Lisa Melzer
- Studentische Hilfskraft
Vita
Laufendes Studium der Erziehungswissenschaft an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Aktivitäten
Studentische Hilfskraft bei der merz seit März 2022.
Beiträge in merz
- Lisa Melzer: Stichwort: Metaverse
Lisa Melzer: Stichwort: Metaverse
Die Frage nach der Zukunft des Internets existiert seit den frühen 1980er Jahren. Doch erst seit 2020 sind die Diskussion um das ‚Metaverse‘ so richtig entfacht und der Begriff ist zu einem brisanten Schlagwort geworden. Die Szenerie aus dem Science-Fiction-Roman ‚Snow Crash‘ (1992) von Neal Stephenson dient dabei als Vorbild für das Metaverse als einer Art digitaler Parallelwelt, in welcher Nutzer*innen als Avatare virtuell und in Echtzeit miteinander agieren können.
Bisher ermöglicht das Netz schon vielfältige Anwendungsoptionen. Technologien virtueller und erweiterter Realität (VR/AR) weiten diese aus, indem sie ein Eintauchen in digital erzeugte Welten ermöglichen. Das Metaverse soll schließlich beides vereinen und eine begehbare Version des Internets schaffen, durch die unsere alltäglichen Aktivitäten um virtuelle erweitert werden. Während vor allem Soziale Netzwerke immer noch räumlichen Begrenzungen unterworfen sind, soll das Metaverse es ermöglichen, von überall zusammenzuarbeiten und digitale Informationen problemlos von A nach B zu transportieren. Dadurch könnten sowohl neue Kommunikations- und Interaktionsformen als auch Geschäftsmodelle hervorgebracht werden.
Bisher gibt es ein solches Next-Level-Internet nicht, dafür aber zahlreiche hochrangige Unternehmen, die Interesse daran bekunden. So hat meta (vorher Facebook) Gründer und CEO Mark Zuckerberg angekündigt, Investitionen in Milliardenhöhe zu tätigen, um aus dem Sozialen Netzwerk ein Metaverse-Imperium zu errichten. Aber auch Softwaregiganten wie Microsoft und Apple oder bekannte Spieleentwickler wie Epic-Games oder Roblox arbeiten bereits an eigenen Entwürfen.
Nicht nur für den Medienbereich, sondern auch für die Kunst-, Kultur-, Informations- und Bildungslandschaft wäre das eine Revolution. Trotzdem lässt sich momentan nur schwer beurteilen, ob und inwiefern die Umsetzung gelingen kann. Kritische Stimmen gibt es vor allem hinsichtlich des gewaltigen technischen Aufwands und der Gefahr einer kaum kontrollierbaren Zentralisierung des Internets.
Beitrag aus Heft »2021/06 Kinder- und Jugendmedienschutz mitmachen«
Autor: Lisa Melzer
Beitrag als PDF - Lisa Melzer: Spielentwicklung leicht gemacht – Mit Candli zum eigenen Online-Game (Verfügbar ab 15.04.2023)
- Lisa Melzer: Karsch, Philip (2022). Schule und digitale Kommunikationskultur. Antinomien des Lehrer*innenhandelns zwischen Privatheit und Professionalität. Wiesbaden: Springer VS. 328 S., 69,99 €.
Lisa Melzer: Karsch, Philip (2022). Schule und digitale Kommunikationskultur. Antinomien des Lehrer*innenhandelns zwischen Privatheit und Professionalität. Wiesbaden: Springer VS. 328 S., 69,99 €.
Die Corona-Pandemie hat in sehr vielen Schulen die Suche nach neuen Kommunikationskanälen beschleunigt. Innerhalb kürzester Zeit mussten Lehrkräfte ihren Unterricht ins Internet verlegen und auf Online-Lehre umsteigen. Dabei wurde schnell deutlich: Digitale Kommunikation verändert die Zusammenarbeit von Schüler*innen und Lehrer*innen auf eine Weise, die bisher aus (erziehungs-)wissenschaftlicher Sicht weitgehend vernachlässigt wurde. An dieser Stelle setzt die Dissertationsarbeit von Philip Karsch an, die 2020 entstand. Darin unternimmt Karsch den Versuch, darzustellen, vor welche Herausforderungen Lehrkräfte der Einsatz von Messenger-Diensten wie Whatsapp oder Telegram zur Unterrichtsgestaltung stellt und welche professionellen Aushandlungsprozesse damit zwangsläufig einhergehen. Gerade Fragen danach, welche Chancen aber auch Hürden mit digitaler Kommunikation verbunden sein können, werden in der Arbeit anhand von Ergebnissen leitfadengestützter Interviews mit Lehrer*innen aufgegriffen und diskutiert. Dafür wird zunächst im ersten Teil der Arbeit ein hermeneutischer Zugang gewählt, um Lehrkräfte in ihrer Rolle als „Informant*innen tatsächlich ‚zur Sprache‘ kommen zu lassen“ (S. 21). Den theoretischen Rahmen bildet dabei eine überblicksartige Darstellung des Konzepts der Mediatisierung im Anschluss an Arbeiten von Friedrich Krotz, um zu verdeutlichen, wie sich Kommunikationsformen und -räume durch die umfassende mediale Durchdringung aller Lebensbereiche verändern. Der zweite, empirische Teil der Arbeit liefert eine umfangreiche Einzelfallbeschreibung und -analyse. Daran anschließend werden fünf Antinomien (Spannungsfelder) vorgestellt, innerhalb derer Lehrkräfte gefordert sind, sich zu positionieren, wenn sie digitale Tools wie Messenger-Dienste zur Kommunikation einsetzen wollen.
Insgesamt schafft es Karsch, Leerstellen im Hinblick auf die Auseinandersetzung mit Potenzialen aber auch Herausforderungen, welche der Einsatz von digitalen Kommunikationstools in schulischen Kontexten aufwirft, zu schließen. Dabei liefert der Autor zahlreiche Denkanstöße, die nicht nur Lehrkräften, sondern auch Pädagog*innen anderer Handlungsfelder dabei unterstützen können, sich intensiver mit dem Einsatz digitaler Kommunikationstools zu beschäftigen. Schließlich regt die Arbeit zur Diskussion weiterer spannender Fragen an, die sowohl für die Wissenschaft als auch für die Praxis als Grundlage dienen können, um die pädagogische Arbeit im digitalen Raum weiterzuentwickeln und die Auseinandersetzung mit dem Wandel schulischer Kommunikationskultur durch digitale Medien voranzutreiben.
Beitrag aus Heft »2022/05 Medien.Pädagogik und Rassismus.Kritik – Impulse einer Auseinandersetzung«
Autor: Lisa Melzer
Beitrag als PDF - Lisa Melzer: Pfannstiel, Mario A./Steinhoff, Peter F.-J. (Hrsg.) (2022). E-Learning im digitalen Zeitalter. Lösungen, Systeme, Anwendungen. Wiesbaden: Springer VS. 758 S., 74,99 €.
Lisa Melzer: Pfannstiel, Mario A./Steinhoff, Peter F.-J. (Hrsg.) (2022). E-Learning im digitalen Zeitalter. Lösungen, Systeme, Anwendungen. Wiesbaden: Springer VS. 758 S., 74,99 €.
Angesichts der digitalen Transformation sehen sich Unternehmen, Organisationen, Institutionen und Betriebe bereits seit geraumer Zeit mit neuen Anforderungen an Arbeitsabläufe, Dienstleistungen oder Produkte konfrontiert. Hinzu kommen eine allgegenwärtige Informationsflut und technische Entwicklungen, welche Veränderungsprozesse in Gang setzen, die ein Umdenken hinsichtlich der eigenen Arbeits- und Lernkultur erfordern. Eine Möglichkeit, diesen veränderten Anforderungen und Wandlungsprozessen gerecht zu werden, ist der Einsatz von E-Learning-Methoden.
Auf diese Erkenntnis macht das neue Herausgeberwerk von Mario Pfannstiel (Hochschule Neu-Ulm) und Peter Steinhoff (Hochschule für Angewandtes Management HAM) aufmerksam. Die Publikation vereint dabei vielfältige Beiträge von Expert*innen aus Wissenschaft und Praxis, die spannende Perspektiven auf das komplexe Themenfeld E-Learning eröffnen: So werden nicht nur die Anwendungsbereiche Hochschule, Gesundheitswesen und Virtual Reality vorgestellt, sondern auch digitale Werkzeuge und Methoden, die es für die Konzeption und Realisierung von Lernangeboten im digitalen Raum braucht. Die inhaltliche Bandbreite der Beiträge reicht dabei von Überlegungen zur Organisationsentwicklung an Hochschulen über digitalgestützte Lernsysteme in Medizin und Pflege, Innovationspotenziale von Serious Games bis hin zur Vorstellung von interaktiven Tools für eine effektive Zusammenarbeit in virtuellen Lernumgebungen.
Insgesamt werden theoretische Konzepte oder empirische Untersuchungsergebnisse ebenso in den Blick genommen wie technologische Trends, Praxisbeispiele und Erfahrungsberichte. Damit liefert die Publikation sowohl einen umfassenden Überblick über methodische und didaktische Ansätze zur Qualitätssteigerung digitalen Lehrens und Lernens als auch eine fundierte Diskussion von Chancen und Grenzen des Einsatzes von E-Learning-Systemen in unterschiedlichen Praxisfeldern.
Schließlich legt der umfangreiche Sammelband zahlreiche Anregungen und Denkanstöße zur erfolgreichen Einbindung und Etablierung von digitalen Lernmedien in Unternehmen, Bildungsinstitutionen oder Gesundheitseinrichtungen vor. Diese können zugleich als Hilfestellungen genutzt werden, um Herausforderungen wie veränderte Kompetenzanforderungen, neue Fort- und Weiterbildungsbedarfe oder die Verknüpfung von analogen und digitalen Lernangeboten aufgreifen und bearbeiten zu können. Damit bietet das Buch E-Learning im digitalen Zeitalter sowohl Praktiker*innen, Lehrenden als auch Lernenden eine wertvolle Orientierungshilfe, um ein tiefergehendes Verständnis für die vielfältigen Inhalte, Formen und Anwendungsmöglichkeiten von E-Learning zu entwickeln und sich der Gestaltung von digitalen Lehr- und Lernszenarien mit Freude und Neugierde anzunehmen.
Beitrag aus Heft »2022/04 Medien. Mediensucht. Mediensuchtprävention«
Autor: Lisa Melzer
Beitrag als PDF - Lisa Melzer: Stichwort: Sinnfluencer*innen
Lisa Melzer: Stichwort: Sinnfluencer*innen
Perfekt inszenierte Körper, atemberaubende Urlaubsfotos und massenweise Werbung – so stellt sich das klassische Bild von Influencer*innen mit flüchtigem Blick auf Instagram-Profilen oder TikTok-Accounts dar. Entgegen diesem Negativimage, das Persönlichkeiten der Social-Media-Welt häufig angelastet wird, lässt sich seit einigen Jahren eine Abkehr von oberflächlichen Werten und einer unreflektierten Konsumkultur beobachten. So nutzen immer mehr Influencer*innen Reichweite und Einflussmacht dafür, um Wissen über soziale, politische und nachhaltige Themen zu vermitteln, Follower*innen über gesellschaftliche Problemlagen aufzuklären und ihnen eine verantwortungsvolle, umweltbewusste Lebensweise näherzubringen. Um dieses Phänomen definitorisch zu fassen, hat sich der Begriff Sinnfluencer*innen etabliert, ein Ausdruck, der maßgeblich durch die Massenmedien hervorgebracht und geprägt wurde (vgl. Baake et al. 2022, S. 42). Zu den prominentesten Beispielen zählen etwa Klimaaktivistin Luisa Neubauer, Model und Unternehmerin Marie Nasemann sowie Autorin und Moderatorin Louisa Dellert, die als digitale Meinungsbildner*innen mit ihren Postings eine sehr große Zahl an Menschen erreichen, die sich von ihren Inhalten und ihrem Engagement inspirieren lassen – sogar so weit, dass Follower*innen selbst politisch aktiv werden.
Auch wenn Beiträge über Klimaschutz, Minimalismus oder vegane Ernährung zunächst weniger kommerziell geprägt scheinen, gehen auch Sinnfluencer*innen bezahlte Kooperationen mit Unternehmen und Marken ein, die (vermeintlich) ihren Werten und Idealen entsprechen. Dass sich hinter den Nachhaltigkeitsbotschaften und dem Hashtag-Aktivismus subtile Marketing-Strategien und Geschäftsmodelle verbergen, ist insbesondere für die zumeist sehr jungen Follower*innen nur schwer zu durchschauen. An dieser Stelle gilt es pädagogisch anzusetzen und Angebote zu entwickeln, die Gesprächs- und Diskussionsräume eröffnen und Heranwachsende dabei unterstützen, ein Verständnis für diese Form des Influencer*innen-Marketings und ein kritisches Bewusstsein gegenüber den damit verbundenen Problemstellungen und Gefahren zu entwickeln.
Literatur: Baake, Jasmin/ Gensich, Mareike/ Kraus, Theresa/ Müller, Carolina/ Przyklenk, Sophie/ Rössler, Patrick/
Walpert, Chelsea/ Zang, Anne Marie (2022). Sinnfluencer*innen: Der Schlüssel zu mehr Glaubwürdigkeit in Social Media?
Ein Experiment zur Wahrnehmung von Nachhaltigkeitskommunikation auf Instagram. In: Kümpel, Anna Sophie/
Peter, Christina/ Schnauber-Stockmann, Anna/ Mangold, Frank (Hrsg.), Nachhaltigkeit als Gegenstand und Zielgröße der
Rezeptions- und Wirkungsforschung. Aktuelle Studien und Befunde. Baden-Baden: Nomos, S. 41–62.Beitrag aus Heft »2022/04 Medien. Mediensucht. Mediensuchtprävention«
Autor: Lisa Melzer
Beitrag als PDF - Lisa Melzer: Digitale Schulbildung inklusiv?
Lisa Melzer: Digitale Schulbildung inklusiv?
Das Ziel von Schulsozialarbeit, Bildungsbenachteiligungen zu reduzieren und Heranwachsende in ihrem Aufwachsen und ihrer individuellen Entwicklung zu fördern, sehen Fachkräfte durch digitale Schulbildung negativ beeinflusst. Dies ist ein Ergebnis einer Studie der Technischen Hochschule Köln, in der Schulsozialarbeiter*innen zu Auswirkungen digitaler Schulbildung in Pandemiezeiten befragt worden sind.
Die Perspektive ist von Erfahrungen geprägt, die auf ein erhöhtes Exklusionsrisiko von Schüler*innen durch digitalen Unterricht in Zeiten der COVID-19-Pandemie hinweisen. Obwohl die Befragten digitaler Schulbildung inklusionsförderliche Potenziale wie die Ermöglichung selbstgesteuerten Lernens (48 %), ein verbessertes Eingehen auf individuelle Lerntypen (33 %) oder eine verbesserte Medienkompetenzförderung (55 %) zuschreiben, verweisen ihre Aussagen verstärkt auf negative Auswirkungen der Verlagerung des Schulalltags in den digitalen Raum. So konnten Schulsozialarbeiter*innen erschwerte Lernbedingungen (92 %), Mängel in der technischen Ausstattung oder fehlende soziale Kontakte zu Gleichaltrigen (85 %) beobachten, die Chancenungleichheit verschärfen. Zudem weisen die Aussagen auf eine erhöhte Abhängigkeit der Schüler*innen von finanziellen (89 %) und zeitlichen (81 %) Ressourcen der Eltern sowie ihrem Bildungsstand (89 %) hin.
Die Ergebnisse der Studie stellen einige Herausforderungen der Umsetzung inklusiver digitaler Schulbildung heraus. Auch die Dringlichkeit zur Entwicklung von Handlungskonzepten zur Bewältigung von Exklusionsrisiken und -mechanismen wird sichtbar. Es brauche neben einer verbesserten technischen Ausstattung eine Weiterentwicklung und Ausweitung von Angeboten zur Medienkompetenzförderung sowie eine stärkere Auseinandersetzung mit den Anwendungsmöglichkeiten digitaler Formate in der Schulsozialarbeit.
An der explorativen Studie haben 98 Schulsozialarbeiter*innen im Auftrag der Stadt Köln teilgenommen. Die quantitative Erhebung wurde im Auftrag des Forschungsschwerpunkts Digitale Technologien und Soziale Dienste (DITES) der Technischen Hochschule Köln undin Zusammenarbeit mit dem Amt für Schulentwicklung der Stadt Köln durchgeführt.
Beitrag aus Heft »2022/04 Medien. Mediensucht. Mediensuchtprävention«
Autor: Lisa Melzer
Beitrag als PDF - Lisa Melzer: Memes. Formen und Folgen eines Internetphänomens
Lisa Melzer: Memes. Formen und Folgen eines Internetphänomens
Nowotny, Joanna/ Reidy, Julian (2022). Memes. Formen und Folgen eines Internetphänomens. Bielefeld: transcript. 260 S., 25,00 €.
Memes sind aus dem Internet und den Sozialen Medien nicht mehr wegzudenken. Das dahinterliegende Prinzip erscheint simpel: Bilder, Texte, Videos, Hashtags oder GIFs werden aus ihrem ursprünglichen Bedeutungskontext gerissen, modifiziert, kommentiert und mit neuen Sinngehalten versehen, um humoristische oder satirische Botschaften zu transportieren. Dabei sind Memes längst mehr als harmloser Internethumor – als digitales Kommunikationsmittel sind sie zunehmend auch in Nachrichten, Werbespots, auf Demonstrationen oder in Wahlkämpfen vertreten.
Eine Annäherung aus kulturwissenschaftlicher Perspektive stellt das Buch von Julian Reidy und Joanna Nowotny dar. In Anlehnung an das Grundlagenwerk des Medienwissenschaftlers Felix Stalder ‚Kultur der Digitalität‘ beleuchten die Autor*innen die Entstehungsgeschichte sowie Formen und Wirkungen von Memes. Anstatt eine willkürliche Auswahl zu analysieren, widmen sich Reidy und Nowotny einzelnen Populärbeispielen, die interessante Einblicke in die Struktur und Verbreitung der medialen Artefakte erlauben und durch die sich grundlegende Eigenschaften digitaler Transformation illustrieren lassen.
Mithilfe ihrer monographischen Abhandlung möchten die Autor*innen ein möglichst breites Verständnis der Rezeptionsästhetik von Memes entfalten, um zu verdeutlichen, worin diese sich von anderen kulturellen Artefakten unterscheiden und welche neuen Fragestellungen und Spannungsfelder damit zwangsläufig aufgeworfen werden, was bereits im einleitenden Kapitel deutlich wird.
Das zweite Kapitel widmet sich einem gemäß Stalder fundamentalen Merkmal der Kultur der Digitalität, das in Memes exemplifiziert wird: der Referenzialität. Die Autor*innen stellen die These voran, dass Memes „sich über referenzielle Replikation verbreiten, […] im Sinne einer Herstellung von stets ‚familienähnlich‘ modifizierten Kopien ihrer selbst“ (S. 36). Daran anschließend erläutern sie, dass die Kommunikation mit Memes im digitalen Raum als ein Spiel mit referenziellen Bezügen betrachtet werden kann, bei dem Inhalte von den User*innen aufgegriffen, verändert und aufeinander bezogen werden. Am Beispiel detaillierter Fallstudien analysieren Reidy und Nowotny schließlich, wie sich auf digitalen Plattformen verschiedene Meme-Kulturen herausbilden, um anhand dieser aufzuzeigen, wie Rezeptionsprozesse im Zuge der Replikation von Memes immer mehr von dynamischen Produktionsprozessen abgelöst werden und damit bisher ungeahnte Partizipationspotenziale freisetzen.
Im dritten Kapitel wird bezugnehmend auf klassische Humortheorien herausgearbeitet, wie das zuvor erläuterte memetische Kommunikationsprinzip ein nie dagewesenes Maß an diskursiver Beteiligung ermöglicht und somit neue Freiräume schafft, um sich auf humorvoll-kritische Weise mit komplexen globalen Problemstellungen auseinanderzusetzen. Gleichzeitig zeigen die Autor*innen auf, wo humoristische Theorien an ihre Grenzen kommen. Sie widmen sich auch der Frage, ob Memes, die Geschlechterrollen und -identitäten zum Thema haben, gesellschaftsförderliche Veränderungsimpulse entfalten können oder ob sie eher bestehende Macht- und Geltungsstrukturen festigen oder gar verstärken.
Im vierten Kapitel wagen die Autor*innen eine Annäherung an politische Inanspruchnahmen von Memes und stellen in diesem Zusammenhang die wirkungsästhetische Ambivalenz dieser digitalen Ausdrucksform heraus. Am Beispiel von Meme-Modifikationen rund um Pepe the frog oder Captain America zeigen Reidy und Nowotny auf, dass das Eindringen von Memes in den politischen Einflussbereich nicht nur eine gesteigerte Diskursteilnahme oder eine intensivere Debattenkultur zur Folge hat, sondern diese auch zunehmend von extremistischen Akteur*innen für propagandistische Zwecke und zur ideologischen Beeinflussung eingespannt werden.
Dass Memes in den Sozialen Medien so platziert werden, dass sie Eingang in den Mainstream finden, wird im fünften Kapitel näher präzisiert. Die Autor*innen zeigen, dass die Produktion und Verbreitung von Memes immer auch mit hegemonialen Normen und Interessen verbunden ist und somit auch die Gefahr birgt, exkludierende Stereotypisierungen und Vorurteile zu reproduzieren.
Im abschließenden Kapitel werden schließlich Prozesse der Herausbildung und Etablierung neuartiger Kanonisierungspraktiken von Memes in den Blick genommen. Als eine Erscheinungsform memetischer Praxis werden das Phänomen Trolling und dessen Replikationsstrategien näher beleuchtet, um diese auf ihre (macht-)politische Instrumentalisierbarkeit hin zu befragen. In diesem Zusammenhang wird auch das destruktive Potenzial von Memes zur Erzeugung von Komplexität und Konformität herausgearbeitet.
Die Publikation liefert insgesamt einen verständlichen und informativen Überblick über Formen, Mechanismen und Wirkungen von Memes und zeichnet ein eindrückliches Bild von ihrer Bedeutung für die politische Meinungsbildung und die Verhandlung gesellschaftlicher Praxis. Reidy und Nowotny gelingt es, wissenschaftliche Analysen mit anschaulichen Fallbeispielen zu verbinden, um daran sowohl emanzipatorische als auch destruktive Potenziale von Memes zu beleuchten. Insgesamt bietet das Buch damit Wissenschaftler*innen, Studierenden und Interessierten eine empfehlenswerte Lektüre, die den facettenreichen Charakter von Memes einfängt und es schafft, Leser*innen vielfältige Anregungen und Impulse für die weiterführende Auseinandersetzung mit einem der wohl relevantesten Phänomene der Netzkultur an die Hand zu geben.
Beitrag aus Heft »2022/03 Digitale Jugendarbeit – Perspektiven zur Professionalisierung«
Autor: Lisa Melzer
Beitrag als PDF - Lisa Melzer: Blinde Flecken bei der Digitalisierung
Lisa Melzer: Blinde Flecken bei der Digitalisierung
Obwohl die Innovationspotenziale der Digitalisierung längst bekannt sind, schreitet die digitale Transformation in vielen Unternehmen nur langsam voran. Um Antworten auf die Frage zu finden, warum das so ist, hat der Forschungsbeirat der Plattform Industrie 4.0 in Zusammenarbeit mit den Fraunhofer-Instituten für Produktionstechnik (IPA) und Automatisierung (IAO) die Studie ‚Blinde Flecken in der Umsetzung von Industrie 4.0 – identifizieren und verstehen‘ ins Leben gerufen.
In der Untersuchung wird deutlich, dass die unzureichenden Digitalisierungsfortschritte in der unternehmerischen Praxis vor allem auf zwei Ursachen zurückzuführen sind: Erstens entscheiden sich viele Unternehmen bewusst gegen die Digitalisierung, da neuartige digitale Lösungen und Geschäftsmodelle nicht rentabel erscheinen (45 Prozent). Hinzu kommen zweitens interne, unternehmensspezifische Faktoren. Die Ergebnisse beweisen, dass gerade ein fehlender Startimpuls für die Digitalisierung (70 Prozent) ein zentrales Hindernis für die Realisierung des Transformationsvorhabens darstellt. Auch eine mangelnde Digitalisierungsaffinität im Management stellt in der Stichprobe für etwa jedes fünfte Unternehmen ein zentrales Problem dar.
Aber auch Herausforderungen der Branchenwelt, die sich dem Einflussbereich der Unternehmen entziehen, können Hemmnisse sein. Den Untersuchungsergebnissen zufolge lassen sich die digitalen Rückstände auch auf unzureichende externe Rahmenbedingungen (85 Prozent) zurückführen, wie etwa Rechtsunsicherheiten, mangelhafte Förderprogramme oder eine ungenügende Breitbandanbindung.
Die gute Nachricht: Die Expert*innen der Studie haben zahlreiche Handlungsempfehlungen für Politik, Verbände und Unternehmen zusammengetragen. Die Vorschläge reichen von der Etablierung einer Digitalisierungskultur in Unternehmen, einer Neuausrichtung der staatlichen Förderlandschaft bis hin zur Weiterentwicklung von Wirtschaftlichkeitsbewertungsverfahren für digitale Lösungen.
Für die Studie wurden Interviews mit insgesamt 60 Vertreter*innen von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden sowie Ansprechpersonen produzierender Unternehmen geführt. Methodische Basis der Expertise ist die ‚Grounded Theory‘. Die Arbeit des Forschungsbeirats wird durch acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften koordiniert und durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.
www.ipa.fraunhofer.de/de/Publikationen
Beitrag aus Heft »2022/03 Digitale Jugendarbeit – Perspektiven zur Professionalisierung«
Autor: Lisa Melzer
Beitrag als PDF - Lisa Melzer: Schröter, Felix (2021). Spiel | Figur: Theorie und Ästhetik der Computerspielfigur. Marburg: Schüren Verlag. 348 S., 34,00 €.
Lisa Melzer: Schröter, Felix (2021). Spiel | Figur: Theorie und Ästhetik der Computerspielfigur. Marburg: Schüren Verlag. 348 S., 34,00 €.
Was wäre die Gaming-Landschaft nur ohne Kultfiguren wie Super Mario, Link aus ‚The Legend of Zelda‘ oder Lara Croft als Aushängeschild? Die Popularität bestimmter Computerspiele lässt sich nicht zuletzt auf die Gestaltung ihrer Figuren zurückführen. Sie sind es, welche die Rezipient*innen an die virtuelle Spielwelt heranführen.
Umso erstaunlicher, dass trotz der sinn- und bedeutungskonstruierenden Funktion von Computerspielfiguren ihre systematische Erforschung bisher noch weitgehend vernachlässigt wurde. Felix Schröter setzt mit seiner Dissertation ‚Spiel | Figur: Theorie und Ästhetik der Computerspielfigur‘ an dieser Stelle an.
Im ersten Teil des Buches äußert sich der Autor zum Stand der derzeitigen Forschung, Darstellung, Ontologie, Rezeption und Analyse von Figuren in Computerspielen. Dafür nimmt er Figuren aus unterschiedlichen Perspektiven, als fiktive Wesen, Spielfiguren und Repräsentation der Spielenden, in den Blick. Aus den theoretischen Vorüberlegungen und Erkenntnissen des ersten Teils des Buches entwickelt Schröter schließlich eine Analyseheuristik, welche die Grundlage für die rezeptionsästhetische Untersuchung im zweiten Teil des Buches bildet.
In dieser beleuchtet der Autor anschließend figurenbezogene Darstellungs- und Rezeptionsweisen, um darauf aufbauend die Ästhetik spieler*innengesteuerter, computergesteuerter und Mitspieler*innen-gesteuerter Figuren umfassend und fundiert zu beschreiben. Anschließend nimmt Schröter drei ausgewählte 3D-Actionspiele (‚Journey‘, ‚Alien: Isolation‘ und ‚Destiny 2‘) in den Blick und arbeitet anhand dieser heraus, wie ästhetische Dimensionen der Figurengestaltung den Spielenden sowohl Erfahrungen von Subjektivität als auch emotionale Anteilnahme und soziale Eingebundenheit in das Spielgeschehen ermöglichen.
Das Buch füllt schließlich nicht nur eine eklatante Forschungslücke, sondern zeichnet ein eindrückliches Bild des Zusammenspiels von ludischen, narrativen und ästhetischen Gestaltungsmerkmalen und Wirkungsweisen von Computerspielfiguren. Der Autor schafft es, nicht nur wichtige Anknüpfungspunkte für weitere Forschungsarbeiten aufzudecken, sondern auch Grundlagenwissen für den Einstieg in die Spiele- und Figurenanalyse zu übermitteln. Nicht nur für Forschende, sondern auch für Lehrende und Lernende eine lohnenswerte Lektüre, welche nicht nur durch den fesselnden Schreibstil des Autors überzeugt, sondern auch zum Eintauchen in die vielschichtige Welt der Computerspielfiguren einlädt.
- Lisa Melzer: Social Media Handbuch
Lisa Melzer: Social Media Handbuch
In den letzten Jahren sind Bücher, Podcasts und Dokus, aber auch Veranstaltungen, Seminare und Workshops zu Social Media wie Pilze aus dem Boden geschossen. In der Medienwelt selbst wurden nicht nur neue Geschäftsmodelle und Unternehmensstrategien entwickelt, sondern auch spannende Diskussionen und Debatten zu Themen wie Datenschutz, Informationshoheit, Künstliche Intelligenz, Algorithmen und Co. angestoßen.
Das ‚Social Media Handbuch‘ greift Entwicklungen aber auch langfristige Trends der sich stetig wandelnden Medienlandschaft seit der Erstausgabe im Jahr 2010 kontinuierlich auf. Auch in der mittlerweile vierten Auflage haben die Herausgebenden Daniel Michelis (Professor an der Hochschule Anhalt mit Schwerpunkt ‚Digitale Kommunikation‘), Thomas Schildhauer (Inhaber der Universitätsprofessur ‚Electronic Business‘ mit Schwerpunkt Marketing an der Universität der Künste Berlin) und Stefan Stumpp (Professor für BWL an der Hochschule Anhalt) wieder diverse Beiträge unterschiedlicher Expert*innen aus medienwissenschaftlicher und wirtschaftlicher Praxis zusammengetragen. Gemäß dieser inhaltlichen Ausrichtung ist der Sammelband in drei Teile untergliedert, welche durch ein umfangreiches Stichwort- und Autor*innenverzeichnis abgerundet werden. Einführend klären Michelis und Stumpp im ersten Teil den Begriff Soziale Medien und schaffen damit eine Grundlage, um die Leser*innen an das Phänomen heranzuführen. Zur theoretischen Fundierung wird ein Drei-Ebenen-Modell vorgestellt, welches individuelle, technologische und sozioökonomische Auswirkungen Sozialer Medien in den Blick nimmt. Anschließend werden Konzepte und Ansätze zum Einsatz von Instagram, Facebook, Twitter, YouTube und Co. in einem strategischen Leitfaden zusammengefasst, der als Orientierungshilfe für die Nutzung und zielgerichtete Planung von Social-Media-Aktivitäten dienen soll.
Im zweiten Teil werden in 17 Kapiteln Gedankengänge, Theorien, Modelle und Methoden von hochrangigen Autor*innen, darunter Richard David Precht (‚Dystopie, Retropie und Utopie: Zukunftsvisionen für Soziale Medien‘), James Surowiecki (‚Die Weisheit der Vielen‘), Jeff Howe (‚Crowdsourcing‘), Malcolm Gladwell (‚Tipping Point‘) oder Chris Anderson (‚The Long Tail‘), in komprimierter Form vorgestellt. Die Aufsätze greifen dabei sowohl neue Technologien als auch Überlegungen zu aktuellen Trends und Entwicklungen der Medienlandschaft auf: die Rolle von Bots, das ‚Dark-Social‘, die zentrale Stellung von Algorithmen oder den Möglichkeiten von Künstlicher Intelligenz.
Abschließend werden im dritten Teil ausgewählte Anwendungsberichte aus der Praxis vorgestellt, die beweisen, wie die zuvor vorgestellten theoretischen Inhalte an konkreten Fällen angewendet werden können, um praktische Probleme zu lösen oder sich nachträglich mit diesen analytisch auseinanderzusetzen. Auch wenn dieses Kapitel im Vergleich zum Theorieteil etwas reduzierter ausfällt, können die dargestellten Anwendungsbeispiele zum Verständnis der Sozialen Medien und ihrer Konsequenzen für Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur beitragen.
Das Buch bietet einen umfassenden Überblick über Mechanismen und Funktionsweisen der Sozialen Medien und veranschaulicht diese anhand von spannenden Praxisbeispielen aus Wirtschaft und Wissenschaft. Die wohl größten Vorzüge dieses Sammelbands liegen im verständlichen Aufbau und der kompakten, aber präzisen Darstellung von Schlüsselwerken unterschiedlicher Autor*innen, welche den Leser*innen wesentliche Charakteristika und Besonderheiten des Internets aufzeigen. Auch wenn sich Anknüpfungspunkte für medienpädagogische Theorie und Praxis aufgrund der ökonomischen Ausrichtung einiger Beiträge erst beim zweiten Lesen offenbaren, bietet das Buch sowohl für Forschende, Dozierende als auch Studierende vielseitige Anregungen zur intensiven Beschäftigung mit einem der wichtigsten Phänomene des digitalen Zeitalters.
Stumpp, Stefan/Michelis, Daniel/Schildhauer, Thomas (Hrsg.) (2021). Social Media Handbuch. Theorien, Methoden, Modelle und Praxis. 4. aktualisierte und erweiterte Auflage. Baden-Baden: Nomos-Verlag. 402 S., 44,00€.
- Lisa Melzer: weitklick. Das Netzwerk für digitale Medien- und Meinungsbildung
Lisa Melzer: weitklick. Das Netzwerk für digitale Medien- und Meinungsbildung
Seit Beginn der Pandemie hat die Verbreitung von Verschwörungsmythen, Halbwahrheiten und Falschmeldungen mit und durch die Sozialen Medien zugenommen. Insbesondere junge Menschen informieren sich jedoch häufig nur über den Newsfeed von Facebook, Instagram, Twitter und Co und nutzen vergleichsweise wenig unterschiedliche Nachrichten- und Wissensquellen. Dabei sind gerade sie in besonderem Maße darauf angewiesen, seriöse von unseriösen Quellen zu unterscheiden, um das gesellschaftliche und politische Geschehen richtig einordnen und sich auf dieser Basis eine fundierte Meinung bilden zu können. Bisher erhalten Heranwachsende jedoch nicht ausreichend Unterstützung dabei.
An dieser Stelle soll das Projekt weitklick Abhilfe schaffen, welches sich als ‚Netzwerk für digitale Medien und Weiterbildung‘ versteht, und Lehrende dabei unterstützen, das Thema Desinformation nachhaltig in Unterrichtskontexte zu integrieren. Mithilfe eines umfassenden Blended Learning-Angebots aus Onlinekursen, Unterrichtsmaterialien, Webinaren und Vor-Ort-Veranstaltungen richtet sich das bundesweite Bildungsprogramm vor allem an Lehrkräfte aus weiterführenden allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen.
Ziel des Projekts ist es, die Urteilsfähigkeit und Meinungsbildung von Heranwachsenden zu fördern. Um dies zu erreichen, können sich Nutzer*innen mithilfe des Angebots individuell fortbilden und sich so grundlegendes Wissen über die Mechanismen und Funktionsweisen digitaler Medien, Meinungsbildungsprozessen im Internet und die unterschiedlichen Formen und Wirkungsweisen von Desinformation aneignen.
Das Netzwerkprojekt wurde von der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM e. V.) ins Leben gerufen. Gefördert wird weitklick im Rahmen eines Förderprogramms von Google.org. Zur Qualitätssicherung wird das Projekt von einem Beirat mit Vertreter*innen aus Wissenschaft, Journalismus, Politik und Bildungspraxis begleitet.
Das Angebotsspektrum von weitklick ist riesig. Mithilfe von Online-Kursen zum individuellen Selbststudium werden Lehrkräften zahlreiche Impulse an die Hand gegeben, um über Falschnachrichten, Verschwörungsmythen und propagandistische Inhalte im digitalen Raum mit Schüler*innen ins Gespräch zu kommen. Gerade angesichts der hohen Verbreitung von Desinformation im Zuge der Pandemie ist es besonders wichtig, dass Schüler*innen dazu angeregt werden, ihr Mediennutzungsverhalten zu reflektieren, Wirkungsweisen von Desinformation zu hinterfragen und Strategien zum kritischen Umgang mit digitalen Quellen zu entwickeln. Mithilfe der Kurse werden Lehrkräfte nicht nur über Recherchemethoden, Bewertungsraster für Informationen oder die Anwendung von so genannten Fact-Checking-Tools aufgeklärt, sondern sie erhalten auch einen Überblick über journalistische Qualitätskriterien und Darstellungsformen, um ein Verständnis für Medienbildung im Allgemeinen und die mit Desinformation zusammenhängenden Hintergründe im Besonderen entwickeln zu können.
Ein weiterer wichtiger Baustein des Projekts sind informative Erklärvideos, Aufzeichnungen und Webinare zu den Themen Desinformation und Meinungsbildung im digitalen Raum, die sich an den Bedürfnissen und Bedarfen von Lehrkräften orientieren. Insbesondere die Webinare überzeugen dabei mit informativen, aber auch kritischen Beiträgen von unterschiedlichen Expert*innen. So klärt Mirko Drotschmann alias ‚MrWissen2go‘ darüber auf, mit welchen Methoden Journalist*innen arbeiten, wie Fakten-Checks funktionieren und wie sich prüfen lässt, welche Informationen und Quellen vertrauenswürdig sind. Wirtschafts- und Politikwissenschaftlerin Katharina Nocun widmet sich dagegen dem Thema Verschwörungsmythen und beleuchtet gängige Verbreitungswege sowie Strategien für den Umgang damit.
Um das hier erworbene Wissen auch praktisch anwenden zu können, finden Lehrkräfte auf der Website von weitklick eine große Auswahl an kostenlosen Download-Materialien, darunter Arbeitsblätter, Übungen, Spiele und Projektideen, die sie zur Unterrichtsvorbereitung und -gestaltung heranziehen können. Durch die Filtermöglichkeit nach Themenfeld, Fächergruppen und Schulform werden Unterstützungsangebote vieler engagierter Institutionen und Akteur*innen gebündelt präsentiert und die Suche nach geeigneten Methoden und Materialien erleichtert.
Um Medienbildung stärker in Unterrichtskontexten zu verankern, organisiert weitklick zudem kostenlose Fortbildungen, die auf die Wünsche und Bedarfe von Lehrkräften zugeschnitten sind. Das Spektrum an Formaten, aus denen Lehrende wählen können, ist groß: digital und anlog, vom halbstündigen Expert*innen-Input innerhalb einer regulären Fortbildung über mehrstündige Workshops bis hin zur Organisation von schulinternen Fortbildungstagen. Darüber hinaus setzt das Netzwerk auch auf journalistische Expertise. So haben Medienschaffende die Möglichkeit, eigene Vorschläge für Projekte oder Veranstaltungen einzubringen, um mit ihrem Fachwissen und ihren Erfahrungen den Lernraum Schule zu bereichern. Von weitklick erhalten sie dabei Unterstützung und Beratung rund um Planung, Konzeption und Umsetzung ihrer Ideen und Vorhaben.
Insgesamt liefert weitklick Lehrkräften ein umfassendes Angebot an vielseitigen Unterrichtsanregungen und mediendidaktischen Werkzeugen, mit denen sie Schüler*innen an mögliche Erscheinungsformen, Charakteristika, Motive und Verbreitungswege von Desinformation heranführen können. Aber auch für pädagogische Fachkräfte aus anderen Handlungsfeldern und Medienschaffende kann das Netzwerk ein Wegbereiter sein, um junge Menschen dazu anzuregen, ihre eigene Verantwortung für den Umgang mit Desinformation im Netz zu reflektieren und sie für Gefahrenaspekte zu sensibilisieren.
Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e.V. (FSM) (2020). weitklick – das Netzwerk für digitale Medien- und Meinungsbildung. Website. www.weitklick.de. Kostenlos verfügbar.
- Lisa Melzer: Piallat, Chris (Hg.) (2021). Der Wert der Digitalisierung. Gemeinwohl in der digitalen Welt. Bielefeld: transcript. 437 S., 29,50 €.
Lisa Melzer: Piallat, Chris (Hg.) (2021). Der Wert der Digitalisierung. Gemeinwohl in der digitalen Welt. Bielefeld: transcript. 437 S., 29,50 €.
Die tiefgreifenden Veränderungen, welche die Pandemie nach sich gezogen hat, haben das gesellschaftliche Bewusstsein für den Stellenwert der Digitalisierung geschärft. Was jedoch zu wenig stattgefunden hat, ist eine konkrete Auseinandersetzung mit Gestaltungsbedarfen und -möglichkeiten des Mammutprojekts ‚digitale Transformation‘.
Gleich zu Beginn stellt Pillat die These auf, dass wir als Gesellschaft an einem Punkt angekommen seien, an dem wir die Digitalisierung nicht länger als selbstverständlich hinnehmen dürfen, sondern endlich aktiv werden müssten, um uns für die Herausforderungen der digitalen Zukunft zu wappnen. Ganz nach dem Motto: „Die Digitalisierung ist weder gut noch schlecht, schon gar nicht ist sie neutral. Sie ist das, was wir aus ihr machen.“ (S. 9)
Um seinem Anliegen Ausdruck zu verleihen, lässt Piallat 24 Expert*innen aus Politik, Wissenschaft und Praxis zu Wort kommen und zukunftsgerechte Digitalisierungsstrategien entwickeln. Eine entscheidende Rolle spielt dabei eine intensivere Verständigung über Wertefragen und -konflikte. Entlang von drei zentralen Wertebereichen (Freiheit und Autonomie, Gerechtigkeit und Gleichheit sowie Demokratie, Zugang und Souveränität) wird im zweiten Teil des Buches diskutiert, wie technologische Phänomene mit unseren Werten in Einklang gebracht werden und daraus Impulse und Ideen zur Umsetzung einer gemeinwohlorientierten Gestaltung der Digitalisierung abgeleitet werden können.
Der letzte Teil des Buches nimmt schließlich Entwicklungs- und Veränderungsbedarfe in den Blick. Was definitiv geleistet werden muss, sei eine bundesweite Koordinierung und stärkere rechtliche Regelung der digitalen Transformationsprozesse sowie eine veränderte digitalpolitische Prioritätensetzung. Auch das Thema ‚Digital Gouvernance‘ wird hier als richtungsweisend dargestellt, um bestehenden Herausforderungen und Problemen der Digitalisierung angemessen begegnen zu können.
Insgesamt richtet sich der Sammelband an all diejenigen, die sich mit digitalpolitischen und -ethischen Fragen auseinandersetzen – Interessierte, Studierende, Wissenschaftler*innen oder Praktiker*innen finden hier gleichermaßen Anregungen zu einem Weiter- bzw. Umdenken von Digitalisierung. Durch die informativen, aufklärenden, aber auch kritischen Beiträge wird der Blick für die Bedeutsamkeit des Projekts ‚gemeinwohlorientierte Digitalisierung‘ geschärft und es werden wichtige Impulse für ein neues Mindset im Hinblick auf die Gestaltung der digitalen Zukunft gesetzt.
Beitrag aus Heft »2021/06 Kinder- und Jugendmedienschutz mitmachen«
Autor: Lisa Melzer
Beitrag als PDF - Lisa Melzer: Sliwka, Anne/Klopsch, Britta (2022). Deeper Learning in der Schule. Pädagogik des digitalen Zeitalters. Weinheim: Beltz. 221 S., 19,95 €. (Verfügbar ab 15.04.2023)