur Verwendung sozialer Medien und Online-Experimente als ‚Living Labs‘. Konkret werden dabei ethische Fragen zur Digitalisierung in der Sozialen Arbeit gestellt und auf die Herausforderung der Einhaltung der ‚klassischen ethischen Anforderungen der Profession‘ verwiesen.
Die Publikation bietet einen tiefen interdisziplinären Einblick in grundlegende ethische Debatten in der Arbeit zwischen Mensch und Technologie und bestärkt die langjährige Forderung der Sozialarbeitswissenschaften nach mehr Reflexivität und interdisziplinäreren Perspektiven bei der Entwicklung von digitalen Technologien.
Beitrag aus Heft »2020/04 Medien und Narrative - Die Kraft des Erzählens in mediatisierten Welten«
Autor: Jounas Al Maana
Beitrag als PDF - Jounas Al Maana: Lemme, Sebastian (2020). Visualität und Zugehörigkeit. Deutsche Selbstund Fremdbilder in der Berichterstattung über Migration, Flucht und Integration. Bielefeld: transcript. 300 S., 50,00 €.
Jounas Al Maana: Lemme, Sebastian (2020). Visualität und Zugehörigkeit. Deutsche Selbstund Fremdbilder in der Berichterstattung über Migration, Flucht und Integration. Bielefeld: transcript. 300 S., 50,00 €.
Lemme, Sebastian (2020). Visualität und Zugehörigkeit. Deutsche Selbst- und Fremdbilder in der Berichterstattung über Migration, Flucht und Integration. Bielefeld: transcript. 300 S., 50,00 €.
‚Die Deutschen‘ versus ‚die Migrant*innen‘? Dieser Konstruktion wird in der Analyse von Sebastian Lemme auf den Grund gegangen. Nach einem grundlegenden Überblick über postkoloniale Studien, die Critical Whiteness Studies und die Rassismusforschung werden diese mit Konzepten der visuellen Kommunikation sowie Fremd- und Selbstbildern verknüpft. Der zweite Teil des Buchs widmet sich der methodischen Auseinandersetzung mit der Analyse von visueller Kommunikation.
Mithilfe von exemplarischen Fotos aus Zeitungen werden die Ergebnisse der empirischen Analyse von Bildmaterial im Zeitraum 2006 bis 2015 vorgestellt. Eine Leitfrage der empirischen Untersuchung ist dabei die Frage nach der Art der Darstellung von Gruppen sowie deren Repräsentation. Ziel der Publikation ist es, „Stereotypisierungen in einen historischen, politischen und gesellschaftlichen Rahmen einzuordnen [und] mit Dynamiken der Dominanz und Machtförmigkeit abzugleichen.“
Die Publikation leistet einen essentiellen Beitrag für die Diskussion um Berichterstattung und macht deutlich, wie durch Framing und die Verwendung negativ stereotypisierter Bilder in Bezug auf Schwarze, People of Color und Menschen mit Migrationsgeschichte in Deutschland, eine ‚Andersheit‘ von (post-)migrantischen Lebensrealitäten aufrechterhalten wird. Demgegenüber wird das Bild einer deutschen und weißen ‚Wir-Gemeinschaft‘ gestellt. Die Erkenntnisse dieser Analyse bieten anhand der konkreten Bilder eine empirische Argumentationsgrundlage zur (rassismus-)kritischen Betrachtung der medialen Berichterstattung.
Beitrag aus Heft »2020/04 Medien und Narrative - Die Kraft des Erzählens in mediatisierten Welten«
Autor: Jounas Al Maana
Beitrag als PDF - Jounas Al Maana/Kati Struckmeyer: #blackouttuesday
Jounas Al Maana/Kati Struckmeyer: #blackouttuesday
ks Als teilzeitarbeitende Mutter von zwei Kindern – und neuerdings verantwortlich für eine Fachzeitschrift – läuft mein Leben oft in sehr gleichförmigen Bahnen ab. Instagram ist für mich ein Fenster in die Welt, wenn meine eigene Welt zum Hamsterrad wird. Mal kurz gucken, was andere machen, denken, lesen, anziehen, essen – das ist Entspannung, Ablenkung und vor allem Inspiration. Am #blackouttuesday bin ich beim Raus- bzw. Reingucken gestolpert. (Fast) alles schwarz. Das war zuerst: berührend und aufrüttelnd. Dann aber auch: verunsichernd. Wie geht das weiter? Wie viel antirassistisches Engagement bleibt übrig, wenn die schwarzen Kacheln wieder weg sind? Was mache ich jetzt damit? Diese Fragen kann mir keiner beantworten, aber folgende Instagram-Kanäle haben mir dabei geholfen, es nicht bei einem schwarzen Quadrat zu belassen, sondern (zumindest im Kopf, resultierend aber sicher auch im Handeln) weiter zu kommen und den ersten Schritt in Richtung Veränderung zu gehen:
@tupoka.o | @alice_haruko | @aminajmina | @noahsow | @wasihrnichtseht
ja Der #blackouttuesday hat Anfang Juni auch meine Timeline mit schwarzen Quadraten übersät. Instagram war in den letzten Jahren für mich ein enorm wichtiges Medium, um mich mit meiner Identität und meinen Erfahrungen auseinanderzusetzen, aber auch, um neue Perspektiven und Lebensrealitäten kennenzulernen. Am #blackouttuesday beschäftigten sich scheinbar alle meine (Insta-)Freund*innen mit Rassismus. Einerseits freute es mich, dass so viele Menschen wohl ein Bewusstsein für diese Ungerechtigkeiten haben. Aber ist das wirklich so, frage ich mich. Wieso muss erst wieder ein schwarzer Mann in den USA sterben, damit auch Menschen in Deutschland verstehen, dass Rassismus ein Problem ist? Haben Oury Jalloh, NSU, Halle oder Hanau nicht gereicht für diese Einsicht?
Ich hoffe, dass der #blackouttuesday den Blackout, den Deutschland zu Rassismus im eigenen Land hat, beenden konnte und die Erinnerungen an die grausame deutsche Kolonialgeschichte und rassistisch motivierte Gewalt zurückbringt. Der #blackouttuesday hat mir zu keinen neuen Erkenntnissen verholfen. Ich weiß, dass Rassismus in Deutschland alltäglich ist. Alle Menschen, die selbst von Rassismus betroffen sind, wissen das. Wir müssen den Blackout zu Rassismus in der deutschen Politik, in der Justiz, in der Polizei und in den Medien hinter uns lassen. Auf dem Weg dahin gilt es für jede*n Einzelne*n von uns, sich weiter aktiv mit Rassismus, Antirassismus und der eigenen Positionierung auseinanderzusetzen. Die Inhalte auf Instagram können dabei sowohl für Betroffene eine empowernde Funktion einnehmen als auch für alle anderen eine enorme Perspektiven- und Wissenserweiterung bieten, etwa die von:
Beitrag aus Heft »2020/04 Medien und Narrative - Die Kraft des Erzählens in mediatisierten Welten«
Autor: Jounas Al Maana
Beitrag als PDF - Jounas Al Maana: Nationaler Bericht zu Bildung in der digitalisierten Welt
Jounas Al Maana: Nationaler Bericht zu Bildung in der digitalisierten Welt
Der Bericht über die Gesamtentwicklung des deutschen Bildungswesens legt 2020 den Fokus auf Bildung in der digitalisierten Welt, was angesichts der andauernden Corona-Pandemie besonders aktuell ist. Zwar wird deutlich, dass digitale Technologien mittlerweile selbstverständlicher Teil des alltäglichen Lebens sind, jedoch bestehen individuelle und strukturelle Unterschiede im Zugang zu digitalen Medien. Die digitalen Kompetenzen der Bildungsteilnehmenden sind ausbaufähig und unterscheiden sich innerhalb verschiedener Gruppen, wobei sich Leistungsunterschiede insbesondere zu Ungunsten der Jungen, der Schüler*innen mit Migrationshintergrund sowie derer aus Elternhäusern mit niedrigem sozialen Status zeigen. Wie erfolgreich Lernprozesse sind, hängt maßgeblich von einem didaktisch sinnvol-len und kritisch reflektierten Einsatz digitaler Technologien ab. Entscheidend scheint nicht die eingesetzte Technik zu sein, sondern wie Lehrende digitale Medien in das alltägliche Lehr-Lern-Geschehen integrieren. Blickt man auf den tatsächlichen Einsatz digitaler Medien, sieht man im Hochschulbereich eine weite Verbreitung digitaler Technologien, seltener jedoch im schulischen Bereich und in der frühen Bildung nur partiell. Erkennbar sind große Entwicklungsbedarfe bei der Ausstattung von Schulen und Einrichtungen der frühen Bildung mit digitalen Medien. Die Bildungschancen für Kinder von gering qualifizierten Eltern stiegen trotz weiterhin vorhande-ner sozialer Disparitäten. Sie erreichen häufiger einen höheren Bildungsstand als ihre Eltern.
Der Bildungsbericht erscheint seit 2006 alle zwei Jahre und wird gefördert mit Mitteln der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Erarbeitet wurde der Bericht 2020 von einer unabhängigen Wissenschaftler*innengruppe unter Federführung des DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation.
- Jounas Al Maana/Stefanie Neumaier: Kann Medienkompetenz gemessen werden? Der #DigitalCheckNRW im Überblick
Jounas Al Maana/Stefanie Neumaier: Kann Medienkompetenz gemessen werden? Der #DigitalCheckNRW im Überblick
Der #DigitalCheckNRW bietet zur Messung der individuellen Medienkompetenz einen Online-Test in Form von sechs Kompetenzbereichen an: Bedienen und Anwenden; Informieren und Recherchieren; Kommunizieren und Kooperieren; Produzieren und Präsentieren; Analysieren und Reflektieren; Problemlösen und Modellieren. Dabei gliedern sich die einzelnen Kompetenzbereiche in je zwei Level. Pro Level gilt es vier Fragen zu beantworten, woraus jeweils bis zu fünf Punkte für den eigenen Medienkompetenz-Score resultieren. Passend zu einzelnen Leveln bietet der #DigitalCheckNRW die Möglichkeit, adäquate Weiterbildungsangebote in der Umgebung bzw. online, zum Beispiel von Volkshochschulen und anderen Anbietern, ausfindig zu machen.
Mit dem Angebot der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) wird versucht, ein Tool bereitzustellen, mit dem eine kritische (Selbst-)Reflexion der eigenen Mediennutzung und den damit einhergehenden Kompetenzen angestrebt wird.
Für den Test spricht zunächst einmal, dass er kostenlos zur Verfügung steht. Ferner lädt ein Trailer durch dessen optisch ansprechende Aufbereitung zur Teilnahme am Check ein. Das farbenfrohe Design des Trailers findet sich in den einzelnen Leveln wieder und ist dabei gepaart mit einer klaren Struktur der Fragen und Antworten. Auch die Details zu den Fragen, welche im Nachgang erscheinen, bieten ein großes Spektrum an Hintergrundwissen und ermöglichen den Nutzer*innen, ihre eigenen Antworten zu überprüfen und so dazuzulernen. Schließlich gilt es hervorzuheben, dass die empfohlenen Weiterbildungsangebote – im Sinne einer digitalen (sozialen) Teilhabe – größtenteils kostenlos angeboten werden. Diese sind sehr spezifisch und bieten so gezielte Weiterbildungsmöglichkeit für die Nutzer*innen an.
Das Ziel ist hoch gesteckt: Das Schaffen einer Plattform, um möglichst viele Menschen zur Selbstreflexion der eigenen Medienkompetenz anzuregen, Defizite aufzuzeigen und konkrete Fördermaßnahmen anzubieten. Hierbei irritiert, dass die Antwortmöglichkeiten auf einzelne Fragen nicht deckungsgleich mit dem Spektrum an möglichen Standpunkten der Befragten sind. Beispielhaft wird bei der Frage nach einer gesunden Gestaltung des Umgangs mit Medien die bedürfnisorientierte Nutzung als Antwortmöglichkeit nicht bedacht. Ferner werden vereinzelt eindimensionale Hinweise gegeben. So wird den Nutzenden bei der gleichen Frage als richtige Antwort nahegelegt, mit Apps wie dem ‚Digitalen Wohlbefinden‘ das eigene Mediennutzungsverhalten zu optimieren. Bei dieser App geht es darum, die Häufigkeit und Nutzungslänge von Apps auszuwerten und wenn möglich, einzuschränken. Gerade medienpädagogische Fachkräfte wissen jedoch, dass ein rein quantifizierender Blick eine verkürzte Betrachtung dieser Materie darstellt.
Es wird dennoch versucht, das komplexe Konstrukt des (Medien-)Kompetenzbegriffs in verschiedenen Facetten für die Nutzer*innen greifbar zu machen. Am Ende jeder Einheit wird ein Punktescore angegeben. Durch dieses Punktesystem wird einerseits ein Anreiz geschaffen, sich verbessern zu können. Andererseits bleibt es schwierig, Medienkompetenz eindeutig mit einem Punktescore zu bewerten, da keinerlei Trennschärfe dahingehend besteht, was ein Punkt mehr oder weniger wirklich aussagt. Ferner kann auf der Metaebene konstatiert werden, dass es bei einem derart vielseitigen Konstrukt, wie dem der Medienkompetenz, nichts auf Grundlage einer einheitlichen Definition zu messen gibt.
Insgesamt ist der #DigitalCheckNRW eine Plattform, die das Potenzial hat, viele Menschen zu erreichen und ihnen die Möglichkeit zur Reflexion ihrer Mediennutzung und -kompetenz zu ermöglichen. Außerdem können so zahlreiche Angebote zur medienpädagogischen Fort- und Weiterbildung spezifisch verbreitet und wahrgenommen werden.
Die GMK wurde von der Landesregierung Nordrhein-Westfalen mit dem #DigitalCheckNRW beauftragt. Ausschlaggebend war die Digitalstrategie des Bundeslandes. Den Grundstein für den Test bildet der für Schulen konzipierte ‚Medienkompetenzrahmen Nordrhein-Westfalen‘. Um lebensbegleitendes Lernen zu unterstützen, wurde dieser nun für Erwachsene ausgeweitet.
- Jounas Al Maana: Peterlini, Hans Karl/Donlic, Jasmin (Hrsg.) (2020). Jahrbuch Migration und Gesellschaft 2019/2020. Digitale Medien. Bielefeld: transcript. 169 S., 25,00 €.
Jounas Al Maana: Peterlini, Hans Karl/Donlic, Jasmin (Hrsg.) (2020). Jahrbuch Migration und Gesellschaft 2019/2020. Digitale Medien. Bielefeld: transcript. 169 S., 25,00 €.
Der Band ermöglicht einen breiten Blick auf Migration, Gesellschaft und Medien. Angefangen wird bei virtueller Migration durch die Digitalisierung der Arbeitswelt und globalen Arbeitsplätzen, die von überall bedient werden können. Dann wird der Bogen gespannt bis hin zu transnationalen Lebensrealitäten und der Bedeutung von digitaler Vernetzung in der Lebenswelt von Migrant*innen. Dabei geht es sowohl um kulturelle Auseinandersetzungen, als auch digitale Medien als Mittel zur Aufrechterhaltung sozialer Kontakte. Diese Transnationalität bietet der Mediengestaltung eine Bereicherung an diversen Perspektiven für Film, Fernsehen und Theater. Neben theoretischen Auseinandersetzungen mit Medien und Macht werden auch konkrete Studien, zum Beispiel zur Mediennutzung junger Geflüchteter, mitdiskutiert. Auch auf die Bedeutung des Darknets in Verbindung mit Flucht und Lebensrealitäten in Ländern ohne freie Presse wird eingegangen. Zudem werden Spielfilme beleuchtet, in denen die Motive Migration, Flucht und Zugehörigkeit aufgegriffen werden. Anhand mehrerer Filme werden diese Motive diskutiert und Chancen und Risiken von Filmen in Bezug auf mediale Repräsentation beleuchtet. Dies alles geschieht mit der Aufforderung, mediale Konstruktionen im pädagogischen Kontext immer wieder kritisch zu thematisieren. Insgesamt bringt die Publikation unterschiedliche Facetten des Bereichs digitaler Medien und Migration zusammen. Durch die Berücksichtigung transnationaler Perspektiven werden Räume aufgezeigt, die nationale Hegemonien überschreiten und somit auch den Raum für Handlungsmöglichkeiten erweitern.