Ulrike Emlinger
Vita
Studentische Hilfskraft bei der merz seit Juli 2021
Ich habe ‚Italienische Philologie‘ im Hauptfach, ‚Theaterwissenschaften‘ und ‚Kunstgeschichte‘ im Nebenfach (M.A.) an der LMU München studiert und arbeitete währenddessen als freie Journalistin. Nach meinem Studienabschluss 2006 folgten weitere Jahre als Pressereferentin für Finanzdienstleister.
Seit 2017 habe ich mich außerdem der Pädagogik zugewandt: Als staatlich anerkannte Erzieherin (2020) arbeite ich seitdem in einem Haus für Kinder und studiere berufsbegleitend ‚Kindheitspädagogik‘ an der Katholischen Stiftungshochschule München.
Beiträge in merz
Ulrike Emlinger: Mit Medienkompetenz gegen Desinformation
Die Vermittlung von Fähigkeiten im Umgang mit Medien durch entsprechende Angebote und Aufklärungsarbeit ist nicht nur in den Schulen wichtig, sondern muss für alle Altersgruppen forciert werden, so ein Ergebnis einer aktuellen Studie der Vodafone Stiftung. Untersucht wurde, welche Gefahren von gezielter Desinformation oder auch unbeabsichtigter Falschinformation ausgehen.
Die mittels eines Online-Fragebogens befragten rund 60 Expert*innen sehen vor allem den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährdet und befürchten die Radikalisierung Einzelner. Besonders Menschen, die sich durch die jeweilige Desinformation in ihrem Weltbild bestätigt sehen, seien anfällig für verzerrte Darstellungen (confirmation bias).
Eine zentrale Rolle bei der Verbreitung von falschen Informationen spielen die Plattformen WhatsApp, Facebook und YouTube. Seit Beginn der Coronapandemie gewinnt aber auch der aktuell weniger regulierte Messenger Telegram an Bedeutung. Daher fordern die Expert*innen einen Ausbau der Bekämpfungsmechanismen auf allen Social Media Plattformen.
Die Rolle der klassischen Medien wird kritisch hinterfragt. So seien bis dato noch keine hinreichenden Strategien entwickelt worden, um einer Amplifikation entgegenzuwirken und Aufklärungsarbeit zu leisten, die über einen Faktencheck hinausreichen, heißt es in der Studie. Dies sei aber eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe dieser Medien
Den Alltagsbegriff der ‚Fake News‘ sehen alle Befragten als ungeeignet für die Bezeichnung des Phänomens: Er sei unpräzise und würde genutzt, um Gegenmeinungen zu diskreditieren und eine kritische Überprüfung der eigenen Meinung abzuwenden. Stattdessen solle – auch begrifflich – unterschieden werden zwischen meist gezielter Desinformation und oftmals unbeabsichtigter Falsch- oder Missinformation.
www.vodafone-stiftung.de/expertenbefragung-desinformation-wahl-gesellschaft
Ulrike Emlinger: Digitale Revolution und Bildung
Roberto Simanowski (2021). Digitale Revolution und Bildung. Für eine zukunftsfähige Medienkompetenz. Weinheim: Beltz Juventa. 102 S., 16,95 €
Schulen müssen digitaler werden, lautet spätestens seit Corona die Devise. Wieso reicht es nicht, Schulen mit digitalen Endgeräten auszustatten und Curricula um Informatik als Pflichtfach zu ergänzen? Warum braucht es gleichzeitig und unabdingbar eine Diskussion über Chancen und Risiken digitaler Medien?
Auf unterhaltsame Weise gibt Roberto Simanowski in seinem Essay Antworten, die zum Nachdenken anregen. Er plädiert dafür, Medienbildung nicht nur auf Medienkunde zu reduzieren. Fertigkeiten im Umgang mit dem Computer seien wichtig. Vorrangige Aufgabe der Schule sei jedoch, Kinder und Jugendliche „zur Mitgestaltung der künftigen Gesellschaft zu befähigen“ (S. 20). Damit einher geht automatisch die Frage, was einen gebildeten Menschen ausmacht.
In fünf Kapiteln beleuchtet Simanowski verschiedene Aspekte des Themas. Er zeigt beispielsweise auf, wie verschiedene Akteur*innen hinsichtlich der Digitalisierung von Schulen argumentieren. Pointiert arbeitet er dabei deren spezifische Interessenlagen heraus. Auch die Auswirkungen digitaler Medien auf die Demokratie nimmt er kritisch in den Blick, ebenso wie die Chancen und Risiken des autonomen Fahrens. Dabei nimmt er Rekurs auf mehrere Folgen der Fernsehreihe Tatort, deren Handlungen explizit mögliche Risiken digitaler Technik fokussieren. Basierend darauf entwirft Simanowski Szenarien für Unterrichtsdiskussionen und gibt entsprechende Impulse.
Simanowski beschränkt sich zu keiner Zeit auf eine medienwissenschaftliche Analyse. Im Gegenteil. Das macht die Lektüre spannend. Sie weitet den Blick der Lesenden: Durch die interdisziplinäre Argumentation zeigt sich, wie vielschichtig digitale Bildung ist. Das Buch ist auch ein Plädoyer für eine Stärkung geisteswissenschaftlicher Fächer, die mit ihrer „Kultur der Vieldeutigkeit“ (S. 26) einen Kontrapunkt zur „Rechthaberei der Eindeutigkeit“ (ebd.) setzen können.
Deutlich wird zudem, dass die Gesellschaft insgesamt gefordert ist, sich mit ihren Technologien und damit einhergehenden Chancen und Risiken auseinanderzusetzen, bevor es zu spät ist. Die Frage mündiger digital citizens muss lauten, in welcher digitalen Gesellschaft sie leben wollen. Simanowskis Ausführungen zu Trackingverfahren im Schulunterricht, wie sie in China bereits an einigen Schulen getestet werden, seien hier als Denkanstoß genannt (S.33/34).
Ulrike Emlinger: Neuß, Norbert (Hrsg.) (2021). Kita digital: Medienbildung – Kommunikation – Management. Weinheim: Beltz Juventa. 153 S., 19,95 €.
Digitale Medien sind aus der heutigen Lebenswelt nicht mehr wegzudenken. Entsprechend finden sie sich zunehmend auch in Kindertagesstätten. Längst geht es aber nicht mehr nur um Medienarbeit mit Kindern. Richtig eingesetzt können Tablets oder Smartphones auch für Eltern und pädagogische Fachkräfte Vorteile bringen.
Das Werk beleuchtet unterschiedliche Aspekte des Themenkomplexes ‚Digitalisierung‘. Es richtet sich an Kita-Leitungen, Träger sowie pädagogische Fachkräfte und gibt viele wertvolle Umsetzungstipps und Impulse für die Praxis. Auch eine Bestandsaufnahme bezüglich des Status quo der Digitalisierung in deutschen Kindertagesstätten ist enthalten.
Dabei ist das Buch keinesfalls medieneuphorisch zu deuten. Sorgfältig werden Chancen und Risiken der digitalen Medien gegeneinander abgewogen. Ausführlich behandelt werden auch datenschutzrechtliche Fragen, die sich insbesondere im Zusammenhang mit der Nutzung von Apps, digital geführten Beobachtungsbögen und der Elternkommunikation via Kita-Apps zwangsläufig ergeben.
Aufschlussreich sind zudem die Ausführungen über die besondere Rolle, die Einrichtungsleitungen und Träger innehaben: Da sie die Organisations- und Arbeitsprozesse innerhalb der Kita maßgeblich steuern, nehmen sie hinsichtlich des Digitalisierungsprozesses eine Schlüsselposition ein.
Ulrike Emlinger: Intermediäre als Gatekeeper
Ende Oktober wurde der Vielfaltsbericht der Medienanstalten veröffentlicht. Präsentiert wurden auch die Ergebnisse der von den Medienanstalten kontinuierlich durchgeführten Studie ‚Intermediäre und Meinungsbildung‘. Die Studie ermittelt die Nutzung von Sozialen Netzwerken, Videoportalen und Suchmaschinen im Rahmen der informierenden Internetnutzung.
Als Intermediäre bezeichnet werden Suchmaschinen, Soziale Netzwerke, Instant-Messaging-Dienste oder Videoportale, die als Vermittler zwischen Medieninhalten und Nutzer*innen agieren, indem sie Informationen und journalistische Inhalte selektieren, anordnen und präsentieren. Damit eröffnet sich diesen Diensten die Möglichkeit, Einfluss auf das Informationsverhalten und die Meinungsbildung der Nutzenden zu nehmen. Umso wichtiger ist es, sie zum Schutz von Meinungsvielfalt regulatorisch in den Blick zu nehmen.
Medien- und Meinungsvielfalt zu gewährleisten, ist Ziel des Medienstaatsvertrags, der Medienintermediäre erstmals einer Vielfaltsregulierung unterstellt – mit Regelungen zur Transparenz von Suchalgorithmen und zur Diskriminierungsfreiheit für journalistisch-redaktionelle Inhalte. Damit werden wichtige, die Meinungsvielfalt sichernde Instrumentarien beschrieben.
Relevanz gewinnen diese Bestimmungen vor dem Hintergrund einer stetig steigenden Internetnutzung: Derzeit informieren sich in Deutschland mehr als 46 Prozent der Personen ab 14 Jahren an einem Durchschnittstag, indem sie Intermediäre nicht nur als Kontakthersteller nutzen, sondern Informationen auch direkt auf den Diensten wahrnehmen. Mit einem Plus von 44 Prozent gegenüber 2019 zeigt die Informationsnutzung über Intermediäre sogar einen deutlich stärkeren Zuwachs als die Informationsnutzung über die crossmedialen Angebote klassischer Medien und das Internet gesamt. Am häufigsten kommen Suchmaschinen zum Einsatz. Die Videoplattform YouTube folgt auf Platz 2 mit einer informierenden Tagesreichweite von 12,1 Prozent, Facebook nimmt mit 11,9 Prozent Rang 3 ein.
Für 2022 prognostizieren die Studiendurchführenden, dass mehr Menschen sich über das Internet zu aktuellen Geschehnissen informieren werden als via Fernsehen. Derzeit liegt das Internet noch wenige Prozentpunkte hinter dem Fernsehen. Nach dem subjektiv wichtigsten Informationsmedium gefragt, ist das Internet jedoch bereits das am häufigsten genannte Informationsmedium (38,1 Prozent). Eine Ursache für die wachsende Bedeutung als Informationsquelle ist die crossmediale Nutzung klassischer Medienangebote.
Ulrike Emlinger: Digitale Kultur ergebnisoffen und partizipativ reflektieren
Raum und Gelegenheit, eigene Haltungen und Positionen in Bezug auf Soziale Medien entwickeln zu können – in einer Zeit, in der digitale Plattformen und Tools zum Alltag für eine Vielzahl von Menschen gehören, sollte dies kein bloßes Wunschdenken sein. Daher gewinnt in pädagogischen Kontexten die Thematisierung Sozialer Medien an Bedeutung. Social Media Labs sind eine spannende, weil niedrigschwellige Möglichkeit, digitale Nutzungspraktiken zu reflektieren. Wie sie sich effektiv einsetzen lassen, ist Thema der Publikation ‚Social Media Labs. Handlungsempfehlungen für einen partizipativen medienpädagogischen Zugang zu Sozialen Medien‘. Sie resultiert aus dem Forschungsprojekt ‚Onlinelabor für Digitale Kulturelle Bildung‘ an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, das sich von 2017 bis September 2021 mit der Erforschung von Ausdruckspraktiken in Sozialen Medien befasst hat.
Der Methode liegt ein Verständnis von (digitaler) Kultur als fortlaufender und performativer Prozess sozial geteilter Bedeutungszuschreibungen zugrunde. Soziale Medien wurden in diesem Zusammenhang als kultureller Bildungsraum definiert, der Möglichkeiten der Interaktion und Teilhabe sowie des ästhetischen Selbstausdrucks hervorbringt. Von besonderem Interesse war die Art und Weise, wie beispielsweise mit WhatsApp, Threema, YouTube, Pinterest, Facebook, Instagram oder TikTok umgegangen wird. Der Blick richtete sich auf das Individuum als Experte*in seiner digitalen Nutzungspraktiken, jedoch nicht im Modus Operandi des Vermittelns und Beibringens. Für die Projektdurchführung wurde nach einem Zugang gesucht, der es allen Teilnehmenden ermöglichte, über ihre persönlichen Erfahrungen und Standpunkte ins Gespräch zu kommen, diese gegenüberzustellen, zu diskutieren und dabei die individuelle Position zu verorten.
Entwickelt wurde die Methode der Social Media Labs als ergebnisoffene, partizipative Form des Forschens. Mit dem Begriff des Social Media Labs ist also keine räumliche Situation gemeint. Vielmehr umschreibt er den Prozess eines gegenseitigen Austauschs über individuelle Beobachtungen, Perspektiven und Ausdrucksformen. Betrachtungs- und Diskussionsgegenstand ist immer die Erfahrungswelt der Teilnehmenden; sie werden als Expert*innen ihrer Alltagspraktiken adressiert. So entstehen spannende Diskussionen auf Augenhöhe, die unter anderem Raum geben für das Gespräch über eine sich ständig in Bewegung befindende digitale Kultur.
Social Media Labs erlauben eine ganzheitliche und lebensweltliche Auseinandersetzung mit digitaler Kultur. Sie ermöglichen, über persönliche Erfahrungen und eigene Perspektiven zu sprechen und diese sinnhaft gegenüberzustellen. Dadurch wird es möglich, die Art und Weise, wie Soziale Medien genutzt werden, gemeinsam in den Blick zu nehmen, zu reflektieren und individuelle Ausdrucksformen in Einklang miteinander zu bringen. Social Media Labs haben deshalb das Potenzial, Menschen zu befähigen, „sich mit eigenen Haltungen und Perspektiven aktiv an der Gestaltung einer (digitalen) Zukunft zu beteiligen, die wir selbst noch nicht antizipieren können“ (S. 3). Trotzdem sei es wichtig, sich damit auseinanderzusetzen, welche Formen des Miteinanders erwünscht sind und wie digitale Zukunft gestaltet werden könnte.
Lesende der Handlungsempfehlungen erhalten spannende Einblicke, wie es innerhalb des Projekts gelingen konnte, die Vielfalt des alltäglichen Ausdrucks mittels Sozialer Medien sichtbar zu machen. Klar und nachvollziehbar werden die Anforderungen an das Setting und die Rahmenbedingungen sowie den dreigliedrigen Forschungszyklus partizipativ funktionierender medienpädagogischer Arbeit beschrieben. Ein Anliegen der Verfasser*innen war es, aufzuzeigen, wie ausgehend von dokumentarischen oder experimentellen Forschungsimpulsen lebendige Gruppendiskussionen angeregt und neue Forschungsimpulse generiert werden können. Dokumentarische Impulse haben zum Ziel, Alltagsphänomene in Sozialen Medien zu beschreiben. Experimentelle Forschungsimpulse wiederum eignen sich, wenn es darum gehen soll, Möglichkeitsräume zu entdecken.
Wesentlich für das Gelingen eines Social Media Labs ist eine wertschätzende Atmosphäre. Aber auch der Dokumentation eigener Erfahrungen kommt eine hohe Bedeutung zu. Gedanken oder Fragen, die sich in der Auseinandersetzung mit dem eingangs gestellten Forschungsimpuls ergeben, sollten ebenfalls dokumentiert werden. Die auf diese Weise gesammelten Beiträge können dann in einer Gruppendiskussion sinnhaft gegenübergestellt werden, um gemeinsam Unterschiede und/ oder Gemeinsamkeiten in den Blick zu nehmen, nach wiederkehrenden Mustern zu suchen oder neue/andere Perspektiven auf den mittels Forschungsimpuls definierten Gegenstand zu entwickeln. Ergeben sich in der Diskussion weitere Fragen, können diese wiederum Ausgangspunkt für neue Forschungsimpulse sein.
Die Handlungsempfehlungen stellen anhand von fünf dezidiert beschriebenen fiktiven Szenarien Einsatzmöglichkeiten in unterschiedlichen Kontexten vor: sei es im Unterricht, als Schulaktionstag, im Klassenmanagement oder als außerschulisches Angebot in einem Jugendtreff. Auch wer Social Media Labs außerhalb einer pädagogischen Institution anwenden möchte, wird fündig. Über einen QR-Code werden zudem während des Projekts erarbeitete Forschungsimpulse zugänglich gemacht, die für die eigene Arbeit genutzt werden können. Die beschriebenen Szenarien basieren auf Erfahrungen, die während des Projekts gesammelt wurden. Damit geben die Ausführungen wertvolle Impulse – nicht nur für Pädagog*innen.
Schröder, Christoph/Hintz, Helena/Berns, Wolfgang/Richter, Christoph/ Böhnke, Nick/Allert, Heidrun (2021). Social Media Labs. Handlungsempfehlungen für einen partizipativen medienpädagogischen Zugang zu Sozialen Medien. 31 S. Kostenlos verfügbar unter: https://macau.uni-kiel.de/receive/macau_mods_00002039
Ulrike Emlinger: Bostelmann, Antje (2021). Einfach machen! Den digitalen Wandel im Kindergarten gestalten. Berlin: Bananenblau. 96 S., 19,80 €.
Smartphones, Computer und Internet gehören zur aktuellen Lebens- und Erfahrungswelt von Kindern. Dennoch wird zum Teil kontrovers diskutiert, ob und wie digitale Medien sinnvoll im Bildungsalltag von Kitas integriert werden sollen. Antje Bostelmann geht dieser Fragestellung nach. In ihrem Buch ‚Einfach machen! Den digitalen Wandel im Kindergarten gestalten‘ lädt sie dazu ein, sich der Herausforderung zu stellen und erklärt, welche Schritte notwendig sind, um Veränderungsprozesse erfolgreich zu gestalten.
Mit der Anschaffung digitaler Geräte ist es nicht getan. Lernen ist für Bostelmann „ein diskursiver Prozess, der im Austausch mit anderen stattfindet“ (S. 41). Dies bringt nicht nur eine veränderte pädagogische Rolle mit sich, sondern auch die Notwendigkeit, pädagogische Settings weiterzuentwickeln. Sogenannte ‚Makerspaces‘ könnten klassische Raumkonzepte ablösen und Kindergärten den Charakter von Lernlaboren verleihen, in denen Kinder eigene Projektideen, Hypothesen und Fragestellungen entwickeln und Ergebnisse reflektieren.
Lesenswert ist das Buch nicht zuletzt wegen seiner zahlreichen didaktischen und methodischen Vorschläge. Bostelmann versäumt zudem nicht, explizit auf Sorgen von Eltern und Pädagog*innen einzugehen und Möglichkeiten aufzuzeigen, diesen zu begegnen. Damit macht sie allen im Berufsfeld Tätigen Mut, die Veränderungen, die sich durch die Digitalisierung für die pädagogische Arbeit ergeben, anzunehmen und diesen Weg selbstbewusst zu gehen.
Ulrike Emlinger: Kanter, Heike/Brandmayr, Michael/Köffler, Nadja (Hrsg.) (2021). Bilder, Soziale Medien und das Politische. Transdisziplinäre Perspektiven auf visuelle Diskursprozesse. Bielefeld: transcript. 304 S., 30,00 €.
Sehr oft werden Veränderungen des Politischen durch die Einflüsse Sozialer Medien erklärt: Ursächlich dafür seien Algorithmen, Fake News und eine durch die Jagd auf Likes veränderte Debattenkultur. Tatsächlich zeigen sich in Sozialen Medien Phänomene der sozialen Schließung oder des vermehrten politischen Extremismus‘. Wie sie entstehen, wird jedoch kaum gefragt. Genau das tut das 2021 erschienene Sammelwerk.
Es sind unter anderem Historiker*innen, Medienwissenschaftler*innen, Künstler*innen, Politik-, Literatur- und Kulturwissenschaftler*innen, Geograph*innen, Soziolog*innen und Sozialpädagog*innen, die mit Rückgriff auf empirisches Material ihre jeweils spezifische Perspektive auf das Forschungsfeld darstellen. So finden sich spannende Beiträge, die beispielsweise ‚Geschlechterstereotype in der propagandistischen Kommunikation‘ in den Fokus nehmen, den Zusammenhang zwischen ‚Kapitalismus, Körperdarstellung und sozialen Medien‘ untersuchen, oder die ‚Bedeutung des Bildhaften im strategischen Framing lokalen Protests am Beispiel einer Kleingartenkolonie‘ diskutieren.
Die Herausgeber*innen wollten mit diesem Band etwas schaffen, das nach eigener Aussage „in dieser Form Neuigkeitswert hat“ (S.8). Sie zielen auf eine methodologische Debatte ab, wie sie die Komplexität des Themas erfordert. Denn nicht Generalisierungen sind die Lösung. Sondern eine ‚Polyphonie‘ unterschiedlicher Forschungszugänge. Dieses Vorhaben ist gelungen.
Ulrike Emlinger: Rechtsextreme instrumentalisieren Internet für ihre Zwecke
Wie Rechtsextreme Online-Plattformen, -Dienste und -Formate zur Ansprache von Kindern und Jugendlichen nutzen, um ihre Propaganda zu verbreiten, zeigt der neue ‚Bericht zu Rechtsextremismus im Netz‘ von jugendschutz.net.
In den Jahren 2020 und 2021 registrierte jugendschutz.net 1136 Verstöße gegen den Jugendmedienschutz. Insbesondere Social-Media-Plattformen sind bei der Verbreitung rechtsextremer Propaganda zentral: Über 90 Prozent der Fälle wurden auf jugendaffinen Diensten wie YouTube, Instagram und TikTok registriert.
Seit 2020 ist Telegram zur wichtigsten Plattform für Rechtsextreme geworden. Ein Grund dafür: Der Dienst löscht nur selten Inhalte. Vermehrt nutzen Rechtsextreme auch Podcasts und Livestreams, um aktuelle Themen wie beispielsweise die Corona-Pandemie aufzugreifen und gemäß eines menschen- und demokratiefeindlichen Weltbilds umzudeuten. Verbreitet werden sie über Spotify und YouTube, Twitch, BitChute oder DLive. Auch die Welt des Gamings wird zunehmend für Propagandazwecke genutzt.
Insbesondere die Reaktionen von Anbietern auf Usermeldungen bewertet jugendschutz.net derzeit als unzureichend: Weniger als die Hälfte von gemeldeten Inhalten würden gelöscht.
www.jugendschutz.net/mediathek/artikel/rechtsextremismus-im-netz-2020-2021
Ulrike Emlinger: Lebendige Filmkultur durch Partizipation von Kindern
Ob und wie Kinder bereits an der Filmkultur partizipieren, ist Thema des jüngst veröffentlichten Forschungsberichts der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF und des Fördervereins Deutscher Kinderfilm e.V.
Das Projektteam ermittelte den aktuellen Forschungsstand hinsichtlich des Rezeptionsverhaltens von Kindern zwischen sechs und dreizehn Jahren. Das Ergebnis: Die öffentlich vorliegenden Daten geben lediglich einen oberflächlichen Einblick in die Film- und Kinonutzung, da beispielsweise Kinder unter zehn Jahren in der Erforschung der Kinonutzung nicht berücksichtigt werden. Außerdem fehlten Studien, die sich dem Umfang und der Bedeutung von Filmrezeption und Kinobesuch von Kindern widmen.
Anhand ausgewählter internationaler Best Practice-Beispiele aus verschiedenen Kulturbereichen werden zudem in Anlehnung an Roger Harts achtstufiger ‚Leiter der Partizipation‘ Partizipationsmodelle und -grade beleuchtet und darauf basierend Handlungsempfehlungen entwickelt: So müssten Projekte etwa von qualifiziertem Personal begleitet und deren langfristige Finanzierung gesichert sein. Auch eine kontinuierliche wissenschaftliche Begleitung ist aus Sicht der Studienmacher*innen notwendig, um Methoden der Partizipation für künftige Konzepte nutzbar zu machen.
Der Forschungsbericht in voller Länge sowie eine Kurzversion stehen online zur Verfügung.
Ulrike Emlinger: Dokumentarisches Erzählen, Oder: Fiktion als Teil von Dokumentation?
Medienradar (2021). Dokumentarisches Erzählen. Dossier. www.medienradar.de/dossiers.
Was haben Reportagen, Livestreams, True Crime und Dokudrama gemeinsam? Welcher Gestaltungsmittel bedienen sie sich zu welchem Zweck? Antworten auf diese und weitere Fragen gibt das neue Dossier ‚Dokumentarisches Erzählen‘ auf der Lernplattform Medienradar.
Neben dem künstlerischen Dokumentarfilm werden Fernsehformate sowie neuere dokumentarische Formate auf Social-Media-Plattformen betrachtet. Dabei zeigt sich, dass sich die Grenzen zwischen Realität und Fiktion zum Teil auflösen. Umso wichtiger ist der Aufbau von Medienkompetenz, um derartige Formate kritisch hinterfragen zu können. Das Dossier gibt daher nicht nur einen Überblick über aktuelle nonfiktionale Formate. Es beschäftigt sich auch mit Rezeptionserwartungen: So berichten beispielsweise Jugendliche im Feature ‚Aber trotzdem geht das ja irgendwie in mein Gehirn!‘, was sie an Reality-Formaten interessiert und welche Wirkungsvermutungen sie aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen haben.
Hinzu kommt umfangreiches Lehrmaterial ab Klassenstufe 5: Neben einem Aufgaben-Set zu Reality-TV wurde in Zusammenarbeit mit dem Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM) und VISION KINO modular aufgebautes Unterrichtsmaterial zum Dokumentarfilm entwickelt: Schüler*innen lernen dabei unter anderem, wie filmgestalterische Mittel im Dokumentarfilm eingesetzt werden, um Authentizität und Glaubwürdigkeit herzustellen und die Wahrnehmung des Publikums zu lenken. Ergänzend bietet das eigens für das Dossier erstellte Glossar Dok Spot eine Vielzahl gut verständlicher Definitionen und Erklärungen zu verschiedenen Bezeichnungen und Formaten des Dokumentarischen. ‚Dokumentarisches Erzählen‘ ist bereits das sechste Dossier, das auf Medienradar erschienen ist. Erneut gelingt es den Macher*innen, das gewählte Thema aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten und so zum Nachdenken anzuregen. Das liegt am Konzept: Zu jedem Thema gibt es nicht nur umfangreiches Hintergrundwissen in Form von Artikeln aus Fachzeitschriften, Essays und Expert*inneninterviews, Videos oder Radio-Features. Medienradar stellt auch didaktisch aufbereitetes Material in Form von Aufgaben-Sets für Unterrichtseinheiten, Arbeitsblättern mit Anregungen für Hausaufgaben, Präsentationen und Lernvideos zur Verfügung. Besonders praktisch ist dabei die Suchfunktion: Lehrende können Inhalte thematisch, nach bundesländerspezifischen Lehrplanvorgaben oder nach Klassenstufen sortieren.
Unter ‚Extras‘ findet sich zudem ein Glossar mit Begriffen rund um Medien, Medienpädagogik und Jugendmedienschutz sowie Empfehlungen anderer medienpädagogischer Angebote. In dieser Rubrik ebenfalls angesiedelt ist das Medienbarometer: In kurzen Video-Statements erklären Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren ihre Sicht auf Medien und die Themen der Dossiers. Das Videoprojekt wird laufend fortgeführt. Eine Online-Variante ist in Planung – mit virtueller Videokabine und Abstimmungstool, die es einem breiteren Personenkreis ermöglichen soll, sich zu beteiligen. Medienradar ist ein Projekt der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) und nimmt seit 2020 aktuelle Medienthemen in den Blick. Gefördert wird das interaktive Medienbildungsportal unter anderem durch die Bundeszentrale für politische Bildung. Es richtet sich an Fachkräfte in Schulen und Jugendarbeit.