Lisa Melzer
Vita
2019-2023: Studium der Erziehungswissenschaft an der MLU Halle-Wittenberg (B.A.)
Laufendes Studium der Kinder- und Jugendmedien (M.A.) an der Universität Erfurt
Aktivitäten
Ich war studentische Hilfskraft bei merz von März 2022 bis April 2024.
Beiträge in merz
Lisa Melzer: Spielentwicklung leicht gemacht – Mit Candli zum eigenen Online-Game
Enlightware (2020). Candli. Online-Software. Kostenfreie Basisversion, Premiumversion auf Anfrage.
Einblicke in Berufsfelder wie Gamedesign oder Spieleentwicklung erhalten? Für viele Kinder und Jugendliche eine Traumvorstellung. Wer sich gerne Geschichten überlegt oder fantastische Welten ausdenkt, hat vielleicht schon mal davon geträumt, wie es wäre, die eigenen Gedankenkonstrukte zum Leben zu erwecken. Mit dem kostenlosen Programm fällt der Einstieg in den komplexen und aufwendigen Akt der Spieleentwicklung leicht. Alles, was dafür nötig ist, sind Stift, Papier und ein
Smartphone oder Tablet. Die Idee der App besteht darin, Zeichnungen, Malereien oder Bilder in ein selbst gestaltetes Videospiel mit eigenen Regeln einzubauen. Mit wenigen Klicks können Kinder auf diese Weise in einem komplett personalisierten Spiel aktiv werden und einzigartige Kreationen erschaffen.Bis das fertige Spiel steht, gilt es mithilfe des Programms fünf Arbeitsschritte zu durchlaufen. Zunächst wählen die Nutzer*innen eine der vier Ansichten aus, die sich am besten zur Verwirklichung der eigenen Spielideen eignet. Steht der Rahmen des Spiels fest, kann der kreative Schaffensprozess beginnen. Nun müssen Figuren, Gegenstände und Objekte auf Papier festgehalten werden, die Teil des individuellen Spieleuniversums werden sollen. Welche Stifte und Farben dafür zur Anwendung kommen, bleibt den jungen Künstler*innen selbst überlassen. Um die analogen Spielelemente in die digitale Spielewelt zu importieren, werden alle Zeichnungen mit der Tablet- oder Handykamera fotografiert und in den Spieleeditor hochgeladen. Danach können die Objekte frei in der Spielewelt platziert und mithilfe einer visuellen Programmiersprache mit Wenn-Dann-Regeln versehen werden. Ist die Programmierung abgeschlossen, kann das personalisierte Spiel per QR-Code mit Familie, Freund*innen oder Mitschüler*innen geteilt werden.
Um einen Überblick über alle Funktionen und Möglichkeiten von Candli zu erhalten, stehen den Nutzer*innen KI-gestützte Erklärvideos zur Verfügung, die den Umgang mit der Programmoberfläche erleichtern und die einzelnen Arbeitsschritte bis hin zum fertigen Spiel auf kindgerechte Weise erläutern. Orientierung bietet dabei auch eine Übersicht über Spiele von anderen Nutzenden, die ebenfalls mit der Software erstellt wurden und als Inspiration für neue Ideen dienen können. Ob schnelle Autorennen, knifflige Rätsel oder nervenaufreibende Jump ’n Run-Abenteuer: dem Einfallsreichtum der Nutzer*innen sind keine Grenzen gesetzt. Gerade zu Beginn können diese Beispiele als Unterstützung dienen, um sich mit der Handhabung des Programms vertraut zu machen und ein Verständnis dafür zu entwickeln, welche Möglichkeiten die Software zum Experimentieren mit Formen, Farben und Spieloberflächen bietet. Zusätzlich steht ein Forum zum Austausch von Fragen oder anderen Anliegen zur Verfügung. Dort können Nutzer*innen nicht nur Hinweise zur Bedienung der Software erhalten, sondern auch sich und andere über Updates, Erweiterungen oder Verbesserungen des Programms informieren. Gerade diese Funktionen tragen wesentlich dazu bei, sich in der bunten Palette an Gestaltungsoptionen zurechtzufinden.
Wertvolle Lerneffekte ergeben sich vor allem durch eine eigenständige und selbstgesteuerte Auseinandersetzung mit den Mechanismen des Programms und dem Wissens- und Erfahrungsaustausch mit anderen Lernenden. Candli ermöglicht es somit insbesondere jungen Nutzer*innen, Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten zu entwickeln und sich angesichts herausfordernder Aufgaben als selbstwirksam zu erleben. Besonders der Prozess des Umwandelns analoger Zeichnungen in virtuelle Spielwelten schafft Räume, auf Entdeckungsreise zu gehen, eine andere Perspektive einzunehmen und neue Zusammenhänge herzustellen.
Schlussendlich werden dadurch vielfältige Potenziale zum Einsatz derartiger Software zur Steigerung der Lernmotivation und/oder auch zur Gestaltung von Gruppen- oder Projektarbeiten deutlich.Candli zeichnet sich gegenüber anderen Tools dadurch aus, dass es Nutzer*innen durch Experimentieren und Ausprobieren ermöglicht, komplexe Zusammenhänge zu verstehen und sich eigenständig digitale Kompetenzen anzueignen. Die Anwendung überzeugt mit einem Konzept, welches über bisherige digitale Kreativ- oder Programmiertools für Kinder hinausgeht und vielfältige Möglichkeiten der künstlerischen Gestaltung und des Erwerbs von grundlegenden Programmierkenntnissen bietet. Insgesamt scheint das Programm daher auch für den Einsatz im Schulkontext geeignet, da keine Vorkenntnisse im Programmieren benötigt werden. Da die Bedienung der Software besonders jüngeren Nutzer*innen einiges abverlangt, lässt sich die Anwendung für Kinder ab einem Alter von zehn Jahren empfehlen.
Im November 2022 wurde die Online-Software Candli mit dem Pädagogischen Medienpreis in der Kategorie ‚Angebote für die pädagogische Praxis‘ ausgezeichnet. Sie wurde von Enlightware, einem Spin-off der ETH Zürich Game Technology Center entwickelt.
Lisa Melzer: KI – und jetzt?
In einer Welt, die zunehmend von Technologie und Algorithmen geprägt wird, erleben wir eine Vielzahl von Phänomenen, die unsere Neugier wecken und unser Denken anregen. Ein Bereich, der in den letzten Jahren besonders an Bedeutung gewonnen hat, ist die Künstliche Intelligenz (KI). Die rasante Entwicklung von KI-Algorithmen und die undurchsichtigen Entscheidungsprozesse von KI-Systemen haben zu Unsicherheiten und Misstrauen in Bezug auf deren Anwendung geführt.
Dem entgegenwirken möchte der Podcast KI – und jetzt? Wie wir Künstliche Intelligenz leben wollen. Als Ko-Produktion des Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) und des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFK) soll er das Thema KI aus verschiedenen Perspektiven beleuchten und endlich Klarheit schaffen: sei es hinsichtlich technologischer Trends, Entwicklungen in Wirtschaft, Bildung und Gesellschaft oder praktischer KI-Anwendungen im Alltag. Die Aufgabe, sich dem abstrakten und komplexen Thema anzunähern, übernehmen ARD-Journalistin und Moderatorin Nadia Kailouli und Aljoscha Burchardt, Forscher am DFKI, einem der weltweit größten gemeinnützigen Forschungszentren für Künst-liche Intelligenz.
Acht 30-minütige Folgen wurden seit Oktober 2023 veröffentlicht. Darin wird Zuhörenden ein Zusammenspiel aus journalistischer Exper- tise und wissenschaftlichem Know-How zum Thema KI geboten. Das Ergebnis sind spannende und gut recherchierte Folgen, die nicht nur eine fundierte Einordnung von Trends, Entwicklungen und technischen Fortschritten in dem umfangreichen und unübersichtlichen Feld der KI-Technologien bieten, sondern auch eine große Portion Unterhaltung.
Auf abwechslungsreiche, verständliche und unterhaltsame Weise zeigt der Podcast auf, wie wir als Gesellschaft KI so gestalten können, dass sie unseren Zwecken dient und an welchen Stellen kritische Haltungen ihr gegenüber durchaus begründet sind. Unterlegt werden alle Folgen mit spannenden Fallbeispielen, die aufzeigen, welche Auswirkungen KI-Tools auf Gesellschaft, Politik und Medienlandschaft langfristig nach sich ziehen können. Beleuchtet werden dabei immer sowohl Chancen und Potenziale als auch Risiken von KI – von Formen der Manipulation von Inhalten durch derartige Tools bis hin zum Einsatz intelligenter Technologien zur Verbesserung der allgemeinen Verkehrssicherheit.
Abgerundet werden die einzelnen Folgendurch interessante Gastbeiträge, die sowohl Einblicke in die Erforschung von Künstlicher Intelligenz als auch in die praktische Arbeit gewähren. Dabei kommen unterschiedliche Expert*innen zu Wort, so zum Beispiel Dr. Corina Apachiţe, Leiterin der KI-Abteilung von Contential Automotive Technologies, Lajla Fetic, Expertin für Tech Governance und Digital Policy der Bertelsmann Stiftung oder Prof. Dr. Benjamin Paaßen, Juniorprofessor für Wissensrepräsentation und Maschinelles Lernen an der Universität Bielefeld. Das Ergebnis sind spannende Diskussionen über technologische Neuheiten wie KI-generierte Influencer*innen, die zur Vermarktung von Brands wie Calvin Klein oder Prada eingesetzt werden oder intelligente Tools, die bei der Aufklärung von Verbrechen unterstützen können. Durch diese Perspektivenvielfalt bietet jede Folge Raum für unterschiedliche Standpunkte und ermöglicht es den Zuhörenden, eigene Schlussfolgerungen aus den Gesprächen zu ziehen und diese zur weiterführenden Auseinandersetzung und Reflexion zu nutzen.
Auch die absurden oder unterhaltsamen Seiten von KI-Anwendungen kommen nichtzu kurz. In der Rubrik What the KI?! geht es um verblüffende Geschichten, in denen KI menschliche Emotionen imitiert, kuriose Reiseempfehlungen gibt oder sich als lukratives Geschäftsmodell erweist. Diese Beispiele demonstrieren auf eindrückliche Weise, welche kreativen Potenziale KI-Systeme besitzen und wie diese eingesetzt werden können, um menschenähnliche Interaktionen nachzuahmen, zeitaufwändige Aufgaben zu automatisieren oder Verwaltungsprozesse zu optimieren. Gleichzeitig machen die amüsanten Geschichten darauf aufmerksam, welche ethischen oder rechtlichen Herausforderungen die Anwendung solcher Technologien mit sich bringt, ohne dabei einen belehrenden Unterton anzunehmen.
Insgesamt reflektiert der Podcast nicht nur die breiten Anwendungsmöglichkeiten von Künstlicher Intelligenz, sondern zeigt auch auf, wie diese Technologien unterschiedliche Sektoren und Berufsfelder transformieren und welche Aufgaben und Spannungsfelder sich daraus auf gesellschaft-licher Ebene ergeben, die es zukünftig noch stärker in den Blick zu nehmen gilt. Von den Grundlagen der KI-Forschung bis hin zu innovativen Anwendungen im Bildungs- und Marketingbereich bietet der Podcast facettenreiche Perspektiven, aus denen sich spannende Anregungen und Impulse für Forschung und Praxis ableiten lassen.
Lisa Melzer: Infoportal zur Stärkung psychischer Gesundheit von Schüler*innen
Wie können Lehrkräfte dabei unterstützt werden, psychische Erkrankungen oder Belastungen von Schüler*innen besser zu verstehen? Als Reaktion auf die Folgewirkungen der Covid-19-Pandemie hat die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie der Ludwig-Maximilians-Universität München bereits 2021 das erste wissenschaftlich fundierte Infoportal zur psychischen Gesundheit und Depression bei Kindern und Jugendlichen namens ich bin alles ins Leben gerufen. Mit dem Ziel, einen Beitrag zur Sensibilisierung und Aufklärung über psychische Belastungen bei Heranwachsenden zu leisten, wurde das Portal nun um ein neues Angebot erweitert. Mit ich bin alles@Schule, das im November 2023 an den Start ging, steht pädagogischen Fachkräften nun ein Informations- und Schulungsportal zur Verfügung, welches praxisorientiertes Handlungswissen über Ursachen, Diagnostik und Verlauf psychischer Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen vermittelt.
Einen geeigneten Umgang mit psychischen Belastungen im Schulkontext zu finden, stellt hohe Anforderungen an die Zusammenarbeit der Beteiligten. Damit Lehrkräfte nicht nur Verständnis für Belastungsfaktoren entwickeln, sondern auch gezielt Hilfestellungen anbieten können, stellt das Portal verschiedene Anregungen zur Förderung einer gesunden Lebensweise, zur Vorbeugung von (Cyber) Mobbing, sowie zur Einbindung von positiven Aktivitäten in den Schulalltag bereit. Insbesondere in Bezug auf das Sprechen über Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen liefert das Portal wertvolle Hinweise, um Lehrkräften die Kommunikation und den Umgang mit betroffenen Schüler*innen, dem Klassenverband oder Eltern zu erleichtern. Das Portal wird anhand von Rückmeldungen der Nutzer*innen fortlaufend um Inhalte und Formate erweitert werden, um langfristig einen Beitrag zur Prävention, Bekämpfung und Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen leisten zu können.
Lisa Melzer: Kollegiale Beratung - Ein praxisnahes Konzept zur kollaborativen Problemlösung
Schindler, Wolfgang & Spangler, Gerhard (2022). Kollegiale Beratung. Online und offline im Heilsbronner Modell. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. 195 S., 25,00 €.
Im Arbeitsalltag gibt es immer wieder herausfordernde Situationen. Ursächlich sind meist fachliche Probleme, interne Unstimmigkeiten oder (Rollen-)Konflikte zwischen Professionellen und Klient*innen. Im Team lassen sich Schwierigkeiten und herausfordernde Situationen gemeinsam lösen. Die Kollegiale Beratung bietet hierfür eine wirkungsvolle Möglichkeit, in einer Gruppe von gleichgestellten Teilnehmenden Lösungen für berufliche Herausforderungen und Probleme zu entwickeln. Der Sammelband liefert anhand von zwölf Aufsätzen von Autor*innen aus Erwachsenenbildung, Sozialpädagogik, Psychologie, Wirtschaft und Gesundheitsforschung eine kompakte Einführung in die Zielsetzungen, Merkmale, Einsatzfelder und Gestaltungsformen Kollegialer Beratung. Die Beiträge im ersten Teil beschäftigen sich mit dem Begriff und den Grundlagen dieser Beratungsmethode. Der Aufsatz von Wolfgang Schindler gibt etwa einführend einen Überblick über die Entwicklungslinien und theoretischen Hintergründe der Kollegialen Beratung, anhand derer eine Unterscheidung zwischen systemisch und psychoanalytisch geprägten Ansätzen aufgemacht wird. Der Fokus der nachfolgenden Beiträge liegt auf dem von Spangler entwickelten – psychoanalytisch orientierten – Heilsbronner Modell, welches im Folgenden ausführlich vorgestellt und von unterschiedlichen Autor*innen immer wieder aufgegriffen wird. Anhand der vier grundlegenden Säulen des Modells (Berufsbezug, persönlicher Fall, Gruppe als Spiegel der Situation und Selbsterfahrung) werden zunächst Zielsetzungen, Anlässe und Themen für die Kollegiale Beratung erläutert (S. 44 f.). Dabei konzentrieren sich die Beiträge nicht nur auf eine theoretische Auseinandersetzung, sondern es werden zusätzlich Hinweise und Hilfestellungen zur praktischen Anwendung des Modells gegeben (S. 67 f.). Insgesamt wird anhand der Erläuterung der besonderen Voraussetzungen Kollegialer Beratung am Beispiel des Heilsbronner Modells deutlich, dass die erfolgreiche Umsetzung dieser Beratungsmethode in der Praxis eine systematisch geplante Einführung und Etablierung sowie eine fortwährende professionelle Reflexion voraussetzt. Deutlich wird dies in den Beiträgen von Gogler und Scholer, die veranschaulichen, welche Rahmenbedingungen es für den Einsatz dieser Beratungsmethode im Rahmen von Unternehmensberatung oder Personalentwicklung braucht (S. 87 f.). Der zweite Teil des Buches beschäftigt sich schließlich intensiver mit Formen der Online-Beratung, zu denen aktuelle Forschungsbefunde vorgestellt werden. So wird beispielsweise auf Erkenntnisse aus Evaluationsstudien zu Angeboten der Online-Beratung eingegangen, um anhand derer Merkmale und besondere Wirkmechanismen digitaler Beratungssettings zu erläutern. Dabei werden nicht nur videobasierte Beratungsformen, sondern auch textbasierte, asynchrone Formate und ihre Einsatzmöglichkeiten in den Blick genommen. Schindler stellt in seinem Beitrag die Beratungsplattform kokom.net vor, welche Nutzer*innen durch ihren asynchronen, textbasierten Online-Beratungsprozess eine niedrigschwellige und entschleunigte Kommunikation ermöglicht. Auch die Beiträge von Kamp und Huttenlocher-Drachsler konzentrieren sich auf Erfahrungsberichte mit Online-Fallberatungen, aus denen schließlich Anregungen und Bedarfe im Hinblick auf Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen für Online-Berater*innen abgeleitet werden. Insgesamt schafft es der Sammelband, langjährige Praxiserfahrungen mit innovativen theoretischen Überlegungen und aktuellen Forschungsbefunden zu verknüpfen und so ein umfassendes Bild von den Chancen, aber auch Herausforderungen Kollegialer Beratung zu zeichnen. An vielen Stellen berufen sich die Autor*innen jedoch sehr stark auf ihre Erfahrungen mit dem Heilsbronner Modell, wodurch andere Zugänge und Gestaltungsmöglichkeiten Kollegialer Beratung etwas vernachlässigt werden. Trotzdem büßt die Publikation dadurch nicht an fachlichen Anregungen ein, sondern schafft es, einen praxisnahen Eindruck von den vielfältigen Anwendungsfeldern der Beratungsmethode zu vermitteln. Schließlich bietet der Band damit nicht nur spannende Impulse für die weiterführende Forschung, sondern auch für Fachkräfte und Interessierte, die sich mit der Thematik beschäftigen oder ihre Beratungspraxis weiterentwickeln möchten.
Lisa Melzer: Transparenz-Check der Medienanstalten. Umgang mit Fake News
Bis zu 37 Prozent der deutschen Bevölkerung sind sich in der Bewertung von Falschinformationen unsicher, 12 bis 20 Prozent halten diese sogar für glaubwürdig. Diese Ergebnisse des Transparenz-Checks der Medienanstalten legen nahe, dass mehr als ein Drittel der Befragten Unsicherheiten in Bezug auf das korrekte Erkennen und Identifizieren von Falschnachrichten aufweist.
Gemäß Medienstaatsvertrags der Länder sind die Landesmedienanstalten beauftragt, in ihrem Zuständigkeitsbereich die Erfüllung von Kennzeichnungs- und journalistischen Sorgfaltspflichten zu prüfen und Transparenz sicherzustellen. Mithilfe verschiedener Beispiele gekennzeichneter und nicht gekennzeichneter Social-Media-Inhalte sollte im Rahmen der Befragung ermittelt werden, ob Nutzer*innen Desinformationen als solche richtig erkennen, verstehen und einordnen können. Die Ergebnisse legen nahe, dass Kennzeichnungen bei der Identifizierung unglaubwürdiger Quellen eine wichtige Rolle spielen: Über die Hälfte der Befragten ordnet eine Falschinformation als solche ein, wenn sie klar gekennzeichnet ist; fehlt sie, werden Beiträge weniger häufig als unglaubwürdig eingeordnet.
Insgesamt lassen sich unterschiedliche Handlungsbedarfe ablesen. So kommt der Bericht zu dem Schluss, dass es zukünftig gilt, Falschinformationen-labels bekannter zu machen und die Nutzung alternativer Medienangebote zu fördern, um nicht nur die Informations- und Nachrichtenkompetenz der Bevölkerung zu stärken, sondern auch Regulierungsstrategien im Bereich Desinformation weiterzuentwickeln. Für die repräsentative Studie wurden über 3.500 Personen ab 16 Jahren befragt. Die Online-Befragung wurde vom Marktforschungsinstitut GIM im Auftrag der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) durchgeführt.
Lisa Melzer: Medienhandeln in Familien
Oberlinner, A., Bamberger, A., Winter, C. & Eggert, S. (2023). Medienhandeln in pädagogisch begleiteten Familien. Ressourcen Bedarfe Unterstützung. München: kopaed. 16,80 €, 118 S.
Die Art und Weise, wie Medien innerfamiliär genutzt und konsumiert werden, fällt unter Berücksichtigung der individuellen Lebenslagen von Familien sehr unterschiedlich aus. Gerade wenn sich Familien mit Mehrfachbelastungen konfrontiert sehen, stellt sich Medienerziehung zumeist als große Herausforderung dar. Zugleich sind es auch diese Familien, zu deren Bedarfen aus wissenschaftlicher Perspektive wenig bekannt ist. Dieses Forschungsdesiderat hat die Studie Medienhandeln in pädagogisch begleiteten Familien zum Anlass genommen, um die Bedeutung von digitalen Medien für die soziale Teilhabe von pädagogisch begleiteten Familien zu untersuchen. Die zentralen Erkenntnisse wurden nun veröffentlicht1. Die Grundlage der Publikation bildet eine Auseinandersetzung mit den Studienergebnissen zur Lebenswelt der Familien, die in Verbindung mit den empirischen Ergebnissen zur Medienausstattung, konkreten Nutzungspraktiken und dem medienerzieherischen Handeln in den befragten Familien betrachtet werden, um daraus abzuleiten, welche Rolle digitale Medien im familiären Alltag spielen. In diesem Kontext wird schließlich auch auf konkrete Herausforderungen eines souveränen Medienumgangs für die Beteiligten eingegangen, insbesondere auf familiär bedingte Belastungs- und Benachteiligungsstrukturen, welche eine vollumfängliche Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben erschweren können. Auch die Perspektive der begleitenden sozialpädagogischen Fachkräfte wird aufgegriffen, um darzustellen, welche Zielsetzungen mit der Erziehungsunterstützung verfolgt werden und an welchen Stellen Ansatzpunkte im Hinblick auf die fachliche Auseinandersetzung mit dem eigenen Medienhandeln bestehen. Anhand von ausgewählten Positiv-Beispielen wird ausgeführt, wie Fachkräfte stärker für die Notwendigkeit einer pädagogischen Begleitung der Medienerziehung in Familien sensibilisiert und beim Transfer ihrer fachlichen Reflexionsprozesse in die Praxis unterstützt werden können. Insgesamt zeigt der Bericht auf, welche Potenziale digitale Medien für Familien bieten können, wenn ihre Bedarfe bei pädagogischen Unterstützungsstrukturen berücksichtigt werden und wie innerfamiliär eine kritisch-reflexive Beschäftigung mit digitalen Medien trotz Mehrfachbelastungen gelingen kann. Schließlich liefert das Buch besonders für pädagogische Fachkräfte wertvolle Impulse zur Förderung medienpädagogischer Kompetenzen von Familien und der weiterführenden Beschäftigung mit Spannungsfeldern medienerzieherischen Handelns, die zukünftig im Rahmen der pädagogischen Arbeit noch stärker berücksichtigt werden müssen.
1 Die Studie wurde vom Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales (StMAS) gefördert.
Lisa Melzer: Serious Game auf den Spuren der Klimaforschung
Südwestrundfunk (2023). Die große Klima-Challenge – Reise zu den Hotspots der Klimaforschung. Bildungssoftware, Serious Game, kostenfrei, www.planet-schule.de/mm/klima-challenge
Der Klimawandel schreitet täglich voran, drängt zum Handeln und könnte in wenigen Jahrzehnten viele Regionen auf diesem Planeten für uns unbewohnbar machen. Vor allem junge Menschen auf der ganzen Welt engagieren sich gegen die globale Erwärmung und setzen sich intensiv mit der drohenden Klimakatastrophe auseinander. Daraus ergibt sich für pädagogische Fachkräfte der Auftrag, junge Menschen darauf vorzubereiten, was sie erwartet und sie zu befähigen, an der Entwicklung von Zukunftsstrategien zur Bearbeitung dieser komplexen Problemlagen mitzuwirken.
Gemeinsam mit Autorin Susanne Blech und Redakteur*innen des SWR bringt Planet Schule mit der interaktiven Klima-Challenge ein Lernspiel heraus, welches Schüler*innen auf eine spannende Reise zu vier Hotspots der Klimaforschung mitnimmt – darunter etwa das Mauna Loa Observatory auf Hawaii oder die Neumayer-Station in der Antarktis. Insgesamt werden Spieler*innen 16 Lerneinheiten geboten, die auf unterschiedliche Art und Weise komplexe wissenschaftliche Erkenntnisse aufbereiten und Wissen zu komplexen Zusammenhängen des Klimawandels vermitteln. Wurden alle Aufgaben erfolgreich gemeistert, erhalten Spieler*innen am Ende die ‚Lizenz zum Mitreden‘, die es ihnen ermöglichen soll, sich als kompetente und kritische Diskussionspartner*innen im Kontext der Klimadiskussion zu verstehen.
Begleitet werden die Reisen von renommierten Wissenschaftler*innen wie Dr. Stefanie Arndt (Antarktis) oder Aidan Colton (Hawaii), welche das Spielgeschehen kommentieren, die Spieler*innen durch die einzelnen Aufgaben führen und sie durch Rückmeldungen bei der Lösungsfindung unterstützen. Die Spieler*innen können über einen Chat direkt mit den Wissenschaftler*innen interagieren, wodurch die Wirkungsweise von Spielentscheidungen visuell erlebbar wird. Verstärkt wird dies durch die grafische Gestaltung des Spiels: Im Stil einer Graphic Novel werden 3D-Szenen und 2D-Illustrationen miteinander verbunden, um eine eindrucksvolle Welt zu erzeugen, welche die Spieler*innen vollständig in das virtuelle Lernabenteuer eintauchen lässt. Das atmosphärische Design trägt wesentlich dazu bei, visuell die Weite und Einsamkeit der einzelnen Spiellocations zu betonen. Das interaktive Lernabenteuer soll nicht nur bereits informierte oder engagierte Spieler*innen ansprechen, sondern auch diejenigen Jugendlichen und jungen Erwachsenen, welche die Dringlichkeit einer klimaschonenden Lebensweise noch nicht verspüren und durch das Spielerlebnis erste Anregungen zur Auseinandersetzung mit der Thematik erhalten können.
Insgesamt eignet sich das Spiel sowohl für den Einsatz in schulischen als auch außerschulischen Lernumgebungen, da es pädagogischen Fachkräften vielfältige inhaltliche Anregungen zur Besprechung und Diskussion von wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Klimathematik an die Hand gibt. So können Schüler*innen im Rahmen der spielerisch aufbereiteten Übungen Wasserproben entnehmen, Bohrkerne aus der antarktischen Eislandschaft entfernen oder Solarsegel reparieren, um die Stromversorgung im Weltraum wiederherzustellen. Die Inhalte können dabei als Unterstützung dienen, um komplexe und abstrakte Themen wie Klima- und Umweltschutz für Lernende greifbar zu machen – etwa mithilfe von Rätseln oder Erklärvideos, die zum Nachdenken, Diskutieren und Reflektieren anregen. Somit kann das Spiel Lehrkräfte dabei unterstützen, gemeinsam mit Schüler*innen digitale Werkzeuge zu erforschen und diese im Rahmen des Unterrichts zur Vermittlung von Kompetenzen für ein nachhaltiges Denken und Handeln einzubinden.
Mithilfe des liebevollen Designs und der interaktiven Gestaltung wird eine Atmosphäre erzeugt, die Spieler*innen das Gefühl gibt, in die Rolle von Klimaforschenden einzutauchen. Das Lernspiel leistet einen wichtigen Beitrag, um Lernende für gesellschaftliche Veränderungen und Herausforderungen zu wappnen, die ihnen in der Zukunft bevorstehen und ihnen notwendige Kenntnisse und Qualifikationen zur Förderung nachhaltiger Entwicklung zu vermitteln. Das Lernspiel eignet sich vor allem für den Einsatz im Unterricht, aber auch für außerschulische Bildungssettings, um das Interesse und Engagement von jungen Menschen für klimawissenschaftliche Fragestellungen und Lösungsansätze zu fördern und ein Bewusstsein für bestehende Handlungsbedarfe im Hinblick auf Auswirkungen und Folgewirkungen des Klimawandels herzustellen. Schulische und außerschulische BNE-Aktivitäten1 und Angebote können allerdings nicht durch Serious Games ersetzt werden, sondern sollten nur ergänzend zur Vertiefung oder Reflektion des Gelernten herangezogen werden. Das Lernspiel entstand in Zusammenarbeit mit den für Bildung zuständigen Ministerien der Länder Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Saarland.
1BNE: Bildung für nachhaltige Entwicklung
Lisa Melzer: Kinderrechte im digitalen Raum
Die Rechte von Kindern in digitalen Handlungswelten müssen stärker berücksichtigt und durchgesetzt werden. Dies zeigt das White Paper des Forschungsverbunds Forum Privatheit auf, und liefert Antworten auf Fragen zu Privatheit und Kinderrechten unter Berücksichtigung von Forschungsperspektiven aus Medienpsychologie, Medienethik und Datenschutzrecht. Entwicklungen zur Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz bedürfen einer rechtzeitigen Auseinandersetzung mit der Bedeutung von Problemlagen rund um ein Recht auf Privatheit von Kindern in digitalen Kontexten – so die Kernthese. Daran anknüpfend werden Forderungen hinsichtlich einer stärkeren Durchsetzung der Rechte von Kindern auf informationelle Selbstbestimmung und Datenschutz, freie Persönlichkeitsentfaltung und Privatsphäre präsentiert. Es gilt, einige Herausforderungen zu berücksichtigen, etwa die Abwägung zwischen Partizipationsrechten von Kindern und Fürsorgepflichten von Eltern oder Lehrkräften. Die Autor*innen sprechen sich unter anderem für den Ausbau von Anreizsystemen für Datenschutz sowie von medienkompetenzfördernden Maßnahmen in Erziehungs- und Bildungseinrichtungen und inklusive Partizipationsformen für Heranwachsende aus.
Auf dieser Basis empfiehlt das Forum Privatheit eine ganzheitliche Bewertung rechtlicher und regulierender Maßnahmen mit Blick auf Folgewirkungen für die Rechte von Kindern in digitalen Handlungswelten. Als Voraussetzung wird die Ausweitung interdisziplinär ansetzender Langzeitstudien hervorgehoben, die gesellschaftliche Diskurse zur Thematik vorantreiben und Impulse für den Ausbau eines zukunftsfähigen Kinder- und Jugendmedienschutzes liefern können. Im Forum setzen sich Expert*innen aus sieben wissenschaftlichen Institutionen interdisziplinär, kritisch und unabhängig mit Fragestellungen zum Schutz der Privatheit auseinander. Das Projekt wird vom Fraunhofer ISI koordiniert.
Lisa Melzer: Exit the Fake
Brockhaus (2023). Exit the Fake. Serious Game zum Thema ‚Fake News‘, kostenpflichtig1 (nur auf Nachfrage).
www.brockhaus.de/info/schulen/escape-gameFake-Profile, Propaganda, Gerüchte und Verschwörungen: Die Grenze zwischen Wahrheit und Lüge scheint im digitalen Zeitalter immer undurchsichtiger zu werden. In welchem Ausmaß besonders junge Menschen von Desinformationen im Netz betroffen sind, legt eine Studie der Vodafone Stiftung von 2020 nahe: So begegnen etwa 76 Prozent der 14- bis 24-Jährigen in Deutschland mindestens einmal pro Woche Falschnachrichten über Websites, Soziale Netzwerke oder Messenger-Dienste. Das ist ein Anstieg von 50 Prozent innerhalb von zwei Jahren. Alarmierend ist außerdem, dass mehr als die Hälfte der Befragten Fake News nicht nur mit dem Internet, sondern zunehmend auch mit klassischen Medien wie Presse, Radio oder Fernsehen in Verbindung bringt. Doch wie können junge Menschen dabei unterstützt werden, Desinformationen zu erkennen und richtig einzuordnen? An dieser Stelle setzt das neue Serious Game Exit the Fake von Brockhaus an. Den Rahmen des Spiels bildet die Geschichte rund um Marie und Kemal, die als Content-Creator mit ihrem Kanal Die Wahrsager über die Auswirkungen des Klimawandels aufklären und Umweltskandale aufdecken. Als sie schließlich Opfer eines Hacker-Angriffs werden und ihnen die Veröffentlichung eines gefälschten Deepfake-Videos angedroht wird, sind sie auf die Unterstützung ihrer Community angewiesen, um ihren Kanal zu retten. Jede Spieleinheit umfasst verschiedene Rätsel und Aufgaben, mit denen die Spieler*innen schrittweise einen vierstelligen Code erarbeiten, den sie benötigen, um die Sicherheitsschleusen zu knacken und die Veröffentlichung des gefälschten Videos zu verhindern. Im Laufe des Spiels werden die Spieler*innen schrittweise darüber aufgeklärt, wie sie Fake News, Verschwörungstheorien und Troll-Kommentare leichter identifizieren und zuverlässig von seriösen, vertrauenswürdigen Informationen unterscheiden können. Außerdem werden ihnen konkrete Werkzeuge und Instrumente an die Hand gegeben, mit denen ihre Kenntnisse und Fähigkeiten zur kritischen Einordnung,
Überprüfung und Bewertung von Quellen geschult werden können. Untermalt werden die Lerneinheiten durch animierte Erklärvideos, in denen die Protagonist*innen Marie und Kemal das Spielgeschehen kommentieren, Wissen über Absichten, Mechanismen und Wirkungen von Desinformationen vermitteln und die Spieler*innen zur Erprobung kreativer Strategien und Umgangsweisen mit Falschmeldungen anregen. Zu jedem Themenkapitel werden zudem Erklärtexte zu den in der Geschichte verwendeten Schlüsselbegriffen zur Verfügung gestellt, die ein differenziertes Verständnis der verschiedenen Formen von Fake News und deren Risikopotenzial ermöglichen. Mit diesem Zusatzmaterial können sich Spieler*innen intensiver mit einzelnen Thematiken und Interessensschwerpunkten befassen, was zur Reflexion des Gelernten anregt. Exit the Fake ist in erster Linie für Schüler*innen der siebten bis zehnten Klasse konzipiert und eignet sich vor allem für den Einsatz in Unterrichtsfächern wie Deutsch, Politik oder Sozialkunde. Vorausgesetzt werden lediglich Grundkenntnisse im Umgang mit digitalen Medien und dem Internet. Aufgrund der einfachen Bedienung und intuitiven Spielmechanik bietet das Game auch außerhalb schulischer Settings vielfältige Anwendungsmöglichkeiten, um bei Jugendlichen ein Verständnis für komplexe Phänomene wie den Klimawandel zu schaffen und ein kritisches Bewusstsein für die damit einhergehenden gesellschaftlichen Herausforderungen herzustellen. Eine wesentliche Besonderheit von Exit the Fake ist die gelungene Kombination aus Lern- oder Unterhaltungssoftware, da es Spieler*innen sowohl Möglichkeiten zum Wissens- bzw. Kompetenzerwerb als auch zum Erfahren von Selbstwirksamkeit bietet. Damit stellt es eine geeignete Ergänzung zu traditionellen Lehr- bzw. Unterrichtsmethoden dar, um unterschiedliche Entscheidungs-
möglichkeiten und Lösungswege auszuprobieren und zu erleben, welche Konsequenzen sich aus dem eigenen Handeln ergeben. Insgesamt zielt Exit the Fake somit auf die Förderung wichtiger Zukunftskompetenzen ab, die für einen verantwortungsbewussten Umgang mit digitalen Medien von hoher Bedeutung sind. Mit Blick auf die Ermöglichung eines inklusiven Spielerlebnisses wäre es jedoch wünschenswert, weitere Bedienungshilfen und/oder erweiterte Einstellungsoptionen zur Verfügung zu stellen, um das Tool für heterogene Zielgruppen mit unterschiedlichen Bedarfen zugänglich zu machen und es ihnen zu ermöglichen, das Spielerlebnis nach ihren Bedürfnissen anzupassen.1 Für Interessierte besteht die Möglichkeit, ein unverbindliches Angebot anzufordern und die Inhalte 14 Tage lang kostenlos zu testen. Das Spiel ist zudem Teil des Medienkompetenz-Pakets von Brockhaus für die Sekundarstufe I, welches neben dem Serious Game weitere Materialien zur Medienkompetenzförderung von Heranwachsenden umfasst.
Lisa Melzer: ARD/ZDF–Onlinestudie 2022
95 Prozent der Gesamtbevölkerung nutzen inzwischen das Internet, 80 Prozent sogar täglich. Annähernd alle 14- bis 29-Jährigen sind täglich online, bei den Über-70-Jährigen sind es erstmals mehr als die Hälfte (51 %). Zu diesen und
weiteren Ergebnissen kommt die ARD/ZDF-Onlinestudie 2022.Durch den erheblichen Zuwachs bei der Internetnutzung liegt es nahe, dass auch die Nutzungsintensität entsprechend gestiegen ist. So zeigt sich, dass Medieninhalte oder Streams im Internet mit durchschnittlich 160 Minuten pro Tag intensiver genutzt werden (+ 24 Minuten). Über die Altersgruppen hinweg liegt die Online-Bewegtbildnutzung (inklusive YouTube, Mediatheken und Streamingdiensten) besonders weit vorn: 51 Prozent der Bevölkerung nutzen mindestens monatlich ein entsprechendes Angebot (+ 15 %). Der Konsum von Audio- (42 %) oder Textinhalten (45 %) lag 2022 etwa gleich auf, mit einer Steigerung zum Vorjahr (+ 10 %).
Neue Entwicklungen lassen sich mit Blick auf die Nutzung Sozialer Medien feststellen. Hier wuchs die Zahl derjenigen, die mindestens wöchentlich Soziale Netzwerke nutzen, von 47 auf 50 Prozent. Bei mindestens wöchentlicher Nutzung liegt Facebook (35 %) vor Instagram (31 %), mit Abstand folgen TikTok (14 %) und Snapchat (13 %). Mit Blick auf Messenger-Dienste wird Whatsapp weiterhin altersgruppenübergreifend am meisten genutzt (68 %), Telegram und Signal können einen leichten Zuwachs von drei auf fünf Prozent verzeichnen.
Überraschende Ergebnisse liefert die Studie im Hinblick auf die Frage, wie verbreitet digitale Auszeiten bei den Befragten sind. So geben 15 Prozent an, die Nutzung ihrer digitalen Geräte oder Medien regelmäßig einzuschränken,
17 Prozent haben es immerhin schon mehrmals ausprobiert. Vor allem bei den Unter-30-Jährigen ist die digitale Auszeit verbreitet: Zwei Drittel haben bisher mindestens einmal ihre Medienzeit bewusst eingeschränkt.Die Grundlagenstudie wurde im Auftrag der ARD/ZDF-Forschungskommission durchgeführt und bildet jährlich die Entwicklung der Internetnutzung in Deutschland ab. Im Jahr 2022 wurden 1.500 repräsentativ ausgewählte deutschsprachige Personen ab 14 Jahren telefonisch sowie über ein Onlinepanel befragt.
www.ard-zdf-onlinestudie.de
Lisa Melzer: Sliwka, Anne/Klopsch, Britta (2022). Deeper Learning in der Schule. Pädagogik des digitalen Zeitalters. Weinheim: Beltz. 221 S., 19,95 €.
Sliwka, Anne/Klopsch, Britta (2022). Deeper Learning in der Schule. Pädagogik des digitalen Zeitalters. Weinheim: Beltz. 221 S., 19,95 €.
Die beschleunigten Digitalisierungsprozesse der letzten Jahre fordern neue Formen der Kommunikation und Wissensvermittlung wie auch zeitgemäße Konzepte für die Modernisierung und Weiterentwicklung von Unterricht und Lernen. Diese Erkenntnis nimmt das Buch als Anlass, um die Idee einer innovative Pädagogik des digitalen Zeitalters zu entwerfen. Anliegen ist es, ein Reformmodell zu präsentieren, welches sich den veränderten Anforderungen annimmt und den Blick für eine neue Lern- und Unterrichtskultur weitet.
Um herauszuarbeiten, warum der Wandel zum Deeper Learning an deutschen Schulen unbedingt angegangen werden sollte, stellen Sliwka und Klopsch unterschiedliche wissenschaftliche Argumente dar, die sich für eine Erneuerung von Schule und Unterricht aussprechen. Um diese zu untermauern, werden internationale Entwicklungen vorgestellt, die zeigen, dass eine Pädagogik im Sinne des Deeper Learnings neue Wege aufzeigen kann, um sich von konventionellen Lern- und Unterrichtsformaten zu lösen und Lernen partizipativer zu gestalten. Daran anschließend wird ein für das deutsche Schulwesen adaptiertes Modell vorgeschlagen, welches Hilfestellungen für die professionelle Planung, Gestaltung und Umsetzung der Methode liefert.
Im zweiten Teil wird erläutert, welche pädagogischen Zielsetzungen und Leitprinzipien Deeper Learning zugrunde liegen. Eine übersichtliche Darstellung des Aufbaus einer erfolgreichen Deeper-Learning-Unterrichtseinheit eranschaulicht eindrücklich, wie Schüler*innen gezielt unterstützt werden können, sich nicht als passive Rezipient*innen, sondern als aktiv Gestaltende ihres eigenen Lernens zu begreifen. Abgerundet wird das Buch durch eine tiefergehende Auseinandersetzung damit, was ein solcher Paradigmenwechsels für die Rolle Lehrender, ihr pädagogisches Handeln sowie ihre professionelle Entwicklung bedeutet. Ein Fahrplan bündelt wichtige Hinweise zur Realisierung des angestrebten Transformationsprozesses. Insgesamt bietet das Buch eine kompakte, anschauliche Darstellung eines innovativen Lehr- und Lernkonzepts, das auf eindrückliche Weise aufzeigt, wie Bildung zeitgemäß und zukunftsgerecht gestaltet werden kann. Dabei sind es vor allem die spannenden theoretischen Überlegungen und ermutigenden Praxisbeispiele, die allen pädagogisch Tätigen als Anregung dienen können, um sich mit einem vielversprechenden Konzept zur Neuausrichtung von Lehre und Lernen zu beschäftigen und neue Impulse in die Diskussion und pädagogische Arbeit einzubringen.
Lisa Melzer: Stichwort: Metaverse
Die Frage nach der Zukunft des Internets existiert seit den frühen 1980er Jahren. Doch erst seit 2020 sind die Diskussion um das ‚Metaverse‘ so richtig entfacht und der Begriff ist zu einem brisanten Schlagwort geworden. Die Szenerie aus dem Science-Fiction-Roman ‚Snow Crash‘ (1992) von Neal Stephenson dient dabei als Vorbild für das Metaverse als einer Art digitaler Parallelwelt, in welcher Nutzer*innen als Avatare virtuell und in Echtzeit miteinander agieren können.
Bisher ermöglicht das Netz schon vielfältige Anwendungsoptionen. Technologien virtueller und erweiterter Realität (VR/AR) weiten diese aus, indem sie ein Eintauchen in digital erzeugte Welten ermöglichen. Das Metaverse soll schließlich beides vereinen und eine begehbare Version des Internets schaffen, durch die unsere alltäglichen Aktivitäten um virtuelle erweitert werden. Während vor allem Soziale Netzwerke immer noch räumlichen Begrenzungen unterworfen sind, soll das Metaverse es ermöglichen, von überall zusammenzuarbeiten und digitale Informationen problemlos von A nach B zu transportieren. Dadurch könnten sowohl neue Kommunikations- und Interaktionsformen als auch Geschäftsmodelle hervorgebracht werden.
Bisher gibt es ein solches Next-Level-Internet nicht, dafür aber zahlreiche hochrangige Unternehmen, die Interesse daran bekunden. So hat meta (vorher Facebook) Gründer und CEO Mark Zuckerberg angekündigt, Investitionen in Milliardenhöhe zu tätigen, um aus dem Sozialen Netzwerk ein Metaverse-Imperium zu errichten. Aber auch Softwaregiganten wie Microsoft und Apple oder bekannte Spieleentwickler wie Epic-Games oder Roblox arbeiten bereits an eigenen Entwürfen.
Nicht nur für den Medienbereich, sondern auch für die Kunst-, Kultur-, Informations- und Bildungslandschaft wäre das eine Revolution. Trotzdem lässt sich momentan nur schwer beurteilen, ob und inwiefern die Umsetzung gelingen kann. Kritische Stimmen gibt es vor allem hinsichtlich des gewaltigen technischen Aufwands und der Gefahr einer kaum kontrollierbaren Zentralisierung des Internets.
Lisa Melzer: Karsch, Philip (2022). Schule und digitale Kommunikationskultur. Antinomien des Lehrer*innenhandelns zwischen Privatheit und Professionalität. Wiesbaden: Springer VS. 328 S., 69,99 €.
Die Corona-Pandemie hat in sehr vielen Schulen die Suche nach neuen Kommunikationskanälen beschleunigt. Innerhalb kürzester Zeit mussten Lehrkräfte ihren Unterricht ins Internet verlegen und auf Online-Lehre umsteigen. Dabei wurde schnell deutlich: Digitale Kommunikation verändert die Zusammenarbeit von Schüler*innen und Lehrer*innen auf eine Weise, die bisher aus (erziehungs-)wissenschaftlicher Sicht weitgehend vernachlässigt wurde. An dieser Stelle setzt die Dissertationsarbeit von Philip Karsch an, die 2020 entstand. Darin unternimmt Karsch den Versuch, darzustellen, vor welche Herausforderungen Lehrkräfte der Einsatz von Messenger-Diensten wie Whatsapp oder Telegram zur Unterrichtsgestaltung stellt und welche professionellen Aushandlungsprozesse damit zwangsläufig einhergehen. Gerade Fragen danach, welche Chancen aber auch Hürden mit digitaler Kommunikation verbunden sein können, werden in der Arbeit anhand von Ergebnissen leitfadengestützter Interviews mit Lehrer*innen aufgegriffen und diskutiert. Dafür wird zunächst im ersten Teil der Arbeit ein hermeneutischer Zugang gewählt, um Lehrkräfte in ihrer Rolle als „Informant*innen tatsächlich ‚zur Sprache‘ kommen zu lassen“ (S. 21). Den theoretischen Rahmen bildet dabei eine überblicksartige Darstellung des Konzepts der Mediatisierung im Anschluss an Arbeiten von Friedrich Krotz, um zu verdeutlichen, wie sich Kommunikationsformen und -räume durch die umfassende mediale Durchdringung aller Lebensbereiche verändern. Der zweite, empirische Teil der Arbeit liefert eine umfangreiche Einzelfallbeschreibung und -analyse. Daran anschließend werden fünf Antinomien (Spannungsfelder) vorgestellt, innerhalb derer Lehrkräfte gefordert sind, sich zu positionieren, wenn sie digitale Tools wie Messenger-Dienste zur Kommunikation einsetzen wollen.
Insgesamt schafft es Karsch, Leerstellen im Hinblick auf die Auseinandersetzung mit Potenzialen aber auch Herausforderungen, welche der Einsatz von digitalen Kommunikationstools in schulischen Kontexten aufwirft, zu schließen. Dabei liefert der Autor zahlreiche Denkanstöße, die nicht nur Lehrkräften, sondern auch Pädagog*innen anderer Handlungsfelder dabei unterstützen können, sich intensiver mit dem Einsatz digitaler Kommunikationstools zu beschäftigen. Schließlich regt die Arbeit zur Diskussion weiterer spannender Fragen an, die sowohl für die Wissenschaft als auch für die Praxis als Grundlage dienen können, um die pädagogische Arbeit im digitalen Raum weiterzuentwickeln und die Auseinandersetzung mit dem Wandel schulischer Kommunikationskultur durch digitale Medien voranzutreiben.
Lisa Melzer: Pfannstiel, Mario A./Steinhoff, Peter F.-J. (Hrsg.) (2022). E-Learning im digitalen Zeitalter. Lösungen, Systeme, Anwendungen. Wiesbaden: Springer VS. 758 S., 74,99 €.
Angesichts der digitalen Transformation sehen sich Unternehmen, Organisationen, Institutionen und Betriebe bereits seit geraumer Zeit mit neuen Anforderungen an Arbeitsabläufe, Dienstleistungen oder Produkte konfrontiert. Hinzu kommen eine allgegenwärtige Informationsflut und technische Entwicklungen, welche Veränderungsprozesse in Gang setzen, die ein Umdenken hinsichtlich der eigenen Arbeits- und Lernkultur erfordern. Eine Möglichkeit, diesen veränderten Anforderungen und Wandlungsprozessen gerecht zu werden, ist der Einsatz von E-Learning-Methoden.
Auf diese Erkenntnis macht das neue Herausgeberwerk von Mario Pfannstiel (Hochschule Neu-Ulm) und Peter Steinhoff (Hochschule für Angewandtes Management HAM) aufmerksam. Die Publikation vereint dabei vielfältige Beiträge von Expert*innen aus Wissenschaft und Praxis, die spannende Perspektiven auf das komplexe Themenfeld E-Learning eröffnen: So werden nicht nur die Anwendungsbereiche Hochschule, Gesundheitswesen und Virtual Reality vorgestellt, sondern auch digitale Werkzeuge und Methoden, die es für die Konzeption und Realisierung von Lernangeboten im digitalen Raum braucht. Die inhaltliche Bandbreite der Beiträge reicht dabei von Überlegungen zur Organisationsentwicklung an Hochschulen über digitalgestützte Lernsysteme in Medizin und Pflege, Innovationspotenziale von Serious Games bis hin zur Vorstellung von interaktiven Tools für eine effektive Zusammenarbeit in virtuellen Lernumgebungen.
Insgesamt werden theoretische Konzepte oder empirische Untersuchungsergebnisse ebenso in den Blick genommen wie technologische Trends, Praxisbeispiele und Erfahrungsberichte. Damit liefert die Publikation sowohl einen umfassenden Überblick über methodische und didaktische Ansätze zur Qualitätssteigerung digitalen Lehrens und Lernens als auch eine fundierte Diskussion von Chancen und Grenzen des Einsatzes von E-Learning-Systemen in unterschiedlichen Praxisfeldern.
Schließlich legt der umfangreiche Sammelband zahlreiche Anregungen und Denkanstöße zur erfolgreichen Einbindung und Etablierung von digitalen Lernmedien in Unternehmen, Bildungsinstitutionen oder Gesundheitseinrichtungen vor. Diese können zugleich als Hilfestellungen genutzt werden, um Herausforderungen wie veränderte Kompetenzanforderungen, neue Fort- und Weiterbildungsbedarfe oder die Verknüpfung von analogen und digitalen Lernangeboten aufgreifen und bearbeiten zu können. Damit bietet das Buch E-Learning im digitalen Zeitalter sowohl Praktiker*innen, Lehrenden als auch Lernenden eine wertvolle Orientierungshilfe, um ein tiefergehendes Verständnis für die vielfältigen Inhalte, Formen und Anwendungsmöglichkeiten von E-Learning zu entwickeln und sich der Gestaltung von digitalen Lehr- und Lernszenarien mit Freude und Neugierde anzunehmen.
Lisa Melzer: Stichwort: Sinnfluencer*innen
Perfekt inszenierte Körper, atemberaubende Urlaubsfotos und massenweise Werbung – so stellt sich das klassische Bild von Influencer*innen mit flüchtigem Blick auf Instagram-Profilen oder TikTok-Accounts dar. Entgegen diesem Negativimage, das Persönlichkeiten der Social-Media-Welt häufig angelastet wird, lässt sich seit einigen Jahren eine Abkehr von oberflächlichen Werten und einer unreflektierten Konsumkultur beobachten. So nutzen immer mehr Influencer*innen Reichweite und Einflussmacht dafür, um Wissen über soziale, politische und nachhaltige Themen zu vermitteln, Follower*innen über gesellschaftliche Problemlagen aufzuklären und ihnen eine verantwortungsvolle, umweltbewusste Lebensweise näherzubringen. Um dieses Phänomen definitorisch zu fassen, hat sich der Begriff Sinnfluencer*innen etabliert, ein Ausdruck, der maßgeblich durch die Massenmedien hervorgebracht und geprägt wurde (vgl. Baake et al. 2022, S. 42). Zu den prominentesten Beispielen zählen etwa Klimaaktivistin Luisa Neubauer, Model und Unternehmerin Marie Nasemann sowie Autorin und Moderatorin Louisa Dellert, die als digitale Meinungsbildner*innen mit ihren Postings eine sehr große Zahl an Menschen erreichen, die sich von ihren Inhalten und ihrem Engagement inspirieren lassen – sogar so weit, dass Follower*innen selbst politisch aktiv werden.
Auch wenn Beiträge über Klimaschutz, Minimalismus oder vegane Ernährung zunächst weniger kommerziell geprägt scheinen, gehen auch Sinnfluencer*innen bezahlte Kooperationen mit Unternehmen und Marken ein, die (vermeintlich) ihren Werten und Idealen entsprechen. Dass sich hinter den Nachhaltigkeitsbotschaften und dem Hashtag-Aktivismus subtile Marketing-Strategien und Geschäftsmodelle verbergen, ist insbesondere für die zumeist sehr jungen Follower*innen nur schwer zu durchschauen. An dieser Stelle gilt es pädagogisch anzusetzen und Angebote zu entwickeln, die Gesprächs- und Diskussionsräume eröffnen und Heranwachsende dabei unterstützen, ein Verständnis für diese Form des Influencer*innen-Marketings und ein kritisches Bewusstsein gegenüber den damit verbundenen Problemstellungen und Gefahren zu entwickeln.
Literatur: Baake, Jasmin/ Gensich, Mareike/ Kraus, Theresa/ Müller, Carolina/ Przyklenk, Sophie/ Rössler, Patrick/
Walpert, Chelsea/ Zang, Anne Marie (2022). Sinnfluencer*innen: Der Schlüssel zu mehr Glaubwürdigkeit in Social Media?
Ein Experiment zur Wahrnehmung von Nachhaltigkeitskommunikation auf Instagram. In: Kümpel, Anna Sophie/
Peter, Christina/ Schnauber-Stockmann, Anna/ Mangold, Frank (Hrsg.), Nachhaltigkeit als Gegenstand und Zielgröße der
Rezeptions- und Wirkungsforschung. Aktuelle Studien und Befunde. Baden-Baden: Nomos, S. 41–62.Lisa Melzer: Digitale Schulbildung inklusiv?
Das Ziel von Schulsozialarbeit, Bildungsbenachteiligungen zu reduzieren und Heranwachsende in ihrem Aufwachsen und ihrer individuellen Entwicklung zu fördern, sehen Fachkräfte durch digitale Schulbildung negativ beeinflusst. Dies ist ein Ergebnis einer Studie der Technischen Hochschule Köln, in der Schulsozialarbeiter*innen zu Auswirkungen digitaler Schulbildung in Pandemiezeiten befragt worden sind.
Die Perspektive ist von Erfahrungen geprägt, die auf ein erhöhtes Exklusionsrisiko von Schüler*innen durch digitalen Unterricht in Zeiten der COVID-19-Pandemie hinweisen. Obwohl die Befragten digitaler Schulbildung inklusionsförderliche Potenziale wie die Ermöglichung selbstgesteuerten Lernens (48 %), ein verbessertes Eingehen auf individuelle Lerntypen (33 %) oder eine verbesserte Medienkompetenzförderung (55 %) zuschreiben, verweisen ihre Aussagen verstärkt auf negative Auswirkungen der Verlagerung des Schulalltags in den digitalen Raum. So konnten Schulsozialarbeiter*innen erschwerte Lernbedingungen (92 %), Mängel in der technischen Ausstattung oder fehlende soziale Kontakte zu Gleichaltrigen (85 %) beobachten, die Chancenungleichheit verschärfen. Zudem weisen die Aussagen auf eine erhöhte Abhängigkeit der Schüler*innen von finanziellen (89 %) und zeitlichen (81 %) Ressourcen der Eltern sowie ihrem Bildungsstand (89 %) hin.
Die Ergebnisse der Studie stellen einige Herausforderungen der Umsetzung inklusiver digitaler Schulbildung heraus. Auch die Dringlichkeit zur Entwicklung von Handlungskonzepten zur Bewältigung von Exklusionsrisiken und -mechanismen wird sichtbar. Es brauche neben einer verbesserten technischen Ausstattung eine Weiterentwicklung und Ausweitung von Angeboten zur Medienkompetenzförderung sowie eine stärkere Auseinandersetzung mit den Anwendungsmöglichkeiten digitaler Formate in der Schulsozialarbeit.
An der explorativen Studie haben 98 Schulsozialarbeiter*innen im Auftrag der Stadt Köln teilgenommen. Die quantitative Erhebung wurde im Auftrag des Forschungsschwerpunkts Digitale Technologien und Soziale Dienste (DITES) der Technischen Hochschule Köln undin Zusammenarbeit mit dem Amt für Schulentwicklung der Stadt Köln durchgeführt.
Lisa Melzer: Memes. Formen und Folgen eines Internetphänomens
Nowotny, Joanna/ Reidy, Julian (2022). Memes. Formen und Folgen eines Internetphänomens. Bielefeld: transcript. 260 S., 25,00 €.
Memes sind aus dem Internet und den Sozialen Medien nicht mehr wegzudenken. Das dahinterliegende Prinzip erscheint simpel: Bilder, Texte, Videos, Hashtags oder GIFs werden aus ihrem ursprünglichen Bedeutungskontext gerissen, modifiziert, kommentiert und mit neuen Sinngehalten versehen, um humoristische oder satirische Botschaften zu transportieren. Dabei sind Memes längst mehr als harmloser Internethumor – als digitales Kommunikationsmittel sind sie zunehmend auch in Nachrichten, Werbespots, auf Demonstrationen oder in Wahlkämpfen vertreten.
Eine Annäherung aus kulturwissenschaftlicher Perspektive stellt das Buch von Julian Reidy und Joanna Nowotny dar. In Anlehnung an das Grundlagenwerk des Medienwissenschaftlers Felix Stalder ‚Kultur der Digitalität‘ beleuchten die Autor*innen die Entstehungsgeschichte sowie Formen und Wirkungen von Memes. Anstatt eine willkürliche Auswahl zu analysieren, widmen sich Reidy und Nowotny einzelnen Populärbeispielen, die interessante Einblicke in die Struktur und Verbreitung der medialen Artefakte erlauben und durch die sich grundlegende Eigenschaften digitaler Transformation illustrieren lassen.
Mithilfe ihrer monographischen Abhandlung möchten die Autor*innen ein möglichst breites Verständnis der Rezeptionsästhetik von Memes entfalten, um zu verdeutlichen, worin diese sich von anderen kulturellen Artefakten unterscheiden und welche neuen Fragestellungen und Spannungsfelder damit zwangsläufig aufgeworfen werden, was bereits im einleitenden Kapitel deutlich wird.
Das zweite Kapitel widmet sich einem gemäß Stalder fundamentalen Merkmal der Kultur der Digitalität, das in Memes exemplifiziert wird: der Referenzialität. Die Autor*innen stellen die These voran, dass Memes „sich über referenzielle Replikation verbreiten, […] im Sinne einer Herstellung von stets ‚familienähnlich‘ modifizierten Kopien ihrer selbst“ (S. 36). Daran anschließend erläutern sie, dass die Kommunikation mit Memes im digitalen Raum als ein Spiel mit referenziellen Bezügen betrachtet werden kann, bei dem Inhalte von den User*innen aufgegriffen, verändert und aufeinander bezogen werden. Am Beispiel detaillierter Fallstudien analysieren Reidy und Nowotny schließlich, wie sich auf digitalen Plattformen verschiedene Meme-Kulturen herausbilden, um anhand dieser aufzuzeigen, wie Rezeptionsprozesse im Zuge der Replikation von Memes immer mehr von dynamischen Produktionsprozessen abgelöst werden und damit bisher ungeahnte Partizipationspotenziale freisetzen.
Im dritten Kapitel wird bezugnehmend auf klassische Humortheorien herausgearbeitet, wie das zuvor erläuterte memetische Kommunikationsprinzip ein nie dagewesenes Maß an diskursiver Beteiligung ermöglicht und somit neue Freiräume schafft, um sich auf humorvoll-kritische Weise mit komplexen globalen Problemstellungen auseinanderzusetzen. Gleichzeitig zeigen die Autor*innen auf, wo humoristische Theorien an ihre Grenzen kommen. Sie widmen sich auch der Frage, ob Memes, die Geschlechterrollen und -identitäten zum Thema haben, gesellschaftsförderliche Veränderungsimpulse entfalten können oder ob sie eher bestehende Macht- und Geltungsstrukturen festigen oder gar verstärken.
Im vierten Kapitel wagen die Autor*innen eine Annäherung an politische Inanspruchnahmen von Memes und stellen in diesem Zusammenhang die wirkungsästhetische Ambivalenz dieser digitalen Ausdrucksform heraus. Am Beispiel von Meme-Modifikationen rund um Pepe the frog oder Captain America zeigen Reidy und Nowotny auf, dass das Eindringen von Memes in den politischen Einflussbereich nicht nur eine gesteigerte Diskursteilnahme oder eine intensivere Debattenkultur zur Folge hat, sondern diese auch zunehmend von extremistischen Akteur*innen für propagandistische Zwecke und zur ideologischen Beeinflussung eingespannt werden.
Dass Memes in den Sozialen Medien so platziert werden, dass sie Eingang in den Mainstream finden, wird im fünften Kapitel näher präzisiert. Die Autor*innen zeigen, dass die Produktion und Verbreitung von Memes immer auch mit hegemonialen Normen und Interessen verbunden ist und somit auch die Gefahr birgt, exkludierende Stereotypisierungen und Vorurteile zu reproduzieren.
Im abschließenden Kapitel werden schließlich Prozesse der Herausbildung und Etablierung neuartiger Kanonisierungspraktiken von Memes in den Blick genommen. Als eine Erscheinungsform memetischer Praxis werden das Phänomen Trolling und dessen Replikationsstrategien näher beleuchtet, um diese auf ihre (macht-)politische Instrumentalisierbarkeit hin zu befragen. In diesem Zusammenhang wird auch das destruktive Potenzial von Memes zur Erzeugung von Komplexität und Konformität herausgearbeitet.
Die Publikation liefert insgesamt einen verständlichen und informativen Überblick über Formen, Mechanismen und Wirkungen von Memes und zeichnet ein eindrückliches Bild von ihrer Bedeutung für die politische Meinungsbildung und die Verhandlung gesellschaftlicher Praxis. Reidy und Nowotny gelingt es, wissenschaftliche Analysen mit anschaulichen Fallbeispielen zu verbinden, um daran sowohl emanzipatorische als auch destruktive Potenziale von Memes zu beleuchten. Insgesamt bietet das Buch damit Wissenschaftler*innen, Studierenden und Interessierten eine empfehlenswerte Lektüre, die den facettenreichen Charakter von Memes einfängt und es schafft, Leser*innen vielfältige Anregungen und Impulse für die weiterführende Auseinandersetzung mit einem der wohl relevantesten Phänomene der Netzkultur an die Hand zu geben.
Lisa Melzer: Blinde Flecken bei der Digitalisierung
Obwohl die Innovationspotenziale der Digitalisierung längst bekannt sind, schreitet die digitale Transformation in vielen Unternehmen nur langsam voran. Um Antworten auf die Frage zu finden, warum das so ist, hat der Forschungsbeirat der Plattform Industrie 4.0 in Zusammenarbeit mit den Fraunhofer-Instituten für Produktionstechnik (IPA) und Automatisierung (IAO) die Studie ‚Blinde Flecken in der Umsetzung von Industrie 4.0 – identifizieren und verstehen‘ ins Leben gerufen.
In der Untersuchung wird deutlich, dass die unzureichenden Digitalisierungsfortschritte in der unternehmerischen Praxis vor allem auf zwei Ursachen zurückzuführen sind: Erstens entscheiden sich viele Unternehmen bewusst gegen die Digitalisierung, da neuartige digitale Lösungen und Geschäftsmodelle nicht rentabel erscheinen (45 Prozent). Hinzu kommen zweitens interne, unternehmensspezifische Faktoren. Die Ergebnisse beweisen, dass gerade ein fehlender Startimpuls für die Digitalisierung (70 Prozent) ein zentrales Hindernis für die Realisierung des Transformationsvorhabens darstellt. Auch eine mangelnde Digitalisierungsaffinität im Management stellt in der Stichprobe für etwa jedes fünfte Unternehmen ein zentrales Problem dar.
Aber auch Herausforderungen der Branchenwelt, die sich dem Einflussbereich der Unternehmen entziehen, können Hemmnisse sein. Den Untersuchungsergebnissen zufolge lassen sich die digitalen Rückstände auch auf unzureichende externe Rahmenbedingungen (85 Prozent) zurückführen, wie etwa Rechtsunsicherheiten, mangelhafte Förderprogramme oder eine ungenügende Breitbandanbindung.
Die gute Nachricht: Die Expert*innen der Studie haben zahlreiche Handlungsempfehlungen für Politik, Verbände und Unternehmen zusammengetragen. Die Vorschläge reichen von der Etablierung einer Digitalisierungskultur in Unternehmen, einer Neuausrichtung der staatlichen Förderlandschaft bis hin zur Weiterentwicklung von Wirtschaftlichkeitsbewertungsverfahren für digitale Lösungen.
Für die Studie wurden Interviews mit insgesamt 60 Vertreter*innen von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden sowie Ansprechpersonen produzierender Unternehmen geführt. Methodische Basis der Expertise ist die ‚Grounded Theory‘. Die Arbeit des Forschungsbeirats wird durch acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften koordiniert und durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.
www.ipa.fraunhofer.de/de/Publikationen
Lisa Melzer: Schröter, Felix (2021). Spiel | Figur: Theorie und Ästhetik der Computerspielfigur. Marburg: Schüren Verlag. 348 S., 34,00 €.
Was wäre die Gaming-Landschaft nur ohne Kultfiguren wie Super Mario, Link aus ‚The Legend of Zelda‘ oder Lara Croft als Aushängeschild? Die Popularität bestimmter Computerspiele lässt sich nicht zuletzt auf die Gestaltung ihrer Figuren zurückführen. Sie sind es, welche die Rezipient*innen an die virtuelle Spielwelt heranführen.
Umso erstaunlicher, dass trotz der sinn- und bedeutungskonstruierenden Funktion von Computerspielfiguren ihre systematische Erforschung bisher noch weitgehend vernachlässigt wurde. Felix Schröter setzt mit seiner Dissertation ‚Spiel | Figur: Theorie und Ästhetik der Computerspielfigur‘ an dieser Stelle an.
Im ersten Teil des Buches äußert sich der Autor zum Stand der derzeitigen Forschung, Darstellung, Ontologie, Rezeption und Analyse von Figuren in Computerspielen. Dafür nimmt er Figuren aus unterschiedlichen Perspektiven, als fiktive Wesen, Spielfiguren und Repräsentation der Spielenden, in den Blick. Aus den theoretischen Vorüberlegungen und Erkenntnissen des ersten Teils des Buches entwickelt Schröter schließlich eine Analyseheuristik, welche die Grundlage für die rezeptionsästhetische Untersuchung im zweiten Teil des Buches bildet.
In dieser beleuchtet der Autor anschließend figurenbezogene Darstellungs- und Rezeptionsweisen, um darauf aufbauend die Ästhetik spieler*innengesteuerter, computergesteuerter und Mitspieler*innen-gesteuerter Figuren umfassend und fundiert zu beschreiben. Anschließend nimmt Schröter drei ausgewählte 3D-Actionspiele (‚Journey‘, ‚Alien: Isolation‘ und ‚Destiny 2‘) in den Blick und arbeitet anhand dieser heraus, wie ästhetische Dimensionen der Figurengestaltung den Spielenden sowohl Erfahrungen von Subjektivität als auch emotionale Anteilnahme und soziale Eingebundenheit in das Spielgeschehen ermöglichen.
Das Buch füllt schließlich nicht nur eine eklatante Forschungslücke, sondern zeichnet ein eindrückliches Bild des Zusammenspiels von ludischen, narrativen und ästhetischen Gestaltungsmerkmalen und Wirkungsweisen von Computerspielfiguren. Der Autor schafft es, nicht nur wichtige Anknüpfungspunkte für weitere Forschungsarbeiten aufzudecken, sondern auch Grundlagenwissen für den Einstieg in die Spiele- und Figurenanalyse zu übermitteln. Nicht nur für Forschende, sondern auch für Lehrende und Lernende eine lohnenswerte Lektüre, welche nicht nur durch den fesselnden Schreibstil des Autors überzeugt, sondern auch zum Eintauchen in die vielschichtige Welt der Computerspielfiguren einlädt.
Lisa Melzer: Social Media Handbuch
In den letzten Jahren sind Bücher, Podcasts und Dokus, aber auch Veranstaltungen, Seminare und Workshops zu Social Media wie Pilze aus dem Boden geschossen. In der Medienwelt selbst wurden nicht nur neue Geschäftsmodelle und Unternehmensstrategien entwickelt, sondern auch spannende Diskussionen und Debatten zu Themen wie Datenschutz, Informationshoheit, Künstliche Intelligenz, Algorithmen und Co. angestoßen.
Das ‚Social Media Handbuch‘ greift Entwicklungen aber auch langfristige Trends der sich stetig wandelnden Medienlandschaft seit der Erstausgabe im Jahr 2010 kontinuierlich auf. Auch in der mittlerweile vierten Auflage haben die Herausgebenden Daniel Michelis (Professor an der Hochschule Anhalt mit Schwerpunkt ‚Digitale Kommunikation‘), Thomas Schildhauer (Inhaber der Universitätsprofessur ‚Electronic Business‘ mit Schwerpunkt Marketing an der Universität der Künste Berlin) und Stefan Stumpp (Professor für BWL an der Hochschule Anhalt) wieder diverse Beiträge unterschiedlicher Expert*innen aus medienwissenschaftlicher und wirtschaftlicher Praxis zusammengetragen. Gemäß dieser inhaltlichen Ausrichtung ist der Sammelband in drei Teile untergliedert, welche durch ein umfangreiches Stichwort- und Autor*innenverzeichnis abgerundet werden. Einführend klären Michelis und Stumpp im ersten Teil den Begriff Soziale Medien und schaffen damit eine Grundlage, um die Leser*innen an das Phänomen heranzuführen. Zur theoretischen Fundierung wird ein Drei-Ebenen-Modell vorgestellt, welches individuelle, technologische und sozioökonomische Auswirkungen Sozialer Medien in den Blick nimmt. Anschließend werden Konzepte und Ansätze zum Einsatz von Instagram, Facebook, Twitter, YouTube und Co. in einem strategischen Leitfaden zusammengefasst, der als Orientierungshilfe für die Nutzung und zielgerichtete Planung von Social-Media-Aktivitäten dienen soll.
Im zweiten Teil werden in 17 Kapiteln Gedankengänge, Theorien, Modelle und Methoden von hochrangigen Autor*innen, darunter Richard David Precht (‚Dystopie, Retropie und Utopie: Zukunftsvisionen für Soziale Medien‘), James Surowiecki (‚Die Weisheit der Vielen‘), Jeff Howe (‚Crowdsourcing‘), Malcolm Gladwell (‚Tipping Point‘) oder Chris Anderson (‚The Long Tail‘), in komprimierter Form vorgestellt. Die Aufsätze greifen dabei sowohl neue Technologien als auch Überlegungen zu aktuellen Trends und Entwicklungen der Medienlandschaft auf: die Rolle von Bots, das ‚Dark-Social‘, die zentrale Stellung von Algorithmen oder den Möglichkeiten von Künstlicher Intelligenz.
Abschließend werden im dritten Teil ausgewählte Anwendungsberichte aus der Praxis vorgestellt, die beweisen, wie die zuvor vorgestellten theoretischen Inhalte an konkreten Fällen angewendet werden können, um praktische Probleme zu lösen oder sich nachträglich mit diesen analytisch auseinanderzusetzen. Auch wenn dieses Kapitel im Vergleich zum Theorieteil etwas reduzierter ausfällt, können die dargestellten Anwendungsbeispiele zum Verständnis der Sozialen Medien und ihrer Konsequenzen für Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur beitragen.
Das Buch bietet einen umfassenden Überblick über Mechanismen und Funktionsweisen der Sozialen Medien und veranschaulicht diese anhand von spannenden Praxisbeispielen aus Wirtschaft und Wissenschaft. Die wohl größten Vorzüge dieses Sammelbands liegen im verständlichen Aufbau und der kompakten, aber präzisen Darstellung von Schlüsselwerken unterschiedlicher Autor*innen, welche den Leser*innen wesentliche Charakteristika und Besonderheiten des Internets aufzeigen. Auch wenn sich Anknüpfungspunkte für medienpädagogische Theorie und Praxis aufgrund der ökonomischen Ausrichtung einiger Beiträge erst beim zweiten Lesen offenbaren, bietet das Buch sowohl für Forschende, Dozierende als auch Studierende vielseitige Anregungen zur intensiven Beschäftigung mit einem der wichtigsten Phänomene des digitalen Zeitalters.
Stumpp, Stefan/Michelis, Daniel/Schildhauer, Thomas (Hrsg.) (2021). Social Media Handbuch. Theorien, Methoden, Modelle und Praxis. 4. aktualisierte und erweiterte Auflage. Baden-Baden: Nomos-Verlag. 402 S., 44,00€.
Lisa Melzer: weitklick. Das Netzwerk für digitale Medien- und Meinungsbildung
Seit Beginn der Pandemie hat die Verbreitung von Verschwörungsmythen, Halbwahrheiten und Falschmeldungen mit und durch die Sozialen Medien zugenommen. Insbesondere junge Menschen informieren sich jedoch häufig nur über den Newsfeed von Facebook, Instagram, Twitter und Co und nutzen vergleichsweise wenig unterschiedliche Nachrichten- und Wissensquellen. Dabei sind gerade sie in besonderem Maße darauf angewiesen, seriöse von unseriösen Quellen zu unterscheiden, um das gesellschaftliche und politische Geschehen richtig einordnen und sich auf dieser Basis eine fundierte Meinung bilden zu können. Bisher erhalten Heranwachsende jedoch nicht ausreichend Unterstützung dabei.
An dieser Stelle soll das Projekt weitklick Abhilfe schaffen, welches sich als ‚Netzwerk für digitale Medien und Weiterbildung‘ versteht, und Lehrende dabei unterstützen, das Thema Desinformation nachhaltig in Unterrichtskontexte zu integrieren. Mithilfe eines umfassenden Blended Learning-Angebots aus Onlinekursen, Unterrichtsmaterialien, Webinaren und Vor-Ort-Veranstaltungen richtet sich das bundesweite Bildungsprogramm vor allem an Lehrkräfte aus weiterführenden allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen.
Ziel des Projekts ist es, die Urteilsfähigkeit und Meinungsbildung von Heranwachsenden zu fördern. Um dies zu erreichen, können sich Nutzer*innen mithilfe des Angebots individuell fortbilden und sich so grundlegendes Wissen über die Mechanismen und Funktionsweisen digitaler Medien, Meinungsbildungsprozessen im Internet und die unterschiedlichen Formen und Wirkungsweisen von Desinformation aneignen.
Das Netzwerkprojekt wurde von der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM e. V.) ins Leben gerufen. Gefördert wird weitklick im Rahmen eines Förderprogramms von Google.org. Zur Qualitätssicherung wird das Projekt von einem Beirat mit Vertreter*innen aus Wissenschaft, Journalismus, Politik und Bildungspraxis begleitet.
Das Angebotsspektrum von weitklick ist riesig. Mithilfe von Online-Kursen zum individuellen Selbststudium werden Lehrkräften zahlreiche Impulse an die Hand gegeben, um über Falschnachrichten, Verschwörungsmythen und propagandistische Inhalte im digitalen Raum mit Schüler*innen ins Gespräch zu kommen. Gerade angesichts der hohen Verbreitung von Desinformation im Zuge der Pandemie ist es besonders wichtig, dass Schüler*innen dazu angeregt werden, ihr Mediennutzungsverhalten zu reflektieren, Wirkungsweisen von Desinformation zu hinterfragen und Strategien zum kritischen Umgang mit digitalen Quellen zu entwickeln. Mithilfe der Kurse werden Lehrkräfte nicht nur über Recherchemethoden, Bewertungsraster für Informationen oder die Anwendung von so genannten Fact-Checking-Tools aufgeklärt, sondern sie erhalten auch einen Überblick über journalistische Qualitätskriterien und Darstellungsformen, um ein Verständnis für Medienbildung im Allgemeinen und die mit Desinformation zusammenhängenden Hintergründe im Besonderen entwickeln zu können.
Ein weiterer wichtiger Baustein des Projekts sind informative Erklärvideos, Aufzeichnungen und Webinare zu den Themen Desinformation und Meinungsbildung im digitalen Raum, die sich an den Bedürfnissen und Bedarfen von Lehrkräften orientieren. Insbesondere die Webinare überzeugen dabei mit informativen, aber auch kritischen Beiträgen von unterschiedlichen Expert*innen. So klärt Mirko Drotschmann alias ‚MrWissen2go‘ darüber auf, mit welchen Methoden Journalist*innen arbeiten, wie Fakten-Checks funktionieren und wie sich prüfen lässt, welche Informationen und Quellen vertrauenswürdig sind. Wirtschafts- und Politikwissenschaftlerin Katharina Nocun widmet sich dagegen dem Thema Verschwörungsmythen und beleuchtet gängige Verbreitungswege sowie Strategien für den Umgang damit.
Um das hier erworbene Wissen auch praktisch anwenden zu können, finden Lehrkräfte auf der Website von weitklick eine große Auswahl an kostenlosen Download-Materialien, darunter Arbeitsblätter, Übungen, Spiele und Projektideen, die sie zur Unterrichtsvorbereitung und -gestaltung heranziehen können. Durch die Filtermöglichkeit nach Themenfeld, Fächergruppen und Schulform werden Unterstützungsangebote vieler engagierter Institutionen und Akteur*innen gebündelt präsentiert und die Suche nach geeigneten Methoden und Materialien erleichtert.
Um Medienbildung stärker in Unterrichtskontexten zu verankern, organisiert weitklick zudem kostenlose Fortbildungen, die auf die Wünsche und Bedarfe von Lehrkräften zugeschnitten sind. Das Spektrum an Formaten, aus denen Lehrende wählen können, ist groß: digital und anlog, vom halbstündigen Expert*innen-Input innerhalb einer regulären Fortbildung über mehrstündige Workshops bis hin zur Organisation von schulinternen Fortbildungstagen. Darüber hinaus setzt das Netzwerk auch auf journalistische Expertise. So haben Medienschaffende die Möglichkeit, eigene Vorschläge für Projekte oder Veranstaltungen einzubringen, um mit ihrem Fachwissen und ihren Erfahrungen den Lernraum Schule zu bereichern. Von weitklick erhalten sie dabei Unterstützung und Beratung rund um Planung, Konzeption und Umsetzung ihrer Ideen und Vorhaben.
Insgesamt liefert weitklick Lehrkräften ein umfassendes Angebot an vielseitigen Unterrichtsanregungen und mediendidaktischen Werkzeugen, mit denen sie Schüler*innen an mögliche Erscheinungsformen, Charakteristika, Motive und Verbreitungswege von Desinformation heranführen können. Aber auch für pädagogische Fachkräfte aus anderen Handlungsfeldern und Medienschaffende kann das Netzwerk ein Wegbereiter sein, um junge Menschen dazu anzuregen, ihre eigene Verantwortung für den Umgang mit Desinformation im Netz zu reflektieren und sie für Gefahrenaspekte zu sensibilisieren.
Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e.V. (FSM) (2020). weitklick – das Netzwerk für digitale Medien- und Meinungsbildung. Website. www.weitklick.de. Kostenlos verfügbar.
Lisa Melzer: Piallat, Chris (Hg.) (2021). Der Wert der Digitalisierung. Gemeinwohl in der digitalen Welt. Bielefeld: transcript. 437 S., 29,50 €.
Die tiefgreifenden Veränderungen, welche die Pandemie nach sich gezogen hat, haben das gesellschaftliche Bewusstsein für den Stellenwert der Digitalisierung geschärft. Was jedoch zu wenig stattgefunden hat, ist eine konkrete Auseinandersetzung mit Gestaltungsbedarfen und -möglichkeiten des Mammutprojekts ‚digitale Transformation‘.
Gleich zu Beginn stellt Pillat die These auf, dass wir als Gesellschaft an einem Punkt angekommen seien, an dem wir die Digitalisierung nicht länger als selbstverständlich hinnehmen dürfen, sondern endlich aktiv werden müssten, um uns für die Herausforderungen der digitalen Zukunft zu wappnen. Ganz nach dem Motto: „Die Digitalisierung ist weder gut noch schlecht, schon gar nicht ist sie neutral. Sie ist das, was wir aus ihr machen.“ (S. 9)
Um seinem Anliegen Ausdruck zu verleihen, lässt Piallat 24 Expert*innen aus Politik, Wissenschaft und Praxis zu Wort kommen und zukunftsgerechte Digitalisierungsstrategien entwickeln. Eine entscheidende Rolle spielt dabei eine intensivere Verständigung über Wertefragen und -konflikte. Entlang von drei zentralen Wertebereichen (Freiheit und Autonomie, Gerechtigkeit und Gleichheit sowie Demokratie, Zugang und Souveränität) wird im zweiten Teil des Buches diskutiert, wie technologische Phänomene mit unseren Werten in Einklang gebracht werden und daraus Impulse und Ideen zur Umsetzung einer gemeinwohlorientierten Gestaltung der Digitalisierung abgeleitet werden können.
Der letzte Teil des Buches nimmt schließlich Entwicklungs- und Veränderungsbedarfe in den Blick. Was definitiv geleistet werden muss, sei eine bundesweite Koordinierung und stärkere rechtliche Regelung der digitalen Transformationsprozesse sowie eine veränderte digitalpolitische Prioritätensetzung. Auch das Thema ‚Digital Gouvernance‘ wird hier als richtungsweisend dargestellt, um bestehenden Herausforderungen und Problemen der Digitalisierung angemessen begegnen zu können.
Insgesamt richtet sich der Sammelband an all diejenigen, die sich mit digitalpolitischen und -ethischen Fragen auseinandersetzen – Interessierte, Studierende, Wissenschaftler*innen oder Praktiker*innen finden hier gleichermaßen Anregungen zu einem Weiter- bzw. Umdenken von Digitalisierung. Durch die informativen, aufklärenden, aber auch kritischen Beiträge wird der Blick für die Bedeutsamkeit des Projekts ‚gemeinwohlorientierte Digitalisierung‘ geschärft und es werden wichtige Impulse für ein neues Mindset im Hinblick auf die Gestaltung der digitalen Zukunft gesetzt.