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Swenja Wütscher: Alternativlos, Folge 30

    Zur Person

    „Das Wort suggeriert sachlich unangemessen, dass es bei einem Entscheidungsprozess von vornherein keine Alternativen und damit auch keine Notwendigkeit der Diskussion und Argumentation gebe. Behauptungen dieser Art sind 2010 zu oft aufgestellt worden, sie drohen, die Politikverdrossenheit in der Bevölkerung zu verstärken“, so die Worte der Jury im Jahr 2010, als sie „Alternativlos“ zum Unwort des Jahres kürte; insbesondere wegen Angela Merkels Verwendung zur Begründung der Griechenlandhilfe. Und genau das haben sich Felix von Leitner und Frank Rieger zu eigen gemacht. Sie haben sich an Politikerinnen und Politikern orientiert, die ihre Vorgaben gerne damit begründen, dass sie angeblich ‚ohne Alternative‘ seien; so enthalten Begründungen von Gesetzen beispielsweise praktisch immer den Absatz ‚Alternativen: keine‘. Die Netzbeschallung, der Boulevard-Podcast Alternativlos von Frank und Fefe war geboren. Seitdem reden die beiden regelmäßig ungebremst – alternativlos eben – über Politik, Technik und auch über Verschwörungstheorien.

    „Wenn man also damit rechnen muss, dass die Nachricht auf dem Weg gelesen wird, bleibt also nur, sie zu verschlüsseln. Im Internet ist das ja quasi genau dasselbe, wir haben immer Postkarten im Internet. Also jeder kann es – wenn es nicht verschlüsselt ist – auf dem Weg lesen. Und deswegen brauchen wir Verschlüsselung.“Alternativlos, Folge 30 Told you so dreht sich um Abhörtechniken von Geheimdiensten, Kryptographie und Crypto Wars. Von Leitner und Rieger philosophieren inhaltlich fundiert über die Mechanismen, die dahinter stecken, und dröseln die diesbezügliche Geschichte detailverliebt auf: Wo kommen Geheimdienste überhaupt her? Was war deren Aufgabe? Wie war bzw. ist deren Mindset? Warum treiben sie das, was sie tun, auf diese Art und Weise, mit diesem Aufwand, mit diesem Selbstverständnis? Die Zuhörerinnen und Zuhörer sollen am Ende nachvollziehen können, was da heute eigentlich passiert, was ‚wir‘ aus den Snowden- Enthüllungen lernen können und müssen. Damit sich all das, was seit einigen Monaten für mehr und mehr Aufruhr sorgt, nicht wieder nur in einer Blase sammelt, die wächst bis sie platzt und im Nirgendwo verschwindet. Das wollen Frank und Fefe verhindern – eine kleine Zeitreise in die Vergangenheit beginnt.„Vor allem ist das nötig, um es diesmal besser zu machen. Denn es stellt sich heraus, es gibt so alle zehn, zwanzig Jahre so einen Aufschrei über die NSA. Es gibt irgendwelche Enthüllungen, die NSA hört uns alle ab, dann geht das in die Presse. Gut, jetzt vielleicht nicht ganz so groß wie bei Snowden, aber es gab mehrere solche Sachen.“

    Selbstverständlich hat sie im Laufe der Zeit die Art und Weise, wie Nachrichten verschlüsselt werden, geändert – wenn auch nicht durchweg überhaupt von Verschlüsselung gesprochen werden kann, da es keine Schlüssel per se gab, sondern vielmehr das Verfahren oftmals das Geheimnis war: So geht die Reise über den Kurier der Antike mit tätowierter Kopfbotschaft über Chiffresysteme mit meist Substitutionsschlüsseln, die sich beispielsweise an Ersatzzeichen für Buchstaben orientiert haben, bis hin zur Weiterentwicklung dieses komplexen Systems, welches zur Entschlüsselung ein bestimmtes Codebuch bedingt. Auch werden unter anderem die Feldtelefone des Ersten Weltkriegs thematisiert, ebenso Versiegelungsarten, die Entstehung von SIGNIT und auch Wanzen und Tapes – bis Told you so in der Neuzeit, der Hauptepoche für Crypto, landet.„Ihr erinnert euch dunkel, als man noch diese Vorwahlen gemacht hat, um halt billiger fern zu telefonieren. Das waren halt häufiger irgendwelche Gesellschaften, die die Anrufer halt über die USA geleitet haben. Weil es billiger war […] Mit dem Effekt, dass die Anrufe alle in den USA vorbeikamen und die NSA sie mitgenommen hat.“ Die zwei Protagonisten von Told you so sind vorbereitet, ihr Konzept wirkt durchdacht, ihre Informationen liefern sie zielsicher – und auf ihre ganz persönliche Art ergänzen sich von Leitner und Rieger on Air hervorragend. Während man als Zuhörerin bzw. Zuhörer die ersten zwei, drei Minuten braucht, sich an den weniger euphorischen, charmant brummelnd-nuschelnden Frank zu gewöhnen, übernimmt Fefe weniger wortgrätschend, gelegentlich kichernd, den Gegenpart – dabei bewegen sie sich immer auf gleicher Augenhöhe. Sie nehmen ihre Hörerschaft direkt mit ins Thema, geben einen Überblick über den folgenden Inhalt. Hier und da schweifen die beiden auf ihrem Weg zwar mal vom Thema ab, sie versinken mal ein wenig in (IT-)Fachterminologie, aber genau das verleiht den beiden ihre Authentizität.

    „Die Dienste verhandeln untereinander den Datenaustausch, der Regierung wird nur mitgeteilt, was notwendig ist, und auch zum Beispiel bei der Verhandlung vom Verfassungsgericht, als es da um die Anti-Terror-Datei ging, da hatten wir an Argumenten allerhand Sachen eingebracht, insbesondere was den internationalen Datenaustausch zwischen den Diensten angeht. Da wollte niemand ran. Auch das Verfassungsgericht wollte da nicht ran. Das ist halt tatsächlich ein echter Skandal, dass einfach die Schattenwelt, die da existiert, unbehindert vor sich hin wuchert, dass von allen angenommen wird: Ja, was die Geheimdienste da machen, das wird schon alles seineRichtigkeit haben.“Frank und Fefe informieren und diskutieren in diesem Podcast mit einem breiten Spektrum an Wissen, Hintergrundinformationen und einer guten Portion eigener Meinung über die Geschichte der (verschlüsselten) Kommunikation und die Möglichkeiten, diese zu brechen. Im Zentrum stehen dabei durchweg die weltweiten Geheimdiensttätigkeiten – und das Bewusstsein, dass Wissen um deren Möglichkeiten allein noch nicht schützt.

    Told you so ist höchst informativ, sogar teilweise unterhaltsam – was die Materie nun mal nicht automatisch mit sich bringt – und auch bei knapp drei Stunden Podcast-Länge kurzweilig zu hören; verstreute Bookmarks auf dem Wege wären dabei zwar großartig, aber das ist tatsächlich Meckern auf hohem Niveau. Zu empfehlen ist das Podcast jeder (medien-)pädagogischen Fachkraft, jedem Studierenden: entweder, um mehr Hintergrundwissen zu erhalten, oder aber, um von tieferen Inhalten und Ressourcen zu erfahren, die aufhorchen lassen, die staunen lassen und damit dabei helfen können, bei anderen Bewusstsein zu schaffen. Unter www.alternativlos.org/30 gibt es neben dem Podcast übrigens auch weiterführende Links und Buchtipps.

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    JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis

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