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Elisabeth Jäcklein-Kreis: Bewerbungstrainer

    Zur Person

    Konfetti, Sekt, Jubelschrei – die letzten Prüfungen sind geschafft, das Abschlusszeugnis muss nur noch abgeholt werden, das Leben kann beginnen. Nach der Schule beginnt ein ganz neuer Lebensabschnitt und der birgt tausend Möglichkeiten, die ganz große Freiheit – und jede Menge ganz neue Herausforderungen. Eine der ersten Herausforderungen für frisch gebackene Inhaber von Schulabschlüssen aller Art ist, die ersten Schritte in Richtung der tausend Möglichkeiten der Berufswahl zu gehen. Plötzlich müssen Lebenslauf und Passfotos, Anschreiben und Motivationsbekundungen her und wenn man die gerade alle zusammengebastelt hat, klingelt auch schon das Telefon und Einladungen werden überbracht. Aber nicht solche zu Abschluss-Partys, mit denen man sich schon auskennt – sondern solche zu Bewerbungsgesprächen und mit dieser Art von Einladungen flattern auch gleich eine ganze Menge neue Fragezeichen ins Haus.

    Was zieht man an zu so einem Gespräch, wie soll man sich geben, welche Fragen müssen beantwortet werden und welche Auskünfte darf man verweigern? Wie so oft hilft auch hier ein Blick ins weltweite Netz, das doch zu fast allen Themen etwas zu sagen hat. Auf der Suche nach guter Starthilfe bei der Gesprächsvorbereitung bietet Google Seiten über Seiten an, die „Die zehn besten Tipps“, „Die 15 wichtigsten Dos und Don’ts“ oder gleich „Alles Wichtige“ in petto zu haben scheinen. Da gibt es Informationsseiten und Broschüren, Checklisten und Forendiskussionen rund um Kleiderwahl und Gesprächsverhalten, Selbstvermarktung und potenzielle Inhalte. Nun gibt es Broschüren auch im Arbeitsamt und gute Tipps in Omas Küche – doch das Internet hat noch mehr zu bieten. Auf einigen Seiten können Bewerbungs-Aspiranten mittlerweile nicht mehr nur Texte lesen und Listen abhaken, sondern sich gleich mitten in den Ernstfall stürzen – ohne natürlich die Konsequenzen des Ernstfalls erwarten zu müssen. Diverse Bewerbungstrainer bieten die Möglichkeit, das gefürchtete Gespräch einmal komplett durchzuspielen, von der Auswahl der Garderobe über die Begrüßung des potenziellen Arbeitgebers, von der Getränkewahl bis zur Gehaltsverhandlung und versprechen so die ultimative Vorbereitung auf das Gespräch der Gespräche …

     

    Ich hab Power – Startzündung für die Metall-Karriere

    Bunte Farben, Graffiti-Animationen und viel Bewegung – das erwartet einen auf ichhabpower.de, einer Seite des Gesamtverbands der Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektro-Industrie e. V. Offenbar haben sich hier die Arbeitgeber selbst ein Herz gefasst und bereiten ihre zukünftigen Azubis schon vor der Bewerbung auf ihr zukünftiges Tätigkeitsfeld vor. Die Seite bietet umfangreiche Informationen zur M+E (Metall+Elektronik)-Branche, vermittelt Ausbildungsplätze, hält Tests zum Allgemeinwissen und zur Eignung für das Berufsfeld bereit und trumpft vor allem auf mit dem „Bewerbungstrainer 2.0“. „Wir beamen dich direkt ins Bewerbungsgespräch“, verspricht die Seite und tatsächlich: Wer sich hier einklickt, kann Bewerbungsgespräche in den Berufsfeldern Mechanik, Informatik, Elektrotechnik, ‚Kaufmännisch‘ führen und das sehr realistisch: Zu jedem Bereich wir eine fiktive Firma vorgestellt, mit einem Profil zum Durchlesen, anschließend schlüpft man in den Avatar des Bewerbers und macht sich auf den Weg zum Personaler.

    Der stellt durchaus ‚klassische‘ Bewerbungsgesprächs-Fragen, allerdings auch sehr spezifische Fragen zur Berufseignung, zum Hintergrundwissen über das angestrebte Tätigkeitsfeld und zur Firma selbst. Zu jeder Frage werden verschiedene Antwortmöglichkeiten angeboten. Das schöne daran: Die Antworten sind – darauf wird auch vorher hingewiesen – nicht ‚richtig‘ oder ‚falsch‘, sondern eher besser oder schlechter – das macht den Trainer interessant zu bedienen, weil es nicht möglich ist, die offensichtlich ‚blöden‘ Antworten einfach auszuschließen, ohne wirklich darüber nachzudenken. Eine ‚Auflösung‘, wie gut die ‚Bewerbung‘ gelaufen ist, gibt es zwar am Ende des ganzen Gespräches, der Gesprächsverlauf insgesamt nimmt aber durchaus eine andere Richtung, wenn man sich als besonders unvorbereiteter Bewerber entpuppt, was das Programm zusätzlich realistisch macht.

    Wer etwa im Bereich ‚Elektrik‘ arbeiten will, weil er ‚schon immer gern am PC‘ arbeitet, wird vom Personaler direkt gefragt, ob er sich nicht lieber in der Informatik bewerben will. Leider werden die Antworten nicht vorgelesen, sondern nur schriftlich eingeblendet – mit sehr viel Lesezeit. Das macht das Gespräch unter Umständen sehr lang. Dennoch ist die Seite insgesamt sehr fundiert und informativ, wer sich für den M+E-Bereich interessiert, wird hier sicher alles finden, was er für den Berufseinstieg braucht – auch wenn man dank etwas unübersichtlicher Gestaltung bisweilen ein wenig suchen muss. Und vor allem der Bewerbungstrainer ist realistisch und anspruchsvoll und bietet eine wirklich gute Auseinandersetzung sowohl mit dem Berufsfeld als auch mit der Bewerbungssituation.

     

    Planet Beruf – Stippvisite auf dem fremden Planeten

    Wer längst noch nicht weiß, ob er Informatiker, Florist oder vielleicht Porzellanmaler werden will, kann die ersten Schritte auf dem unbekannten Planeten ‚Berufswelt‘ auf den Seiten der Agentur für Arbeit machen. Diese bietet bwt.planet-beruf.de an, ein Bewerbungshilfeportal mit vielen Angeboten rund um Bewerbungen, Tipps und Materialien von der ersten Information zu Ausbildungsplätzen über die Bewerbungsmappe und Informationenzu Online-Tests, Auswahlverfahren bis hin zum Ausbildungsvertrag. Hier gibt es zwar keinen interaktiven Bewerbungstrainer mit Avataren und einer flexiblen Geschichte, aber doch einen exemplarischen Ablauf eines Bewerbungsgespräches in kurzen Videosequenzen.

    Die verschiedenen Phasen eines Vorstellungsgespräches werden nacheinander gezeigt, jede Frage wird vorher eingeblendet und an die Person vor dem Bildschirm weitergereicht: Sollte Frau Baier ein Getränk annehmen? Sollte Frau Baier noch Fragen stellen? Sollte Frau Baier auf diese Frage antworten? Das Feedback zur jeweiligen Auswahl kommt sofort, es gibt eine richtige Verhaltensweise und sonst nur falsche, was etwas schade ist; den Minuspunkt macht die Seite aber dadurch wieder wett, dass die jeweils richtige Antwort immer sofort ausführlich erläutert wird. Insgesamt sind die Fragen hier sehr allgemein gehalten, es werden alle ‚klassischen‘ Szenen einmal durchgespielt, man lernt also die Basics, die man immer kennen sollte – egal in welcher Branche man sich später vorstellt.

    So bietet das Tool einen guten und anschaulichen Einstieg für alle, die sich beim Thema ‚Vorstellungsgespräch‘ wirklich fühlen wie Expediteure in fremde Welten. Wer aber schon auf einer Checkliste oder in Omas Küche gelernt hat, dass man nicht nach Cappuccino fragt, wenn Wasser angeboten wird oder sich beim Ankommen über die Wegbeschreibung der Firma beschwert, kann sich die etwas altbackenen und langwierigen Videos sparen und sich den anderen Angeboten der Seite widmen, unter denen sich durchaus hilfreiche Materialien verstecken.

     

    Lizzynet – Frauen an die Arbeitsplätze!

    Eine dritte ‚Berufswelt‘ gibt es auf den Seiten von Lizzynet, einer Online-Community für Mädchen. Das Portal beherbergt nicht nur ausführliche Informationsseiten rund um Studiums- und Berufswahl, sondern auch ein umfangreiches interaktives Angebot. Hier beschränkt sich das Selbst-Ausprobier-Angebot nicht nur auf das Bewerbungsgespräch – Berufe-Sucher können gleich den kompletten Bewerbungsprozess von Anschreiben und Lebenslauf über Outfit bis zum Bewerbungsgespräch durchspielen. Und das nicht nur theoretisch: Anschreiben und Lebenslauf etwa können online gleich mit den eigenen Daten befüllt und dann gespeichert werden – so nimmt man von der Übung nicht nur den Lerneffekt, sondern gleich echte Unterlagen mit, die nur noch ein wenig optische Überarbeitung brauchen, dann aber direkt auf den Weg zum Traum-Arbeitgeber wandern können.

    Für das Vorstellungsgespräch ist es auch hier möglich, einen Avatar vorzuschicken, der sich in einem von sechs verschiedenen Berufsbereichen (kaufmännisch, Maler/Lackierer, Friseurin, Chemielaborantin, Maßschneiderin, zahnmedizinische Fachangestellte) ins Personaler-Büro wagt. Mit dem Avatar gemeinsam gilt es zunächst, den Kleiderschrank zu plündern und ein Bewerbungsoutfit zusammenzustellen. Im Bewerbungsgespräch-Trainer selbst wird dann mit einem gezeichneten Avatar interagiert, dessen Fragen per Auswahl aus mehreren Möglichkeiten beantwortet werden. Die Antworten sind nicht ganz so spezifisch wie bei ichhabpower, aber deutlich spezifischer als bei planet-beruf.

    Auf die ausgewählten Antworten gibt es sofort Feedback, am Ende jeder Rubrik stehen Feedbacks, Checklisten und weitere Tipps … wer hier einmal durchsurft, hat nicht nur dank schöner Animation und klarer Bedienung viel Spaß beim Entdecken und Lernen, sondern darf sich danach auch bestens vorbereitet fühlen für die nächste Bewerbungsrunde. Da fehlt eigentlich nur noch die Adresse der Traumfirma und dem Karrierestart steht nichts mehr im Weg – und das auch für Jungs. Insgesamt ist also für alle was dabei im großen weiten Internet – Grundsatz-Infos für die ganz Ahnungslosen, Ernstfall-Training in realistischen Szenarien und sogar ganz spezifische Vorbereitung auf einzelne Berufsfelder. Ein Rundum-Sorglos-Startpaket für Berufseinsteiger – und für den einen oder anderen vielleicht der erste Schritt zur nächsten „Konfetti, Sekt, Jubelschrei“-Gelegenheit.

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    Kathrin Demmler | Prof. Dr. Bernd Schorb
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