2016/04: Internet der Dinge
Smartphones, die unsere Bewegungen überwachen und uns mitteilen, wenn mehr Sport an der Tagesordnung sein sollte. Kühlschränke, die selbst merken, wenn der Käse ausgeht und diesen automatisch nachbestellen. Autos, die uns eigenständig souverän durch den Straßenverkehr lenken, während wir derweil Kaffee schlürfen oder Zeitung lesen können. Was bis vor Kurzem noch pure Science-Fiction war, wird heute mehr und mehr Realtiät. Dinge werden ‚smart‘ und immer aktiver im Alltag. Das bringt in vielen Lebensbereichen große Vorteile mit sich, nimmt uns Anstrengungen, mitunter gar ‚das Denken‘ ab. Doch es ist – gerade für die Medienpädagogik – auch ein herausforderndes Thema. Was bedeutet das Internet der Dinge für die Nutzerinnen und Nutzer – für Verantwortung, Umgang mit den neuen Möglichkeiten, auch Ethik? Wieweit sind ‚smarte‘ Dinge eine willkommene Unterstützung und wo greifen sie zu stark in unser Leben ein? Wie kann eine souveräne, kompetente Nutzung hier aussehen? Mit diesen Fragen, den Chancen und den Schwierigkeiten im Internet der Dinge beschäftigen sich Autorinnen und Autoren in merz 4/2016.
aktuell
Jana Schröpfer: Hass im Netz
Hass im Netz ist zu einem gesamtgesellschaftlichen Problem geworden: Fast jeder Heranwachsende in Deutschland hat schon Erfahrungen mit Hate Speech im Internet gemacht, jedoch gehen die Nutzenden damit unterschiedlich um. Das zeigt eine Forsa-Umfrage, die von der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM) in Auftrag gegeben wurde. Laut der Online-Befragung von 2.044 Internetnutzenden ab 14 Jahren sind zwei Drittel schon einmal Zeugin bzw. Zeuge von Hasskommentaren im Netz geworden. Die Altersgruppe der 14- bis 24-Jährigen hat bereits zu 91 Prozent Kontakt mit Hate Speech gehabt – in sozialen Netzwerken, auf Internetseiten oder Blogs.
Während nur ein Prozent der Befragten angibt, auch selbst schon einen Hasskommentar verfasst zu haben, sind sich die Befragten einig (95 %), dass solche Kommentare über das Internet feige sind. Außerdem gaben drei Viertel an, dass sie solche Äußerungen wütend machen; 34 Prozent zeigen sich darüber sogar verängstigt.Doch die gesellschaftlichen Gruppen zeigen unterschiedliche Reaktionen: Empörung und Angst sind bei Frauen stärker ausgeprägt, Männer befassen sich ab und an genauer mit Hasskommentaren, weil sie diese unterhaltsam finden (26 %). Diesen Aspekt teilt auch die Gruppe der 14- bis 24-Jährigen, die manche Hasskommentare zudem interessant findet (52 %).
Der Gesamtanteil derer, die sich näher mit einem Kommentar befassen – also beispielsweise dem Gesprächsverlauf folgen oder das Profil der Verfasserin bzw. des Verfassers aufrufen –, ist eher gering. Die Hälfte der Hate Speech-Zeuginnen und -Zeugen ignoriert Hasskommentare eher, jede fünfte Person hat die Verantwortlichen schon einmal auf irgendeine Art gemeldet. Doch auch hier zeigen sich Unterschiede: Die Hälfte der 14- bis 24-Jährigen befasst sich näher mit einem Hasskommentar und dessen Entstehung, im Alter schwindet dieses Interesse; 68 Prozent der Über-60-Jährigeninteressieren sich nicht für solche Kommentare.
www.lfm-nrw.de
Jana Schröpfer: Digitale Gesellschaft in Bewegung
Die deutsche Bevölkerung zeigt einen ausgeprägten Internet-Optimismus sowie eine starke Ausdifferenzierung der Nutzungsprofile. Zu diesem Ergebnis kommt das Deutsche Institut für Vertrauen und Sicherheit im Internet (DIVSI) in der Studie DIVSI Internet-Milieus 2016, die von der SINUS Markt- und Sozialforschung GmbH durchgeführt wurde. Bereits 2012 hatte das DIVSI die digitale Gesellschaft in Deutschland vermessen und in Milieus kategorisiert. Seitdem hat das Internet in nahezu allen Lebensbereichen weitere Entwicklungen angestoßen: Doch wie haben sich das Nutzungsverhalten der Deutschen, ihre Wahrnehmung von Chancen und Risiken sowie ihre Einstellungen zu Vertrauen, Sicherheit und Privatsphäre im Internet verändert? Dem ist das DIVSI mittels 56 ethnografischen Interviews und einer darauf aufbauenden Repräsentativbefragung von 2.682 Deutschen über 14 Jahren nachgegangen.
Der Internet- Optimismus äußert sich unter anderem darin, dass 72 Prozent der Befragten mehr Chancen als Gefahren im Internet wahrnehmen. 60 Prozent können sich ein Leben ohne Internet nicht mehr vorstellen (2012 waren es 50 %), die Zahl der Smartphone-Besitzenden hat sich vervierfacht. Die Online-Aktivität der älteren Kohorten hat deutlich zugenommen: Die Nutzung sozialer Netzwerke hat sich unter den Über-64-Jährigen beispielsweise verdoppelt. 16 Prozent der Bevölkerung nutzen das Internet nie; die meisten von ihnen delegieren Online-Aktivitäten aber an Angehörige – sie sind daher zumindest passiv online. Das Internet ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen, dennoch differenzieren sich die digitalen Lebenswelten weiter aus. Das DIVSI typologisiert 2016 sieben Internetmilieus. Gerade bei den intensiven Internetnutzenden zeigen sich Veränderungen.
Sie lassen sich nun in ‚Netz-Enthusiasten‘ – die das Internet lieben und sich ein netzfreies Leben nicht mehr vorstellen können – und ‚Souveräne Realisten‘ – die das Internet zwar sehr intensiv nutzen und von seinen Potenzialen überzeugt sind, digitale Entwicklungen aber dennoch kritisch beobachten – unterteilen. Diese Milieus unterscheiden sich besonders von den ‚Internetfernen Verunsicherten‘, welche mehr Risiken als Chancen wahrnehmen und mit dem Internetumgang überfordert sind.
www.divsi.de
Sabine Bonewitz: Lesestart – bundesweit an allen Grundschulen
Rund um den Schulanfang 2016/2017 erhalten bundesweit alle Grundschulen Lesestart- Sets für alle Erstklässlerinnen und Erstklässler. Um frühkindliche Leseförderung von Anfang an im familiären Umfeld zu verankern und Eltern die wichtige Bedeutung von Vorlesen und Erzählen für die Bildungschancen ihrer Kinder zu verdeutlichen, führt die Stiftung Lesen seit 2011 das bundesweite Programm Lesestart – Drei Meilensteine für das Lesen im Auftrag des Bundesministerium für Bildung und Forschung durch.
Im Rahmen dieses Programms haben viele Eltern zunächst bei Kinder- und Jugendärzten, dann in Bibliotheken vor Ort Lesestart-Materialien erhalten, um zum Vorlesen ermutigt zu werden und so ihre Kinder von klein auf für das Lesen zu begeistern.Nun geht das Programm in seine dritte Phase: Mit den Sets, die bis einschließlich Schulanfang 2018/2019 über die Schulen und Lehrkräfte der ersten Klassen an die Kinder weitergegeben werden, soll die Vorleselust in den Familien auch mit Beginn der Grundschulzeit gestärkt werden. Neben einem Ratgeber für die Eltern gehört zu jedem Set ein altersgerechtes Buch, das sowohl zum Vorlesen als auch zum ersten eigenständigen Lesen anregt. Außerdem ist ein mehrsprachiger Ratgeber mit Tipps und Informationen zum Vorlesen und Erzählen im Familienalltag enthalten, um die Lesefreude, die Lesepraxis und die Kommunikation in den Familien zu stärken und zu festigen.
Um den Erfolg und die Nachhaltigkeit des Lesestart-Programms zu überprüfen und seine Umsetzung fortlaufend zu optimieren, wird auch die dritte Phase in den Grundschulen wissenschaftlich begleitet.Neben den Grundschulen wird die Stiftung Lesen auch weiterhin die Netzwerkarbeit mit den Partnern der ersten beiden Programmphasen, den Bibliotheken und Kinder- und Jugendärzten fortführen, damit die Leseförderung weiterhin nachhaltig möglichst alle Kinder erreicht.
www.lesestart.de
Klaus Lutz: nachruf Dieter Glaap
Es gibt viele gute Pädagoginnen und Pädagogen, aber nur wenigen ist es vergönnt, frühzeitig zu erkennen, welche pädagogischen Fragestellungen in der Zukunft von zentraler Bedeutung sein werden. Dieter Glaap war einer der Pädagogen, der diese visionäre Gabe besessen hat. Obwohl sein medienpädagogisches Wirken als Dozent und Fachleiter für Medienpädagogik der Akademie Remscheid primär in der Film- und Videoarbeit verankert war, erkannte er sehr frühzeitig das Potenzial der aufkommenden Computertechnik für die Medienpädagogik.
Schon in den 1980er-Jahren lud er jedes Jahr zum Remscheider Computerforum ein. Jenseits einer Kultur, die den Einzug von Computern in die Jugendzimmer unter rein jugendschützerischen Aspekten diskutierte, ermöglichten diese Vernetzungstreffen einen Erfahrungsaustausch für Pädagoginnen und Pädagogen, die an der Entwicklung von Konzepten der aktiven Medienarbeit mit Computern interessiert waren. Über lange Zeit hat es Dieter Glaap verstanden, diesem Diskurs immer wieder neue Impulse zu verleihen und eine Atmosphäre zu schaffen, in der neue kreative Projekte entwickelt werden konnten. Eine ganze Generation von Medienpädagoginnen und Medienpädagogen sind viele Jahre seinem Ruf nach Remscheid gefolgt und haben gemeinsam die Entwicklung der Medienpädagogik mit dem Computer vorangetrieben.
Auch in den heutigen Konzepten und Projekten lassen sich immer noch Spuren seines Wirkens erkennen.Leider ist unser sympathische Kollege und Pionier der Medienpädagogik im März 2016, kurz nach seiner Pensionierung, an einem Herzleiden verstorben. Lieber Dieter Glaap, wir danken dir für die Innovationen, die du über viele Jahre in die Medienpädagogik eingebracht hast!
thema
Roland Bader, Klaus Lutz: Viel Science, wenig Fiction – willkommen in der Zukunft
Die Zukunft hat begonnen. So könnte man die Entwicklung der Produkte, die unter dem Sammelbegriff ‚Internet der Dinge‘ (‚Internet of things‘) mit Hochdruck erfunden werden, beschreiben. Es ist eine technische Revolution der eher leisen Töne. Sie vollzieht sich überwiegend im Verborgenen, wird aber unser Leben nachhaltig verändern. Das Internet der Dinge löst einen schleichenden, aber umso graviererenden Umwälzungsprozess unserer menschlichen Daseinsform aus. Die Ausmaße dieses Prozesses werden dann in ihrer Tragweite sichtbar, wenn der Alltag ohne diese Technologie nicht mehr organisierbar ist. Dabei handelt sich nicht um eine einzelne neue technische Errungenschaft wie bei der Erfindung der Elektrizität oder der Dampfmaschine. Viele kleine und allerkleinste Dinge beginnen, unseren Alltag zu steuern.
Im Internet der Dinge schicken alle möglichen Geräte jeder Art beständig Daten ins Netz, die dort gespeichert und ausgewertet werden. Nicht mehr nur Handys tun dies, sondern auch Smart Watches, smarte Stromzähler oder DHL-Pakete, die fröhlich ihre Ankunft ankündigen. Der Alltag wird dadurch bequemer. ‚Smart‘ bezieht sich dabei auf Potenziale, die nun erschlossen werden können; beispielsweise Energieeffizienz, Logistik und Gesundheitsvorsorge. Wenn Autos ‚kommunizieren‘, lassen sich im Sinne ‚kluger Lösungen‘ in Echtzeit Staus vermeiden, Unfälle verhindern und der Energieverbrauch optimieren. Der Rohstoff, aus dem all diese Anwendungen generiert werden, sind die gigantischen Datenmengen, die täglich anfallen und gespeichert werden. Big Data Analytics ist die Voraussetzung für diese Revolution, die Verwertung eines riesigen Datenschatzes, der aus unseren täglichen Kommunikationen, Aktivitäten und Bewegungen gespeist wird. Algorithmen generieren daraus immer neue smarte Lösungen für unseren Alltag. Die schrittweise Ersetzung vormals dummer Geräte durch smarte Techniken und ihre Vernetzung lässt die Digitalisierung unserer Lebenswelt zum Internet der Dinge verschmelzen.
Tagtäglich erscheinen neue Anwendungen auf dem Markt, wie etwa die Smart Sole der Firma Way4net, eine Lösung zur Betreuung von dementen und orientierungslosen Menschen im Alter. Mit dieser Einlegesohle für den Schuh soll eine Notfallortung immer möglich sein – auch ohne dass die Person, die sie trägt, aktiv werden muss. Andere smarte Lösungen, etwa im Bereich der medizinischen Therapie, basieren auf der Auswertung im Idealfall kontinuierlich erhobener persönlicher Körper- und Gesundheitswerte. Lösungen können deshalb individuell auf den Einzelnen zugeschnitten werden und müssen nicht mehr nur – wie bisher – auf den Daten standardisierter Durchschnittspatientinnen und -patienten beruhen, wie Kucklick in seiner Publikation Die granulare Gesellschaft (2015) aufzeigt. Dies geschieht um den Preis immer größerer Transparenz und Abhängigkeit. Wir werden es zulassen müssen, dass in immer größerem Ausmaß Daten von uns erfasst und zu aussagekräftigen Profilen verdichtet werden. Durch die flächendeckende Internetabdeckung können diese Daten in hoher Geschwindigkeit miteinander abgeglichen, gefiltert und zielgenau geleitet werden. Was genau ist aber das ‚Internet der Dinge‘? Wie lässt es sich fassen und beschreiben? Harald Gapskinennt vier grundlegende Dimensionen oder Treiber, die allen Techniken zugrunde liegen: Digitalisierung, Vernetzung, Sensorisierung und Algorithmisierung (siehe Gapski in dieser Ausgabe). Am eindrücklichsten jedoch lässt sich das Internet der Dinge an Beispielen aus unserem Alltag beschreiben, denn die Welt des Internet der Dinge trifft unsere Gewohnheiten und Selbstverständlichkeiten, mithin unseren Alltag im Kern.
Eine scharfe Abgrenzung des Internet der Dinge von anderen technischen Trends wie Big Data Analytics oder die Entwicklung einer Künstlichen Intelligenz fällt schwer und ist auch nur bedingt sinnvoll. Nicht nur wegen der abertausenden Gadgets und Apps, die täglich neu den Markt überfluten, sondern auch deshalb, weil die parallel stattfindenden Entwicklungen – von denen jede einzelne revolutionäre Potenziale hat – Hand in Hand gehen und eine wiederum die Voraussetzung für die andere ist. Angela Merkel und Horst Seehofer haben wiederholt die Digitalisierung als „Mega-Herausforderung“ für die aktuelle Politik bezeichnet. Und sie erhält als die fundamentale Revolution derzeit einen prominenten Platz in den Parteiprogrammen aller Parteien. Die SPD misst der „Industrie 4.0“ herausragende Bedeutung bei und richtet das Augenmerk damit auf die anstehenden Umstrukturierungsprozesse in der Produktion, mit massiven Auswirkungen – nicht nur – auf Arbeitsplätze.
Ein weiterer, damit zusammenhängender Aspekt liegt in der Entwicklung der Künstlichen Intelligenz. Sie macht gerade revolutionäre Sprünge, so dass erstmals in der Menschheitsgeschichte die Vorstellung einer „Superintelligenz“ nicht mehr nur eine gänsehauterzeugende U- oder Dystopie ist, sondern ein handfest empirisch erforschbares Zukunftsszenario, wie Nick Bostom (2014) in seinem gleichnamigen Buch gezeigt hat.Noch nicht einmal ansatzweise hat unsere Gesellschaft die Enthüllungen Edward Snowdens vom Sommer 2013 verarbeitet, dass all unsere Kommunikation ausgespäht wird. Sascha Lobo hat das als die „vierte große Kränkung der Menschheit“ bezeichnet, nach Kopernikus, Darwin und Freud. Konsequenzen aus dem Wissen um den Kontrollverlust haben wir als Gesellschaft noch nicht ansatzweise gezogen.
Augenfällig werden die Zusammenhänge zwischen Big Data Analytics, Internet der Dinge und Künstlicher Intelligenz an der Zukunft unseres Lieblingsspielzeugs – dem Automobil. Fast wöchentlich vermelden die Nachrichten Spektakuläres oder Skurriles, Empörendes, Fragwürdiges, Technisches oder Rechtliches von der Front der neuen Auto- Mobilität, die von BMW und Tesla, aber auch von Google, Apple und anderen unerbittlich vorangetrieben wird. Von den aktuellen Automodellen mit mehr als 70 smarten Bauteilen und vielfältigen Assistenzsystemen hin zum selbstfahrenden Auto ist es nur ein Schritt. Im Unterschied zu vergleichsweise schlichten Internet der Dinge-Anwendungen wie einer intelligenten Energiesteuerung im Haus werden mit dem selbstfahrenden Auto eine Vielzahl komplexer Vorgänge automatisiert, die lange Zeit nur von Menschen beherrschbar erschienen. Selbstfahrende Autos benötigen Rundumsensoren und höchst präzise Echtzeitinformationen aus Geodaten über ihre aktuelle sich ständig bewegende Umgebung. Sie müssen auch intelligent zwischen Hindernissen und anderen Verkehrsteilnehmenden unterscheiden können, autonome Entscheidungen in mehrdeutigen Verkehrssituationen treffen und sogar vorhersehen können, wann das vorherfahrende Fahrzeug die Spur zu wechseln gedenkt. Hier gehen die Entwicklungen des Internet der Dinge und der Künstlichen Intelligenz, speziell der Musterkennung und des Autonomen Lernens, Hand in Hand und werfen neue Fragen über Haftung und Verantwortung auf.
Das Verhältnis zwischen Mensch und Maschine steht an einer neuen Schwelle, die viele verunsichert. Denkt man weiter in die Zukunft, so scheint die Symbiose von Mensch und Maschine vor einer weiteren evolutionären Stufe zu stehen. Optimiert und automatisiert das Internet der Dinge derzeit noch überwiegend alltägliche Abläufe, so ist durchaus denkbar, dass neue Technologien die menschlichen Fähigkeiten optimieren und uns schneller laufen, länger ohne Sauerstoff unter Wasser oder mit weniger Schlaf auskommen lassen. Der Mensch könnte sich mithilfe von Biotechnologie und Robotik zu einem intelligenteren und robusteren Wesen weiterentwickeln. Diese Entwicklung wird unter dem Begriff des Transhumanismus gebündelt.
Mit diesen kurz angerissenen Prozessen – in ihren Einzelheiten, Zusammenhängen, aber auch mit ihrer möglichen Bedeutung für unser zukünftiges Leben – setzen sich die Beiträge dieser Ausgabe auseinander. Dabei werden einerseits die Einzelheiten des Phänomens herausgestellt, andererseits aber auch die Entwicklungen in ihrem größeren Zusammenhang beleuchtet, wodurch eine gesellschaftliche und medienpädagogische Einordnung möglich wird. Bei der Größe und Relevanz des gesamten Themenfelds bleiben viele Aspekte unbearbeitet, die auch ihren Platz hätten finden können oder – vielleicht sogar – müssen. Sicherlich werden uns als Gesellschaft, aber auch die Medienpädagogik und merz viele Entwicklungen in naher Zukunft noch intensiv beschäftigen und Gelegenheit bieten, weitere Facetten zu beleuchten.
Zu diesem Heft
Roland Bader zeigt die Veränderungen, die das Internet der Dinge mit sich bringt, an drei zentralen Lebensbereichen auf: Wohnen, Körper/Gesundheit sowie Mobilität/Städtisches Leben. Die von ihm in den Mittelpunkt seiner Ausführungen gestellten Bereiche sind zentraler Ankerpunkt unserer Lebenswelt. Was in der Zukunft noch alles möglich scheint, liest sich wie ein Science-Fiction-Roman. Was wird der Mensch der Zukunft sein? Konsument, Sensor oder autonom handelnder Bürger? Welchen Einfluss hat diese revolutionäre Veränderung unserer Lebenswelt auf die Medienpädagogik und die Definition eines ihrer zentralen Begriffe, der Medienkompetenz? Stößt mit dem Internet der Dinge die enge Verzahnung von Medienkompetenz und kommunikativer Kompetenz an ihre Grenzen? Diese Fragestellung greift Harald Gapski in seinem Artikel auf. An den im medienpädagogischen Diskurs entwickelten Zielvorstellungen wie dem kritisch-reflektierten und sozialverantwortlichen Umgang mit Medien hält er in seinen Ausführungen weiterhin fest. Mit den Entwicklungen der digitalen Gesellschaft scheint der kompetente individuelle Umgang mit den Medien als zentrale Voraussetzung für eine souveräne Mediennutzung zumindest in Teilbereichen an seine Grenzen zu stoßen. Es gilt daher, sich der Grenzen der informationellen Selbstbestimmung bewusst zu werden und damit umzugehen. Klaus Lutz stellt im Gespräch mit Benjamin Jörissendie grundsätzlichen Fragen der revolutionären Umwälzung, die das Internet der Dinge mit sich bringt und die gleichzeitig über die bisher absehbare Entwicklung hinausreicht, ins Zentrum: Ist Datenschutz überhaupt noch umsetzbar? Wie gehen wir mit den Zukunftsängsten um, die diese technische Revolution mit sich bringt? Wie verändert sich das Verhältnis zwischen Mensch und Maschine?
An diesen Überlegungen knüpft der Aufsatz von Roland Poellinger an. Er stellt die Frage, ob bei moralischen Problemstellungen immer der Mensch als Letztverantwortlicher miteinbezogen werden muss. Dabei nutzt er den Turing-Test und deutet ihn für die Qualifizierung moralischer Fragestellungen in einer Mensch-Maschine-Kommunikation um. Er kommt dabei zu dem Schluss, dass die Nutzung künstlicher moralischer Systeme sogar moralisch geboten ist und formuliert drei Bedingungen, die diese Nutzung begleiten sollten. Wie wirken sich diese technischen Innovationen nun auf die Arbeitswelt und die unzähligen Rechtsvorschriften aus, die unseren Alltag regeln? Muss unser sehr ausdifferenziertes Rechtssystem neu geschrieben und unser Verständnis von Datenschutz auf ein neues Fundament gestellt werden? Kai Hofmann, Thomas Knieper, Katrin Tonndorf und Julian Windscheid gehen auf diese Fragen ein und formulieren Bedingungen, wie diese Veränderungen erfolgreich gemeistert werden können.
Daniel Seitz stellt im Gespräch mit Roland Bader das Projekt Jugend hackt vor. Unter dem Slogan „mit dem Code die Welt verbessern“ setzen sich junge Menschen mit Problemen unserer Zeit auseinander und versuchen, mit dem Programmieren von kleinen Programmen, Lösungsansätze zu finden. Wichtig dabei ist nicht das perfekte Ergebnis, sondern die Erfahrung, mit technischen Mitteln zu Lösungen für die Probleme der Zukunft beitragen zu können. Ein Projektansatz, der über die bisherigen Methoden der aktiven Medienarbeit hinausgeht und die gesellschaftlichen Veränderungen durch die technische Entwicklung stärker mit einbezieht.
Grundlegende gesellschaftliche Veränderungen stellen – vor allem wenn sie durch technische Innovationen hervorgerufen sind – auch immer das Selbstverständnis medienpädagogischen Handelns in Frage. So rufen auch die Entwicklungen des Internet der Dinge Verunsicherungen in der Medienpädagogik hervor. Wie diesen Irritationen zu begegnen ist und welche neuen methodischen Ansätze hieraus erwachsen können, stellen Gerda Sieben und Henrike Boy in ihrem Artikel dar. Nicht nur die Gesellschaft wandelt sich laufend durch medientechnische Innovationen, auch die Medienpädagogik muss zukunftsfähig bleiben. Überlegungen zu diesen Entwicklungen enden meisten mit dem Postulat: ‚Es gibt Chancen und Gefahren – wir müssen diese Entwicklung gestalten‘. Ja, wir müssen diese Entwicklung gestalten, wie man Zukunft immer gestalten muss. Wir haben die Chance dazu. Die Zukunft hat begonnen.
Literatur:
Bostrom, Nick (2014). Superintelligenz. Frankfurt/Main: Suhrkamp.
Kucklick, Christoph (2015). Die granulare Gesellschaft. Wie das Digitale unsere Wirklichkeit auflöst. Berlin: Ullstein.
Dr. Roland Bader ist Professor für Medienpädagogik und Medienwissenschaft an der Fakultät Management, Soziale Arbeit, Bauen der HAWK Hochschule Hildesheim Holzminden Göttingen. Neben seinem Engagement in vielen Forschungsprojekten der Medienpädagogik war er über viele Jahre in der Forschung zu und im Aufbau von E-Learning-Angeboten und in der geschlechtersensiblen Jungenarbeit engagiert. Klaus Lutz ist pädagogischer Leiter des Medienzentrums PARABOL e. V. in Nürnberg, Fachberater für Medienpädagogik im Bezirk Mittelfranken sowie Dozent an der Simon-Georg-Ohm Hochschule in Nürnberg.
Beitrag aus Heft »2016/04: Internet der Dinge«
Autor: Roland Bader, Klaus Lutz
Beitrag als PDFEinzelansichtRoland Bader: Algorithmisierte Lebenswelten
Wohnungen, Städte und unsere Körper werden ‚smart‘, digital vermessen, überwacht, gesteuert und zugerichtet. Häufig unbemerkt hat sich das Internet der Dinge über unsere Lebenswelt gelegt und verdoppelt unsere Existenz in der Cloud. An Beispielen aus drei Lebensbereichen werden technische Möglichkeiten aufgezeigt und die Frage aufgeworfen, was der Mensch in allzu naher Zukunft ist: Sensor, Konsument oder Bürger?
Literatur:
Bostrom, Nick (2014). Superintelligenz: Szenarien einer kommenden Revolution. Berlin: Suhrkamp Verlag.
Donath, Andreas (2015). Marc Newson: „Apple Watch wird in 5 Jahren so wichtig sein wie das iPhone“. www.golem.de/news/marc-newson-apple-watch-wird-in-5-jahren-so-wichtig-sein-wie-das-iphone-1511-117299.html [Zugriff: 19.05.2016].
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Harald Gapski: Medienkompetenz 4.0?
Mithilfe der Metapher des Autofahrens werden ausgewählte Herausforderungen für ein Verständnis von Mediennutzung und Medienkompetenz inmitten der digitalen gesellschaftlichen Transformationen aufgezeigt. Vier grundlegende Treiber – Digitalisierung, Vernetzung, Sensorisierung und Algorithmisierung – prägen zukünftige datafizierte und informatisierte Lebenswelten, die – so die These – eine digitalökologische Reflexion des Begriffs Medienkompetenz stützen.
Literatur:
Baecker, Dirk (2013). Metadaten. Eine Annäherung an Big Data. In: Geiselberger, Heinrich/Moorstedt, Tobias (Hrsg.), Big Data. Das neue Versprechen der Allwissenheit. Berlin: Suhrkamp, S. 156–186.
Brüggen, Niels (2015). Gedanken zur Neuausrichtung der Medienkompetenzförderung angesichts Big Data. In: Gapski, Harald (Hrsg.), Big Data und Medienbildung. Zwischen Kontrollverlust, Selbstverteidigung und Souveränität in der digitalen Welt. Schriftenreihe zur Digitalen Gesellschaft NRW, Bd. 3. München: kopaed, S. 51–62.
Bunz, Mercedes (2012). Die stille Revolution. Wie Algorithmen Wissen, Arbeit, Öffentlichkeit und Politik verändern, ohne dabei viel Lärm zu machen. Frankfurt/Main: Suhrkamp.
EMC Digital Universe Studie (2014). www.germany.emc.com/leadership/digital-universe/index.htm [Zugriff: 27.06.2016].
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Gapski, Harald (2015) (Hrsg.). Big Data und Medienbildung. Zwischen Kontrollverlust, Selbstverteidigung und Souveränität in der digitalen Welt. Schriftenreihe zur Digitalen Gesellschaft NRW, Bd. 3. München: kopaed.
Gapski, Harald (2014). Nachhaltigkeit in der ‚Big Data Gesellschaft‘ – eine metaphorische Annäherung an neue Bildungsherausforderungen. openbook.nachhaltigkeitskommunikation.de/?p=44 [Zugriff: 20.06.2016].
Gapski, Harald (2002). Medienkompetenz anders denken – ein Plädoyer für die Soziologisierung eines Begriffs. In: forum medienethik 1/2002, Medienkompetenz – Kritik einer populären Universalkonzeption. München: kopaed, S. 29–39.
Gapski, Harald (2001). Medienkompetenz. Eine Bestandsaufnahme und Vorüberlegungen zu einem systemtheoretischen Rahmenkonzept. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag.
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Kogge, Werner (2008). Technologie des 21. Jahrhunderts. Perspektiven der Technikphilosophie. In: DZPh, 56 (6), S. 935–956. www.academia.edu/10361847 [Zugriff: 20.06.2016].
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Reisch, Linda (1998). Wissen ist Macht. Chancen und Risiken in der Informationsgesellschaft (zugleich Eröffnungsrede der DGD-Online Tagung am 5.5.98). In: nfd, 49, S. 275–278.
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Schorb, Bernd/Wagner, Ulrike (2013). Medienkompetenz – Befähigung zur souveränen Lebensführung in einer mediatisierten Gesellschaft. In: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.), Medienkompetenzförderung für Kinder und Jugendliche. Eine Bestandsaufnahme, S. 18–23.
Selke, Stefan (2015). Lifelogging und die neue Taxonomie des Sozialen. In: Gapski, Harald (Hrsg.), Big Data und Medienbildung. Zwischen Kontrollverlust, Selbstverteidigung und Souveränität in der digitalen Welt. Schriftenreihe zur Digitalen Gesellschaft NRW, Bd. 3. München: kopaed, S. 95–110.
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Winterhoff-Spurk, Peter (1997). Medienkompetenz. Schlüsselqualifikation der Informationsgesellschaft? In: Medienpsychologie, 9 (3), S. 182–190.
Der Mensch transformiert sich ohnehin
Sind wir am Ende unserer Datenschutzdebatte? Klaus Lutz im Gespräch mit Prof. Dr. Benjamin Jörissen über das Mensch-Maschine-Verhältnis, das Ende des Privaten, die Macht der Algorithmen und den Angriff auf die Einzigartigkeit des Menschen durch den Transhumanismus.
Prof. Dr. Benjamin Jörissen ist Inhaber des Lehrstuhls für Pädagogik mit Schwerpunkt Kultur, ästhetische Bildung und Erziehung an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Seine Forschungsschwerpunkte sind Medienbildung, Kulturelle und Ästhetische Bildung in der digitalen Transformation
Roland Poellinger: Moralisches Entscheiden in künstlichen Systemen
In der heutigen Welt sind künstliche Systeme immer mehr auch an Situationen beteiligt, die moralisches Entscheiden erfordern. Der Text untersucht die Möglichkeit der Implementierung ethischer Prinzipien und das besondere Verhältnis von menschlicher Verantwortlichkeit und der Entscheidungsautonomie künstlicher moralischer Systeme, deren Nutzung in einer von steigender Komplexität geprägten, technologisch gesteuerten und digital vernetzten Welt zur moralischen Verpflichtung wird.
Literatur:
Allen, Colin/Varner, Gary/Zinser, Jason (2000). Prolegomena to any future artificial moral agent. In: Journal of Experimental and Theoretical Artificial Intelligence, 12, S. 251–261.
Bekey, George A. (2005). Autonomous Robots: From Biological Inspiration to Implementation and Control. Cambridge, MA: MIT Press.
Lin, Patrick/Abney, Keith/Bekey, George (2011). Robot ethics: Mapping the issues for a mechanized world. In: Artificial Intelligence, 175 (5–6), S. 942–949.
Mainzer, Klaus (2014). Die Berechnung der Welt: Von der Weltformel zu Big Data. München: C. H. Beck.
Pearl, Judea (2000). Causality: Models, Reasoning, and Inference. 2. Aufl. Cambridge, UK: Cambridge University Press.
Pearl, Judea (1988). Probabilistic Reasoning in Intelligent Systems: Networks of Plausible Inference. San Francisco, CA: Elsevier.
Singer, Peter W. (2009). Wired for War: The Robotics Revolution and Conflict in the 21st Century. New York: Penguin.
Turing, Alan M. (1950). Computing Machinery and Intelligence. In: Mind, 49, S. 433–460.
Zimmerli, Walter C./Wolf, Stefan (1994). Künstliche Intelligenz. Philosophische Probleme. Stuttgart: Reclam Verlag.
Beitrag aus Heft »2016/04: Internet der Dinge«
Autor: Roland Poellinger
Beitrag als PDFEinzelansichtKai Hofmann, Thomas Knieper, Katrin Tonndorf und Julian Windscheid: Smart New World
Der Einzug von Technik in die moderne Lebenswelt trägt entscheidend zur Erhöhung der Lebensqualität bei. Smarte Objekte und intelligente Umgebungen helfen Nutzenden, ihren Alltag optimal zu gestalten. Problematisch ist dabei allerdings, dass deren Nutzung in aller Regel mit der Frei- und Weitergabe von (persönlichen) Daten erkauft wird. Damit ergeben sich eine kontinuierliche Abwägung des eigenen Handelns und die Notwendigkeit eines modernen Datenschutzes.
Literatur:
Adamowsky, Natascha (2015). Vom Internet zum Internet der Dinge. Die neue Episteme und wir. In: Sprenger, Florian/Engemann, Christoph (Hrsg.), Internet der Dinge. Über smarte Objekte, intelligente Umgebungen und die technische Durchdringung der Welt. Bielefeld: transcript, S. 119–135.
Adelfinger, Volker P./Hänisch, Till (Hrsg.) (2015). Internet der Dinge: Technik, Trends und Geschäftsmodelle. Wiesbaden: Springer.
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Knieper, Thomas/Tonndorf, Katrin/Wolf, Cornelia (2011). Der Prosument. Öffentlichkeit im Zeitalter computervermittelter Kommunikation. In: Institut für interdisziplinäre Medienforschung (Hrsg.), Medien und Wandel. Berlin: Logos Verlag Berlin, S. 41–62.
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Roßnagel, Alexander (2007). Datenschutz in einem informatisierten Alltag. Gutachten im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung. Berlin: Friedrich-Ebert-Stiftung.
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Beitrag aus Heft »2016/04: Internet der Dinge«
Autor: Kai Hofmann, Julian Windscheid, Katrin Tonndorf
Beitrag als PDFEinzelansichtWeltverbesserer an der Tastatur
„Mit Code die Welt verbessern“ ist eines der Leitziele der Initiative Jugend hackt. Daniel Seitz berichtet im Interview mit Roland Bader über das Förderprogramm, das sich in Form von ‚Hackathons‘ an junge Programmierbegeisterte richtet. Die Teilnehmenden setzen mit der Unterstützung von Branchenexpertinnen und -experten kreative Projekte um, bearbeiten gesellschaftlich relevante Fragen und lernen etwas über Hacker-Ethik, staatliche Überwachung, Netzneutralität oder Themenkomplexe wie Big Data.
Daniel Seitz hat mediale pfade gegründet und brennt für eine freie, politisierte Gesellschaft, die ihre Verantwortung wahrnimmt. Als Medienpädagoge ist er überzeugt, dass Medienbildung einen wichtigen gesellschaftlichen Anteil zu politischer Teilhabe, Selbstentfaltung und Kreativität leisten kann und muss.
Beitrag aus Heft »2016/04: Internet der Dinge«
Autor: Daniel Seitz, Roland Bader
Beitrag als PDFEinzelansichtGerda Sieben, Henrike Boy: Medienkritik 4.0
Eine Implementierung der Big Data Analytics-Thematik bringt Herausforderungen und Besonderheiten für die pädagogische Praxis mit sich. Hierfür sind nicht nur Aspekte rund um Sensorik, Tracking und Algorithmen relevant; auch ethische Auseinandersetzungen und das Aufzeigen bestehender Wertekonflikte stellen zentrale Punkte dar. Ausgehend von diesen Schwierigkeiten werden Ansätze und Vorschläge vorgestellt, die aus der Perspektive der Medienpädagogik entwickelt wurden.
Literatur
Dander, Valentin (2014). Von der ‚Macht der Daten‘ zur ‚Gemachtheit von Daten‘. Praktische Datenkritik als Gegenstand der Medienpädagogik. www.medialekontrolle.de/wp-content/uploads/2014/09/Dander-Valentin-2014-03-01.pdf [Zugriff: 25.05.2016]
Düx, Sascha/Sieben, Gerda. (2015). Big Data – Eine Arbeitshilfe für die Jugendarbeit. jfc Medienzentrum e.V. www.jfc.info/data/Big-Data_Broschu__re_WEB_V9.pdf [Zugriff: 25.05.2016]FabLab (n. d.). Praxisprojekte. jfc Medienzentrum e.V. www.fablab.jfc.info/praxisprojekte [Zugriff: 25.05.2016]
Gapski, Harald (2014). Nachhaltigkeit in der „Big Data Gesellschaft“ – eine metaphorische Annäherung an neue Bildungsherausforderungen. www.openbook.nachhaltigkeitskommunikation.de/?p=44 [Zugriff: 10.05.2016]
Grau, Oliver (2001). Virtuelle Kunst in Geschichte und Gegenwart: Visuelle Strategien. Berlin: Reimer. Grimme-Institut (2014). Im Blickpunkt: Big Data. Ministerin für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien des Landes Nordrhein-Westfalen. www.grimme-institut.de/imblickpunkt/pdf/IB-Big-Data.pdf#page4 [Zugriff: 10.05.2016]
Herriger, Norbert (2014). Empowerment in der Sozialen Arbeit. Eine Einführung. 5. erw. u. aktual. Aufl. Stuttgart: Kohlhammer Verlag.
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Klicksafe.de (n. d.). Was können wir tun? www.klicksafe.de/themen/medienethik/privatsphaere-und-big-data/was-koennen-wir-tun/ [Zugriff: 25.05.2016]
Klimsa, Anja (2007). Präventive Medienpädagogik. Göttingen: Cuvillier Verlag.Maréchal, Cindy (2013). Was versteht man unter Handlungsorientierter Medienpädagogik? www.suite101.de/article/was-versteht-man-unter-handlungsorientierter-medienpadagogik-a132685#.Vz7wJWhJnmI [Zugriff: 25.05.2016]
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Schorb, Bernd (2008). Handlungsorientierte Medienpädagogik. In: Sander, Uwe/Gross, Friederike von/Hugger, Kai-Uwe (Hrsg.), Handbuch Medienpädagogik. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 75–86.
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Sieben, Gerda (2003). Die Kunst der Verknüpfungen. In: Sieben, Gerda/Spormann, Ulrich (Hrsg.), Konstellationen. Materialien und Analysen zur Entwicklung multimedialer Gestaltungskompetenz. Remscheid: Institut für Bildung und Kultur.
Zorn, Isabel (2010). Konstruktionstätigkeit mit Digitalen Medien. Eine qualitative Studie als Beitrag zur Medienbildung. Dissertation, Universität Bremen.
Beitrag aus Heft »2016/04: Internet der Dinge«
Autor: Gerda Sieben, Henrike Boy
Beitrag als PDFEinzelansicht
spektrum
Bernd Schorb: Jugend Konsum Kultur
Medien nehmen in unserer heutigen Lebenswelt nicht mehr nur einen Raum ein, sie prägen das gesamte Leben und gestalten mit, wie sich Leben und Welt entwickeln. Gab es in der Vergangenheit noch eine klare Trennung etwa zwischen der Welt der Kultur und der des Konsums, verschwimmen die Grenzen in digitalen Medienangeboten mehr und mehr. Nicht nur, dass Kultur technisch reproduzierbar und damit jedem verfügbar gemacht ist, auch wird Kultur zum Konsumobjekt und Konsum zum kulturellen Akt, in einem teils undurchschaubaren Konglomerat von Nutzenden- und Anbietenden-Interessen.
Literatur
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Brüggen, Niels/Dirr, Eva/Schemmerling, Mareike/Wagner, Ulrike (2014). Jugendliche und Online-Werbung im Social Web. Herausgegeben von Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz. www.jff.de/jff/aktivitaeten/ forschung/artikel/art/ergebniszusammenfassung-der-studiejugendliche- und-online-werbung [Zugriff: 08.06.2016]
Chazan, Guy (2016). Bertelsmann on hunt for big acquisitions. Financial Times 21. 3. 2016.
Hartung, Anja (2015). Vom Wert der Freundschaft. Soziale Sinnwelten der Anerkennung unter den Bedingungen (neuer) medialer Interaktionssphären. In: merz | medien + erziehung, 59 (3), S. 25–30.
Heinzlmaier, Bernhard (2014). Jugendkommunikation in der Ära des Post-Diskursiven. Über den Mangel an Reflexivität in Politik und Alltag. www.jugendkultur.at/wp-content/ uploads/Dossier_Jugendkommunikation_Heinzlmaier_2014. pdf [Zugriff: 08.06.2016]
Horkheimer, Max/Adorno, Theodor (1973). Dialektik der Aufklärung. Frankfurt am Main: Fischer.
Krotz, Friedrich (2014). Die Institutionalisierung des Internet und warum wir uns dagegen wehren sollten. In: merz | medien + erziehung, 58 (1), S. 12–19.
Lange, Andreas/Xyländer, Margret (2007). Jugend. In: Willems, Herbert (Hrsg.), Lehr(er)buch Soziologie. Für die pädagogischen und soziologischen Studiengänge. Band 2. Wiesbaden: VS Verlag, S. 593–609.
Schorb, Bernd/Jünger, Nadine/Rakebrand, Thomas (2013) (Hrsg.). Die Aneignung konvergenter Medienwelten durch Jugendliche. Das Medienkonvergenz Monitoring. Schriftenreihe der Sächsischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (SLM), Band 24, Berlin.
Thole, Werner (2002). Jugend, Freizeit, Medien und Kultur. In: Krüger, Heinz-Hermann/Grunert, Cathleen (Hrsg.). HandbuchbKindheits- und Jugendforschung. Opladen: Leske + Budrich.
Wagner, Ulrike (2011). Medienhandeln, Medienkonvergenz und Sozialisation. Empirie und gesellschaftswissenschaftliche Perspektiven. München: kopaed.
Ramona Lorenz, Manuela Endberg: Digitale Medien in der Lehrerausbildung
Die schulische Förderung von Medienkompetenz stellt in der digitalen Gesellschaft eine bedeutsame Herausforderung dar, insbesondere für Lehrkräfte. Anhand einer repräsentativen Befragung von Lehrkräften der Sekundarstufe I in Deutschland wird deutlich, dass ein Großteil der Lehrkräfte eine stärkere Vorbereitung auf den Einsatz digitaler Medien sowohl in der ersten als auch in der zweiten Phase der Lehrerausbildung befürwortet.
Literatur:
Bos, Wilfried/Eickelmann, Birgit/Gerick, Julia (2014). Computer- und informationsbezogene Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern der 8. Jahrgangsstufe in Deutschland und im internationalen Vergleich. In: Bos, Wilfried/Eickelmann, Birgit/Gerick, Julia/Goldhammer, Frank/Schaumburg, Heike/Schwippert, Knut/Senkbeil, Martin/Schulz-Zander, Renate/Wendt, Heike (Hrsg.), ICILS 2013. Computer- und informationsbezogene Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern in der 8. Jahrgangsstufe im internationalen Vergleich. Münster: Waxmann, S. 113–146.
Bos, Wilfried/Lorenz, Ramona/Endberg, Manuela/Schaumburg, Heike/Schulz-Zander, Renate/Senkbeil, Martin (Hrsg.) (2015). Schule digital – der Länderindikator. Vertiefende Analysen zur schulischen Nutzung digitaler Medien im Bundesländervergleich. Münster: Waxmann.
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (2015). Mehr Wertschätzung für Lehrer. www.bmbf.de/de/mehr-wertschaetzung-fuer-lehrer-1121.html [Zugriff: 23.03.2016].
Breiter, Andreas/Welling, Stefan/Stolpmann, Björn Eric (2010). Medienkompetenz in der Schule. Integration von Medien in den weiterführenden Schulen in Nordrhein-Westfalen. Berlin: Vistas.
Eickelmann, Birgit/Schaumburg, Heike/Drossel, Kerstin/Lorenz, Ramona (2014). Schulische Nutzung von neuen Technologien in deutschen Schulen im internationalen Vergleich. In: Bos, Wilfried/Eickelmann, Birgit/Gerick, Julia/Goldhammer, Frank/Schaumburg, Heike/Schwippert, Knut/Senkbeil, Martin/Schulz-Zander, Renate/Wendt, Heike (Hrsg.), ICILS 2013. Computer- und informationsbezogene Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern in der 8. Jahrgangsstufe im internationalen Vergleich. Münster: Waxmann, S. 197–230.
Fraillon, Julian/Ainley, John/Schulz, Wolfram/Friedman, Tim/Gebhardt, Eveline (2014). Preparing for life in a digital age. The IEA International Computer and Information Literacy Study international report. Cham: Springer.
Gerick, Julia/Schaumburg, Heike/Kahnert, Julia/Eickelmann, Birgit (2014). Lehr- und Lernbedingungen des Erwerbs informationsbezogener Kompetenzen in den ICILS 2013-Teilnehmerländern. In: Bos, Wilfried/Eickelmann, Birgit/Gerick, Julia/Goldhammer, Frank/Schaumburg, Heike/Schwippert, Knut/Senkbeil, Martin/Schulz-Zander, Renate/Wendt, Heike (Hrsg.), ICILS 2013. Computer- und informationsbezogene Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern in der 8. Jahrgangsstufe im internationalen Vergleich. Münster: Waxmann, S. 147–196.
Gysbers, A. (2008). Lehrer – Medien – Kompetenz. Eine empirische Untersuchung zur medienpädagogischen Kompetenz und Performanz niedersächsischer Lehrkräfte. Berlin: NLM-Schriftenreihe (22).
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Herzig, Bardo/Grafe, Silke (2007). Digitale Medien in der Schule. Standortbestimmung und Handlungsempfehlungen für die Zukunft; Studie zur Nutzung digitaler Medien in allgemein bildenden Schulen in Deutschland. Bonn: Deutsche Telekom.Imort, Peter/Niesyto, Horst (2014). Grundbildung Medien in pädagogischen Studiengängen. München: kopaed.
Kammerl, Rudolf /Ostermann, Sandra (2010). Medienbildung - (k)ein Unterrichtsfach? Eine Expertise zum Stellenwert der Medienkompetenzförderung in Schulen. Hamburg: MA HSH.
Ministerium für Schule und Weiterbildung Nordrhein-Westfalen (MSW NRW) (2015). Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Lehrerausbildungsgesetzes; Entwurf einer Verordnung zur Neufassung der Lehramtszugangsordnung; Entwurf einer Verordnung zur Änderung von Vorschriften der Lehrerausbildung. www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument?Id=MMV16/2937 [Zugriff: 23.03.2016].
Niedersächsisches Landesinstitut für schulische Qualitätsentwicklung (NiBiS) (2016). Phase der Lehrerausbildung (Hochschule). www.nibis.de/nibis.php?menid=7580 [Zugriff: 23.03.2016].
OECD (2010). Are the new Millennium Learners Making the Grade? Technology use and educational performance in PISA. Paris: OECD Publishing.
Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (KMK) (Hrsg.) (2004). Standards für die Lehrerbildung: Bildungswissenschaften. www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2004/2004_12_16-Standards-Lehrerbildung.pdf [Zugriff: 06.04.2015]
Beitrag aus Heft »2016/04: Internet der Dinge«
Autor: Ramona Lorenz, Manuela Endberg
Beitrag als PDFEinzelansichtLeonie Stümpel,Christoph Klimmt: Kindlicher Mediengebrauch vor und nach der Einschulung – ein kritischer Phasenübergang
Inwiefern führt das ‚prägende‘ Erlebnis der Einschulung eine systematische Veränderung der Mediennutzung von Kindern und/oder ihrer Rahmenbedingungen im Familienkontext hervor? Anhand der Befunde einer Elternumfrage wird der Mediengebrauch von Kindern im letzten Kindergartenjahr mit dem von Erstklässlerinnen und -klässlern verglichen. Die Ergebnisse zeigen deutlich mehr Kontinuität als Brüche in Folge der Einschulung.
Literatur:
Feierabend, S. & Mohr, I. (2004). Mediennutzung von Klein- und Vorschulkindern. Media Perspektiven, o.Jg., S. 453–461.
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Griebel, W. & Niesel, R. (2011). Übergänge verstehen und begleiten: Transitionen in der Bildungslaufbahn von Kindern. Berlin: Cornelsen.
Grüninger, C. & Lindemann, F. (2000). Vorschulkinder und Medien: Eine Untersuchung zum Medienkonsum von drei- bis sechsjährigen Kindern unter besonderer Berücksichtigung des Fernsehens. Opladen: Leske + Budrich.
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Ohler, P. (1994). Kognitive Filmpsychologie: Verarbeitung und mentale Repräsentation narrativer Filme. Münster: MAkS Publikationen.
Prensky, M. (2001). Digital Natives, Digital Immigrants. Verfügbar unter www.marcprensky.com/writing/Prensky%20-%20Digital%20Natives,%20Digital%20Immigrants%20-%20Part1.pdf [Zugriff: 13.04.2016].
Schumacher, E. (2007). Zum Übergang vom Kindergarten in die Grundschule – Die ‚Neue Schuleingangsphase‘. In M. Plieninger & E. Schumacher (Hrsg.), Auf den Anfang kommt es an – Bildung und Erziehung im Kindergarten und im Übergang zur Grundschule (S. 11 – 24). Schwäbisch Gmünd: Pädagogische Hochschule.
Siegler, R., DeLoache, J. & Eisenberg, N. (2011). Entwicklungspsychologie im Kindes- und Jugendalter (3. Aufl.). Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag.
Tücke, M. (1999). Entwicklungspsychologie des Kindes- und Jugendalters für (zukünftige) Lehrer. Münster: Lit Verlag.
Beitrag aus Heft »2016/04: Internet der Dinge«
Autor: Leonie Stümpel, Christoph Klimmt
Beitrag als PDFEinzelansichtAnke Offerhaus: Medienkompetenzförderung auf Augenhöhe
Unter der Annahme, dass Studierende eines kommunikations- und medienwissenschaftlichen Studiengangs für Jugendliche glaubwürdige Peers darstellen können, wurde im Rahmen eines Seminars ein Workshop zur Förderung von Medienkompetenz erarbeitet. Dabei haben Studierende wissenschaftliche Studien und medienpädagogisches Material zu Problemfeldern jugendlicher Mediennutzung ausgewertet, einen Workshop konzipiert und an einer Schule durchgeführt.
Literatur:
Bandura, Albert (1976). Lernen am Modell Ansätze zu einer sozial-kognitiven Lerntheorie. Stuttgart: Klett.
Huber, Ludwig (2009). Warum forschendes Lernen nötig und möglich ist. In: Huber, Ludwig/Hellmer, Julia/Schneider, Friederike (Hrsg.), Forschendes Lernen im Studium. Aktuelle Konzepte und Erfahrungen. Bielefeld: UVW, S. 9–35.
Huber, Ludwig/Kröger, Margot/Schelhowe, Heidi (Hrsg.) (2013). Forschendes Lernen als Profilmerkmal einer Universität. Beispiele aus der Universität Bremen. Bielefeld: UVW.
Kästner, Mandy (2003). Peer-Education – ein sozialpädagogischer Arbeitsansatz. In: Nörber, Martin (Hrsg.), Peer Education. Bildung und Erziehung von Gleichaltrigen durch Gleichaltrige. Weinheim: Beltz, S. 50–64.
Nörber, Martin (Hrsg.) (2003). Peer Education: Bildung und Erziehung von Gleichaltrigen durch Gleichaltrige. Weinheim: Beltz.
Schorb, Bernd (2010). Medienkompetenz. In: Hüther, Jürgen/ Schorb, Bernd (Hrsg.), Grundbegriffe Medienpädagogik. 5. Aufl. München: kopaed, S. 257–262.
Schorb, Bernd/Wagner, Ulrike (2013). Medienkompetenz – Befähigung zur souveränen Lebensführung in einer mediatisierten Gesellschaft. In: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.), Medienkompetenzförderung für Kinder und Jugendliche. Eine Bestandsaufnahme. S. 18–23.
medienreport
Elisabeth Jäcklein-Kreis: Buch auf, Handy an – los geht das Gewusel und Gewimmel
Carlsen Verlag GmbH (Hrsg.) (2014). LeYo! – Entdecken, Lernen, Spielen mit Kinderbuch und App. App-Store/Play-Store, kostenfrei.Oftring, Bärbel/Henkel, Christine/Mähler, Maria (2016).LeYo! Im Wald. Pappbilderbuch. Hamburg: Carlsen Verlag. 16 Seiten, 19,99 €.
Neugierig blinzelt der Fuchs, als wir uns dem Wald nähern, der Schmetterling flattert gleich aufgeregt davon und auch der Hase setzt zum Sprung an. Und was ist das – klingt da hinten nicht das gleichmäßige Klopfen eines Spechtes zwischen den Bäumen hervor? Gleich mal näher heranpirschen. Aber psst, viele Tiere hier sind sehr scheu!Wirklich verschwinden können die Tiere zwar nicht, denn wir befinden uns nicht leibhaftig im Wald; stattdessen sind wir Flora und Fauna per Buch und App auf der Spur: LeYo! heißt das – im wahrsten Sinn multimediale – Angebot des Carlsen Verlag, das Bücher lebendig machen und seine Leserinnen und Leser in die spannendsten Welten entführen will. Die Idee ist denkbar simpel. Man nehme ein Kinderbuch – sei es eine Geschichte wie Connis erste Abenteuer im Kindergarten, ein Kleinkind-Wörterbuch, vollgepackt mit Bildern aus allen Lebensbereichen zum Anschauen und Kennenlernen, oder ein Sachbuch wie Im Wald –, halte ein Handy mit passender, geöffneter App daran und mache sich so die Vorteile beider Medien zu Nutze: Die Größe, Haptik und Gestaltbarkeit eines Buches sowie die schnelle Verfügbarkeit, multimediale Ausrüstung und vielfältige Nutzbarkeit des Smartphones.
Bei LeYo! bedeutet das konkret: Wer ein LeYo!- Buch mit all seinen Möglichkeiten nutzen möchte, lädt sich die LeYo!-App herunter, die sowohl für Apple- als auch für Android-Smartphones kostenfrei verfügbar ist, allerdings erst ab iOS 7.0 bzw. Android 4.2 funktioniert. In der App selbst wird das vorliegende Buch ausgewählt und heruntergeladen, dann kann der Lesespaß losgehen. Mit der Handykamera erfasst man eine Stelle im Buch, die App bietet die passenden Zusatz-Optionen. Auf diese Art werden die Figuren und Szenen im Buch lebendig, Tiere bewegen sich und springen umher, Menschen führen ihre Tätigkeiten aus, Fahrzeuge oder Häuser öffnen ihre Türen und erlauben einen Blick ins Innere. Das alles wird begleitet von passenden Geräuschen und Informationen. Zusätzlich können die Texte im Buch von der App vorgelesen werden, es lassen sich weiterführende Infos zu den Themen der Bücher abrufen und an vielen Stellen hat die App auch Gimmicks wie kleine Spielchen in petto. So wird eine eigentlich nur zweidimensionale Buchseite plötzlich zu einer eigenen Welt, voll mit witzigen Entdeckungen, spannenden Überraschungen, interessanten Einblicken, voll Gewusel, Gewimmel und Leben – weit über die Papierseiten hinaus. So lassen sich trotz übersichtlicher Seitengestaltung und kurzen, knackigen Texten so viele Ideen und Inhalte auf den Seiten unterbringen wie sonst nicht einmal in das vollgepackteste Wimmelbuch.
Die Bedienung der Bücher über die App hat – im Vergleich zu den bisher auf dem Markt angebotenen Möglichkeiten mit elektronischen Stiften – durchaus ihre Vorteile. Zum einen für den verlängerten, nämlich zahlenden Arm der kleinen Leserinnen und Leser. Musste zu interaktiven Büchern bisher nämlich noch für einen recht stolzen Preis der Stift zusätzlich erworben werden, funktioniert die Erweiterung der Buchinhalte jetzt über ein Gerät, das in den Haushalten sowieso vorhanden ist und lediglich – und kostenfrei – ‚aufgerüstet‘ werden muss. Zudem funktioniert die Bedienung über ein Touchpad relativ intuitiv, die Buttons in der App sind selbsterklärend. Durch die Navigation über die Handykamera können sich die Kinder einfach auf der Buchseite orientieren. Das Gerät wirkt optisch wie eine Erweiterung des Buches, da der betrachtete Buchausschnitt parallel auf dem Handy-Display angezeigt wird. Und zu guter Letzt bietet ein Smartphone einfach mehr Möglichkeiten der Präsentation und Inhalte-Vermittlung. So können Inhalte und Optionen auf einem Touchpad intuitiv und spontan ausgewählt werden und müssen nicht umständlich über Knöpfchen gefunden werden, es lässt sich nicht nur Ton, sondern auch (bewegtes) Bild anzeigen und eine tatsächliche ‚Erweiterung‘ der Buchseite gestalten, über die sich Kinder wirklich selbständig bewegen können, um sich die Inhalte zu erschließen. Natürlich ist auch die App nichts für ganz kleine Kinder, ein wenig Geschick und Feinmotorik wird durchaus vorausgesetzt. Bei vielen Büchern ‚ruckelt‘ die Anzeige auch noch ein wenig, Objekte rutschen bisweilen schneller als gedacht wieder aus dem Bildausschnitt, so dass ein Vogel, der gerade hoffnungsvoll zum Flug ansetzte, unverhofft wieder platt auf der Buchseite liegt oder der Feuerwehrschlauch, gerade zum Löschen erhoben, noch vor dem ersten Tropfen wieder entgleitet.
Ärgerlich ist das bei Info-Texten, die auf halber Strecke stoppen und den Rest ihrer Information verweigern. Hin und wieder braucht die App auch mehrere Anläufe, um ein Objekt wirklich zu erkennen und lässt sich lange bitten, ihre Schätze zu offenbaren – während sie nebenbei munter RAM-Speicher und Batterie aus dem benutzten Smartphone saugt. Jüngere Kinder sollten daher lieber noch auf die Hilfe eines erfahreneren Zeitgenossen mit ruhiger Hand zurückgreifen; spätestens ab dem Grundschulalter kann die App dann alleine bedient werden. Im Leyo!-Sortiment finden sich für sie auch tatsächlich viele Infotainment-Bücher wie der genannte Band Im Wald oder ein Atlas-Band. Damit können die jungen Forscherinnen und Forscher nicht nur Zeit vertreiben, das Handy nutzen, das ohnehin immer eine gewisse Faszination hat, und sich neue Fähigkeiten in Feinmotorik und Navigation erarbeiten, sondern nehmen ganz nebenbei noch eine Menge Wissen mit, das ‚nur‘ in ein zweidimensionales Buch gar nicht passen würde – und das mit einiger Wahrscheinlichkeit auch ein vorlesendes Elternteil nicht gleich parat gehabt hätte. Wer aus ohnehin schon grenzenlosen Fantasiewelten der Bücher noch so fantastische Entdeckungsreisen zaubert und den kleinen Figuren und Szenen zwischen zwei Pappdeckeln Leben einhaucht, kann sich dafür ruhig auch mal ein paar Preise abholen.
So wurde Leyo! bereits für den Tommy Kindersoftwarepreis2015 in der Kategorie ‚Elektronisches Spielzeug‘ und als ‚Top 10 Spielzeug 2015‘ beim Bundesverband des Spielwaren- Einzelhandels nominiert.Schon jetzt lässt sich auf den Seiten des Carlsen Verlag eine recht ansehnliche Liste von Leyo!-Büchern durchstöbern, in denen Feuerwehrautos und Schneeschaufeln, einheimische Waldbewohnerinnen und -bewohner sowie exotische Raubtiere, Brotzeitboxen und Sandschaufeln darauf warten, durch Kinderzimmer zu fahren und zu kratzen, zu zwitschern und zu fauchen und Kindern ihre Talente und Hintergründe zu präsentieren.
Elisabeth Jäcklein-Kreis ist Redakteurin bei merz |medien + erziehung und Lektorin im kopaed Verlag.
Beitrag aus Heft »2016/04: Internet der Dinge«
Autor: Elisabeth Jäcklein-Kreis
Beitrag als PDFEinzelansichtJana Schröpfer: Was bin ich, was will ich sein und welche Konsequenzen hat das?
Medienprojekt Wuppertal e. V. (2016). Alles Mädchen, alles Junge. Ein Film über Mädchen und Jungen. DVD, 30,00 €.
Medienprojekt Wuppertal e. V. (2015). I’m too sexy for my … Ein Film über Sexismus. DVD, 30,00 €.
Wann ist ein Junge ein Junge? Was ist typisch weiblich? Welche geschlechterspezifischen Rollenerwartungen werden an Heranwachsende gerichtet? Und: Welche Verhaltensweisen fallen unter Sexismus? All dies sind hochsensible Fragen, die unterschiedliche Aspekte der gesellschaftlichen Genderdebatte darstellen und gerade in der Entwicklung von Jugendlichen eine wichtige Rolle spielen. Mit Unterstützung des Medienprojekt Wuppertal haben sich gemischtgeschlechtliche Jugendgruppen daher in Videoprojekten mit Gender- und Sexismus-Themen auseinander gesetzt. Entstanden ist eine DVDReihe, die zur Reflexion der eigenen Geschlechterrolle anregt, aber auch intime Informationen über das andere Geschlecht bietet.
Alles Mädchen, alles Junge ist ein Zusammenschnitt der beiden zuvor veröffentlichten Schwerpunkt- Dokumentationen Alles Mädchen und Alles Junge und erlaubt authentische, personalisierte Einblicke in die Lebenswelten von Jungen und Mädchen mit verschiedenen sozio-kulturellen Hintergründen. Der episodenhafte Film setzt sich aus Interviews, Alltagsporträts und persönlichen Videotagebüchern der Jugendlichen zusammen. Das vierminütige Intro der Dokumentation ermöglicht einen schnellen Einstieg in die Thematik. Kontrastierend werden rollentypische Bilder der zwei Genderwelten gegenübergestellt: Raufende Jungen zu trommelartigen Tönen, Mädchen beim Shoppen, begleitet von Popmusik, sowie Selbstaussagendazu, warum es schön ist ein Junge oder ein Mädchen zu sein. Trotz der dargestellten Eigenheiten der Geschlechter beschränkt sich der Film jedoch nicht auf Stereotype, sondern artikuliert und reflektiert diese bereits zu Beginn in kurzen Szenen. So hält ein Transgender orientiertes Mädchen – laut Videoprojekt ein sogenannter Tomboy – fest, dass „es uns ja einfach nur beigebracht [wurde], was Mädchen und was Junge ist.“ Gleichermaßen äußert sich ein älterer männlicher Jugendlicher kritisch dazu, dass „man auf das biologische Geschlecht heruntergestuft wird“ und trifft den sprichwörtlichen Nagel auf den Kopf: „Es ist doch scheiß egal, ob man jetzt ein Mann oder eine Frau oder alles Mögliche ist.“ Neben dieser wichtigen Botschaft wird den Jugendlichen im Rahmen des Films aber auch die Chance gegeben, ihre genderspezifischen Merkmale herauszustellen und alltagsnah aufzuzeigen, was ihr biologischen oder soziales Geschlecht für sie bedeutet. Die sequenzhaften Beiträge der Jugendlichen gehen im Filmfluss zwar nahtlos ineinander über, doch die im Menü auswählbaren Kapitel geben Aufschluss darüber, wie das Rahmengerüst der Doku aufgebaut ist. An das themenöffnende Intro reihen sich Zusammenschnitte zu den in der Pubertät besonders relevanten Bereichen ‚Schönheit und Aussehen', ‚Was ist männlich, was ist weiblich?', ‚Erdbeerwoche', ‚Freundschaft und Liebe', ‚Sex und Sexobjekt' sowie ‚Erwachsenwerden'. Auch hier werden die Porträts der männlichen und weiblichen Jugendlichen gegenübergestellt, jedoch mit bewussten Überraschungen bzw. vermeintlichen Umkehrungen: Zwei Mädchen sprechen beispielsweise über ihre Begeisterung für Fußball und ein zuvor rollentypischer Junge referiert über seinen Berufswunsch als Tanzlehrer. Obwohl die Ausführungen der Jugendlichen unbekümmert und charmant artikuliert werden, schwingen gesellschaftskritische Aussagen mit. Besonders bildhaft wird das unter anderem in einer Szene, in der zwei Freunde bei einem Ikea Besuch die extrem klischeehaft ausgestalteten Kinder- und Jungendzimmer unter die Lupe nehmen. Auch zentrale Konfliktthemen der Jugendlichen finden ihren Platz, wenn es zum Beispiel um Gefühlsverletzungen durch das andere Geschlecht, um Übergriffe oder sexuelle Belästigung geht.
Letzteres Problem wird in einer weiteren DVD des Medienprojekt Wuppertal dezidiert aufgegriffen. I’m too sexy for my … ist ein Film über Sexismus. Die Reportage setzt sich aus separaten Sequenzen zusammen, die durch Umfragen, Porträts, nachgestellte Inszenierungen und (Experten-)Interviews, die Erfahrungen, Ängste und Wünsche von Mädchen und Frauen hinsichtlich Geschlechterungerechtigkeit beleuchten. Ein beklemmendes Gefühl erhalten die Zuschauerinnen und Zuschauer bereits in der ersten Szene, in der eine junge Schauspielerin die Kamera direkt und ungeniert fokussiert und typische sexistische Sprüche verlauten lässt. Daran schließen sich Aufnahmen von Straßenumfragen mit Mädchen und jungen Frauen an. Antworten wie „Aber ich glaube das ist normal“ zeigen eindrücklich, was bereits der Klappentext der DVD herausstellt: 100 Prozent aller Mädchen und Frauen sind von Sexismus betroffen. In einer Interviewsequenz macht Feministin Anne Wizorek, die 2013 mit dem Hashtag #aufschrei bekannt wurde, eine weite Definition von Sexismus auf. Sie bezeichnet damit „in erster Linie die stereotype Erwartung, wie Menschen Geschlechterrollen zu leben haben.“ Passend dazu werden in dem Wuppertaler Filmprojekt verschiedene Arten von Sexismus beleuchtet. Von verstecktem Sexismus über alltägliche Belästigungen oder Sexismus in den Medien bis hin zu nervigen Blicken – die Protagonistinnen der Dokumentation erzählen von bekannten Szenarien, sprechen aber auch neue, interessante Facetten an. Eine selbstbewusste junge Muslimin spricht beispielsweise über die Vorteile des Kopftuchs, welchen Wert es für sie hat und dass es ein Gefühl der Sicherheit verleiht, während die 16-jährige Mia sich in einem Zwiegespräch mit ihrem Partner damit auseinander setzt, was gut gemeinter Sexismus ist – also das Einnehmen einer Beschützer- oder Kavaliers- Rolle durch die Männer. Abschließend werden Wünsche danach formuliert, „dass man Frauen und Männer nicht so trennt“ und dass bestimmte Unterschiede „einfach nicht mehr relevant sind“. Dies deckt sich auch mit den Leitgedanken in Alles Mädchen, alles Junge. Das Ziel beider Filmprojekte ist es, über das andere Geschlecht zu informieren, Verständnis für Genderaspekte zu erzeugen und die Zuschauerinnen und Zuschauer für Themen der Geschlechterungerechtigkeit zu sensibilisieren. Beide Filme eignen sich als Lehrmaterial an weiterführenden Schulen bzw. sind sogar dementsprechend angelegt. Vor allem der Zusammenschnitt Alles Mädchen, alles Junge eignet sich dafür, kurze Einblicke in die Lebenswelt des anderen Geschlechtes zu geben. So können auch sensible Themen wie die weibliche Periode, die im Kapitel ‚Erdbeerwoche' behandelt wird, angesprochen werden – bedürfen aber gerade bei Schulklassen einer Begleitung durch Fachpersonal. Die halbstündige Zusammenfassung der Filme Alles Mädchen und Alles Junge ist leicht zu rezipieren, bietet genug Abwechslung und Humor, hält durch die filminternen Reflexionen zu Rollenstereotypen aber auch genug Diskussionspotenzial bereit. Der sehr szenenhafte Sexismus-Film hätte einer konkreteren Moderation oder einem stringenteren narrativen Faden bedurft, um gerade jungen Zuschauerinnen und Zuschauern das Filmerlebnis zu erleichtern und spannender zu gestalten. Dennoch erfüllt er sein Ziel und gibt zumindest Einblicke in eine Gesellschaft, in der Sexismus omnipräsent ist. Aufgrund der Filmlänge und Dichte der Thematik eignet sich die Rezeption der Dokumentation eher in Ausschnitten, die zur Veranschaulichung, Diskussionsanstoß oder einfach zum Hineinversetzen in beklemmende Situationen geeignet sind. Beide Filmproduktionen entspringen der Gedanken- und Lebenswelt von Jugendlichen und jungen Erwachsenen und sind im Umkehrschluss auch sehr gut geeignet um eben diese Zielgruppen über Geschlechteraspekte aufzuklären.
Jana Schröpfer ist studentische Hilfskraft am JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis und bei merz | medien + erziehung. Derzeit studiert sie den Masterstudiengang Internationale Public Relations an der Ludwig-Maximilians- Universität München.
Jana Schröpfer: Historische Filmclips online neu zum Leben erwecken
Vistarena GmbH (Hrsg.) (2015). historixx: Filmgeschichte zum Selbermachen. Bildungsportal. www.historixx.de, kostenfrei oder kostenpflichtiges Premiumabonnement.
Moderner Medienumgang und deutsche Zeitgeschichte schließen sich aus? Spannende Filmclips drehen und nebenbei für Geschichte pauken ist nicht möglich? Falsch gedacht! Die virtuelle Filmwerkstatt historixx bringt diese scheinbar unvereinbaren Gegensätze zusammen: Auf einer Bildungsplattform, die von Schülerinnen und Schülern, pädagogischen Fachkräften oder Geschichtsinteressierten gleichsam genutzt werden kann; sei es, um geschichtliche Themenbereiche in Eigeninitiative aufzubereiten, das Geschichtswissen der Schützlinge interaktiv zu vertiefen, kultur- und medienpädagogische Projekte anzustoßen oder sich kreativ auszuleben. Das Online-Angebot der Vistarena GmbH wird unter anderem vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend unterstützt und ist Teil der Förderinitiative Ein Netz für Kinder der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien. Ziel der Initiative ist es, mehr kindgerechte und qualitativ hochwertige Internetangebote zu schaffen und deren Auffindbarkeit im Netz zu erhöhen. Die Inhalte der Homepage richten sich an eine breite Altersklasse von technikaffinen Kindern und interessierten Jugendlichen über Studierende bis hin zu Erwachsenen – am ehesten eignen sie sich jedoch für Schülerinnen und Schüler ab der Sekundarstufe I.
Die Kernidee von historixx besteht darin, dass die Nutzenden auf ein reich bestücktes Archiv historischer Filmclips zugreifen und diese in einem Online-Schnitttool individuell bearbeiten können. Dadurch entstehen sowohl lehrreiche als auch kreative Geschichtsvideos. Um dieses Konzept herum bietet historixx noch zahlreiche Zusatzfunktionen. Neben historisch bedeutsamen Filmsequenzen sind auch thematisch sortierte Bilder, Originaltöne und Audioaufnahmen vorhanden. Die Themenbereiche setzen sich aus geschichtlichen Epochen – wie ‚Erster Weltkrieg‘ oder ‚Zwei Deutsche Staaten‘ –, wichtigen Ereignissen oder allgemeineren Kategorien – wie ‚Kindheit und Familie‘ oder ‚Rund um die Welt‘ – zusammen. Einige Bereiche werden durch ‚Lehrmaterialien‘ ergänzt: Erklärungstexte zu den Geschichtsthemen, inspirierende Vorlagentexte oder sogar ganze Storyboards. Diese sollen dabei helfen, Ideen für den eigenen Filmclip zu entwickeln. Das Archiv lädt daher nicht nur zum Browsen und Schmökern ein, sondern nimmt eine der größten Sorgen potenzieller Clip-Produzierender gleich vorweg – nämlich: Was mache ich, wenn ich keine Idee habe? Weiter geht es mit der Speicherung von geeignetem Material, das nach einer kostenlosen Registrierung in der eigenen Projekt-Mediathek abgelegt werden kann. In diese lassen sich ferner private Audio-, Musik-, Film- und Bildaufnahmen hochladen, was eine perfekte Individualisierung des späteren Clips ermöglicht. Im Schnitttool kann das eigene Projekt nach Herzenslust zusammengefügt werden. Die Schnittbühne bietet hierfür einiges: schneiden, trimmen, beschleunigen und allerlei Effekte. Ob die Filmemachenden nun einen Kommentar zu einer Stummfilmsequenz einsprechen, eine historische Rede mit eigenen Gedanken untertiteln oder aber einen ‚Iris-Übergang‘ zwischen zwei Filmclips einblenden möchten – nahezu alles ist möglich. Was die Werkstatt- Nutzenden hinterher mit ihren kreierten Kurzfilmen anfangen, bleibt ihnen selbst überlassen: Die Endprodukte können offline gespeichert, in sozialen Netzwerken geteilt oder aber im homepageeigenen ‚Schaufenster‘ zugänglich gemacht merz medienreport werden, um anderen historixx-Mitgliedern bei der Ideenfindung zu helfen. Wer mal eine Pause vom ‚Cutten‘ braucht oder sein neugewonnenes Geschichtswissen überprüfen möchte, kann eines der vielen kniffligen historixx-Rätsel lösen. Unter ‚Quiz‘ lassen sich zum Beispiel Filmclips in die richtige Reihenfolge ‚puzzeln‘, um den Verlauf von geschichtlichen Ereignissen nachzustellen. Oder die Geschichtsbegeisterten werden aufgefordert, sich nach der Sichtung verschiedener Clips zu entscheiden, welcher wohl die richtige Antwort zu der Frage „Wer waren die Suffragetten und was haben sie gemacht?“ bereithält. Die genannten Portalfunktionen gehören zur frei zugänglichen Basisversion – zum Erstellen eines eigenen Videos bedarf es jedoch einer kostenlosen Registrierung. Mit der zahlungspflichtigen Premiumvariante von historixx ist hingegen noch viel mehr möglich. Das Archivmaterial erweitert sich immens, neue Themenbereiche kommen hinzu und Lehrkräfte können Lehrfilme sowie didaktische Unterrichtsmaterialien herunterladen oder sogar Klassenprojekte samt Hausaufgaben und Bewertungsmechanismen anlegen. Das virtuelle Geschichtsportal bietet dadurch auch interessante Lehrpakete für Schulen und sogar Universitäten an.
Alles in allem ist historixx ein vielseitiges und bereicherndes Bildungsangebot. Auch wenn die Startseite zunächst etwas ‚erschlagend‘ wirkt und es einige Zeit benötigt, sich über die vielen verschiedenen Funktionen zu informieren, lohnt es sich, das Anwendungspotenzial von historixx auszuschöpfen. Pädagogischen Fachkräften erleichtert das Portal die Unterrichtsvorbereitung, die -durchführung kann attraktiver gestaltet oder spannende Medienprojekte angestoßen werden. Zweifelsfrei erfüllt historixx seinen Zweck und ermöglicht jungen Menschen, sich auf spannende Art und Weise mit deutscher Zeitgeschichte auseinanderzusetzen. Durch die erlebte Interaktivität und die Verwendung von Bewegtbildern wird spielerisches Lernen samt einhergehender Medienkompetenzförderung ermöglicht. Die (Schnitt-)Funktionen der Plattform sind für ‚Medienungeübte‘ zwar nicht unbedingt geeignet, Nutzende werden aber mit übersichtlichen Leitfäden oder Erklär-Videos versorgt. Vor allem die Quiz-Sammlung bereichert nicht nur Jugendliche, sondern bietet eine Beschäftigung für die ganze Familie. Bei all dem Spaß wird aber auch auf rechtliche Richtlinien geachtet und beispielsweise genau über das Urheberrecht informiert. Bevor ein Video einem größeren Publikum zugänglich gemacht werden kann, wird es ferner vom historixx-Team geprüft, um möglichen Geschichtsverfälschungen vorzubeugen. Langfristig und optimal ist die Bildungsplattform wohl am ehesten über den kostenpflichtigen Premiumzugang nutzbar. Wünschenswert wäre, dass historixx noch partizipativer und die ‚Schaufenster‘-Funktion von mehr Clip-Produzierenden genutzt wird, um einen Austausch unter den jungen (und auch älteren) Geschichte-Begeisterten herzustellen. Abschließend bleibt zu sagen: Film ab und Geschichte lebendig werden lassen!
Jana Schröpfer ist studentische Hilfskraft am JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis und bei merz | medien + erziehung. Derzeit studiert sie den Masterstudiengang Internationale Public Relations an der Ludwig-Maximilians- Universität München.
publikationen
Theresa Jordan: Perspektivenwechsel – Facebook als Herausforderung für die Pädagogik
Alfert, Nicole (2015). Facebook in der Sozialen Arbeit. Aktuelle Herausforderungen und Unterstützungsbedarfe für eine professionelle Nutzung. Wiesbaden: Springer VS. 394 S., 49,99 €.
Die berufliche Nutzung von Facebook in Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit hat in den letzten Jahren stark zugenommen. In der Folge gab es eine Vielzahl an Debatten um Datenschutz und Nutzungsverhalten. Nicole Alfert vollzieht in ihrer Dissertation einen Perspektivenwechsel von der Facebook-Nutzung der Heranwachsenden hin zu den Herausforderungen und Unterstützungsbedarfen pädagogischer Fachkräfte. Sie arbeitet heraus, inwiefern bei pädagogischen Fachkräften ein erheblicher Handlungs- und Nachholbedarf besteht. Alfert arbeitet nach einer allgemeinen Einführung zu einzelnen Grundbegriffen und Facebook selbst die Bedeutung sozialer Netzwerke für Heranwachsende und für die Disziplin der Sozialen Arbeit heraus. Sie schlussfolgert aus ihren Ausführungen, dass das Verstehen des Medienhandelns von Kindern und Jugendlichen Grundvoraussetzung für die sinnvolle Gestaltung der Medienerziehung ist und dass dies eine zentrale Herausforderung für die Soziale Arbeit darstellt.
Sie geht dabei der Frage nach, ob bzw. inwiefern pädagogisches Handeln von Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit mithilfe von Facebook professionell funktionieren kann. Alfert resümiert schließlich, dass die zahlreichen Potenziale (z. B. Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit) dafür sprechen, Facebook beruflich zu nutzen.In der Studie wurde der Status Quo der Facebook- Nutzung in beruflichen Kontexten der Sozialen Arbeit empirisch erhoben. Dazu zählt, welche Herausforderungen, Unterstützungsformen und -bedarfe bei den pädagogischen Fachkräften festzustellen sind. Während der im Herbst 2012 durchgeführten Querschnittstudie beantworteten 68 Vertreterinnen und Vertreter aus Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit in Nordrhein-Westfalen 31 Fragen aus fünf Fragenkomplexen. Erfragt wurden der allgemeine Stellenwert und die derzeitige berufliche Nutzung von Facebook in der eigenen Einrichtung sowie Unterstützungsformen und -bedarfe wie auch Angaben zur Person und der Einrichtung. Die Ergebnisse des empirischen Teils der Studie zeigen, dass über 70 Prozent der Befragten angeben, dass Facebook bereits jetzt einen (sehr) großen Stellenwert in ihrer Einrichtung einnimmt und dass mehr als die Hälfte Facebook täglich oder mehrmals täglich für berufliche Zwecke nutzt.
Des Weiteren ergab die Studie, dass Fachkräfte die Plattform eher intuitiv nutzen und das Wissen über die Funktionen und Strukturen von Facebook unter den Nutzenden stark differiert. Daraus schlussfolgert die Autorin, dass es konkreter Handlungsempfehlungen und Richtlinien zur Professionalisierung der Facebook-Nutzung in Einrichtungen bedarf.Solche Richtlinien findet die Leserin bzw. der Leser am Ende der Publikation in Form eines Leitfadens: Darin wird beispielsweise darauf hingewiesen, dass beim Umgang mit Facebook neben allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einer Einrichtung auch die Kinder und Jugendlichen selbst von Anfang an involviert sein sollten. Auch sollten Ziele, Verantwortlichkeiten sowie Verhaltensregeln definiert werden. Außerdem spricht Alfert die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben an, beispielsweise Persönlichkeits- und Bildrechte.Durch die Beschäftigung mit den Herausforderungen und Unterstützungsbedarfen der pädagogischen Fachkräfte bei der professionellen Nutzung von Facebook unternimmt Alfert erste Schritte, das Forschungsdesiderat professioneller Facebook-Nutzung zu beheben, da in der Vergangenheit lediglich Themen wie Nutzungsverhalten und Datenschutz debattiert wurden. Trotz der in solchen Themenbereichen aufkommenden Frage nach der Aktualität und der Beständigkeit wird gezeigt, dass es sehr wichtig ist, die weiteren (ungewissen) Entwicklungen zu beobachten und auf diese einzugehen. Die Arbeit selbst ist durch die klare Struktur und das gut begründete methodische Vorgehen angenehm zu lesen. Die Einführung stellt dabei eine gute Wissensbasis dar und auch die empirische Studie selbst ist klar aufgebaut.
Um die Daten zu erheben, wurden allerdings keine erprobten, standardisierten und validierten Erhebungsinstrumente entwickelt oder genutzt. Durch die Befragung der Teilnehmenden einer Tagung zu Social Media und Soziale Arbeit konnte Alfert sehr gut ihre Zielgruppe, also pädagogische Fachkräfte erreichen, bei der Auswertung wurde jedoch keine Unterscheidung zwischen Offener Kinder- und Jugendarbeit und Jugendverbandsarbeit vorgenommen. Bedauerlicherweise setzt sich die Autorin auch nicht mit den Argumenten der Gegenpositionen auseinander, die die professionelle berufliche Nutzung von Facebook ablehnen. Durch den an ihre Arbeit anschließenden Leitfaden für die berufliche Nutzung von Facebook stellt Alfert einen sehr guten, wenn auch kurzen Bezug zur Praxis her und bietet so sicherlich vielen Einrichtungen einen ergänzbaren Orientierungsrahmen für ihren Internetauftritt. Allerdings erscheinen viele Punkte des Leitfadens wie beispielsweise die Verhaltensregeln eher selbstverständlich.
Doch hinsichtlich der Ergebnisse des empirischen Teils scheint eine Zusammenstellung der einfachsten Grundlagen notwendig zu sein, damit ein professionelles pädagogisches Handeln auf Facebook gelingen kann.Summa summarum beinhaltet die allgemeine Einführung wenig Neues, die Studie ist nicht repräsentativ und die eigentlich gute Idee des Leitfadens ist sehr kurz gehalten und im Anhang leicht zu übersehen. Gleichwohl ist die Studie sowohl für Studierende der Medienpädagogik und der Sozialen Arbeit, als auch für unerfahrene Praktikerinnen und Praktiker geeignet, da sie Grundwissen kompakt vermittelt, Begrifflichkeiten gelungen klärt, wichtige Erkenntnisse didaktisch sinnvoll wiederholt und komplexe Zusammenhänge mit bildlichen Darstellungen verständlich macht.
Theresa Jordan studiert Sonderpädagogik und Evangelische Theologie an der Julius-Maximilians- Universität in Würzburg.
Charlotte Horsch: Pflichtlektüre für junge Foto-Fans
Hauschild, Günter (2016). Der Fotokurs für junge Fotografen. Ein Buch zum Lesen, Lernen, Ausprobieren. Bonn: Vierfarben. 190 S., 24,90 €.
Die Fotografie ist das perfekte Einstiegsmedium für Kinder. Wenn es aber darum geht, mehr als nur Schnappschüsse zu knipsen, ist auch mehr als nur die trockene Bedienungsanleitung der Kamera gefragt. Fotograf und Biologielehrer Günter Hauschild erklärt in seinem Buch Fotokurs für junge Fotografen Kindern ab zehn Jahren sehr detailliert und in einfacher Sprache die komplexen technischen Zusammenhänge einer Kamera. Das Buch ist in drei Teile gegliedert: Zunächst werden die technischen Möglichkeiten einer Digitalkamera erklärt und wie damit umzugehen ist. Die Leserinnen und Leser werden in die Möglichkeiten ihrer Kamera eingeführt und lernen zum Beispiel, wieso die Einstellung der Blende wichtig ist und was die Belichtungszeit mit einem guten Foto zu tun hat. Auch auf das Smartphone als Kamera-Ersatz wird kurz eingegangen. Im zweiten Teil behandelt Hauschild das Motiv: Was kann man fotografieren und wie bringt man das Motiv am besten zur Geltung? Welche Perspektive kann gewählt werden und welche Tageszeit ist am besten dafür geeignet, um Tiere in der freien Wildbahn zu fotografieren? Diese und weitere Fragen werden ausführlich beantwortet.
Der letzte Teil des Buches behandelt die Bildbearbeitung und Veröffentlichung. Dabei wird das Bearbeitungsprogramm Adobe Photoshop Elements 14 detailliert erklärt. Außerdem werden Möglichkeiten aufgezeigt, wo und wie die fertigen Fotos gezeigt werden können, sei es auf sozialen Netzwerken wie Facebook, via E-Mail oder ausgedruckt per Post. Hierbei wird genau erklärt, was bei Facebook beachtet werden sollte. Auch auf die Bildbearbeitung auf dem Smartphone wird eingegangen sowie einige Apps vorgestellt, die interessante Möglichkeiten bieten. Neben den Erklärungen sind im Buch immer wieder konkrete Projektideen oder Aufforderungen zum Fotografieren enthalten, mit denen die jungen Leserinnen und Leser das Gelernte direkt umsetzen können. Das Buch ist sehr schön aufgemacht und gestaltet, es enthält verschiedene kreative Fotografien, von denen sich Lesende inspirieren lassen können.
Die Sachverhalte der Fotografie werden in leicht verständlicher Sprache umfassend erklärt, ohne dabei zu kompliziert zu erscheinen. Im Hinblick auf die junge und nicht zwangsläufig solvente Zielgruppe hätte der Autor allerdings auf kostenfreie Alternativen zu Photoshop hinweisen können, anstatt ausschließlich ein kostenpflichtiges Bearbeitungsprogramm zu erklären. Außerdem wäre es sinnvoll, Alternativen zu Facebook zu empfehlen, da dieses Netzwerk hinsichtlich des Datenschutzes häufig in der Kritik steht und außerdem erst für Jugendliche ab 13 Jahren zugänglich ist. Hier wäre es gut, auf die Gefahren von Facebook hinzuweisen und Alternativen wie den Knipsclub (knipsclub. de) zu empfehlen, wo Kinder ihre Bilder in einem geschützten Rahmen online posten können. Dennoch ist der Fotokurs eine gute Empfehlung für junge Fotografinnen und Fotografen, die sich intensiv mit ihrer Kamera und den Möglichkeiten der Fotografie auseinandersetzen möchten.
Charlotte Horsch hat Theaterwissenschaft an der LMU München studiert. Sie beschäftigt sich in ihrer Freizeit intensiv mit Fotografie.
Astrid Dinter: Spieleentwicklung und Religion
Piasecki, Stefan (2016). Erlösung durch Vernichtung?! Religion und Weltanschauung im Videospiel. Eine explorative Studie zu religiösen und weltanschaulichen Ansichten junger Spieleentwickler. Kassel: kassel university press. 1.033 S., 69 €.
Videospiele stellen ein globales Kulturphänomen dar, „welches den Alltag in vielfältiger Form immer weiter durchdringt“ (S. 13) – so Piasecki. Seine explorative Studie „will zu Kommunikation zwischen unterschiedlichen und bislang getrennt voneinander agierenden Disziplinen beitragen, indem sie nach Religion und Weltanschauung in Videospielen fragt und […] mit Spieleentwicklern ins Gespräch kommt“ (S. 16). Dieser Fokus auf die Spieleentwicklerinnen und -entwickler hin ist im Forschungsdiskurs selten zu finden. Dabei sind es die Entwickelnden und Spieledesignerinnen und -designer, „die letztlich darüber entscheiden, Inhalte religiöser (oder politischer, kultureller usw.) Art in einem Spiel zu vermitteln oder nicht“ (S. 18). Medienwirkung braucht für Piasecki immer das Zusammenspiel von Sender und Empfänger.Piasecki untersucht in Erlösung durch Vernichtung?! zunächst, was Video- bzw. Computerspiele genau sind, wobei er deren historische Genese in den Blick nimmt.
Dabei berücksichtigt er Erkenntnisse der Wirkungsforschung bzw. zentrale Erkenntnisse der Game Studies. Er fragt nach der Beziehung von Religion zu Videospielen und nimmt eine dezidiert religionspädagogische Einordnung vor. Die Religionspädagogik dient dabei als „Verbundwissenschaft, die die Schnittstellen zwischen Medienwissenschaften, Sozialforschung und der Theologie“ (S. 70) markiert.An die ausführliche medienpädagogische und religionspädagogische Analyse schließt Piasecki seine empirische Studie: Er orientiert sich methodisch an der hypothesengeleiteten, onlinegestützten quantitativen Befragung, lässt aber individuelle Kommentare zu, die dem quantitativen Setting eine qualitative Erweiterung verleihen. Piasecki wählt ein quantitatives Setting, um die Daten so besser bearbeiten zu können und die Anonymität der Befragten in der engen Spieleentwickler-Community zu wahren. Er befragt die Teilnehmenden der Games Academy Berlin, „einer Bildungseinrichtung mit dezidiert überregionalen Einzugsgebiet“ (S. 590), die die Wiederholbarkeit der Studie garantiert sowie einen Vergleich mit anderen Jugendstudien zulässt, da es sich bei den Untersuchten um noch in der Ausbildung befindliche Spieleentwickelnde handelte. Der Frageboden selbst enthält mediensoziologische, rezeptionspsychologische, individuell medienhistorische und weltanschauliche Themenstellungen.
So soll ein Einblick in das Denken von Spieleentwicklerinnen und -entwicklern gewonnen werden. Von den 59 Befragten gaben sich 36 Personen als männlich zu erkennen, elf Personen waren weiblich, zwölf Personen machten keine Angaben zu ihrem Geschlecht. Piasecki kommt zu dem Ergebnis, dass Spieleentwicklerinnen und -entwickler nicht uninteressiert sind an gesellschaftlichen und politischen Themen. Dabei besteht eine grundsätzlich vorhandene Bereitschaft, die selbst vertretenen Meinungen und Überzeugungen in Spiele zu transferieren. Spieleentwickelnde halten es für möglich, „dass gesellschaftliche Diskurse durch Videospiele inspiriert, initiiert und begleitet werden können“ (S. 708). Allerdings widersprechen „die allmeisten der Befragten angehenden Spieleentwickler den gängigen Auffassungen gelebter Religion deutlich“ (S. 704). Auch werden traditionelle Kirchen und Religionsgemeinschaften stark abgelehnt.Zusammenfassend stellt Piasecki fest, dass Spiele wie auch Medien allgemein Selbstsozialisierungsprozesse begleiten und dabei religiöse Dimensionen und Aspekte umfassen. Die Spieleentwicklerinnen und -entwickler bedienen sich natürlich aus dem religiösen und mythischen Fundus ihrer Herstellungskultur, ebenso wie Autorinnen und Autoren oder bildende Künstlerinnen und Künstler. Videospiele werfen, ebenso wie der Film, ethische und moralische Fragen auf und ermöglichen so einem Publikum, das sonst nicht erreichbar wäre, Zugang zu derartigen Fragestellungen.
Die Studie zeichnet sich dadurch aus, dass sie einen für die religionspädagogische Diskussion neuen Fokus wählt, nämlich den auf Spieleentwickelnde. Dieser Ansatz wurde bisher im Diskussionsfeld ‚Religion und Computer‘ noch nicht berücksichtigt. Piasecki hat dabei konsequent die Sender- und Empfängerperspektive im Blick. Seine religionspädagogischen und medienpädagogischen Ausführungen sind durchweg fundiert. Der Aufbau der Studie ist stringent. Methodisch ist zu fragen, ob das Forschungsinstrumentarium nicht doch noch um einen qualitativen Zugang erweitert werden sollte. Piaseckis Augenmerk auf die Wahrung der Anonymität wäre dabei jedoch Rechnung zu tragen. Ein qualitativer Zugang – über die Einzelkommentare hinaus – würde die Ergebnisse noch verdichten und die unterschiedlichen Dimensionen religiöser Themen noch deutlicher aufzeigen. Angezeigt ist ein weitergehender Umlauf der quantitativen Studie, die die Anzahl der untersuchten Spieleentwicklerinnen und -entwickler steigern würde. Dies ist in jedem Fall sinnvoll, da eine Untersuchung mit 59 Probanden noch im explorativem Charakter verbleibt. Die Publikation Erlösung durch Vernichtung?! richtet sich wegen der fundierten medienpädagogischen Ausrichtung nicht nur an Religionspädagoginnen und -pädagogen, sondern auch an Wissenschaftlerinnen, Wissenschaftler und Interessierte aus dem Bereich der Medienpädagogik.
Dr. Astrid Dinter ist Honorarprofessorin an der Pädagogischen Hochschule Weingarten. Ihre Schwerpunkte sind Empirische Religionsforschung sowie Adoleszenz und Computer.
Gross, Friederike von/Kaiser, Sabine (Hrsg.) (2016). Ent-Grenztes Heranwachsen. Wiesbaden: Springer VS. 329 S., 39,99 €.
Gross, Friederike von/Kaiser, Sabine (Hrsg.) (2016). Ent-Grenztes Heranwachsen. Wiesbaden: Springer VS. 329 S., 39,99 €.
Kindheit und Jugend stehen seit Jahrhunderten im Forschungszentrum verschiedener Wissenschaftsbereiche. Während zunächst die allgemeinen Eigenheiten des Heranwachsens erforscht wurden, kristallisierte sich das Interesse zunehmend in individuelle Lebensläufe, das Typologisieren von Subkulturen oder in die Erforschung von Rahmenbedingungen der Entwicklung aus. Die Publikation Ent-Grenztes Heranwachsen behandelt die Frage, was verändernde Formen des Aufwachsens eigentlich für Kinder und Jugendliche bedeuten – und diskutiert dies im Kontext der Konzepte Entgrenzung und Begrenzung.
Das Sammelwerk gliedert sich dazu in drei Teilbereiche: In ‚Heranwachsen im 21. Jahrhundert – zwischen Wandel und Beständigkeit‘ werden die Lebensphasen Kindheit und Jugend erziehungswissenschaftlich und in Anlehnung an aktuelle Diskurse und Forschungsergebnisse beleuchtet. So fordert zum Beispiel Sabine Andresen dazu auf, in Zeiten von Inklusion Normalitätsannahmen in der Kinder- und Jugendforschung zu überdenken; während Karin Wehmeyer bemängelt, dass eine Institutionalisierung der Lebenswelt Jugendlicher weiter vorangetrieben wird, indem öffentliche Räume aufgrund von Sicherheits- und Regelbestrebungen zunehmend begrenzt werden, was Jugendlichen Orte der Autonomie und des Austestens von Rollen und Identitäten nimmt. In ‚Mediensozialisation als Katalysator von Wandlungsund Entgrenzungsprozessen‘ stellt unter anderem Kira van Bebber ihre Studie zum Erfolg von High School Musical – trotz veralteten Filmgenres – vor. Renate Möller referiert über das Smartphone als Leitmedium sowie über die einhergehende Verschmelzung von Alltagshandeln und Medienpraktiken.
Im dritten Teil ‚Herausforderungen für Bildung und Erziehung‘ verortet beispielsweise Thomas Walden unter dem Schlagwort Medienkompetenz 2.1 medienpädagogische Konzepte neu. Abschließend dehnen sich die Blickwinkel aus und Perspektiven auf internationale Jugendarbeit werden vorgestellt. Ent-Grenztes Heranwachsen ist wissenschaftlich fundiert angelegt und beleuchtet viele Facetten der Grundkonzepte Ent- und Begrenzung. Es eignet sich für Forschende und Fachkräfte der Erziehungs- und Sozialwissenschaften sowie der Jugendforschung und Medienpädagogik, wobei es eher dem Wissenszuwachs und nicht der berufspraktischen Anwendung dient.
Lorber, Martin/Schutz, Thomas (2016). Gaming für Studium und Beruf. Warum wir lernen, wenn wir spielen. Bern: hep verlag. 125 S., 19 €.
Lorber, Martin/Schutz, Thomas (2016). Gaming für Studium und Beruf. Warum wir lernen, wenn wir spielen. Bern: hep verlag. 125 S., 19 €.
Rund 30 Millionen Menschen in Deutschland spielen Computer- und Videospiele – und dies bereits seit mehreren Generationen. Diese Beschäftigungsarten stellen besondere Leitmedien unserer Zeit dar, die zumeist kritisch beäugt werden. Die Autoren stellen sich die Frage, warum trotz der globalen und generationsübergreifenden Verbreitung von Gaming daraus resultierende Lernpotenziale noch kaum an (Hoch-)Schulen oder im Beruf genutzt werden. Um der Frage nachzugehen, legen sie zunächst Fakten zum Thema Gaming dar, erörtern die Kompetenzen, die sich aus dieser Beschäftigung ergeben und beleuchteten Gaming im Hinblick auf verschiedene Kontexte. Im ersten Kapitel werden Gamerinnen und Gamer provokativ aber nachvollziehbar mit Schach-, Klavier- und Geigenspielerinnen und -spielern verglichen.
Letzteren Gruppen wird bereitwillig Expertise zugeschrieben, da sie für ihre Fähigkeiten meist Jahrzehnte lang trainieren mussten. Aber auch Gamerinnen und Gamer spielen über Jahrzehnte hinweg, entwickeln bestimmte Kompetenzen und erlangen ein Expertenniveau, das für andere Gesellschaftsbereiche bisher jedoch ungenutzt bleibt. Nach Ausführungen zur medienhistorischen Entwicklung von Computerspielen, ihrem Aufstieg zu Leitmedien, der besonderen Ästhetik und dem stetigen Bedarf an branchenspezifischen Innovationen, stellen die Autoren im dritten und längsten Kapitel die Kompetenzen vor, deren Ausbildung unter anderem mit Gaming in Verbindung steht. Dabei gehen sie sehr ausdifferenziert vor – untersuchen beispielsweise Grund-, Teil-, Schlüssel- und Querschnittskompetenzen – und fundieren ihre Überlegungen wissenschaftlich.
Die Ausführungen basieren auf einem Gaming-Seminar der Hochschule München, in dem Studierende die erlernten Kompetenzen bestimmter Spielgenres mit denen ihres Studienganges verglichen und reflektiert haben. Dabei zeigt sich, dass gerade die Kompetenz der Entscheidungsfähigkeit in allen untersuchten Computerspielen trainiert oder entwickelt werden kann. In den nachfolgenden Kapiteln werden weitere Themenbereiche und Fragestellungen beleuchtet. So zum Beispiel, inwiefern Computerspiele bei Schicksalsschlägen Trost spenden können, welche Vorteile sie als Lehrmittel bieten und was Organisationen und Unternehmen von Gamerinnen und Gamern lernen können. Gaming für Studium und Beruf eignet sich allen voran für Interessierte der Bereiche Gaming und Lernen, als Gedankenanstoß aber auch für Bildungs- bzw. Lehr- Fachkräfte. Bereits zu Beginn der Publikation wird jedoch betont, dass man darin vergeblich nach Praxiskonzepten zur Einbindung von Spielen in den Lehralltag sucht. Es geht vielmehr um die Reflexion der Thematik bzw. um die Einordnung von Gaming in Lern- und Kompetenz-Kontexte,speziell das Kapitel über die Kompetenzentwicklung ist sehr aufschlussreich ist.
Pöttinger, Ida/Kalwar, Tanja/Fries, Rüdiger (Hrsg.) (2016). Doing politics. Politisch agieren in der digitalen Gesellschaft. München: kopaed. 243 S.,16 €.
Pöttinger, Ida/Kalwar, Tanja/Fries, Rüdiger (Hrsg.) (2016). Doing politics. Politisch agieren in der digitalen Gesellschaft. München: kopaed. 243 S.,16 €.
In einer Zeit, in der sich Großkonzerne Medien zu Nutze machen, um persönliche Daten zu speichern und auszuspähen, bedarf es der Bewahrung eigener Souveränität und konkreter politischer Lösungen. Auch Bildung und Medienpädagogik sind hier gefordert: Kinder und Jugendliche müssen in ihrer Entwicklung zu demokratisch handelnden Bürgerinnen und Bürgern verstärkt unterstützt und begleitet werden. Kann mediale Partizipation zu mehr politischer Beteiligung führen? Diesen Streitthemen und Fragen geht der 50. Band der GMK-Schriftenreihe zur Medienpädagogik nach und erörtert neue medienpädagogische Perspektiven, Konzepte und Strategien. Das Sammelwerk steigt mit einem Resümee zu Baackes Konzept der Medienkompetenz ein und skizziert, wie es sich auf heutige Szenarien übertragen lässt.
Daran anschließend erläutert Ida Pöttinger anschaulich zehn Gründe, warum Medienkompetenz ‚gerade jetzt‘ so wichtig ist. Sodann werden im ersten Kapitel theoretische Zugänge zur Thematik vorgestellt. Dagmar Hoffmann nimmt beispielsweise eine akteurstheoretische Position ein und beleuchtet die Bedingungen, Ansprüche und Wirklichkeiten politischer Teilhabe im Kontext von Mediatisierungs- und Individualisierungsprozessen, während Ingrid Volkmer den ‚Connected Young Citizen‘ zum Ausgangspunkt einer neuen jugendlichen Medienpolitik stilisiert. Anschließend werden Stellungnahmen des Deutschen Kulturrats vorgetragen, zum Beispiel zur Zukunft des Urheberrechts in Europa.
Das dritten Kapitel ist – wie gewohnt – sehr praxisnah: Hier werden medienpädagogische Perspektiven, Handlungsempfehlungen, Maßnahmen, aber auch konkrete Projekte und Materialien vorgestellt. Doing politics schließt mit einem englischsprachigen Artikel europaweiter Positionen zur Frage, wie staatliche Programme zu mehr Medienbildung und Jugendmedienschutz beitragen können. Die Publikation lehnt sich an eine Tagung der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) an, ist stringent aufgebaut, angenehm zu lesen und durch ihre theoretisch- praktische Untergliederung sowohl für Forschendeals auch für Praktikerinnen und Praktiker aus dem Feld der Medienpädagogik geeignet.
kolumne
Michael Gurt: Brexit total
Für Sascha Lobo ist der Brexit die direkte Folge eines Konzepts, das er Bullshit 9.0 nennt. Und nein, damit ist nicht das aberwitzige Drama um das Ausscheiden der englischen Mannschaft bei der Fußball-EM gegen Island gemeint. Bullshit 9.0 meint die völlige und bedingungslose Abkopplung von rationalem Argumentieren und politischem Agieren. Quasi eine Fortsetzung von ‚Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?‘, einem Zitat aus der Frühzeit der Republik ohne Internet. In Zeiten von Brexit- Aktivist Nigel Farage, Pegida-Plärrern oder der Führungsriege der AfD mag sich manch einer zurücksehnen nach ‚der guten alten Zeit‘. Politikerinnen und Politikern von gestern waren die Enthüllung von Täuschung, Lüge und Verrat hinterher wenigstens manchmal peinlich und führten zu Rücktritten oder Entschuldigungen. Heute wird sich mit solchen Kinkerlitzchen nicht aufgehalten, das Hier und Jetzt zählt – und natürlich ausschließlich die eigene Meinung. Fakten und logisches Denken ist was für Weicheier. Wenn schon Demagogie, dann mit Schmackes.
Der Großmeister des Bullshit 9.0 ist ohne Frage Donald Trump: Ein rassistischer, populistischer Hetzer, der über jede Scham erhaben ist. Wem Ronald Reagan als US-Präsident schon wie ein schlechter Witz vorkam, wird bei Trump vollends vom Glauben abfallen. Wenn die Realität schlimmer ist als die letzte kackblöde Reality- Show, weiß auch der optimistischste Kolumnist, was die Stunde geschlagen hat.
Für mich ist Bullshit 9.0 sogar noch breiter aufgestellt. Der Quatsch kennt keine Grenzen. Beweise finden sich in Forumsbeiträgen, egal zu welchem Thema. Ob Beiträge zur Bundesgartenschau, der Fußball-EM oder das jährliche Treffen der Zinnsoldatenfreunde: Allenthalben Verschwörungen wahlweise der Deutschland GmbH, von ‚das‘ Merkel und ihrem Regime von Volksverräterinnen und -verrätern, den Putin-Verstehenden, linksversifften rot-grünen Gutmenschen und natürlich der Lügenpresse.
Bestimmt hätten auch unsere Vorfahren gerne mal in der Anonymität des Internets über ‚die da oben‘ so richtig vom Leder gezogen: ‚Kolumbus? Diese halbblinde italienische Witzfigur findet doch nie den Seeweg nach Indien!‘ Hm, blödes Beispiel ... jedenfalls war es noch nie so salonfähig, sich im Netz über alles und jeden zu ereifern. Über die Hand in der Hose von Jogi Löw, kritische Berichte über fragwürdige Frauenbilder in Computerspielen, die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung, zu viel oder zu wenig Regen, Sonnenschein oder Frühnebel, zu heißer oder zu kalter Kaffee und natürlich den Schnee von gestern. Apropos Schnee von gestern: Kaum war das Votum für den Brexit auf dem Tisch, war laut Google die zweithäufigste Suchanfrage der Briten: Was ist die EU? In solchen Fällen pflegte mein alter Lateinlehrer zu sagen: Herr, lass Hirn vom Himmel fallen! Der Herr im Oberstübchen scheint gerade anderweitigbeschäftigt. Wahrscheinlich mit dem Lesen der Kommentare unter dieser Kolumne. Falls Sie darin kritische Beiträge zur Kompetenz von Jogi Löw als Bundestrainer, meiner Qualität als Kolumnenschreiber oder Auslassungen zu ‚denen da oben‘ finden, empfehle ich einen Selbstversuch: Einfach mal nicht lesen. Sie werden sich wundern, wie vieles leichter wird, wenn man den Bullshit 9.0 sich selbst überlässt.
Ansprechperson
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