Karen Schönherr
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- Karen Schönherr: Tagung: Scripted Reality in der medienpädagogischen Arbeit
Karen Schönherr: Tagung: Scripted Reality in der medienpädagogischen Arbeit
Scripted Reality ist seit Jahren im medienpädagogischen Diskurs. Die rheinland-pfälzische Landeszentrale für Medien und Kommunikation (LMK) und ihre Tochtergesellschaft medien+bildung.com (m+b.com) ergründeten mit einer Fachtagung, welche pädagogischen Ansätze es dazu gibt und welcher Schritte es noch bedarf, um Jugendliche umfangreicher im Umgang mit diesem Genre zu bilden. 65 Bildungswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, Lehrkräfte, Studierende und medienpädagogische Fachkräfte aus dem gesamten Bundesgebiet folgten am 25. Februar 2014 der Einladung nach Ludwigshafen. In fünf Kurzpräsentationen wurden Projekte mit unterschiedlichen pädagogischen Zugängen zum Thema vorgestellt. Drei dieser Projekte versetzen Jugendliche in die Rollen von Produzenten. Sie sollen dabei selbst erfahren, dass für Scripted Reality Geschichten erfunden werden, die das Ziel verfolgen, so krass, emotional, peinlich – sprich faszinierend – zu sein, dass das Publikum nicht wegschaltet. Diesen Rollentausch gestalten der tv.profiler der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM) und der Scripted-Reality-Workshop des Landesmedienzentrums Baden- Württemberg (LMZ), indem sie die Schülerinnen und Schüler selbst Charaktere und Storys erfinden lassen. Das Projekt Echt oder Fake?! (m+b.com) ergänzt diese Methoden mit der praktischen Umsetzung: Die Jugendlichen drehen und schneiden ihre eigene Sendung. Dementsprechend unterscheidet sich auch der zeitliche Umfang: Echt oder Fake?! bedarf außerdem einer gewissen Videoerfahrung der Lehrkraft oder der Unterstützung durch eine medienpädagogische Fachkraft.
Die umfangreiche Handreichung Schein & Sein der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein (MA HSH) bietet zusätzlich ein Praxismodul in drei ortsansässigen Offenen Kanälen an. Es liefert neben anderen Modulthemen vor allem einen textlichen Zugang zum Verständnis von verschiedenen (teil-)gescripteten Genres. Dazu gehört auch eine DVD, auf der kommentierte Sendungsausschnitte zeigen, welche Stilmittel zum Einsatz kommen, um eine Echtheitsästhetik zu erzeugen. Eine digitale Publikation realisieren derzeit auch die Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) und die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb): Die DVD-Rom Faszination Medien (FAME) ist ein gut strukturiertes Lernangebot, mit dem Schülerinnen und Schüler autark oder mit der Lehrkraft arbeiten können, und das ab Sommer 2014 über die bpb bezogen werden kann. Die Materialien aller anderen Projekte stehen als Downloads und zum Teil als Printversion zur Verfügung. Die Tagung vermittelte viele verschiedene Handlungsansätze, mit denen das Thema Scripted Reality im Kontext von schulischer und außerschulischer Bildung bearbeitet werden kann. Die vorgestellten Konzepte berücksichtigen unterschiedliche Rahmenbedingungen und unterschiedliche Persönlichkeiten von Lehrenden und Lernenden. In der abschließenden Podiumsdiskussion wurde deutlich, dass Schulen für die Umsetzung dieser Projekte oft finanzielle und zeitliche Hürden überwinden müssen, da sich Medienbildung (noch) nicht verbindlich in der Lehrerausbildung und den Lehrplänen niederschlägt.
Wiederholt richtete sich der Blick auf die Pflicht zur Kennzeichnung von ‚gescripteten‘ Inhalten. Dr. Thomas Voß (MA HSH) erachtet sie als notwendig, um Kindern und Jugendlichen den fiktionalen Charakter von Scripted Reality zu verdeutlichen. Dr. Maya Götz (IZI) reicht dies aber nicht, um jungen Zuschauerinnen und Zuschauern die Einordnung des Gesehenen zu erleichtern. Oft sei Produzenten gar nicht bewusst, was für Kinder problematisch ist. Sie seien aber durchaus an Ideen zur Veränderung interessiert. Karen Schönherr (m+b.com) fragte, ob nicht Outtakes im Abspann eine weitere Möglichkeit wären. Dr. Meike Isenberg (LfM) wies auf die bestehenden Kontakte zu den Sendern und ihren Jugendschutzbeauftragten hin. Auch die Eltern müssten ihren Kindern beim Verarbeiten von Medieninhalten allgemein und beim Erkennen des Realitätsgehaltes von Scripted Reality im Speziellen helfen. Dafür fehlt es Maya Götz und Constantin Schnell (LMZ) jedoch am kritischen öffentlichen Diskurs. Leopold Grün (FSF) würde diesen lieber auch hinsichtlich der vermittelten Rollenbilder geführt sehen, als nur über deren Fiktionalisierungsgrad.
Die Moderatorin Katja Friedrich, Geschäftsführerin von m+b.com, schlug vor, dass man sich doch einmal zu einem Workshop mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, pädagogischen Fachkräften, Eltern und Produzenten zusammenfinden könnte, um Wege zur Verbesserung auszuloten.QuellenFSF, bpb. Faszination Medien (DVD-ROM). Ein multimediales Lernangebot für Schule und Jugendarbeit.
fsf.de/medienpaedagogik/material/fame/ [Zugriff: 01. 04.2014].
LfM. „tv.profiler“ – Eine Unterrichtseinheit für eine Schulstunde. www.br-online.de/jugend/izi/deutsch/publikation/tv_profiler/tv_profiler.htm [Zugriff: 01.04.2014].
LMZ. Workshop Inszenierte Wirklichkeit / Reality TV. www.lmz-bw.de/medienbildung/jugendmedienschutz/film-fernsehen/workshop-inszenierte-wirklichkeit-reality-tv.html [Zugriff: 01.04.2014].
M+b.com. Scripted Reality – Echt oder Fake?!. scripted-reality.wordpress-und-bildung.de [Zugriff: 01.04.2014].
MA HSH. Schein & Sein - Inszenierte Wirklichkeit in Reality-TV & Web 2.0 - Eine Handreichung für den Unterricht. www.ma-hsh.de/aktuelles-publikationen/publikationen/schein-sein/ [Zugriff: 01.04.2014]