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Antje Müller: „musstewissen“, sagt funk

    Zur Person

    „Im Unterricht nicht aufgepasst? Bei den Hausaufgaben keinen Plan und morgen eine Klassenarbeit? Hättste wisse müsse? Kannste wissen – musstewissen ...“ – seit Mitte März diesen Jahres ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit seinem Angebot musstewissen auf YouTube vertreten. Produziert von funk, entwickelt das ZDF in Kooperation mit der ARD ein schulbegleitendes Edutainment-Angebot, dass studierte Expertinnen und Experten aus Natur-, Geschichts- und Kommunikationswissenschaften zusammenführt und zu E-Lehrkräften macht. Adressiert an Achtklässlerinnen und -klässler soll Jugendlichen zwischen 14 und 29 Jahren Grundwissen in Mathe, Deutsch, Chemie, Geschichte und Physik vermittelt werden, das ihnen bei Klausuren, Referaten oder Hausarbeiten helfen und ganz nebenbei auch noch Spaß machen soll.

    Die Playlist erweitert sich wöchentlich um ein neues Erklärvideo, wobei die Inhalte auf die Lehrpläne der verschiedenen Bundesländer und Schulformen abgestimmt sind. Immer montags stehen Formeln, Gleichungen und Textaufgaben mit dem journalistisch bewanderten ‚Mathe- Kumpel‘ Nicole Valenzuela auf dem Stundenplan. Dienstags läuft ‚Die Klugscheisserin‘ und musikalische Europaexpertin Lisa Ruhfus im Kanal musstewissen Deutsch zur theatralischen Höchstform auf. Bergfest gefeiert wird mit der smarten Polymerforscherin Mai-Thi Nguyen-Kim von schönschlau und Terra X Lesch & Co, die jeden Mittwoch zu einem charmanten Ausflug in die Welt der Chemie einlädt. Donnerstags wird mit dem unterhaltsamen, pädagogisch versierten Geschichtenerzähler MrWissen2go Mirko Drotschmann in historisch bewegte Zeiten und das Leben spannender Persönlichkeiten eingetaucht. Und schließlich wird am Freitag mit dem witzigen, sportlich-musikalischen Dreamteam Simon Weßel-Therhorn und Eduard Flemmer von LekkerWissen und einer doppelten Portion physikalischer Experimente ins verdiente Wochenende gejumpt. Wer trotzdem noch nicht gut genug vorbereitet fühlt, findet auf Instagram und Facebook den passenden Spickzettel, einschließlich weiterer spannender Fakten zum behandelten Stoff. Alle musstewissen-Kanäle zeichnen sich durch eine einheitliche Struktur und Aufbereitung aus. Eingesetzt werden zahlreiche animierte Erklärgrafiken, um das Gesagte verständlich zu machen. Typisch sind die immer wiederkehrenden Merkkästen mit Begriffsklärungen, Schlagwörtern, Formeln oder Zusammenfassungen. In den Geschichts-‚lesungen‘ wird darüber hinaus mit unaufgeregten Hintergrundbildern gearbeitet, die – wie in einer Diaprojektor-Vorführung – regelmäßig wechseln.

    Jeder Kanal fokussiert die Stärken seines Fachgebiets. So nutzt das Physiker-Duo die Chance auf Experimente unter Einsatz abwechslungsreicher Beispiele wie Skateboards, Taschenlampen oder Holzstäbe, während sich in Deutsch auf aufwendig produzierte, humorvolle Bühnendarbietungen mit Aha-Effekt konzentriert wird. In Mathematik gibt es dagegen Schritt-für-Schritt-Anleitungen für schwierige Formeln mit einer angenehmen Vortragsgeschwindigkeit und musstewissen Chemie wiederum bewegt sich im Spannungsfeld informatives Labor mit Coolnessfaktor und Augenzwinkern. Manche Themen werden relativ zügig innerhalb von drei Minuten erklärt, mit anderen setzt sich das YouTuber-Team in bis zu elf Minuten auseinander – und das gern auch auf Wunsch der Community. Generell wird auf Anschlusskommunikation und Interaktion in den Kommentaren hoher Wert gelegt. Die überwiegend positiven Resonanzen fallen dabei recht unterschiedlich aus und stammen gerade in den Kanälen Mathe und Deutsch häufig von Älteren, wie Studierenden oder auch kritischen pädagogischen Fachkräften. Auffallend hoch frequentiert kommt dagegen Geschichte bei der eigentlich adressierten Zielgruppe an. Die hohe Eignung zum Zuschauen oder auch Nebenbeihören der ersten musstewissen Geschichte- Produktionen scheinen einen Nerv zu treffen. Wer es dagegen lieber unterhaltsamer und dynamischer mag, schaltet musstewissen Deutsch oder Physik ein. Obgleich der zahlreichen humorvollen Analogien, Metaphern und anderer abwechslungsreicher (sprachlicher) Erklärmittel ist das Informationslevel mindestens immer gleich auf mit dem Unterhaltungslevel und hält konstant die Erklärlinie vom Einfachen zum Komplizierten, vom Konkreten zum Abstrakten. Doch trotz innovativer Elemente bleibt musstewissen eher dem klassischen Frontallehrer-Unterrichtsstil zugeneigt, der Schrift und Zahlen fixiert. Die Gestaltungsmittel sind zwar vielfältiger und helfen den visuellen Lerntypen, dennoch ist die Nähe zur Kindernachrichtensendung logo! auffällig.

    Insbesondere die Animationen erinnern häufig an das bekannte Erklärstück. Dieses zentrale Element, welches alle Kanäle verbindet, könnte – entsprechend dem Innovationscharakter des Formats – einen eigenständigen Anstrich vertragen. Neben zum Teil hohen Sprechgeschwindigkeiten und Inhalte-Dynamiken, die je nach Thema auch gut angekommen, zeigt sich eine Entwicklung zum ‚Glattmachen‘ des Edutainment- Angebots. Wo sich am Anfang noch Versprecher, Lacher und sichtbare Begeisterung zeigten, stehen mittlerweile häufiger perfektionierte, monotone Vorträge ohne Höhen und Tiefen und konventionelle Unterrichtsbeispiele auf dem Plan. Mit Blick auf die beliebtesten YouTuberinnen und YouTuber der 14- bis 29-Jährigen und die hohe Bedeutsamkeit ihrer Persönlichkeit, besteht Potenzial, die Community mit einer stärkeren Nähe ganz individuell und authentisch anzusprechen. musstewissen bietet dennoch mit seinem umfangreichen Lernvideoangebot eine gute Ergänzung zum Unterricht. Durch die Besetzung wird das Klischeebild einzelner Fachgebiete aufgeweicht und die hohe Varianz eingesetzter Gestaltungs- und Aufbereitungsmittel zeigt die Experimentierfreudigkeit wie auch hohes Engagement der Macherinnen und Macher. Zwar erreicht das Angebot noch vorwiegend Studierende, Erwachsene und pädagogische Fachkräfte, nichtsdestotrotz schafft musstewissen ein gut aufbereitetes, ansprechendes Angebot, dass zum freiwilligen selbstständigen Lernen motiviert und denjenigen helfen kann, die neben der direkten Schüler-Lehrer-Interaktion nach alternativen, leicht verständlichen Lernmitteln suchen.

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    Kathrin Demmler | Prof. Dr. Bernd Schorb
    JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis

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