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Marion Leonhardt: Medienarbeit kinderleicht

    Zur Person

    Anfang, Günther/Demmler, Kathrin/Lutz, Klaus/Struckmeyer, Kati (Hrsg.) (2015). wischen klickenknipsen. Medienarbeit mit Kindern. München: kopaed. 276 S., 18,00 €.

    Medienarbeit – so heißt es im Untertitel: Arbeit impliziert per se schon einmal Anstrengung, verbunden mit Erfolg oder Misserfolg. Doch, wer arbeitet hier? Die Relevanz der Medienbildung scheint im wissenschaftlichen Kontext zunächst eindeutig zu sein. Die Akzeptanz in erzieherisch-pädagogischen Tätigkeitsfeldern spiegelt diese Notwendigkeit aber nur teilweise wieder. Zumal die gesamtgesellschaftliche Entwicklung sich nicht etwa ‚entschleunigt‘ hat – ein Modewort in vielen anderen Kontexten. Vielmehr existiert auch weiterhin eine rasante, explosionsartige Entwicklung. Also technische Raffinessen kontra Bewahrpädagogik? – Nein, so einfach ist es sicherlich auch nicht. Dabei spielt es auch kaum eine Rolle, ob schon das Geburtsalter pädagogische Fachkräfte oder Eltern quasi als ‚Natives‘ oder ‚Immigrants‘ abstempeln. Haben Erzieherinnen und Erzieher in diesem Bereich generell einen besseren Draht zu Kindern als später Lehrkräfte zu Jugendlichen? Steht die kompakte Stoffvermittlung eines Unterrichts dann der Kompetenzerweiterung im Wege? Trotz Kultusministerieller Schreiben zur Medienbildung bleibt die Umsetzung von Medienerziehung als Querschnittsaufgabe schließlich noch unter ihren Möglichkeiten.

    Wenn man noch eine Stufe weiter zurückschaut, an die Universitäten, so sind die Standorte mit dem Erweiterungsstudium Medienpädagogik mit Anzahl drei in Bayern stiefmütterlich vertreten, vier Universitäten immerhin haben verpflichtende Inhalte, ebenso viele zumindest wählbare Inhalte. Wer also wird innovativ agieren (können)? Begreift man allein die KIM-Studien als gesellschaftlichen Spiegel, so wird spätestens dann rasch klar, dass bereits im Kindesalter Handlungsbedarf besteht. Die Publikation wischen klicken knipsen. Medienarbeit mit Kindern ist eine sehr empfehlenswerte Veröffentlichung dazu – für alle, die in der aktiven Medienarbeit mit Kindern in der Altersspanne von zwei bis zwölf Jahren mit Freude und Erfolg tätig sein wollen. Auf 276 Seiten wird dem Lesepublikum Grundwissen, genaue Anleitungen von medienpädagogischen Bausteinen sowie eine wissenschaftliche Verortung geboten: Der Löwenanteil des Herausgeberwerks widmet sich also gleich im großen Anfangsblock der aktiven Medienarbeit und beschreibt diese anhand vieler Einsatzszenarien auf durchschnittlich fünf gut lesbaren Seiten. Ulrich Tausend beispielsweise beleuchtet die expressive Wirkung von Lightpainting – eine eindrucksvolle Langzeitbelichtung im Dunklen – im Bereich der Fotoarbeit. Wie es funktioniert einen Audio-Guide etwa über den eigenen Stadtteil zu erstellen, vermittelt Elke Michaelis Schritt für Schritt nachvollziehbar. Susanne Heindl wiederum erklärt im Bereich Video, wie man einen Trickfilm geschickt mit einem Tablet produzieren kann. Hinsichtlich der digitalen Spielewelt widmet Sonja Breitwieser eine Einheit dem Erstellen eines eigenen Computerspiels mit der Software Kodu.

    Zu den rezeptiven Beispielen zählt die Kinderappredaktion, das aktuelle und zeitgemäße Projekt von Mina Mittertrainer, bei der Apps von Kindern begutachtet und bewertet werden. Im mittleren Teil der Publikation werden Grundlagen der Medienproduktion unter anderem von Michael Bloech (Fotopraxis), Fabian Fiedler (Radioarbeit) und Günther Anfang (Filmarbeit) fundiert und umfassend beschrieben. Wer wenig Vorwissen mitbringt, bekommt einen komprimierten und dennoch genauen Überblick. Mit der Lektüre dieser Einheiten fühlt jede bzw. jeder sich (wieder) gut gewappnet, auch tiefergehende Fragen der Kinder beantworten zu können. Im dritten und letzten Teil des Werks beschreiben Autorinnen und Autoren theoretisches Wissen auf entwicklungspsychologischer und pädagogischer Grundlage. Beispielsweise beleuchtet Stefan Aufenanger, wie die neuen Medien Kindheit verändern und geht auf kommunikative, soziale und kognitive Einflüsse der Mediennutzung ein. Roland Bader beschreibt Medienarbeit als Spiel im Hinblick auf entwicklungspsychologische Voraussetzungen für die aktive Medienarbeit mit Kindern. Würde man diesen Artikel allen Erzieherinnen und Erziehern sowie pädagogischen Fachkräften an die Hand geben, wären viele versöhnt mit der scheinbar notwendigen Trennung von echten Situationen, realer Welt und dem Sammeln von Erfahrung im Spiel – einem Wesenszug des Menschen, egal ob analog oder digital.

    Die beiden Autorinnen Kathrin Demmler und Kati Struckmeyer wiederum widmen sich dem Thema „Medien entdecken, erproben und in den Alltag integrieren“, während Eva Reichert- Garschhammer „kompetenzorientierte, inklusive Bildung von Anfang an“ fordert. Günther Anfang beschreibt den Weg von Medienerziehung zu aktiver Medienarbeit und Klaus Lutz schließt mit der Schilderung „Sehnsuchtsort Natur oder das Verschwinden der sinnlichen Wahrnehmung“ ab. Für den sofortigen Einsatz geeignet, so heißt mein Gesamturteil. Das Herausgeberwerk wischen, klicken, knipsen. Medienarbeit mit Kindern beginnt mit interessanten Praxiskonzepten für die Bereiche Foto, Audio, Video, Digitale Spiele, Multimedia und Rezeptive Medienarbeit. Sämtliche Praxisbausteine sind nahezu uniform aufgebaut und erleichtern so Verständnis und Vergleich: Zunächst werden die Zielgruppe taxiert und eingesetzte Medien aufgelistet, dem folgen zutreffende Aspekte der Medienkompetenz. Mit der anschließenden Checkliste gewappnet kann der ausführlich beschriebene Ablauf nachvollzogen werden. Daran angefügt zeigen Tipps und Erfahrungen mögliche Varianten, Schwierigkeiten oder Feedback von Teilnehmenden auf. Mit den fundierten, gut ausgewählten Links und Verweisen zum Material sind die Bausteine umfangreich und verständlich verfasst. Von den Autorinnen und Autoren erfährt man im Steckbrief Wesentliches zum Tätigkeitsfeld oder Kontaktadressen. Mit der Publikation wischen, klicken, knipsen. Medienarbeit mit Kindern kann also jede bzw. jeder bestens angeleitet in die Praxisarbeit gehen.

    Die Altersspanne der Kinder ist zwar teilweise relativ groß angelegt, sicher kann man aber nach einem ersten eigenen Ausprobieren die Zielgruppe für sich genauer eingrenzen. Die linearen Texte sind in den Grundzügen ähnlich aufgebaut und werden dadurch vergleichbarer. Wenige Fotos illustrieren den Inhalt, einige Bilder und Grafiken mehr wären wünschenswert gewesen. Die große Zielgruppe – nämlich pädagogische Fachkräfte in unterschiedlichen Institutionen – wird mit den fundierten Beiträgen dennoch gut erreicht. Denn die Konzepte und Praxisbeispiele lassen sich je nach individueller Vorkenntnis, Ausstattung der jeweiligen Einrichtung und Kindergruppe erfolgreich und leicht umsetzen. Der Anspruch ist dennoch gewahrt, setzen doch manche Artikel schon gewisses Insiderwissen und Verständnis voraus, wie etwa das Kapitel „Foto“ bei den Grundlagen der Medienproduktion.

    Kontakt

    merz | medien + erziehung ist die unabhängige medienpädagogische Fachzeitschrift in Deutschland, in der Themen der Medienpädagogik aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet werden. Beschäftigen auch Sie sich mit diesem Themenbereich und möchten gerne selbst in merz veröffentlichen? Wir freuen uns immer über Einsendungen über Projekte aus Forschung und Praxis, über Rezensionen, Veranstaltungshinweise und natürlich Anregungen. 

     

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    Herausgeber*in

    Kathrin Demmler | Prof. Dr. Bernd Schorb
    JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis

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