2019/04 Making und Medienpädagogik
Making gilt als Graswurzelbewegung kreativer Tüftlerinnen und Tüftler, die analoge und digitale Techniken und Materialien nutzen, um gemeinsam Probleme zu lösen, eigene Produkte zu entwickeln oder die Haltbarkeit kommerzieller Produkte zu verlängern. Making bedeutet aber auch, Funktions- und Gestaltungsprinzipien technischer Produkte zu ergründen, Strukturen des Digitalen zu verstehen, unter Berücksichtigung ethischer Prinzipien aktiv anzuwenden und selbst zu ändern. Aus pädagogischer Sicht kann Making als erfahrungs- und produktorientierte Form der Selbstbildung verstanden werden. Selbstbestimmtes Tüfteln und Erfinden bietet somit Chancen für das Erleben von Selbstwirksamkeit und für das Entdecken und Weiterentwickeln eigener Stärken und Talente.
In der vorliegenden Ausgabe kommen Autorinnen und Autoren zu Wort, die sich im Schnittfeld von Making und Medienpädagogik bewegen und auf verschiedenen Ebenen – praktisch, theoretisch-konzeptionell und forschungsbezogen – Synergien zwischen beiden Perspektiven ausloten.
aktuell
Antje Müller: Studie: Jugendliche und YouTube
Die Webvideo-Plattform YouTube erreicht nahezu alle Zwölf- bis 19-Jährigen (86 %) mit deutlichem Abstand zu Alternativen wie Vevo oder Vimeo. Zu dem Ergebnis kommt die Studie JUGEND / YOUTUBE / KULTURELLE BILDUNG.HORIZONT 2019 des Rat für kulturelle Bildung.
Der als Leitmedium deklarierte Dienst wird von über der Hälfte der Befragten (58 %) entsprechend mobiler Möglichkeiten genutzt. Antworten für die Beliebtheit liefern Begründungen wie ‚witzig und lustig‘ (59 %), ‚neu/zeitgemäß/hip‘ (39 %) oder ‚originell/kreativ‘ (33 %). Für ein Viertel spielen Erklärungen und informative Inhalte eine Rolle, die Hälfte der Schülerinnen und Schüler hält Videos auch für schulische Belange für wichtig (37 %) bis sehr wichtig (10 %). Vorteile der Nutzung sehen sie insbesondere in der ständigen Verfügbarkeit, beliebig vielen Wiederholungen und der Art und Weise der Präsentation von Inhalten. Anschauliche Erklärungen, die leicht nachahmbar und praxisnah sind, überzeugen ebenso wie die Anregung zur Umsetzung von Ideen und der Herstellung von etwas Neuem. Jugendliche schätzen dabei Insidertipps und interessante Neuigkeiten, Empfehlungen von Angeboten sowie Tipps und Tricks, die sie für die Anschlusskommunikation und Interaktion nutzen.
Insbesondere für die Erarbeitung von Hausaufgaben und -arbeiten (70 %), für die Vertiefung von Wissen sowie die Vorbereitung auf Prüfungen werden Webvideos von Schülerinnen und Schülern genutzt. Begründet wird dies unter anderem mit der vorteilhaften bildlichen Erklärung und der lustigen, lockeren Art der Aufbereitung, die verständlicher und einprägsamer wirkt. Direkten Fachbezug stellt der Rat für kulturelle Bildung für den Musik-, Kunst- und Theaterunterricht (45 %) sowie für den Deutsch- und Sprachunterricht (37 %) her. Gespaltene Ansichten herrschen allerdings darüber, ob Inhalte in der Schule (50 %) oder auf YouTube (54 %) besser vermittelt werden; ein Großteil wünscht sich eine kritische Auseinandersetzung im Unterricht (60 %) und hinsichtlich der Herstellung von Videos eine stärkere Unterstützung seitens der Schule. Mit der Bandbreite an kulturellen Formaten und Angeboten, insbesondere im Bereich der beliebten Musik-, Tanz- und Modevideos, nehmen die orientierungsgebenden YouTuberinnen und YouTuber Einfluss auf die kulturellen Aktivitäten Heranwachsender. Gemäß Studienergebnissen erlangt der Soziale Netzwerkdienst somit den Status eines digitalen Kulturorts mit Auswirkungen auf die (Schul-)Bildung.
Die Studie basiert auf einer Stichprobe 818 Heranwachsender, die im Februar und März 2019 zu ihrem Nutzungsverhalten von YouTube durch das IFAK Institut GmbH & Co. KG Markt- und Sozialforschung befragt wurden.
Beitrag aus Heft »2019/04 Making und Medienpädagogik«
Autor: Antje Müller
Beitrag als PDFEinzelansichtBernd Schorb, Kathrin Demmler: Wechsel in der merz-Redaktion
Zwei langjährige Redaktionsmitglieder haben sich zum 1. Juli 2019 verabschiedet. Zeitgleich haben Günther Anfang und Albert Fußmann ihre kontinuierliche Arbeit in der Redaktion von merz | medien + erziehung niedergelegt und sind in den Ruhestand gegangen. Günther Anfang wirkte seit Mitte der 1980er-Jahre bei merz mit und verantwortete als Mitglied der ehrenamtlichen Redaktion über 150 Ausgaben unserer Zeitschrift. Allein in den letzten 15 Jahren veröffentlichte er darüber hinaus selbst über 60 Artikel bei merz. Doch Quantität ist nicht alles, auch wenn unsere Zeitschrift davon lebt, dass Menschen unentgeltlich ihre Gedanken zu Papier bringen und auf diese Weise daran mitwirken, dass es alle zwei Monate heißen darf: Eine neue merz ist erschienen.
Günther Anfang steht für Kontinuität und Zuverlässigkeit, vor allem aber auch für Themen. Sein besonderes Steckenpferd sind – sicherlich auch weiterhin – Filme: Kinder- und Jugendfilme, populäre kulturprägende Mainstreamproduktionen, aber vor allem auch kleine Nischenwerke, die sich sowohl mit besonderen gesellschaftspolitisch relevanten Themen befassen und mit einer eigenen, neuen Filmsprache experimentieren. Neben dem Film ist Günther Anfang jedoch immer offen für neue Medienentwicklungen gewesen, wie beispielsweise die vielen Besprechungen von sogenannten Edutainment-Angeboten zeigen. Ein weiteres Kontinuum stellen alle Themen und Einsatzbereiche der aktiven Medienarbeit und in den letzten Jahren vor allem der Einsatz von Medien in der frühen Bildung. Darüber hinaus berichtet Günther Anfang zuverlässig und unterhaltsam von Festivals und Kongressen, beispielsweise der Ars Electronica oder der documenta.
Albert Fußmann unterstützte die ehrenamtliche Redaktion seit 2013. Als Direktor des Institut für Jugendarbeit Gauting und leidenschaftlicher Kulturpädagoge steht er in der Redaktion vor allem für eine multiperspektivische Betrachtung medialer Phänomene und die Beachtung künstlerischer Potenziale von Bildungsprozessen mit und durch Medien. In seinen Artikeln kommt darüber hinaus sein fundiertes Wissen hinsichtlich Sozialisationstheorien und sein Einsatz für umfangreiche Angebote der politischen Bildung zum Ausdruck. Die kritische Betrachtung aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen, die Unterstützung von Teilhabeangeboten für Kinder und Jugendliche sowie die Auseinandersetzung mit politischer Information in den Medien sind gemeinsame Anliegen von Albert Fußmann und Günther Anfang. Dafür treten sie auch in den Redaktionssitzungen leidenschaftlich ein und werden dies auch sicher weiterhin in Beiträgen für merz tun. Denn wir wünschen uns in jedem Falle weiterhin eine gute Zusammenarbeit und Artikel, Kolumnen oder Rezensionen von den beiden scheidenden Redaktionsmitgliedern.
Seit Sommer 2019 wirkt Mareike Schemmerling in der Redaktion mit. Sie hat an der Universität Augsburg Medien und Kommunikation mit dem Schwerpunkt Mediendidaktik studiert und arbeitet seit 2011 als medienpädagogische Referentin am JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis. Zum 1. Juli ist sie in die Fußstapfen von Günther Anfang getreten und hat die Leitung der Abteilung Praxis am JFF übernommen. Ihr besonderes Interesse gilt der aktiven Medienarbeit mit Jugendlichen mit Flucht- oder Migrationserfahrung, dem Einsatz von Medien in verschiedenen Bildungsfeldern, denen sie sich vor allem hinsichtlich der Förderung einer aktiven, aber auch ethisch-reflektierenden Haltung zu aktuellen Social Media-Angeboten widmet. Darüber hinaus bringt sie eine besondere Expertise in der Entwicklung mediendidaktischer Materialien für schulische und außerschulische Jugendarbeit mit. Wir freuen uns sehr über das Interesse von Mareike Schemmerling, an der Redaktion mitzuarbeiten, und danken Günther Anfang und Albert Fußmann herzlich für ihre langjährige Mitarbeit.
Beitrag aus Heft »2019/04 Making und Medienpädagogik«
Autor: Bernd Schorb, Kathrin Demmler
Beitrag als PDFEinzelansichtAntje Müller: stichwort Influencer-Marketing
Sie sind hip und cool. Sie sind nicht selten unverzichtbares Element von Pausen(hof)gesprächen. Sie setzen Trends und haben den Markt im Griff. Die Rede ist von Social Influencerinnen und -Influencern – den Meinungsmachenden der Social Media-Ära, denen insbesondere jugendliche Follower-Scharen zwischen 14 und 17 Jahren loyal an den Lippen hängen. Die von ihnen praktizierte neue Werbe form des Influencer-Marketings steht für hohe Effizienz, lukrative Beurteilungen und (Produkt-)Bewertungen und ist artverwandt mit bekannten ‚Testimonials‘ oder auch unternehmensnahen, nahezu ehren amtlich engagierten Botschafterinnen bzw. Botschaftern für Marken. Jugend liche lieben deren ‚natürliche Art‘ und gut verpackte emotionalisierte (Werbe-)Botschaften auf Facebook, YouTube, WhatsApp oder Instagram. Ganz nebenbei – beim Zeigen ihrer Kleidung, beim Unboxing oder der Hashtag-Setzung – setzen die je nach Reichweite unterschiedenen Nano-, Micro-, Mid-Level-, Macro-, Mega-Influencerinnen und -Influencer Trends und stellen für manche die persua siv kommunizierende, parasozial interagierende Schwester oder den Bruder. Angetrieben von zuverlässigen Likes springen Jugendliche auf den mitziehenden ‚Waggon‘ auf, übersehen Schleichwerbung, mangelnde Konsumkritik, stereotype Botschaften, fragwürdige Werte und gar die Instrumentalisierung privater Momente unter den Minis des Influencer-Marketings zu Erwerbszwecken. Was die zumeist professionellen Social Influencer dennoch gut beherrschen ist Orientierung geben, Werte formen und kulturelle Impulse liefern – die helfen dann auch auf dem Pausenhof, um unter Peers Anschluss zu finden und kinder- und jugendkulturelle Zusammenhänge herzustellen (mehr zum Influencer Markting vgl. Lochowitz 2019 in dieser Ausgabe, S. 61–68).
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Autor: Antje Müller
Beitrag als PDFEinzelansichtSophie Strasser: Jugendschutzsoftware verliert gesetzliche Anerkennung
Die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) hat das Gutachten der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Dienstanbieter (FSM) zur Eignung von JusProg als Jugendschutzprogramm im Mai 2019 für unwirksam erklärt. Erst im März hatte die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM) der Software die gesetzliche Anerkennung nach dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) erteilt. Die Software war bisher das einzige anerkannte Jugendschutzprogramm.
Hintergrund dieser Entscheidung der KJM ist der Vorwurf, dass das Programm keinen lückenlosen Schutz gewährleisten könne: Die primäre Ausrichtung von JusProg auf Windows-PCs verhindere eine geschützte Mediennutzung auf anderen Betriebssystemen und mobilen Endgeräten. Doch gerade die damit verbundene plattform- und systemübergreifende Funktionsweise bildet der KJM zufolge die zentrale Voraussetzung für den Jugendmedienschutz. Andernfalls besteht die Gefahr einer rechtskonformen Verbreitung entwicklungsgefährdender Inhalte. Von Seiten der FSM wird die Entscheidung der KJM mit der Begründung zurückgewiesen, dass das Funktionieren von Jugendschutzprogrammen auf jedem beliebigen Endgerät nicht gesetzlich festgelegt sei.
Der gemeinnützige Verein JusProg e. V. stellt Eltern das kostenlose Jugendschutzprogramm JusProg zur Verfügung, das Kinder vor nicht altersgerechten Inhalten im Internet schützen soll. Für Sicherheit im Netz sorgt die Filtersoftware, indem Websites auf deren altersangemessene Inhalte geprüft werden. Die Altersgrenzen können dabei individuell festgelegt werden und bei unangemessenen Inhalten wird eine Blocking-Page angezeigt. Als Jugendschutzmaßnahme wird in Zukunft auf die Einführung von Sendezeitbeschränkungen von Internetanbietern ausgewichen werden müssen. Auch anmeldepflichtige Angebote, die Nutzerinnen und Nutzer erst nach einer Altersverifizierung freischalten, sind eine Option.
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Autor: Sophie Strasser
Beitrag als PDFEinzelansichtSchober, Maximilian: Verlorene Mitte – Feindselige Zustände
In der aktuellen Mitte-Studie 2018/2019 zu rechtsextremen, rechtspopulistischen und menschenfeindlichen Einstellungen in Deutschland sind teilweise widersprüchliche Erkenntnisse zu lesen. So halten es rund 86 Prozent der insgesamt 1.890 Befragten im Alter zwischen 18 und 97 für unerlässlich, dass Deutschland demokratisch regiert wird. 93 Prozent meinen sogar, dass die Würde und Gleichheit an erster Stelle in einer Demokratie stehen sollten. Gleichzeitig nehmen 54 Prozent der Befragten eine negative Haltung gegenüber Asylsuchenden ein. Im Vergleich zur Mitte-Studie 2016 ist der Wert damit um mehr als fünf Prozent gestiegen, obwohl die Zahl der Asyl suchenden seitdem gesunken ist. Zudem stimmen 35 Prozent der Befragten der Aussage zu, dass zu viele Ausländer in Deutschland leben. Diese zunächst widersprüchliche Gleichzeitigkeit von demokratischen und antidemokratischen Orientierungen, so die Autorinnen und Autoren, verweist darauf, dass bestimmte Werte nicht vollständig in die eigene Lebenswelt integriert werden. Darin sieht das Autorenteam einen klaren Bildungsauftrag: Demokratie erfahrbar machen, und nicht nur abstraktes Wissen über das politische System vermitteln.
Besonders für die pädagogische Arbeit mit Bezug zu journalistischer Berichterstattung oder Fake News sind Erkenntnisse zu Verschwörungsmythen interessant. So zeigt die Studie auf, dass der Glaube an Verschwörungstheorien in Deutschland keine Minderheitsmeinung darstellt, sondern durchaus weit verbreitet ist. Beispielsweise jeder Vierte stimmt der Aussage zu, dass Medien und Politik unter einer Decke stecken. Jede zweite befragte Person gibt zudem an, den eigenen Gefühlen mehr zu vertrauen als Expertinnen und Experten. Zwar scheint eine gesunde Skepsis gegenüber anerkannten Wissensquellen (wissenschaftliche Ergebnisse, öffentliche Bildung, etablierte Medien) wichtig für das demokratische Zusammenleben, pauschales und nicht-irritierbares Misstrauen belastet dieses aber. Seit 2006 untersuchen die Mitte-Studien im Zweijahresturnus rechtsextreme, menschenfeindliche und rechtspopulistische Einstellungen in der deutschen Querschnittsbevölkerung und bieten somit regelmäßig eine teils kontrovers diskutierte Grundlage zum gegenwärtigen Zustand der Demokratie. Die Studien werden durch die Friedrich-Ebert-Stiftung beauftragt und herausgegeben. Sie entsteht in Zusammenarbeit mit dem Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld. Grundlage der aktuellen Studie ist eine quantitative Bevölkerungsbefragung, die telefonisch durch geführt wurde.
Beitrag aus Heft »2019/04 Making und Medienpädagogik«
Autor: Maximilian Schober
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Björn Maurer, Kristin Narr: Making aus medienpädagogischer Perspektive
Making gilt als Graswurzelbewegung kreativer Tüftlerinnen und Tüftler, die analoge und digitale Techniken und Materialien nutzen, um gemeinsam Probleme zu lösen, eigene Produkte zu entwickeln oder die Haltbarkeit kommerzieller Produkte zu verlängern. Als Community of Practice organisiert, arbeiten Makerinnen und Maker miteinander, lernen voneinander. Sie teilen ihr Knowhow, ihre Ideen und Lösungsansätze. Sie nehmen Dinge auseinander, ergründen deren Funktionsweise, machen Code bzw. Algorithmen transparent und schaffen gemeinsam Neues. Im Zuge der digitalen Transformation hat die Maker-Bewegung neue Impulse bekommen. Niederschwellige Zugänge zur digitalen Fabrikation (z. B. 3D-Druck, CNC-Fräsmaschinen, Laser Cutter, Plotter) erlauben die Herstellung eigener, alternativer Produkte und damit eine gewisse Autonomie von der industriellen kommerziellen Produktion. Statt auf Profit und Wachstum setzen viele Makerinnen und Maker auf Nachhaltigkeit und lokale Produktion, soziale Verantwortung, Transparenz und Algorithmuskritik. Making bedeutet damit auch, Funktions- und Gestaltungsprinzipien technischer Produkte zu ergründen, Strukturen des Digitalen zu verstehen, unter Berücksichtigung ethischer Prinzipien aktiv anzuwenden und selbst zu ändern.
Ob in Bibliotheken, soziokulturellen Zentren, Quartierwerkstätten, Schulen oder Hochschulen – Orte mit Infrastruktur und Unterstützung für Making haben sich in unterschiedlichen Praxisfeldern etabliert. Entsprechend ihrer inhaltlichen Ausrichtung nennen sie sich Makerspaces, FabLabs (Schwerpunkt digitale Fabrikation) oder Hackerspaces (Hard- und Softwareentwicklung). Aus pädagogischer Sicht kann Making als erfahrungs- und produktorientierte Form der Selbstbildung verstanden werden. Selbstbestimmtes Tüfteln und Erfinden bietet Chancen für das Erleben von Selbstwirksamkeit und für das Entdecken und Weiterentwickeln eigener Stärken und Talente. Pädagogisches Making (vgl. Boy/Sieben 2017; Schön et al. 2016) kann dazu führen, dass Userinnen und User zu kreativen Prod-Userinnen und -Usern von Produkten werden, die eigene Ausdrucksabsichten realisieren und dabei Funktionsweisen industrieller Produktion und Entwicklungsprozesse im Produktdesign nachvollziehen. Making-Aktivitäten werden insbesondere mit der Förderung zukunftsrelevanter Fähigkeiten und Fertigkeiten (21st Century Skills, vgl. Beetham/ Sharpe 2013) wie Kreativität, Kollaboration oder kritisches Denken in Verbindung gebracht. Ebenso liegen Berührungspunkte mit Fragestellungen einer Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) auf der Hand (wie Up- und Downcycling, Repair-Cafés, Klimaschutz und Energie-Effizienz). Es gibt aber auch kritische Stimmen, die eine Funktionalisierung und Effizienzoptimierung von Human Ressources im Sinne wirtschaftlicher Interessen durch Making befürchten.
Ein Großteil der pädagogisch ausgerichteten Making-Angebote ist auf den außerschulischen Bereich zugeschnitten. Die Maker-Idee wird aber auch von Schulen aufgegriffen und den strukturellen Gegebenheiten (Bildungspläne, Fach- und Lektionenstruktur) angepasst. Dadurch ergeben sich interdisziplinäre Synergien zwischen Werken, den MINT-Fächern (insbesondere Informatik), Kunst und Gestaltung sowie Ethik. Making-Aktivitäten haben in den letzten Jahren zunehmend Einzug in die Medienpädagogik gehalten. Die Publikation Making-Aktivitäten mit Kindern und Jugendlichen (Schön/Ebner/Narr 2016) zeigt eine Reihe von Projektideen, die sowohl aus Sicht der Medienpädagogik wie auch aus der Maker-Perspektive sinnvoll sein können. Auf der theoretisch-konzeptionellen Ebene teilt der Making-Ansatz mit dem methodischen Konzept der aktiven Medienarbeit (vgl. Schell 2003) das Anliegen, durch Eigenproduktion Erfahrungen zu sammeln und dabei Funktion und Wirkungsweise von Produkten auf den Grund zu gehen. Das Streben nach Autonomie von industriell hergestellten Produkten beim Making findet sich in der Auseinandersetzung mit Datensicherheit, Privatsphäre und der informationellen Selbstbestimmung sowie digitalen Mündigkeit in der Medienpädagogik wieder. Die Möglichkeit, das technische Innenleben von Produkten mithilfe digitaler Werkstoffe wie Microcontrollern (z. B. Calliope, Microbits, Arduino), Minicomputern (z. B. Raspberry Pi), Aktoren und Sensoren zu gestalten, bietet Anknüpfungspunkte für eine Medienpädagogik, die sich am Frankfurt-Dreieck (vgl. Brinda et al. 2019 in dieser Ausgabe, S. 69–75) orientiert, und neben medienpädagogischen Fragen von Wirkung, Funktion, Nutzung und Gestaltung auch Bildungsprozesse auf informatisch-technischer Ebene anstoßen möchte. Mittelfristig ergibt sich die Chance, medienpädagogische Theoriebildung und die Weiterentwicklung innovativer Angebote durch Perspektiven von Natur- und Ingenieurwissenschaften interdisziplinär anzureichern.
In der vorliegenden Ausgabe kommen Autorinnen und Autoren zu Wort, die sich im Schnittfeld von Making und Medienpädagogik bewegen und auf verschiedenen Ebenen – praktisch, theoretisch-konzeptionell und forschungsbezogen – Synergien zwischen beiden Perspektiven ausloten.
Zu dieser Ausgabe
Sandra Schön und Martin Ebner geben in ihrem einführenden Beitrag einen Überblick über die historische Entwicklung der Maker-Bewegung. Sie ordnen den Maker-Ansatz lerntheoretisch ein, zeigen Verbindungen zu reformpädagogischen Ideen auf und heben dessen Bedeutung als soziale Bewegung heraus. Offenheit, Produktorientierung, Interdisziplinarität, der Einsatz digitaler Werkzeuge sowie die Orientierung an Nachhaltigkeit und sozialer Teilhabe gelten als wesentliche Merkmale der Maker Education.Henrike Boy und Kristin Narr arbeiten theoretische und methodische Bezüge zwischen Medienpädagogik und Making heraus und betonen dabei unter anderem Gemeinsamkeiten wie Handlungsorientierung, Produkt- und Prozessorientierung sowie Selbstwirksamkeit. Gewissermaßen als Synthese beider Perspektiven skizzieren sie den Ansatz des medienpädagogischen Making und machen deutlich, welche Chancen mit der Verzahnung von Medienpädagogik und Making verbunden sind.
Niels Brüggen spricht im Interview mit Kristin Narr und Björn Maurer über Zielsetzungen, Potenziale und Herausforderungen von Making aus medienpädagogischer Perspektive sowie über weiteren Reflexions- und Forschungsbedarf.
Mathias Wunderlich, der einen Makerspace an der Freien Aktiven Schule Wülfrath betreibt, geht auf Entwicklungen der internationalen Maker Education ein und zeigt die wachsende Bedeutung im deutschsprachigen Raum auf. Der Autor beleuchtet neben aktuellen Trends im Bereich digitaler Fabrikation auch die veränderte Ausprägung von Maker-Vorbildern im Medienzeitalter und plädiert für eine erweiterte Technikbildung, die kreative und künstlerische Aspekte einschließt.
Thomas Hermann setzt sich in seinem Beitrag mit der Gefahr auseinander, dass Maker Education einseitig für wirtschaftliche Zwecke instrumentalisiert wird, was er als Nützlichkeitsfalle bezeichnet. Hierfür zeichnet er die Linien und Schnittmengen zwischen Maker Education, Entrepreneurship Education und Enterprise Education im internationalen Raum nach.
Selina Ingold und Björn Maurer haben in einem Design-Based Research-Projekt unter anderem untersucht, welches Potenzial Making in der Schule für die Förderung von digitaler Mündigkeit hat. Sie stellen erste qualitative Befunde vor und leiten Konsequenzen für das Re-Design eines schulischen Makerspace als Lernumgebung und als didaktisches Konzept ab.
Zwischen den Artikeln und in strukturierter Form werden konkrete Making-Aktivitäten mit medienpädagogischem Bezug verschiedener Initiativen, Organisationen und gemeinnütziger Unternehmen vorgestellt. Dieser Showroom mit insgesamt sechs ausgewählten Projekten und dazugehörigen Produkten zeigt die Bandbreite und Vielseitigkeit von Making in unterschiedlichen Lernsettings und Zusammenhängen.
Die Auseinandersetzung mit (medien-)pädagogischen Fragestellungen in Bezug auf Making zeigt interessante und vielversprechende Entwicklungen. Es eröffnen sich Räume für Aus- und Neugestaltungen sowie die Möglichkeit, den gestaltenden Umgang mit Technik in der medienpädagogischen Arbeit zu vertiefen. Für die weitere, erfolgreiche Adaption der Maker-Idee in der Medienpädagogik braucht es noch weitere Forschung sowie konzeptionelle Entwicklung, Erfahrungen in der Praxis und weiteren Austausch darüber.
Literatur:
Beetham, Helen/Sharpe, Rhone (2013). Rethinking Pedagogy for a Digital Age: Designing for 21st Century Learning. New York: Routledge.Brinda, Torsten/Brüggen, Niels/Diethelm, Ira/Knaus, Thomas/Kommer, Sven/Kopf, Christine/Missomelius,Petra/ Leschke, Rainer/Tilemann, Friederike/Weich, Andreas (2019). Frankfurt-Dreieck zur Bildung in der digital vernetzten Welt. In: merz | medien + erziehung, 63 (4), S. 69–75.
Schell, Fred (2003). Aktive Medienarbeit mit Jugendlichen: Theorie und Praxis. München: kopaed.
Schön, Sandra/Ebner, Martin/Narr, Kristin (2016) (Hrsg.). Making-Aktivitäten mit Kindern und Jugendlichen: Handbuch zum kreativen digitalen Gestalten. www.bimsev. de/n/userfiles/downloads/making_handbuch_online_ final.pdf [Zugriff: 02.07.2019]
Beitrag aus Heft »2019/04 Making und Medienpädagogik«
Autor: Björn Maurer, Kristin Narr
Beitrag als PDFEinzelansichtSandra Schön, Martin Ebner: Making – eine Bewegung mit Potenzial
Making ist en vogue – medienpädagogische Projekte mit dem Fokus auf die kreative digitale Arbeit erhalten aktuell große Aufmerksamkeit. Doch was passiert eigentlich in einem Makerspace? Welche Werkzeuge kommen zum Einsatz? Was kann man sich unter Maker Education vorstellen? In diesem Beitrag werden zunächst Besonderheiten des Making genannt und Meilensteine der Maker-Bewegung skizziert. Darauf aufbauend werden Merkmale der Maker Education und deren Potenzial beschrieben.
Literatur
Anderson, Chris (2012). Makers: The New Industrial Revolution. New York: Crown Business.
Bergner, Anne (2017). Make – Design – Innovate. Das Potential des Maker-Movements für Innovation, Kreativwirtschaft und Unternehmen. Coburg: Hochschule Coburg.
Brien, Jörn (2017). Ranking der meistverkauften Computer: Raspberry Pi überholt C64. www.t3n.de/news/computer-raspberry-pi-c64-806761 [Zugriff: 26.06.2019]
Gershenfeld, Neil (2005). Fab, The Coming Revolution on Your Desktop – From Personal Computers to Personal Fabrication. New York: Basic Books.
Geser, Guntram/Hornung-Prähauser, Veronika/Jasiunskaite, Gintare/Simulyte, Simona (2018). Dissemination and Exploitation Report, deliverable (7.3) of the Horizon 2020 project DOIT, EC grant agreement no 770063. Salzburg: Salzburg Research.
Hatch, Mark (2013). The Maker Movement Manifesto: Rules for Innovation in the New World of Crafters, Hackers, and Tinkerers. New York: Mcgraw-Hill.
Johnson, Larry/Becker, Samantha Adams/Estrada, Victoria./Freeman, Alex (2015). NMC Horizon Report: 2015 Higher Education Edition (Hochschulausgabe). Austin, Texas: The New Media Consortium. www.mmkh.de/fileadmin/dokumente/Publikationen/2015-nmc-horizon-report-HE-DE.pdf [Zugriff: 26.06.2019]
Kingsley, Jeremy/Saunders, Tom (2016). Made in China. Makerspaces and the search for mass innovation. NESTA. www.nesta.org.uk/report/made-in-china-makerspaces-and-the-search-for-mass-innovation [Zugriff: 26.06.2019]
Martinez, Sylvia Libow/Stager, Gary (2013). Invent to Learn. Making, Tinkering, and Engineering in the Classroom. Torrance, Canada: Construting Modern Knowledge.
Montessori, Maria (1912). The Montessori method. New York: Frederick Stokes.
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Reimer, Maria/Seitz, Daniel/Glaser, Paula (2016). Handbuch Jugend-Hackathons. Open Knowledge Foundation und Mediale Pfade e.V. www.handbuch.jugendhackt.de/appendix/00Hanbuch_Jugend-Hackathons.pdf [Zugriff: 26.06.2019]
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Schön, Sandra/Boy, Henrike/Brombach, Guido/ Ebner, Martin/Kleeberger, Julia/Narr, Kristin/Rösch, Eike/Schreiber, Björn/Zorn, Isabel (2016). Making-Aktivitäten mit Kindern und Jugendlichen. In: Schön, Sandra/Ebner, Martin/Narr, Kristin (Hrsg.), Handbuch zum kreativen digitalen Gestalten. Norderstedt: Book on Demand, S. 8–24. www.bit.do/handbuch [Zugriff: 26.06.2019]
Schön, Sandra/Ebner, Martin (2017a). Maker-Bewegung macht Schule: Hintergründe, Beispiele sowie erste Erfahrungen. In: Erpenbeck, John/Sauter, Werner (Hrsg.). Handbuch Kompetenzentwicklung im Netz. Stuttgart: Schäffer-Poeschel Verlag, S. 257–270.
Schön, Sandra/Ebner, Martin (2017b). Von Makerspaces und FabLabs. Das kreative digitale Selbermachen und Gestalten mit 3D-Druck & Co. In: Hohenstein, Andreas/Wilbers, Karl (Hrsg.), Handbuch E-Learning. Expertenwissen aus Wissenschaft und Praxis – Strategien, Instrumente, Fallstudien. S. 1–14.
Schön, Sandra/Jagrikova, Radovana/Voigt, Christian (2018). Social innovations within makerspace settings for early entrepreneurial education – The DOIT project. In: Bastiaens, Theo/Van Braak, Johan/Brown, Mark/Cantoni, Lorenzo/Castro, Manuel/Christensen, Rhonda/Davidson-Shivers, Gayle/DePryck, Koen/Ebner, Martin/Fominykh, Mikhail/Fulford, Catherine/Hatzipanagos, Stylianos/Knezek, Gerald/Kreijns, Karel /Marks, Gary/Sointu, Erkko/Korsgaard Sorensen, Elsebeth/Viteli, Jarmo/Voogt, Joke/Weber, Peter/Weippl Edgar/Zawacki-Richter, Olaf (Eds.), Proceedings of EdMedia: World Conference on Educational Media and Technology, pp. 1716–1725.
Schön, Sandra/Hornung-Prähauser, Veronika Schedifka, Patricia/Alsleben, Markus (2017). Innovation durch Exploration. Innovationsanstöße zum Internet der Dinge (Internet of Things, IoT) durch offenes Explorieren und Experimentieren in Technologielaboren, Kreativ- und Innovationsräumen. InnovationLab Arbeitsberichte, Band 6, Norderstedt: Books on Demand.
Schön, Sandra/Ebner, Martin/Grandl, Maria (2019). Makerspaces als Kreativ- und Lernräume. Werkstätten mit digitalen Werkzeugen aus Perspektive der Erwachsenenbildung. In: Magazin erwachsenenbildung.at, 2019 (35/36). www.erwachsenenbildung.at/magazin/19-35u36/meb19-35u36.pdf [Zugriff: 26.06.2019]
Schön, Sandra/Narr, Kristin/Grandl, Maria/Ebner, Martin (2019). Making mit Kindern und Jugendlichen – Einführung und ausgewählte Perspektiven. In: Ingold, Selina/Maurer, Björn/Trüby, Daniel (Hrsg.), Chance MakerSpace – Making trifft Schule. München: kopaed.
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Walter-Hermann, Julia (2013). Fablabs – A global social movement? In: Walter-Herrmann, Julia/Büching, Corinna (Eds.), Fablab of machines, makers and inventors. Bielefeld: transcript, pp. 34–43.
Watters, Audrey (2012). Top Ed-Tech Trends of 2012: The Maker Movement. www.hackeducation.com/2012/11/21/top-ed-tech-trends-of-2012-maker-movement [Zugriff: 26.06.2019]
Wunderlich, Mathias (2016). Ein Makerspace an einer Schule. In: Schön, Sandra/ Ebner, Martin/Narr,Kristin (Hrsg.), Making-Aktivitäten mit Kindern und Jugendlichen. Handbuch zum kreativen digitalen Gestalten. Norderstedt: Book on Demand, S. 47–53. www.bit.do/handbuch [Zugriff: 26.06.2019]
Zorn, Isabel/Trappe, Christoph/Stöckelmayr, Kerstin/Kohn, Tanja/Derndorfer, Christoph (2013). Interessen und Kompetenzen fördern. Programmieren und kreatives Konstruieren. In: Ebner, Martin/Schön, Sandra (Hrsg.), Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien. https://l3t.tugraz.at/index.php/LehrbuchEbner10/article/view/142 [Zugriff: 26.06.2019]
Beitrag aus Heft »2019/04 Making und Medienpädagogik«
Autor: Sandra Schön, Martin Ebner
Beitrag als PDFEinzelansichtHenrike Boy, Kristin Narr: Medienpädagogik und Making
Seit einigen Jahren gibt es zunehmend Verschränkungen zwischen medienpädagogischen und Making-Aktivitäten. Aber in welcher Beziehung stehen diese Aktivitäten? Geht es bei der handlungsorientierten Medienpädagogik nicht genau um dieses Machen? Reiht sich Making letztlich in das Methodenportfolio ein? Oder beschreibt Making neue Sichtweisen, Inhalte und Herangehensweisen und ist damit in der Lage, Kreativität zu fördern und Selbstwirksamkeit spürbar zu machen? Dieser Artikel macht die Beziehung von Medienpädagogik und Making, auch auf theoretischer Ebene, deutlich und arbeitet Prinzipien und Leitlinien für medienpädagogisches Making heraus.
Literatur
Boy, Henrike / Sieben, Gerda (Hrsg.) (2017). Kunst & Kabel – Konstruieren. Programmieren. Selbstmachen. München: kopaed.
Knaus, Thomas (2018). [Me]nsch – Werkzeug – [I]nteraktion – Theoretisch-konzeptionelle Analysen zur ‚Digitalen Bildung‘ und zur Bedeutung der Medienpädagogik in der nächsten Gesellschaft, In: MedienPädagogik, 2018 (31), S. 1–35., DOI: http://dx.doi.org/10.21240/mpaed/31/2018.03.26.X
Rösch, Eike (2017). Aktive Medienarbeit. In: Schorb, Bernd/Hartung-Griemberg, Anja/Dallmann, Christine (Hrsg.), Grundbegriffe Medienpädagogik, 6., neu verfasste Aufl. München: kopaed, S. 9–14.
Schell, Fred (2005). Aktive Medienarbeit. In: Hüther, Jürgen/Schorb, Bernd (Hrsg.), Grundbegriffe Medienpädagogik. München: kopaed.
Schön, Sandra/ Ebner, Martin/Narr, Kristin (Hrsg.) (2016). Making-Aktivitäten mit Kindern und Jugendlichen. Handbuch zum kreativen digitalen Gestalten. Norderstedt: Book on Demand. www.bimsev.de/n/userfiles/downloads/making_handbuch_online_final.pdf [Zugriff: 24.06.2019]
Schorb, Bernd (2017). Handlungsorientierte Medienpädagogik. In: Schorb, Bernd/Hartung-Griemberg, Anja/Dallmann, Christine (Hrsg.), Grundbegriffe Medienpädagogik, 6., neu verfasste Aufl. München: kopaed, S. 134–141.
Beitrag aus Heft »2019/04 Making und Medienpädagogik«
Autor: Henrike Boy, Kristin Narr
Beitrag als PDFEinzelansichtKristin Narr, Björn Maurer: Wann ist Making medienpädagogisch? Ein Interview mit Niels Brüggen
Zahlreiche unterschiedliche Formen von Making-Projekten erweitern nicht nur Partizipationsmöglichkeiten für Jugendliche, sondern bedeuten auch für medienpädagogische Fachkräfte neue Handlungsfelder. Wo ist der Begriff Making dabei in der Medienpädagogik konzeptionell zu verorten? Kristin Narr und Björn Maurer haben dazu mit Niels Brüggen über Zielsetzungen, Potenziale und Herausforderungen von Making aus medienpädagogischer Perspektive sowie über weitere Reflexions- und Forschungsbedarfe gesprochen.
Beitrag aus Heft »2019/04 Making und Medienpädagogik«
Autor: Kristin Narr, Björn Maurer
Beitrag als PDFEinzelansichtMathias Wunderlich: Quo vadis, MakerEd?
Das Selbermachen wird wiederentdeckt – in Wirtschaft, Werbung, im Handel, nun sogar in der Bildung. Im Artikel wird der Versuch unternommen, den Begriff Maker Education für den deutschsprachigen Raum zu umreißen und die Gemeinsamkeiten auch sehr unterschiedlicher Bildungssettings herauszuarbeiten. Quasi-Standards beim digitalen Fabrizieren im Bildungskontext werden aufgelistet und jüngere Entwicklungen referiert. Der Autor beleuchtet die veränderte Ausprägung von Vorbildern im Medienzeitalter und plädiert für eine erweiterte Technikbildung, die kreative und künstlerische Aspekte einschließt statt sich davon abzugrenzen.
Literatur
Bachfeld, Daniel (2018). Einstieg in KI. In MAKE, Ausgabe 6/2018, S. 36 f.
FabLearn Conference (2018). Proceedings of FabLearn Netherlands 2018Maker education in the Netherlands – state of play and lessons for the future. www.makered.nl/wp-content/uploads/2018/09/FabLearn-PaperPresentation-def.pdf [Zugriff: 01.07.2019]
Giertz, Simone (2019). www.simonegiertz.com/about [Zugriff: 01.07.2019]
Hallinen, Judith (2019). STEM. EDUCATION CURRICULUM. www.britannica.com/topic/STEM-education [Zugriff: 01.07.2019]
Kalmbach, Gudrun (1997 bis 2016). MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik). Band 1–36. Ulm: Aegis-Verlag. Bad Wörishofen: MINT Verlag.
Kliemannsland (2016). Kliemannsland offizieller Trailer. www.youtube.com/watch?v=q02bHIDNTwU [Zugriff: 01.07.2019]
OpenAI (2019). Better Language Models and Their Implications. openai.com/blog/better-language-models [Zugriff: 01.07.2019]
Precht, Richard (2013). Schule kann mehr. Unsere Kinder lernen das Falsche, sagt Richard David Precht. Er formuliert zehn Prinzipien für eine Bildungsreform. www.zeit.de/2013/16/richard-david-precht-schule-bildungsreform [Zugriff: 01.07.2019]
Robinson, Ken/Aronica, Lou (2015). Creative Schools. The Grassroots Revolution That's Transforming Education. New York: Penguin Publishing Group.
Soft Skills FUNCLUB (2018). Children should be taught “Soft Skills" - Future of Education explained by Jack Ma. www.youtube.com/watch?v=GtBnwJp-mVM [Zugriff: 01.07.2019]
Universität Paderborn (2019).Computational Thinking (internationale Zusatzoption zu IEA-ICILS 2018). www.kw.uni-paderborn.de/institut-fuer-erziehungswissenschaft/arbeitsbereiche/schulpaedagogik/forschung/forschungsprojekte/computational-thinking/ [Zugriff: 09.07.2019]
Washington Post (2013). Super Awesome Sylvia was a role model to girls in science. But then Sylvia became someone else. www.youtube.com/watch?v=wTdrVHc-ZZA [Zugriff: 01.07.2019]
Beitrag aus Heft »2019/04 Making und Medienpädagogik«
Autor: Mathias Wunderlich
Beitrag als PDFEinzelansichtThomas Hermann: Falsche oder echte Freunde?
In der Diskussion um Makerspaces taucht die Entrepreneurship Education gerne als verwandte Disziplin auf. Dieser Beitrag geht auf konzeptionelle Gemeinsamkeiten zwischen Making und unternehmerischem Denken ein und warnt davor, beide auf den Aspekt der Nützlichkeit zu reduzieren. Aufgabe der Schule ist es nicht, Produktentwicklerinnen bzw. -entwickler oder Unternehmerinnen bzw. Unternehmer heranzuziehen, sondern Menschen, die den Herausforderungen ihrer Zeit gewachsen sind, und die diese gleichzeitig kritisch reflektieren können.
Literatur
Axelsson, Karin/Hägglund, Sara/Sandberg, Anette (2015). Entrepreneurial Learning in Education: Preschool as a Take-Off for the Entrepreneurial Self. In: Journal of Education and Training, 2 (2), S. 40–58. www.macrothink.org/journal/index.php/jet/article/view/7350 [Zugriff: 19.04.2019]
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Baacke, Dieter (1998). Zum Konzept und zur Operationalisierung von Medienkompetenz. www.produktive-medienarbeit.de/ressourcen/bibliothek/fachartikel/baacke_operationalisierung.shtml [Zugriff: 04.06.2019]
Battelle for Kids (2019). P21 Partnership for 21st Century Learning. Framework for 21st Century Learning. www.battelleforkids.org/networks/p21/frameworks-resources [Zugriff: 05.05.2019]
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Harari, Yuval Noah (2018). 21 Lessons for the 21st Century. London: Jonathan Cape.
Jäger, Désirée Anja (2016). Innovativität durch Entrepreneurship Education: Entwicklung einer Lernprozesstheorie und für die berufliche Grundbildung. Zürich: Dissertation Universität Zürich.
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Maurer, Björn (o.D.). Raum für Kreativitität: MakerSpaces in der Volksschule. www.makerspace-schule.ch [Zugriff: 04.05.2019]
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Van Holm, Eric Joseph (2015). Makerspaces and Contributions to Entrepreneurship. In: Procedia: Social and Behavioural Sciences, 195, S. 24–31.
Beitrag aus Heft »2019/04 Making und Medienpädagogik«
Autor: Thomas Hermann
Beitrag als PDFEinzelansichtBjörn Maurer, Selina Ingold: Mit Making zu mehr digitaler Mündigkeit?
Im Rahmen eines Design-Based Research-Projekts wird mit dem Team einer Schweizer Primarschule ein Makerspace als Teil des obligatorischen Unterrichts etabliert und in den Schulalltag integriert. Ziel ist die Konzeption, Implementierung, Überprüfung und schrittweise Optimierung einer schulischen Maker-Umgebung zur Entwicklung der 21st Century Skills Kreativität, Kollaborationsfähigkeit, kritisches Denken und digitale Mündigkeit als wesentliche Komponenten einer zukunftsorientierten Bildung. In diesem Beitrag werden erste Befunde zum Forschungsbereich digitale Mündigkeit vorgestellt und Konsequenzen für das Re-Design des Makerspace abgeleitet.
Literatur:
Beck, Roman/Greger, Vanessa/Hoffmann, Christian/König, Wolfgang/Krcmar, Helmut/Weber, Jasmin/Wunderlich, Nico/Zepic, Robert (2018). Digitale Mündigkeit. Eine Analyse der Fähigkeiten der Bürger in Deutschland zum konstruktiven und souveränen Umgang mit digitalen Räumen. Abschlussbericht. Nationales E-Government. Kompetenzzentrum e.V. University of Copenhagen, Goethe Universität Frankfurt a. Main, Universität Leipzig, Technische Universität München. https://negz.org/wp-content/uploads/2018/06/NEGZ-ISPRAT-Studie-Dig-M%C3%BCnd-Abschlussbericht.pdf [Zugriff: 15.05.2019].
Blikstein, Paulo/Kabayadondo, Zaza/Martin, Andrew/Fields, Deborah (2017). An Assessment Instrument of Technological Literacies in Makerspaces and FabLabs. In: Journal of Engineering Education, 01/2017, Vol. 106, pp. 149-175.
Boy, Henrike/Sieben, Gerda (2017). Kunst & Kabel: Konstruieren. Programmieren. Selbermachen. Bausteine für pädagogisches Making in der Jugendmedienarbeit und Ergebnisse aus dem Praxisforschungsprojekt «Fablab mobil». München: kopaed Verlag.
Collins, Allen/Kapur, Manu (2015). Cognitive Apprenticeship. In: Sawyer, Keith R. (Ed.), Cambridge Handbook of the Learning Sciences (Second Edition). Cambridge: Cambridge University Press, pp. 109-127.
Crichton, Susan E./Carter, Deb (2017). Taking Making into the Schools: An Immersive Professional Development Approach. In: IGI Global (Hrsg.), Educational Leadership and Administration: Concepts, Methodologies, Tools and Applications.
Crichton, Susan/Childs, Elizabeth (2016). Taking Making into Schools. Through Immersive Professional Learning. In: Novotna, Jarmila/Jancarik, Antonin (Eds.), Proceedings of the 15th European. Conference on e- Learning. Academic Conferences and Publishing International Limited, pp. 144-150.
Dougherty, Dale (2013). The Maker Mindset. In: M. Honey and D.E. Kanter (Eds.), Design, Make, Play: Growing the next generation of STEM innovators. London: Routledge, pp.7–16.
Drecksler, Dirk (2018). Digitale Sorglosigkeit – Risiken im Zeitalter der digitalen Transformation. In: Breyer-Mayländer, Thomas (Hrsg.), Das Streben nach Autonomie. Reflexionen zum digitalen Wandel. Nomos-Verlag, S. 31-66.
Dube, Juliane/Prediger, Susanne (2017). Design-Research – Neue Forschungszugriffe für unterrichtsnahe Lernprozessforschung in der Deutschdidaktik. www.leseforum.ch | www.forumlecture.ch – 1/2017.
Eriksson, Eva/Heath, Carl/Barendregt, Wolmet/Torgersson, Olof (2016). Makerspace in School – Experiences from a Large-Scale National Testbed. FabLearn Europe, 19-20th June 2016, Preston.
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Ingold, Selina/Maurer, Björn (2019a). Von der Idee zum MakerSpace. Ein partizipatives Experiment an der Primarschule Thayngen. In: Ingold, Selina/Maurer, Björn/Trüby Daniel (Hrsg.), Chance MakerSpace. Making trifft auf Schule. München: kopaed 2019.
Ingold, Selina/Maurer, Björn (2019b). Making in der Schule. Reibungspunkte und Synergieeffekte. In: Ingold, Selina/Maurer, Björn/Trüby Daniel (Hrsg.), Chance MakerSpace. Making trifft auf Schule. München: kopaed 2019.
Kai Wah Chu, Samuel/Reynolds, Rebecca/Tavares, Nicole Judith/Notari, Michele (2017). 21st century Skills Development Through Inquiry-Based Learning. From Theory to Practice. Springer.
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Mertz, Marcel/Jannes, Marc/Schlomann, Anna/Manderscheid, Enza/Rietz, Christian/Woopen, Christiane (2016). Digitale Selbstbestimmung. Cologne Center for Ethics, Rights, Economics, and Social Sciences of Health (ceres). Köln. https://kups.ub.uni-koeln.de/6891/1/ceres_Digitale_Selbstbestimmung.pdf [Zugriff: 15.05.2019].
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Schön, Sandra/Narr, Kristin/Grandl, Maria/ Ebner, Martin (2019). Making mit Kindern und Jugendlichen. Einführung und ausgewählte Perspektiven. In: Ingold, Selina/Maurer, Björn/Trüby Daniel (Hrsg.), Chance MakerSpace. Making trifft auf Schule. München: kopaed 2019.
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Tulodziecki, Gerhard (2017). Praxis- und theorieorientierte Entwicklung und Evaluation von Konzepten für pädagogisches Handeln – dargestellt am Beispiel einer Untersuchung zum fall- und problemorientierten Lernen in hybriden Lernarrangements. In: Knaus, Thomas (Hrsg.), Projekt – Theorie – Methode. Spektrum medienpädagogischer Forschung. Band 1. München: kopaed. S. 155-180.
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Wallmüller, Ernest (2017). Praxiswissen Digitale Transformation. Den Wandel verstehen, Lösungen entwickeln, Wertschöpfung steigern. München: Hanser.
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Beitrag aus Heft »2019/04 Making und Medienpädagogik«
Autor: Björn Maurer, Selina Ingold
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spektrum
Michael Krisch: Ambient Assisted Living – technischer Fortschritt oder sozialer Rückschritt?
In Zeiten eines akuten Pflegenotstands scheint die Nutzung altersgerechter technischer Assistenzsysteme verheißungsvoll. Basierend auf moderner Informations- und Kommunikationstechnik soll das sogenannte Ambient Assisted Living (AAL) pflegebedürftigen Menschen trotz Einschränkungen ein selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden ermöglichen. Dabei kann es allerdings zu massiven ethischen Spannungsfeldern kommen. Der vorliegende Text nimmt die aktuelle Entwicklung der AAL-Technologien im Feld der Pflege kritisch in den Blick, denn bei aller Euphorie bestehen Grenzen der Mensch-Technik-Interaktion.
Literatur:
Achte Altenberichtskommission der Bundesregierung (2018). Ältere Menschen und Digitalisierung. www.achter-altersbericht.de [Zugriff: 30.09.2018]
Beer, Thomas/Bleses, Helma M./Ziegler, Sven (2015). Personen mit Demenz und robotische Assistenzsysteme. In: Pflege & Gesellschaft, 20 (1), S. 20–36.
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) (2015). Eine neue Kultur des Alterns. Altersbilder in der Gesellschaft. Erkenntnisse und Empfehlungen des Sechsten Altenberichts. Berlin: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ).
Bock (2018). Pflege intelligent und individuell. www.bock.net/innovationen/smart-care-control [Zugriff: 06.09.2018]
Daheim, Cornelia/Wintermann, Ole (2015). 2050: Die Zukunft der Arbeit. Ergebnisse einer internationalen Delphi-Studie des Millennium Project. Gütersloh: Bertelsmann Stiftung.
Elsbernd, Astrid/Lehmeyer, Sonja/Schillingen, Ulrike (2015). Pflege und Technik – Herausforderungen an ein interdisziplinäres Forschungsfeld. In: Pflege & Gesellschaft 20 (1), S. 67–76.
Filmzitate (2018). Terminator 2 – Tag der Abrechnung. www.filmzitate.info/suche/film-zitate.php?film_id=471 [Zugriff: 21.10.2018]
Heil, Günther (2011). Altenpflege morgen. Das Pflegeheim der Zukunft. In: Die Schwester/Der Pfleger, 50 (12), S. 152–157.
Hielscher, Volker/Kirchen-Peters, Sabine/Sowinski, Christine (2015). Technologisierung und Praxisentwicklung in der stationären und ambulanten Langzeitpflege. Wissenschaftlicher Diskurs und Praxisentwicklungen in der stationären und ambulanten Langzeitpflege. In: Pflege & Gesellschaft, 20 (1), S. 5–18.
Holzinger, Stephan (2018). Kommen jetzt die Pflegeroboter? Zukunft neuer Technologien in der Pflege. Vortrag auf dem „Tag der Pflegenden“ am 12.10.2018 in Kassel [eigene Mitschrift].
Houellebecq, Michel (2001). Ausweitung der Kampfzone. Hamburg: Rowohlt.
Hülsken-Giesler, Manfred/Bleses, Helma M. (2015). Neue Technologien in der Pflege. In: Pflege & Gesellschaft, 20 (1), S. 3–4.
Klemperer, Victor (1975). LTI. Notitzbuch eines Philologen. Stuttgart: Reclam.
Manzeschke, Arne/Weber, Karsten/Rother, Elisabeth/Fangerau, Heiner (2013), Ergebnisse der Studie „Ethische Fragen im Bereich Altersgerechter Assistenzsysteme“. Berlin: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).
Marcuse, Herbert (1994). Der eindimensionale Mensch. München: dtv.
Schäfer, Helmut (2016). Ambient Assisted Living (AAL) – Altersgerechte Assistenzsysteme als Hilfe für künftiges Wohnen und sicheres Leben. www.nullbarriere.de/ambient-assisted-living.html [Zugriff: 13.09.2018]
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STuDI (2018).: Projektbeschreibung. www.studi-zuhause.de/projekt [Zugriff: 19.10.2018]
Weber, Karsten (2017). Demografie, Technik, Ethik: Methoden der normativen Gestaltung technisch gestützter Pflege. In: Pflege & Gesellschaft, 22 (4), S. 338–352.
Ziegler, Sven/Treffurth, Tanja/Bleses, Helma M. (2015). Entsprechend dem (mutmaßlichen Willen)? Ethische Anforderungen bei der Einbindung von vulnerablen Personen (am Beispiel von Personen mit Demenz) in wissenschaftlichen Projekten zur Beforschung emotionsorientierter Pflege und Betreuung mit robotischen Assistenzsystemen. In: Pflege & Gesellschaft,20(1), S. 37–52.
Beitrag aus Heft »2019/04 Making und Medienpädagogik«
Autor: Michael Krisch
Beitrag als PDFEinzelansichtJulian Lochowicz: „Dieser Detox-Tee kostet euch mit meinem Rabattcode nur 10,99 Euro!“
Es ist zeitgemäß, es ist hip und es spricht vor allem jüngere Zielgruppen an: Das Werben mit sogenannten Influencerinnen und Influencern. Dabei hat sich in den letzten Jahren vor allem das Foto- und Videonetzwerk Instagram als geeignete Plattform zur Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen durchgesetzt. Das Projekt „Influencerinnen und Influencer auf Instagram unter der Lupe“ versucht, Pädagoginnen und Pädagogen dazu anzuregen, der Thematik mehr Beachtung zu schenken.
Literatur
Baacke, Dieter/Sander, Uwe/Vollbrecht, Ralf/Kommer, Sven (1999). Zielgruppe Kind: Kindliche Lebenswelt und Werbeinszenierungen. Opalden: Leske + Budrich.
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Freytag, Anna (2017). Nur Empfehlung oder doch schon Werbung? Eine empirische Untersuchung der Wahrnehmung von Produktplatzierungen auf Instagram bei Jugendlichen. Masterarbeit zur Erlangung des Hochschulgrades „Master oft Arts Medienmanagement“. Hannover: Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover.
Goldmedia GmbH Strategy Consulting (2017). Bedeutung von Influencer Marketing in Deutschland 2017. Eine Studie im Auftrag von BVDW und INFLURY, Berlin, 2017. www.bvdw.org/fileadmin/bvdw/upload/studien/171128_IM-Studie_finaldraft-bvdw_low.pdf [Zugriff: 17.04.2018]
Gudjons, Herbert (2014). „Handlungsorientiert lehren und lernen. Schüleraktivierung Selbsttätigkeit – Projektarbeit“. 8., aktual. Aufl. Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt.
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Sander, Uwe (2007). Werbung und ihre Wirkung bei Kindern. In: tv diskurs, 11 (3), S. 16–19.
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YouGov Deutschland GmbH (2015): Product-Placement in YouTuber-Videos: Jugendliche reagieren deutlich stärker. https://yougov.de/news/2015/03/12/product-placement-youtuber-videos-jugendliche-reag/ [Zugriff: 29.06.2018]
Zeier, Dominique; Külling, Céline (2017). Jugendliche erkennen Native Advertising nicht als Werbung. https://medienwoche.ch/2017/12/05/jugendliche-erkennennative-advertising-nicht-als-werbung/ [Zugriff: 29.06.2018]
Beitrag aus Heft »2019/04 Making und Medienpädagogik«
Autor: Julian Lochowicz
Beitrag als PDFEinzelansichtTorsten Brinda, Niels Brüggen, Ira Diethelm, Thomas Knaus, Sven Kommer, Christine Kopf, Petra Missomelius, Rainer Leschke, Friederike Tilemann, Andreas Weich: Frankfurt-Dreieck zur Bildung in der digital vernetzten Welt
Die Funktion dieses Modells besteht darin, einen überfachlichen Orientierungs- und Reflexionsrahmen für Bildungsprozesse im digitalen Wandel bereitzustellen und möglichst alle relevanten Perspektiven daran beteiligter Disziplinen einzubeziehen. Das gemeinsam entwickelte Modell – im Weiteren bezeichnet als Frankfurt-Dreieck, benannt nach dem Ort seiner Entstehung in zwei Expert*innen-Workshops 2017 und 2018 in Frankfurt am Main – basiert auf dem in der sogenannten Dagstuhl-Erklärung enthaltenen Dagstuhl-Dreieck, das 2016 unter Beteiligung von Akteur*innen aus Informatik, Informatikdidaktik, Medienpädagogik, Schulpraxis, Wirtschaft und Bildungspolitik in einem mehrtägigen Workshop auf Schloss Dagstuhl erarbeitet und von einer breiten Öffentlichkeit – entsprechend seiner Intention – insbesondere von Praktiker*innen und Politiker*innen wahrgenommen wurde. Ziel ist es vielmehr, aus den disziplinären Perspektiven von Informatik, Informatikdidaktik, Medienpädagogik und Medienwissenschaft die Phänomene einer digitalen Welt und die daraus resultierenden Erfordernisse für Bildungsprozesse zu beschreiben und dadurch eine gemeinsame Reflexionsbasis zu entwickeln sowie darauf aufbauend – in künftigen Schritten – die notwendigen Kompetenzen für Partizipation in einer digital geprägten Welt zu definieren.
Eine Herausforderung im Diskussionsprozess der Autor*innengruppe war, dass es zu wesentlichen Kernbegriffen bislang kein etabliertes Begriffsverständnis gab – schon gar kein zwischen den beteiligten Disziplinen abgestimmtes. So wird beispielsweise „digitale Bildung“ häufig als Schlagwort verwendet (mal mit einem auf das Lehren und Lernen mit digitalen Mitteln eingeschränkten Bildungsverständnis, mal einschließlich informatischer Grundlagen gedacht usw.). Das Adjektiv „digital“ wird in der öffentlichen Diskussion und Berichterstattung oft als ein Synonym für „neuartig“ oder „modern“ verwendet. Dabei beschreibt es ursprünglich die Repräsentation von Daten und indirekt auch Information in einer Weise, die die automatische Verarbeitung mittels Computern ermöglicht, und „Digitalisierung“ damit die Umwandlung analoger in diskrete Werte, was heute im Wesentlichen durch binäre Signale realisiert wird. So ist Digitalisierung eines der drei Grundprinzipien der Informatik neben Automatisierung und Vernetzung, wird aber oft stellvertretend für diese genannt. Mit der Digitalisierung wurde die Voraussetzung für eine universelle Kompatibilität von Daten und Informationen geschaffen und zugleich die Bedingungen für die Integration bislang getrennter Praktiken, sozialer Strukturen und Technologien, was einen nachhaltigen Einfluss auf die tradierten räumlichen und temporären Unterscheidungen sowie soziale Ein- und Ausschließungen hat. Heute wird der Begriff der Digitalisierung in politischen und sozialen Kontexten vor allem zur Beschreibung von aktuellen informatisch und technisch induzierten gesellschaftlichen Transformationsprozessen genutzt.
Wir gehen davon aus, dass die Digitalisierung in denheutigen Gesellschaften die Kultur, die Infrastruktur und entsprechend die weitere Technologieentwicklung wesentlich mitprägt und sprechen daher vom digitalen Wandel. Die Teilhabe an politischen, kulturellen und ökonomischen Prozessen innerhalb der Gesellschaft setzt Fähigkeiten im Umgang mit und zur Analyse, Reflexion und Gestaltung von digitalen Artefakten voraus. Erforderlich hierfür ist die Kenntnis der informatischen Grundlagen sowie der medienwissenschaftlichen und erziehungswissenschaftlichen Zugänge und Diskurse.Analog zum Dagstuhl-Dreieck werden im Modell drei Perspektiven ausdifferenziert, die Bildung für und über den digitalen Wandel aufgreifen muss. Diese werden im weiterentwickelten Modell bezeichnet als technologisch-mediale Perspektive, gesellschaftlich-kulturelle Perspektive und Interaktionsperspektive. Diesen Perspektiven sind jeweils die Prozesse Analyse, Reflexion und Gestaltung zugeordnet, die Lernende mit dem Ziel der Befähigung zur Partizipation an der durch Digitalisierung geprägten Welt und am digitalen Wandel jeweils durchlaufen sollen. Zugleich kann eine umfassende Analyse, Reflexion und Gestaltung des digitalen Wandels nur gelingen, wenn alle drei Perspektiven systematisch und sich wiederholend eingenommen werden.
Die Mitte des Modells bietet Raum für den jeweiligen Betrachtungsgegenstand der durch Digitalisierung geprägten Welt, also digitale Artefakte wie beispielsweise autonome Fahrzeuge, soziale Netzwerke, Hate Speech und Multitasking und damit in Zusammenhang stehende Phänomene, der dann aus Sicht der drei zuvor benannten Perspektiven und den damit verbundenen Prozessen aufgearbeitet werden soll.
Auf Basis dieses Modells sollen künftig Konkretisierungenim Hinblick auf Handlungsfelder wie Schule, außerschulische Bildungskontexte wie Kinder- und Jugendbildung, Kulturelle Bildung und Erwachsenenbildung, Berufsbildung und Hochschule, Lehrer*innenbildung sowie Aus- und Fortbildung von pädagogischen Fachkräften entwickelt werden. Diese können dann in weiteren Schritten im Hinblick auf Kompetenzmodelle und fachdidaktischen- sowie mediendidaktische Fragen und insbesondere die Weiterentwicklung von vorhandenen (Unterrichts-)Konzepten und Empfehlungen der Fachgesellschaften (GI 2008; LKM 2008; GfM 2013; LKM 2015; GI 2016; GfM 2016; DGfE 2017; GMK 2017; GI 2019 usw.) ausgearbeitet werden.
Technologisch-mediale Perspektive
Ziele der Betrachtung aus einer technologischmediaen Perspektive sind das Hinterfragen und Reflektieren der den Phänomenen und Artefakten der durch Digitalisierung geprägten Welt zugrundeliegenden Strukturen und deren Funktionsweisen sowie eine Befähigung zur (Mit-)Gestaltung solcherArtefakte und Phänomene. Dazu erfolgt eine Auseinandersetzung mit konzeptionellen Fragen, insbesondere mit informatischen und medialen Funktionsprinzipien digitaler Systeme, mit den zu deren Erstellung verwendeten informatischen und medialen Strukturierungs- und Gestaltungsmitteln und -formen, den sich durch sie ergebenden technischen Analyse- und Verarbeitungsmöglichkeiten sowie den an der „Oberfläche“ meist nicht sichtbaren kulturellen, politischen oder persönlichen Einschreibungen.
In dieser Perspektive werden damit zwei Aspekte verknüpft, die untrennbar miteinander verbunden sind:- Unter Anwendung langlebiger Informatik-Konzepte werden aus informatischer Sicht die Funktionsweise von digitalen Artefakten, die die digitale vernetzte Welt ausmachen, sowie damit in Zusammenhang stehende Phänomene hinterfragt und bewertet. Zugrundeliegende Funktionsprinzipien und Strukturen der digitalen Artefakte werden analysiert und aufgedeckt und damit Möglichkeiten zur Gestaltung und Erweiterungder Funktion digitaler Systeme unter Berücksichtigung von informatischen Problemlösestrategien und -methoden einerseits, aber auch zu einem reflektierten Umgang mit digitalen Systemen andererseits angelegt. Die Basis hierfür bilden theoretische und praktische Grundlagen der Informatik insbesondere in den Bereichen Digitalisierung, Automatisierung und Vernetzung und deren Anwendung auf aktuelle und gesellschaftlich relevante Themen (wie z. B. Big Data oder Künstliche Intelligenz) sowie Aussagen zu den praktischen und theoretischen Grenzen von Berechenbarkeit bzw. Automatisierung. Hinzu kommen Konzepte zur Kommunikation informatischer Systeme untereinander (z. B. Netzwerke, Protokolle, Verschlüsselung), Priorisierungen darin (insbes. Netzneutralität) sowie systematische Vorgehensmodelle zur Erstellung von digitalen Artefakten und Systemen.
- Durch informatische Modellierung von Ausschnitten der Welt mit entsprechenden Mitteln und Werkzeugen sowie geprägt durch kulturelle Einschreibungen und die persönliche Perspektive von Entwickler*innen (z. B. Auswahl von Trainingsdaten für KI, normative Algorithmen ohne Legitimierung von Entwicklern*innen), entstehen digitale Artefakte. Diese beeinflussen als soziotechnische Informatiksysteme mit charakteristischen Eigenschaften, Ästhetiken, Formen und Grenzen die menschliche Wahrnehmung und bedürfen daher auch einer Auseinandersetzung aus medialer Sicht. Von den Entwickler*innen und/oder den Auftraggeber*innen wird explizit und mitunter auch interessengeleitet, unreflektiert oder aufgrund kultureller Konventionen festgelegt, was sichtbar oder wahrnehmbar ist, wie auch, was in den Hintergrund tritt. Hierdurch wird die mit solchen Systemen mögliche Interaktion und insbesondere das Repertoire kultureller Ausdrucks- und Kommunikationsmöglichkeiten bestimmt. Mit diesen charakteristischen Prägungenschreibt sich die Technologie mittels ihrer Artefakte, aber auch deren Geschichte und Genese, in die durch sie ermöglichten kulturellen und sozialen Formen ein: In ihnen sind Sozialstrukturen angelegt, in ihnen ist festgeschrieben, was in welcher Weise archiviert, was vergessen und ignoriert wird sowie was historisches Gewicht verliehen bekommt.
Darüber hinaus legen verwendete Technologien erforderliche Kompetenzen für ihre Nutzung fest. Umgekehrt kann die Reflexion und Kenntnis von solchen Determinationsverhältnissen in die Konstruktion von digitalen Artefakten einfließen, was zu einem dynamischen souveränen Umgang mit Technologien befähigen würde. Es ist daher unerlässlich, die Strukturen, Funktionen und Funktionsweisen von digitalen (Medien-)Systemen aus informatischer und medialer Sicht analysieren, reflektieren und (mit-)gestalten und diese Sichten aufeinander beziehen zu können. Solcherart fundiertes und verknüpftes Informatik- und Medienwissen erklärt technologische und mediale Phänomene mit langlebigen Konzepten und schafft zusammen mit der Entwicklung grundlegender Problemlösestrategien die Basis für die reflektierte Teilhabe an einer digital geprägten Welt.
Gesellschaftlich-kulturelle Perspektive
Der digitale Wandel prägt die sozialen Kommunikations- und Interaktionsbedingungen sowie die politische Organisation von Gesellschaften. Er bildet dabei nicht zuletzt auch einen kulturellen Möglichkeitsraum, der von Gesellschaften genutzt und gestaltet werden kann. Dasselbe gilt auch für die ökonomische Reproduktion von Gesellschaften. Es werden beispielsweise neue Arbeitsbedingungen, Produktionsmethoden und Austauschbedingungen entwickelt. Dadurch verändern sich die gesellschaftlichen Rollen von Akteur*innen sowie die Dynamiken gesellschaftlicher Entwicklung. Gesellschaften entwerfen Normen und Regeln für die Verwendung und den Einsatz von Technologien und Techniken, die die konkrete Bedeutung und den Einfluss von digitaler Technik strukturieren. So werden in gesellschaftlichen Aushandlungsprozessen die Bedingungen von Privatheit und Öffentlichkeit festgelegt, es werden Interaktionsmöglichkeiten geschaffen oder aber begrenzt und es wird der Zugang zu technischen Systemen geregelt. Gesellschaften prägen Bildungsinstitutionen und regulieren durch Bildungsangebote für den Erwerb entsprechender Kompetenzen das Verständnis für und die gesellschaftliche Nutzung von digitalen Technologien und Techniken. Der Grad der gesellschaftlichen Durchdringung mit Technologien und auch deren soziale Rolle wird daher wesentlich vom Bildungssystem bestimmt. Dabei bestimmt der Grad der Enkulturation digitaler Technologien und Techniken auch die Rolle einer digitalen Kultur in der Gesellschaft und deren Verhältnis zu analogen kulturellen Artefakten.
Aus gesellschaftlich-kultureller Perspektive werden deshalb Wechselwirkungen zwischen Individuen, Gesellschaft und digitalen Systemen vor dem Hintergrund der Medialisierung und des digitalen Wandels analysiert und reflektiert. Im Vordergrund stehen die Veränderungen, denen Individuen und Gesellschaft unterworfen werden, sowie eine Analyse und Bewertung von Chancen und Problemen, die sich durch den digitalen Wandel ergeben. Das betrifft beispielsweise sich durch digitalisierungsbezogene Kompetenzen eröffnende Möglichkeiten für wirtschaftliches, ökologisches, nachhaltiges und politisches Handeln und die damit einhergehende Verantwortung einerseits sowie die sich durch Nutzung digitaler Systeme ergebenden Datenspuren der*des Einzelnen im Netz und die damit verbundenen Profilbildungen für kommerzielle oder ideologische Zwecke andererseits. Zudem werden unter den Bedingungen digitaler Infrastrukturen das Erkennen und die Bewertung medialer Einflüsse sowie die aktive Teilhabe an gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklungen voraussetzungsreicher.
Sie erfordern Hintergrundwissen und spezifischeKompetenzen, wie beispielsweise das Beurteilen von Information oder die Entwicklung eigener Standpunkte. Hierbei lassen sich widersprüchliche Tendenzen feststellen: Die erhöhten Partizipationsmöglichkeiten steigern den potentiellen Einfluss von Individuen, wohingegen die wachsende Komplexität einer digital gewandelten/beeinflussten Kultur und die Geschlossenheit autonomer und/oder selbstlernender Systeme den individuellen und gesellschaftlichen Ein- und Zugriff wiederum erschweren. Dadurch stellt sich die Frage nach einer Mitgestaltung von „digitaler“ Kultur und ihrer Enkulturation grundlegend neu. Zugleich können in der digitalen Welt mittels digitaler Technologien (neue) soziale Ungleichheiten produziert beziehungsweise verfestigt werden, so dass auch Fragen sozialer Gerechtigkeit und sozialen Ausgleichs neu reflektiert werden müssen.
Ein weiterer Aspekt ist die historische und die damit einhergehende politische Entwicklung von Informations- und Kommunikationstechniken. Dazu muss analysiert werden, welche Normen und Regeln in mediengestützten sozialen Prozessen wirksam sind, wie und von wem sie ausgestaltet werden und welche Machtstrukturen hier eingeschrieben sind. Konkret sind beispielsweise Fragen der Netzneutralität in den Blick zu nehmen – auch im Hinblick der Entstehung des Internets und seiner Dynamiken vor dem Hintergrund historischer Prozesse. Dazu gehören auch ökonomische Implikationen digitaler Technologien und Techniken. So müssen Fragen wie die von Nutzung versus Besitz, die des Eigentums an Daten, die von Persönlichkeitsrechten, die der Mündigkeit der verschiedenen Akteur*innen, die der informationellen Selbstbestimmung sowie die eines zivilen Ungehorsams gegenüber immer autonomer werdenden technischen Systemen und die der gesellschaftlichen Teilhabe gerade auch aus einer ethischen Perspektive analysiert werden.
Digitale Artefakte beeinflussen als soziotechnische Informatiksysteme auch die menschliche Wahrnehmung.
Interaktionsperspektive
Im Fokus der Interaktionsperspektive stehen die Menschen, zentral sind die Fragen, wie sie vor dem Hintergrund der technologisch-medialen und gesellschaftlich-kulturellen Voraussetzungen welche digitalen Medien und Systeme warum und wozu nutzen, inwiefern sie am digitalen Wandel teilhaben und ihn mitgestalten (können) sowie wie sie sich als handlungsfähige Subjekte konstituieren (vgl. auch Medienaneignung). Dabei sind die Aspekte Nutzung, Handlung und Subjektivierung zentral.
Unter Nutzung ist die funktionale Anwendung von digitalen Medien und Systemen beispielsweise für rezeptive, gestalterische, kommunikative, problemlösende und organisatorische Zwecke gefasst. Diese Nutzungsoptionen, die von Einzelnen oder Gruppen von Personen wahrgenommen, selektiert und ggf. auch verändert werden, beziehen sich auf digitale Artefakte und die von ihnen eröffneten Möglichkeiten.
Im Rahmen von Handlungen werden diese Nutzungsoptionen in unterschiedliche soziale Praktiken integriert. Dabei werden kulturell tradierte Interaktions- und Kommunikationsformen sowohl aufgenommen als auch transformiert. Eine bewusste Aneignung dieser Nutzungsoptionen setzt stets bestimmte Handlungsmotive wie auch die Reflexion und Analyse der technologischen und medialen Funktionsprinzipien und Potentialesowie rahmender soziokultureller Praktiken voraus – dies gilt gleichermaßen für den Einsatz von Bildungsmedien, Lehr- und Lerntechniken. Auf dieser Grundlage lassen sich die Gestaltungspotentiale digitaler Artefakte realisieren. Derartige Handlungsoptionen bilden auch den Horizont für die individuelle Kompetenzentwicklung.
Mit Subjektivierung ist schließlich darauf verwiesen, dass im Zusammenwirken von digitalen Medien und Systemen sowie menschlichem Handeln auch die Identitätsbildung und -entwicklung angelegt, ermöglicht oder auch behindert werden können. Dies betrifft mehrere Ebenen: Konkret sind damit erstens Formen der Selbstthematisierung gemeint, die in und über digitale Medien und Systeme ermöglicht und nahegelegt werden. So sind beispielsweise in Interfaces von sozialen Netzwerken bestimmte Handlungsaufforderungen eingeschrieben, wie man sich in und über diese Dienste zeigen und darin agieren soll und sich zugleich damit selbst konstituiert. Aus der Interaktionsperspektive betrachtet, interessiert, welches Menschenbild durch diese Formen möglicher Selbstthematisierung konstituiert wird. Zweitens wird abstrakter auch die Frage gestellt, wie und vor dem Hintergrund welcher kulturellen Einschreibungen Subjekte in den jeweiligen Medien repräsentiert und adressiert sind, beispielsweise in Form von Interessenprofilen in Empfehlungs- und Filtersystemen oder auf Ebene von Interfaces und Interaktionsmöglichkeiten. Drittens sind beispielsweise im Angesicht von Data Analytics und Künstlicher Intelligenz traditionell auf Subjekte bezogene Konzepte wie Autonomie und Authentizität auch auf technologisch- medialer Ebene in den Blick zu nehmen. Reflektiert werden soll aus der Interaktionsperspektive, wie und warum digitale Medien und Systeme als Werkzeuge jeweils für konkrete Vorhaben ausgewählt und genutzt werden. Dies erfordert eine Orientierung hinsichtlich der vorhandenen Möglichkeiten und Funktionsumfänge gängiger Werkzeuge in der jeweiligen Anwendungsdomäne sowie deren sichere Handhabung, aber auch die Kenntnis ökonomischer, gesellschaftlicher und politischer Interessen, welche Anbietende von digitalen Werkzeugen vertreten. Mit dem eigenen Handeln stellt sich so auch immer die Frage, welche anderen Handlungsoptionen individuell und sozial wünschenswert und realisierbar wären. Gleichzeitig ist aus dieser Perspektive immer auch zu reflektieren, welche Subjektpositionen technologisch-medial und kulturell angelegt sind, wie Subjekte sich in diesem Rahmen konstituieren und inwiefern sich Subjektivität angesichts digitaler autonomer Systeme transformiert.
Anschlüsse
Die drei Seiten des Frankfurt-Dreiecks beschreibenjeweils unterschiedliche Perspektiven für die Analyse, Reflexion und Gestaltung von Artefakten und Phänomenen einer durch digitale Medien und Systeme geprägten Welt. Dies schließt jeweils unterschiedliche Zugänge zur Erklärung der digitalen Artefakte und damit verbundener Phänomene ein. Das (theoretisch-konzeptionelle) Modell bietet eine begriffliche und strukturelle Grundlage, um an die Diskurse der Disziplinen Informatik, Informatikdidaktik, Medienpädagogik und Medienwissenschaft anschließen zu können, in einen produktiven interdisziplinären Austausch einzutreten und eigene anschlussfähige Theoriebildung zur Ausdifferenzierung und Konkretisierung voranzutreiben.
Für Bildungskonzepte, die digitale Medien und Systeme einschließlich der damit verbundenen Phänomene und ihrer Grundlagen adressieren und zur Teilhabe an der durch sie geprägten Welt befähigen sollen, ergibt sich aus dem Frankfurt-Dreieck die Maßgabe, dass sowohl die technologischen und medialen Strukturen und Funktionen, als auch die gesellschaftlich-kulturellen Wechselwirkungen sowie die Nutzungs-, Handlung- und Subjektivierungsweisen in Interaktionen mit digitalen Medien und Systemeneinzubeziehen sind. Das übergeordnete Ziel muss dabei sein, digitale Artefakte und mit ihnen verbundene Phänomene im Zusammenspiel dieser drei Perspektiven analysieren, reflektieren, gestalten und damit erklären und beurteilen zu können.
Vor dem Hintergrund derartiger Bildungskonzepte gilt es im Austausch mit Bildungspolitik und -praxis konkrete Kompetenzanforderungen weiterzuentwickeln und im Zusammenwirken informatischer, informatikdidaktischer, medienwissenschaftlicher und medienpädagogischer Expertise (fach-)didaktische Szenarien und Lernmaterialien zu entwickeln, die den Auf- und Ausbau dieser Kompetenzen in Bildungseinrichtungen ermöglichen. Dieses Rahmenmodell kann dabei für alle Praxis- und Handlungsfelder in Bildungskontexten und pädagogischer Arbeit adaptiert werden: für die allgemeinbildende Schule, für die Hochschule, die Lehrer*innenbildung wie auch für außerschulische Bildungskontexte, wie die Kinder- und Jugendarbeit und Erwachsenenbildung.
Perspektivisch ergibt sich so ein umfassender, wissenschaftlich fundierter und interdisziplinär getragener Katalog von Zielstellungen und Maßnahmen für Bildungskonzepte in einer durch digitale Medien und Systeme geprägten Welt.
Anmerkung
1 Dieser Text erscheint zeitgleich in Publikationsorganen der beteiligten Fachgesellschaften: merz 4/19 und MedienPaedagogik.com, Medienimpulse 58/19, Informatik und Schule INFOS 2019 sowie den Webseiten der Gesellschaft für Informatik e. V. und ist daher den institutionsinternen Standards zur geschlechtergerechten Sprache untergeordnet.Literatur
Brinda, Torsten/Diethelm, Ira/Gemulla, Rainer/Romeike, Ralf/Schöning, Johannes/Schulte, Carsten (2016). Dagstuhl-Erklärung: Bildung in der digital vernetzten Welt. www.dagstuhl-dreieck.de [Zugriff: 16.07.2019]
DGfE Sektion Medienpädagogik (2017). Orientierungsrahmen für die Entwicklung von Curricula für medienpädagogische Studiengänge und Studienanteile. Medien- Pädagogik: Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung, Dezember 2017.
GfM – Gesellschaft für Medienwissenschaften, Strategiekommission und AG Medienkultur & Bildung (2013). „Medienkultur und Bildung“. Positionspapier. www.gfmedienwissenschaft. de/sites/gfm/files/pdf/2017-10/2013- GfM-Positionspapier.pdf [Zugriff: 16.07.2019]
GfM – Gesellschaft für Medienwissenschaften (2016). Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft ‚Medienkultur und Bildung’ der Gesellschaft für Medienwissenschaft (GfM) zum Entwurf der Strategie der Kultusministerkonferenz „Bildung in der digitalen Welt“, www.gfmedienwissenschaft. de/sites/gfm/files/pdf/2018-02/3961dd_70454349ca384bb5adcf80d784d3b5ed. pdf [Zugriff: 16.07.2019]
GI – Gesellschaft für Informatik e. V. (2016). Grundsätze und Standards für die Informatik in der Schule. www.informatikstandards.de [Zugriff: 16.07.2019]
GI – Gesellschaft für Informatik e. V. [2016] Bildungsstandards Informatik – Sekundarstufe II. www.informatikstandards. de [Zugriff: 16.07.2019]
GI – Gesellschaft für Informatik e. V. (2019) Kompetenzen für informatische Bildung im Primarbereich. www.informatikstandards.de [Zugriff: 16.07.2019]
Knaus, Thomas/Meister, Dorothee M./Tulodziecki, Gerhard (2017). Futurelab Medienpädagogik: Qualitätsentwicklung – Professionalisierung – Standards. Thesenpapier zum Forum Kommunikationskultur 2017 der GMK. MedienPädagogik: Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung, Oktober 2017.
LKM – Länderkonferenz MedienBildung (2008). Kompetenzorientiertes Konzept für die schulische Medienbildung – LKM-Positionspapier. www.lkm.lernnetz.de [Zugriff: 16.07.2019]
LKM – Länderkonferenz MedienBildung (2015). Kompetenzorientiertes Konzept für die schulische Medienbildung – LKM-Positionspapier. www.lkm.lernnetz.de [Zugriff: 16.06.2019]
Autor*innen: Prof. Dr. Torsten Brinda (U Duisburg-Essen, D), Dr. Niels Brüggen (JFF, München, D), Prof. Dr. Ira Diethelm (U Oldenburg, D), Prof. Dr. Thomas Knaus (PH Ludwigsburg, D | Frankfurt UAS, D | GMK), Prof. Dr. Sven Kommer (RWTH, Aachen, D | KBoM), Christine Kopf (DFF, Frankfurt, D), Ass.-Prof. Dr. Petra Missomelius (U Innsbruck, A | KBoM), Prof. Dr. Rainer Leschke (U Siegen, D), Prof. Friederike Tilemann (PH Zürich, CH), Dr. Andreas Weich (HBK Braunschweig, D | TU Braunschweig, D)
Beitrag aus Heft »2019/04 Making und Medienpädagogik«
Autor: Torsten Brinda, Niels Brüggen, Ira Diethelm, Thomas Knaus, Sven Kommer, Christine Kopf, Rainer Leschke, Petra Missomelius, Friederike Tilemann, Andreas Weich
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medienreport
Kira Thiel: #werbung
Niedersächsisches Landesinstitut für schulische Qualitätsentwicklung (2019). Influencer-Werkstatt. Interaktive Lernbausteine. https://apps.medienberatung.online/influencer, kostenfrei.
Auf ihren Social Media-Kanälen präsentieren sie sich im Fitnessstudio, beim Essen oder Schminken, mit den neuesten Sneakers, einem Kaffeebecher in der Hand oder im Flugzeug auf dem Weg in den Traumurlaub: Influencerinnen und Influencer. Zu den Fans der Internet-Stars zählen mehrheitlich Kinder und Jugendliche, die BibisBeautyPalace und Co. als Stars zum Anfassen erleben. Diese wahrgenommene Authentizität machen sich immer mehr Werbetreibende zunutze: Im Rahmen des sogenannten Influencer-Marketings (siehe stichwort in dieser Ausgabe, S. 4) binden sie Influencerinnen und Influencer gezielt in ihre Kampagnen ein, um die junge Zielgruppe mit ihren Werbebotschaften zu erreichen. Dabei integrieren die Internet-Testimonials die Produkte oft so geschickt in ihren Feed, dass es schwierig ist, entsprechende Inhalte als Werbung zu erkennen – insbesondere wenn eine eindeutige Kennzeichnung fehlt.Vor diesem Hintergrund hat das Niedersächsische Landesinstitut für schulische Qualitätsentwicklung in Zusammenarbeit mit der AMMMa AG die Influencer-Werkstatt erstellt, eine Lernplattform zum Thema „Influencerinnen, Influencer und Werbung“. Die digitalen Unterrichtsmaterialien ermöglichen Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufen I und II, ihren Internet-Idolen auf den Zahn zu fühlen. In sechs interaktiven Lernbausteinen, die jeweils mehrere Aufgaben umfassen, wird das Phänomen aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet: von einer ausführlichen Begriffsdefinition über die Betrachtung der wichtigsten Social Media-Plattformen und Marketingstrategien bis hin zu einer beispielhaften YouTube-Videoanalyse. Doch nicht nur die Meinungsmacherinnen und -macher stehen auf dem Prüfstand. Auch eine kritische Reflektion des eigenen Online- und Konsumverhaltens wird durch eine Selbsteinschätzung angeregt. Neben den sechs Basis-Bausteinen bietet die Website außerdem zwei praxisorientierte Module, die sich der selbstständigen und vergleichenden Filmanalyse sowie der Produktion eines eigenen Videos im Influencerinnen- bzw. Influencer-Stil widmen.
Der Aufbau der Lernplattform ist übersichtlich und verständlich. Die enthaltenen Arbeitsaufträge sind didaktisch bunt gemischt. Je nach Themenschwerpunkt sollen von den Schülerinnen und Schülern unter anderem Schaubilder und Steckbriefe erstellt und Texte sowie Praxisbeispiele in Form von Fotos und Videos analysiert werden. Letztere entstammen mehrheitlich den Plattformen YouTube und Instagram, die – wie die Leserinnen und Leser erfahren – im Influencerinnen- und Influencer-Business die größte Rolle spielen. Die Arbeitsaufträge sind dabei stets präzise formuliert. Sollten dennoch Verständnisschwierigkeiten auftreten, wird die Aufgabenstellung über verlinkte Schlüsselwörter noch einmal spezifiziert. Ebenso benutzerfreundlich ist die Bedienung der Plattform. Die Website kann ohne vorherige Anmeldung über jeden modernen Browser aufgerufen werden. Bei der Nutzung über ein mobiles Endgerät sollte für die Texteingabe allerdings eine externe Tastatur verwendet werden, da die virtuelle Tastatur am Tablet oder Smartphone einen großen Teil des Bildschirms verdeckt und somit die Bearbeitung erschwert. Ansonsten ist die Handhabung grundsätzlich selbsterklärend. Für den Fall, dass doch einmal technische Fragen auftreten sollten, gibt es im „Hilfe“-Bereich der Website ausführliche Erklärungen zur Nutzung der einzelnen Tools, die teilweise eigens für die Influencer-Werkstatt entwickelt wurden. Für die Videoanalysen beispielsweise steht den Schülerinnen und Schülern ein Auswertungswerkzeug zur Verfügung, mithilfe dessen Bildschirmfotos in ein Schaubild integriert werden können. Auf der virtuellen Arbeitsfläche sind zudem erklärende Elemente wie Textfelder, Pfeile und andere Symbole verfügbar, die einfach per Mausklick hinzugefügt und im Anschluss beliebig platziert werden können. Alternativ kann im Analyse-Modul das externe Tool Lichtblick verwendet werden. Praktischerweise besteht bereits eine Verknüpfung mit besagtem Programm, sodass ein Klick auf die verfügbaren Videos genügt, um den gewünschten Clip in diesem zu öffnen.
In einigen Modulen finden sich zudem aufklappbare Materialien-Texte, die grundlegende Informationen zur Bearbeitung des jeweiligen Themenschwerpunkts liefern. Bei der Zusammenstellung der Informationen wurde auf eine übersichtliche Textmenge geachtet. An manchen Stellen entsteht durch diese schülerfreundliche Komprimierung allerdings der Eindruck, dass komplexe Themen wie Schleichwerbung und Influencer-Marketing etwas zu oberflächlich behandelt werden. Hier wären weiterführende Informationen und Begriffsklärungen, beispielsweise in Form einer Linksammlung, wünschenswert.
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die inhaltliche Zusammensetzung einzelner Bausteine. So folgt auf die Beantwortung der Frage „Was ist ein Influencer?“ im gleichnamigen Modul unvermittelt die Auseinandersetzung mit Schleichwerbung, ohne im Vorfeld den Aspekt der Werbung thematisiert zu haben.
Nichtsdestotrotz stellt das Webangebot eine gute Möglichkeit dar, das komplexe Thema „Influencerinnen, Influencer und Werbung“ im Unterricht aufzugreifen und multiperspektivisch zu bearbeiten. Durch die intensive Auseinandersetzung mit der Thematik werden die Schülerinnen und Schüler für persuasive Werbebotschaften im Netz sensibilisiert und ihre Medien- und Werbekompetenz gefördert. Zudem dürften sie sich über den Lebensweltbezug der Unterrichtseinheit freuen. Die Influencer-Werkstatt eignet sich insbesondere für den Einsatz in den Fächern Deutsch, Werte und Normen, Sozialkunde sowie Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Auch wenn sich die Plattform offiziell an alle Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufen I und II richtet, scheint eine Bearbeitung vor allem in der Unter- und Mittelstufe lohnenswert. Doch nicht nur Lehrkräfte können das umfangreiche Webangebot nutzen. Einige Lehrbausteine sind auch für (medien-)pädagogische Fachkräfte von Interesse. So kann unter anderem das Modul „Produktionsplanung“, das auf die Konzeption und Umsetzung eines eigenen Influencerinnen- bzw. Influencer-Videos abzielt, auch in der außerschulischen Jugendarbeit eingesetzt werden. Während einige Bausteine klassisch didaktische Aufgabentypen umfassen und entsprechend stark auf den Einsatz im Unterricht ausgerichtet sind, ermöglicht das beschriebene Praxismodul eine gemeinschaftliche kreative Auseinandersetzung mit den Social Media-Stars – auch fernab der Schule.
Beitrag aus Heft »2019/04 Making und Medienpädagogik«
Autor: Kira Thiel
Beitrag als PDFEinzelansichtSonja Berger: Die Eroberung unbekannten Terrains in einer nicht mehr so neuen Welt
Hasso-Plattner-Institut (2019). Neuland. Podcast, abrufbar unter www.hpi.de/medien/podcast sowie iTunes und Spotify, kostenfrei.
Dass das Internet kein echtes „Neuland“ mehr ist, hat Bundeskanzlerin Angela Merkel inzwischen begriffen, obwohl sie 2013 bekanntlich noch von einem eben solchen gesprochen hat. Ganz Unrecht hat sie hingegen nicht, wenn gemeint ist, dass einige Gebiete dieses Neulands noch nicht bis ins letzte Detail erforscht sind. Das Hasso-Plattner-Institut (HPI) widmet sich diesen leeren Stellen auf der Landkarte des Internets in einem Podcast. Wissbegierige finden hier Interviews mit Expertinnen und Experten des Instituts, die sich schon seit vielen Jahren mit Big Data und verwandten Themen beschäftigen.Seit Anfang des Jahres erscheint alle zwei Wochen der Wissenspodcast Neuland, der über die zugehörige Website und über gängige Podcast-Streaming-Anbieter wie iTunes oder Spotify gehört werden kann. Neuland verfolgt ein hoch gestecktes Ziel: Aufklärung über Chancen und Risiken der Digitalisierung, verständlich und auf den Punkt gebracht.
Die Podcast-Folgen variieren in ihrer Länge zwischen 25 und gut 30 Minuten. Zu hören sind Interviews, geführt von Leon Stebe, der sonst dem Nachrichtensender Inforadio des Rundfunks Berlin-Brandenburg (rbb) seine Stimme leiht. Er spricht mit Lehrstuhlinhabern des HPI, das gemeinsam mit der Universität Potsdam die Fakultät für Digital Engineering gegründet hat.
In den ersten vier Folgen spricht Stebe mit Führungskräften des HPI – über Digitale Welten, Big Data, Digital Health und Blockchain.
Dass unter den Gesprächsteilnehmenden nur sehr wenige Frauen sind, verwundert nicht in Anbetracht des hauptsächlich aus männlichen Vertretern bestehenden Führungskaders.1Abgesehen von der Gender-Problematik, die bekanntlich unter Institutionen der Informationstechnologie auch viele andere betrifft, besteht Aufklärungsbedarf der Öffentlichkeit in puncto Aufklärung und Sensibilisierung im Internet. Die erste halbstündige Podcast-Folge mit Christoph Meinel, Geschäftsführer und Direktor des HPI, leuchtet die dunklen Bereiche des Neulands aus und liefert eine Brainstorm-artige Übersicht: Virtuelle Realität, IT-Sicherheit, Funktionsweise von technischen Systemen, Selbstbestimmung, Fake News, Datenschutz.
Die zweite Folge dreht sich um Datenschutz. Moderator Stebe befragt Felix Naumann, Professor für Informationssysteme, zum Berufsbild eines Data Scientists. Naumann erklärt hierbei, was zum Beruf des Data Scientist gehört, wie man diesen Beruf ergreifen kann und wie er sich von anderen Berufsbezeichnungen abgrenzt. Dabei problematisiert er eindringlich, warum die Sensibilität für den Schutz der eigenen privaten Daten in der Gesellschaft im Vergleich zu jener der 1970er-Jahre so stark abgenommen hat und warum anonymisierte Daten nicht zwangsläufig auch anonym sind.
Eine Vision davon, was vielleicht in Zukunft mit unseren Gesundheitsdaten möglich ist, teilt uns Erwin Böttinger, Leiter des Digital Health Center, in der dritten Folge mit. Statt tagelang auf Laborergebnisse zu warten, könnten Patientinnen und Patienten ihre Blutwerte mithilfe digitaler Mini Labore, die sie bei sich tragen, selbst messen und im Falle von Beschwerden die Anamnese mit Hilfe einer Software veranlassen. Digitale Innovation zur Prävention von Krankheiten nutzen – statt Dauerüberwachung – ist seine Devise.
Auf so manch komplexen Fachbegriff stoßen die Zuhörerinnen und Zuhörer beim Thema Blockchain in der Episode zu IT-Sicherheit. Bei Themen wie Hash-Funktion, Public Key und Konsensalgorithmen sollte – wer Christoph Meinel hier folgen können möchte – schon ein wenig Vorwissen mitbringen. Meinel bemüht sich jedoch sehr, die Konzepte anschaulich mit Beispielen zu unterfüttern. Zuhörerinnen und Zuhörer, die allerdings keinerlei Bezüge zum Programmieren, zu Kryptowährungen oder zumindest zu Buchhaltungssystemen besitzen, sind an manchen Stellen vermutlich überfordert. Co-Direktorin Claudia Nicolai und Programmmanager Holger Rhinow der School of Design Thinking stellen das Konzept des Design Thinking vor, eine Methode, wie Teams in Unternehmen effektiv an Problemlösungen – auch im Bereich der Digitalisierung – arbeiten können. Diese Episode bietet einen spannenden Einblick in das, was Führungskräfte in den Design Thinking Workshops des HPI erwartet: analoge Räume, Perspektivenwechsel und spielerisches Kennenlernen auf einer zwischenmenschlichen Ebene. Die weiteren Folgen beschäftigen sich unter anderem mit Hass im Netz, Algorithmen, Wearables und dem Wert unserer Daten.
Der Podcast wirkt professionell. Er überzeugt nicht nur mit eigener Website im einheitlichen Look, sondern auch mit exzellenter Tonqualität. Inhaltlich ist er um Kompaktheit bemüht, was dank des Experteninterview-Formats auch gelingt. Stebe folgt dem Prinzip eines kurzen Einstiegs, um zügig mit den Expertinnen und Experten ins Thema einzusteigen. Andere Podcasts, wie der 45- bis 60-minütige Podcast zu Digital kompakt oder Wege der Digitalisierung, tauchen dagegen tiefer in die Materie ein. Dort wird weiter ausgeholt und die Sprecherinnen und Sprecher befinden sich in einer entspannten Atmosphäre auf Augenhöhe, wie es eher für Unterhaltungspodcasts üblich ist.
Alles in allem ist Neuland deshalb für eine Zielgruppe interessant, die mehr Wert auf Wissenszuwachs als auf Unterhaltung legt und zugleich über ein gewisses Maß an Vorwissen im IT-, Management- und Finanzbereich verfügt, um bei abstrakteren Konzepten nicht auszusteigen. Zu empfehlen ist der Podcast für pädagogische Fachkräfte der Medienbildung, die auf ihre Vorkenntnisse aufbauen und sich einen Überblick über die komplexeren Bereiche der Digitalisierung verschaffen möchten.
Beitrag aus Heft »2019/04 Making und Medienpädagogik«
Autor: Sonja Berger
Beitrag als PDFEinzelansichtAndré Golling: Das Spiele-Universum für Jugendliche
David Bazucki/ROBLOX Corporation (Hrsg.) (2019). www. roblox.com, aktualisierte, deutsche Version für PC, Mac, iOS, Android, Amazon-Geräte und Xbox One, kostenfrei.
Eine Plattform – 60 Millionen Spiele – 90 Millionen Nutzerinnen und Nutzer. ROBLOX ist ein sogenanntes Sandbox-Game, eine Spieleplattform, auf der Userinnen und User ihre eigenen Mini-Spiele erstellen und mit anderen teilen können. Mit rund 15 Millionen Nutzenden stellt Europa, neben den USA, bislang den größten Markt dar. Seit kurzem existiert auch eine deutschsprachige Version der Spieleplattform, womit nun auch die Community-Betreuung auf Deutsch verfügbar ist. Zum Großteil der Userinnen und User zählen Kinder und Jugendliche verschiedener Altersgruppen. Bei den unter 13-Jährigen ist die Nutzung von ROBLOX bereits dreimal höher als bei YouTube.Die hohe Beliebtheit der Plattform insbesondere unter Kindern und Jugendlichen ist offenbar auf die einfache Handhabung der einzelnen Tools und die Gestaltung der Anwendungen im LEGO-Stil zurückzuführen. Die Benutzung der kostenfreien Spieleplattform kann sowohl als App auf Smartphones und Tablets als auch auf dem Computer erfolgen. Nachdem ein kostenloser Account angelegt wurde, können Nutzende ihren Avatar nach Belieben im Look einer LEGO-Figur gestalten.
Alle auf dem Portal angebotenen Spiele und Inhalte sind uneingeschränkt sowie ohne Altersbeschränkung verfügbar. Selektiert wird lediglich nach zwei Alterskategorien: unter und über 13 Jahren, was jedoch keinerlei Auswirkungen auf die Spieleauswahl hat.
Die Thematiken sind genauso vielfältig wie die Stile der Spiele: In Jump‘n‘Runs, Simulationen oder Rollenspielen können sich Nutzende als Superheldinnen und Superhelden, Dinosaurier oder Pizzaboten gegen andere behaupten – ganz unabhängig davon, ob nun gekämpft, gebacken oder ein Autorennen angetreten wird. Die Möglichkeiten, sich in ROBLOX auszuleben und zu verwirklichen, sind nahezu unbegrenzt. Inhalte und Materialien können per In-Game-Kauf mit der virtuellen Währung ROBUX erworben werden. Durch den Kauf haben die Spielenden die Möglichkeit, ihren Avatar durch andere Kleidung und Materialien aufzuwerten, oder Spielerweiterungen sowie VIP-Zugänge zu erwerben. Die Hinweise für das Bezahlen mit echtem Geld sind zwar klar ersichtlich, dennoch kann der Wettbewerbsdruck zum unreflektierten In-App-Kauf verleiten.
Auffallend ist, dass sich zahlreiche (Mini-)Spiele mit realen (arbeits-)alltäglichen Themen beschäftigen. So befasst sich beispielsweise das Spiel Arbeite in einer Pizzeria auf spielerische Weise mit Arbeitsabläufen getreu dem Motto ‚Wer erfolgreich sein will, muss viel arbeiten und Geld verdienen‘. Hier ist es Spielenden freigestellt, ob sie wirklich arbeiten oder zu Lasten des Arbeitsablaufs anderen Tätigkeiten nachgehen. Darüber hinaus sind Spielende voneinander abhängig, um bestimmte Level oder Entwicklungen zu erreichen.
Bei dem Spiel Adopt Me! tritt die Kommunikation mit fremden Userinnen und Usern als unverzichtbares Element in Erscheinung. Wie der Titel bereits verrät, werden Spielende in Familien aufgenommen. Mit diesem Spielprinzip sollen virtuelle Beziehungen zwischen den Spielenden aufgebaut werden. Die Angst, etwas zu verpassen oder bei bestimmten Aktivitäten nicht dabei zu sein, kann dazu verleiten, ständig online zu sein oder sein zu wollen. Solche und weitere Kritikpunkte vieler ROBLOX-Spiele vereint das kostenpflichtige In-Game Welcome to Bloxburg. In einem eigens geschaffenen Zuhause können die Avatare unter anderem kochen, essen und fernsehen. Interaktion und Kommunikation erfolgen wie bei vielen anderen Spielen der Plattform via Chat.
Auch Spiele mit gewalttätigem Inhalt sind auf dem Portal in großer Zahl vertreten. Das Spiel CounterBlox beispielsweise ist angelehnt an den bekannten Ego-Shooter CounterStrike, welcher dessen Brutalität durch die verpixelte LEGO-Optik verharmlost widergibt. Gewalt ist fester Bestandteil des Spiels. Dass hierbei keinerlei Altersprüfungen stattfinden und solche Games somit auch Kindern und Jugendlichen frei zugänglich sind, erscheint mehr als fragwürdig.
Im ROBLOX-Studio, dem zugehörigen Spiele-Editor, tauchen Spielende in eine virtuelle 3D-Welt ein, die sie größtenteils selbst erstellen und anschließend für alle Userinnen und User auf dem Portal teilen können. Der Kreativität und dem Spaß sind hier keine Grenzen gesetzt. Doch nicht nur solche Absichten werden verfolgt: Entwicklerinnen und Entwickler können hierbei Millionen verdienen, wenn ihre Spiele erfolgreich sind. Aufgrund dieses wirtschaftlichen Aspekts wird dieser Editior nicht nur von Newbees, sondern vor allem auch von Profis oder sogar Unternehmen genutzt, die vorwiegend Reichweiten unter den ROBLOX-Nutzenden erzielen wollen.
Bei den Anwendungen in ROBLOX stehen Unterhaltung und der schlichte Zeitvertreib im Mittelpunkt. Ein pädagogischer Nutzen kann bei zahlreichen Spielen (der Top 150) dennoch nicht erkannt werden. Bei Spielen wie Unboxing, Bee Swarm und einigen anderen handelt es sich um Anwendungen, die darauf abzielen, den eigenen Status durch bestimmte Tätigkeiten zu verbessern, um so limitierte Zugänge zu exklusiven Räumen, Welten oder Ausrüstungen zu erhalten. Kompetenzerweiterungen oder Lerneffekte bleiben meistens aus. Dennoch kann durch die Kommunikation, welche in vielen Spielen einen wesentlichen Bestandteil darstellt, die Teamfähigkeit gefördert werden.
Generell wird jedoch bei der Nutzung der Plattform keineswegs auf Zumutbarkeitsgrenzen der Spielenden geachtet, Altersbeschränkungen sind nicht vorhanden. Kinder und Jugendliche könnten somit unfreiwillig gewalttätigen oder obszönen Inhalten ausgesetzt sein – sei es direkt im Spiel oder im Chat. Zudem ist durch die Kommunikation und Interaktion nicht ausgeschlossen, dass Nutzende mit Fremden in Kontakt treten, die andere Absichten pflegen als Spiele zu testen. Dennoch oder gerade aus diesen Gründen wird der Sicherheit der einzelnen Userinnen und User in dem Portal ein großer Stellenwert zugeschrieben: Auf der Website der Plattform sind ein spezieller Ratgeber für Eltern sowie ein Themenbereich zu Sicherheit und Vertrauen angelegt. Seit dem Ausbau des Netzwerks nach Deutschland arbeiten die Entwickelnden zudem eng mit der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) zusammen. Spiele mit ungeeigneten Inhalten werden sofort von der Plattform gelöscht und die jeweiligen Spieleentwicklerinnen und -entwickler zur Rechenschaft gezogen. Auch werden Moderierende eingesetzt, die gegen inkorrektes Verhalten in jeglicher Form auf dem Portal vorgehen. Die Anwendung eignet sich unter anderem für Jugendliche und Fachkräfte in Bereichen der aktiven Medienarbeit, Jugendarbeit oder auch für Lehrkräfte mit Bezug zu Gaming. Aufgrund der vielen verschiedenen In-Games und Interaktionen mit Dritten sind Spaß und Spannung zwar garantiert, jedoch ist von einer unbedachten Nutzung ohne Hintergrundwissen zu Motiven, Zielstellungen und Struktur der Plattform abzuraten.
Beitrag aus Heft »2019/04 Making und Medienpädagogik«
Autor: André Golling
Beitrag als PDFEinzelansichtDana Neuleitner: Le Floid vs. The World
Orlowsky, Janosch/Studio 71 (2018). Le Floid vs.The World. YouTube Originals Serie. 8 Folgen, jeweils etwa 22 Minuten. FSK 6 bis 12.
„Travel the world, understand the world, change the world“ – das ist das Motto der Serie LeFloid vs. The World, die für den Grimme-Preis 2019 in der Kategorie Kinder und Jugend nominiert war. Die achtteilige Dokumentarserie rund um einen der bekanntesten deutschen YouTuber nimmt die Zuschauenden mit auf eine Reise rund um den Globus, auf der verschiedene gesellschaftliche Aspekte beleuchtet werden. Dabei will er aktuelle Fragen der jungen Generation klären. Welchen Einfluss haben Dating-Apps auf Liebe? Gibt es höhere Mächte? Welche Auswirkungen hat technischer Fortschritt? Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, setzt sich Florian Diedrich, wie LeFloid mit bürgerlichem Namen heißt, mit einer Vielzahl an Bereichen auseinander: Angefangen bei Selbstwahrnehmung und Schönheit werden unter anderem die Bereiche Arbeit, Sport und Glaube in jeweils 22 Minuten genauer unter die Lupe genommen. Also Themen, mit denen LeFloid, der über drei Millionen Abonnentinnen und Abonnenten auf YouTube hat, sein junges Publikum zielgruppengerecht erreichen kann.Bereits in der ersten Folge spricht er ein Thema an, das vor allem – aber nicht nur – für junge Menschen in der Selbstfindungsphase von hoher Wichtigkeit ist: Wie nehmen wir uns selbst (und andere) wahr? Dafür spricht er mit Supermodel Toni Garrn über die Wirkung von Instagram und ist bei einer Schönheitsoperation an einer jungen Frau dabei. Welche Auswirkungen es haben kann, wenn man den Bezug zu sich selbst verliert, wird anhand des Beispiels Südkorea deutlich. Die Selbstmordrate liegt dort bei etwa 15.000 Personen im Jahr – die höchste der Welt.
LeFloid zeigt in einem Interview mit Kim-Ki Ho, wie man dem mit einem außergewöhnlichen Gegenmittel vorbeugen könnte: Inszenierte Beerdigungen sollen den Menschen helfen, sich an den Wert des Lebens zu erinnern. Auch LeFloid wagt den Versuch, lässt sich wohlgemerkt nur zusammen mit seinem Markenzeichen, dem Cap, ‚beerdigen‘. Im Dunkeln brauchte er sich dann aber wenigstens keine Gedanken darüber machen, wie ihn die Welt wahrnimmt.
Anders sieht es bei den etwa 95 Millionen Fotos und Videos aus, die täglich auf Instagram hochgeladen werden. Oder den 500 Millionen Tweets auf Twitter im selben Zeitraum. Wie man sich der Welt präsentiert, spielt im Zeitalter der sozialen Medien nämlich eine große Rolle. Das geht für manche sogar so weit, dass sie sich Schönheitsoperationen unterziehen, um auch im echten Leben dem Selfie-Blickwinkel zu entsprechen. „Man schaut immer hoch, neigt leicht seinen Kopf und man sieht fröhlich aus“, erklärt Schönheitschirurg Oh Myungjun, bevor er LeFloid mit in den OP nimmt, wo er seiner Patientin Fett aus ihrem Oberschenkel in die Stirn spritzt. Nichts für empfindliche Augen. Das ungeschönte Präsentieren der ruppigen Operation könnte jedoch vielleicht dazu beitragen, dass etwa junge Menschen, die an ihrem Körper zweifeln, von einem möglichen Eingriff abgeschreckt werden. Die Show zeigt sich kritisch gegenüber dem Schönheitswahn, der durch das Streben nach Likes und einem guten Image entsteht, und betont, dass Identität und Persönlichkeit mehr als nur das Oberflächliche sind und Schönheit von innen kommt. Eine wichtige Botschaft besonders für Heranwachsende. Die Vorteile von Social Media werden zwar auch thematisiert, jedoch nur am Rande. Die Suche nach dem Selbst führt LeFloid weiter zu BINA48, einem Roboter, der Teil eines futuristisch anmutenden Projektes ist. Bruce Duncan arbeitet daran, menschliches Bewusstsein zu bewahren, herunterzuladen und Roboter damit zum Leben zu erwecken. Dies wirft unter anderem die Frage auf, ob dieses Vorhaben moralisch vertretbar ist. Mit Schülerinnen und Schülern könnte etwa diskutiert werden, inwiefern sich diese Prozedur von Sprachassistenten, die sie im Alltag nutzen, unterscheidet.
Die Serie wurde auf Englisch produziert, um ein größeres Publikum zu erreichen. Deutsche Untertitel sind durchgängig verfügbar und ein Teil der Interviews wurde außerdem auf Deutsch gedreht. Dass die Serie stets darauf achtet, Themen aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten und den Zuschauenden keine bestimmte Sichtweise aufzuzwingen, ist positiv hervorzuheben. Auch Sachverhalte, die vermutlich die wenigsten im Alltag hinterfragen, werden angesprochen und regen zum Nachdenken an. So wird in der Folge Money nachgeforscht, warum Geld für uns und in der Welt so eine große Bedeutung hat, und wie in Kenia durch die Einführung des innovativen bargeldlosen Bezahlsystems M-Pesa auch Menschen ohne Bankkonto eine neue Chance gegeben wird.
Darüber hinaus befasst sich die Serie mit Künstlicher Intelligenz und deren Einfluss auf unser zukünftiges Arbeitsleben und zeigt, welche Chancen Musik mit sich bringt. Beispielsweise, dass sich Musik bei Alzheimer am längsten im Gedächtnis hält, während andere Erinnerungen schneller verloren gehen. Den Rezipientinnen und Rezipienten werden viele wissenswerte Aspekte rund um Alltagsthemen aufgezeigt. Die Serie ermöglicht es, auch mal einen Blick über den Tellerrand hinauszuwerfen und beispielsweise zu erfahren, dass Musik junge Leute im geteilten Jerusalem zusammenbringt oder in Nairobi einen mentalen Ausweg aus den Slums bietet. Durch die durchdachte Auseinandersetzung mit verschiedenen Themen können Vorurteile möglicherweise abgebaut werden. Nebenbei erhält man viele Information wie etwa, dass auf der größten Müllhalde Deutschlands täglich etwa 2.000 Tonnen Müll, unter anderem von Flughäfen, abgeladen werden. Dies könnte viele Menschen ermuntern, über ihre Lebensweise nachzudenken.
LeFloid vs. The World besticht durch seine qualitativen Inhalte – dass diese durch die Sendezeit von 22 Minuten oftmals nicht völlig ausgeschöpft werden können, ist zwar schade, da viele Aspekte nur oberflächlich behandelt werden, aber verständlich. Dennoch wären längere Interviews und eine tiefere Auseinandersetzung mit den einzelnen Unterthemen wünschenswert, wodurch die Sprunghaftigkeit von einem Thema zum nächsten möglicherweise ebenfalls unterbunden werden könnte. Die Interviewpartnerinnen und -partner sind in der Regel gut gewählt und verfügen über breites Fachwissen. Hervorzuheben ist hier, dass viele einflussreiche Personen darunter sind, wie etwa Dan Reynolds von Imagine Dragons, Basketballer Dirk Nowitzki, Rapper Ice-T oder der Nobelpreisträger Kip Thorne. Das spricht ebenfalls für die Qualität des Angebots, dessen Inhalte zu weiterer Auseinandersetzung anregen. Bis auf die erste Folge ist die Serie nur auf YouTube Premium verfügbar, kann aber über einen Probemonat kostenfrei abgerufen werden.
Beitrag aus Heft »2019/04 Making und Medienpädagogik«
Autor: Dana Neuleitner
Beitrag als PDFEinzelansichtMarkus Achatz: Die Schule und das Leben
Das Filmfest München befindet sich im Wandel. Höheres Budget, wachsende Ansprüche, ein zusätzlicher Wettbewerb und die Diskussion um größere Ambitionen für die Zukunft. Dieses Jahr wurden 180 Filme in mehr als 500 Screenings gezeigt. Das internationale Filmfest ist also in einer Phase der Veränderung. Es scheint manchmal so, als wisse es noch nicht so genau, was es werden soll, wenn es groß ist. Das parallel laufende Kinderfilmfest fristet eher ein Schattendasein. Im Vergleich zum neuen Wettbewerb Cinecopro-Award (mit 100.000 Euro dotiert) erhält der Kinderfilmfest-Publikumspreis gerade einmal 1.000 Euro. Insgesamt präsentierte das Filmfest München wieder eine Reihe an spannenden Erzählungen, die vom Heranwachsen in unsicheren Zeiten handeln, von der Suche nach Identität, Freundschaft und Zuneigung und in mehreren erwähnenswerten neuen Produktionen ging es auch um die Schule. Im Kinderfilmfest-Programm sind zwei Produktionen aus den Niederlanden herausgestochen, die jeweils auf erfolgreiche Jugendbuchvorlagen zurückgehen.
Erinnerungen im Küstensand: Meine wunderbar seltsame Woche mit TessVon einer außergewöhnlichen Ferienbegegnung zweier Heranwachsender handelt Meine wunderbar seltsame Woche mit Tess. Das gleichnamige Buch hat Anna Woltz geschrieben, Regie führte Steven Wouterlood. Die Geschichte wird aus der Perspektive des elfjährigen Sam erzählt, der mit seiner Familie auf der Insel Terschelling Urlaub macht. Gleich am ersten Tag bricht sich Sams älterer Bruder Jore ein Bein. Er ist in ein tiefes Sandloch gestolpert, das Sam zuvor gegraben hatte, um sich wie in ein Grab hineinzulegen. Sam beschäftigt vor allem der Gedanke als Jüngster alleine übrig zu bleiben, wenn alle anderen vor ihm sterben. Seine eigene Seltsamkeit relativiert sich, als er die quirlige Tess kennenlernt. Sie scheint eine verrückte Idee nach der anderen zu haben. Sam ist sogleich fasziniert von Tess, doch muss er im Laufe der folgenden Tage mehrfach erfahren, dass Tess schwer einzuschätzen ist und ihn auch mal in den Dünen stehen lässt. Eigentlich wollte Sam während der Ferien üben, wie es ist allein zu sein. Doch sein ‚Alleinheitstraining‘ wird durchkreuzt, da er am liebsten jede freie Minute mit Tess verbringen will. Und es gibt noch ein weiteres Problem: Tess hat ihren leiblichen Vater, von dessen Identität sie eigentlich gar nichts wissen soll, heimlich auf die Insel gelenkt. Sie möchte nun herausfinden, ob er es wert ist, zu erfahren, dass er eine Tochter hat.
Der Film hält eine feinsinnige Balance zwischen Humor und Nachdenklichkeit und fängt dabei die faszinierende Insellandschaft ein. Die Figuren handeln so, dass auch die damit verbundenen Konsequenzen – positive wie negative – deutlich werden. Im Verlauf der Geschichte schimmern immer wieder unterschiedliche Möglichkeiten ihres Ausgangs auf. Das hält die Spannung, wenngleich sich am Ende – dies kann man den Machern vielleicht vorwerfen – einige der angerissenen Probleme relativ glatt lösen. Dennoch ist die Moral der Geschichte eine durchaus schöne: denn Sam hat gelernt, wie wichtig es ist, möglichst viele Erinnerungen zu sammeln, in denen man das Leben mit anderen teilt.
Junge Lehrerin mit Superkräften: Superjuffie
Vom Produktionsteam der beliebten Mister Twister-Filme aus den Niederlanden stammt Super Miss (Superjuffie). Darin gerät die Grundschullehrerin Josie kurz nach Ankunft an der neuen Schule in große Turbulenzen. Die junge ‚Miss‘ (niederländ. ‚Juffie‘ übliche Anrede für Lehrerinnen in Holland) zieht ins alte Haus ihrer Tante und findet dort eine geheimnisvolle Statue. Von dieser übertragen sich Superkräfte auf die junge Frau und plötzlich hört sie Tiere, die um Hilfe rufen. Ihre Mission: Tiere retten. Zunächst muss sie lernen, die neuen Superkräfte zu beherrschen, was sich als Lehrerin nicht ganz einfach erweist. Als vier Schülerinnen und Schüler beobachten, wie sich ihre Lehrerin in eine Superheldin verwandelt, lassen sie sich nicht davon abhalten, beim nächsten Abenteuer dabei zu sein.
Der Film basiert auf den Kinderbüchern von Janneke Schotveld. Ähnlich wie bei Mister Twister ist der hauptsächliche Handlungsort eine Grundschule mit einer jungen Lehrkraft als Hauptfigur. Dieser wird eine kuriose Schulleitung entgegengesetzt. Neu sind bei Super Miss die fantastischen Elemente und eine sich entspinnende Krimigeschichte. Leider bleiben aufgrund der vielen Spezialeffekte die meisten Figuren eher blass. Insbesondere die Schülerinnen und Schüler sind nicht viel mehr als namenlose Begleiterinnen bzw. Begleiter, wodurch die Filmemacher die Chance vergeben, den jungen Zuschauerinnen und Zuschauern – abseits einer harmlosen Superheldin und süßen, sprechenden Tieren – weitere Identifikationsfiguren zu bieten. Trotzdem ist Super Miss unterhaltsames Familienkino mit Hauptfiguren wie der Super Miss oder dem trotteligen Schuldirektor Herr Schnauz, die auch jüngeren Kindern Spaß machen.
Schule als Herzenswunsch: Chuskit
Einen ganz anderen Blick auf Schule wirft der indische Film Chuskit. Die zehnjährige Chuskit lebt in einem Himalayadorf in Ladakh und wünscht sich nichts mehr, als gemeinsam mit ihren Freundinnen zur Schule zu gehen. Nach einem Unfall in den Bergen erleidet Chuskit eine Querschnittslähmung. Vor allem der konservative Großvater versucht das Mädchen davon zu überzeugen, sich das Hirngespinst ‚Schule‘ aus dem Kopf zu schlagen, doch sie will nicht aufgeben.
Der Film von Regisseurin Priya Ramasubban basiert teils auf wahren Begebenheiten und zeichnet Chuskits Charakter in unterschiedlichen Facetten. Das Kind hadert mit ihrem Schicksal, kommandiert die Familie herum und projiziert ihre Frustration auf den Großvater, der das Sagen hat. Gleichzeitig kann sie sich aber auch über Kleinigkeiten freuen, hat einen starken Willen und hält an ihrem großen Traum fest. Chuskit muss im Laufe der Geschichte lernen, mit ihrer Situation umzugehen, ohne ihre Träume und Ziele aufzugeben und ohne gegenüber den anderen ungerecht zu sein. Der Film macht deutlich, wie schwer diese Aufgabe ist und blendet auch nicht aus, wie Chuskit leidet. Die Stärke der Geschichte liegt auch darin, sich auf die Dynamik des Verhältnisses zwischen Chuskit und ihrem Großvater zu fokussieren. Mit jungen Protagonistinnen und Protagonisten auf Identitätssuche befassten sich auch mehrere Beiträge außerhalb des Kinderfilmfest.
Mitten im Übergang: Eighth Grade
Im Film Eighth Grade des US-Amerikaners Bo Burnham (Filmfestreihe Spotlight) dreht sich alles um die 13-jährige Kayla und ihre letzte Woche in der Middleschool. Sie ist mittendrin im Strudel der Veränderungen. Regisseur Bo Burnham ist als Comedian, Sänger und YouTuber bekannt und sagt, dass er viel von seinen eigenen
Unsicherheiten und Ängsten in die Figur von Kayla gepackt hat. Dabei setzt er seine Hauptprotagonistin in teils extremen Close-Ups in Szene. Dadurch nehmen Zuschauende an Kaylas Blick auf die Welt sehr intensiv Anteil. Im Übergang der Middleschool zur Highschool sehnt sie sich nach wahren Freunden und versucht mit den eigenen Gefühlen umzugehen. Dabei macht Kayla ihre Sache eigentlich ganz gut. Sie traut sich beispielsweise auf YouTube über sich zu sprechen, darüber, was sie beschäftigt. Auch wenn sich kaum jemand dafür interessiert. Hauptdarstellerin Elsie Fisher spielt die Rolle unglaublich gut. Kaylas Charakter wächst im Laufe der Geschichte und hinterlässt uns – wie auch ihren Vater – mit der Überzeugung, dass sie das alles schon schaffen wird.
Täglicher Terror durch Mitschüler: The Pig
Ganz anders sieht das beim 13-jährigen Rumen in der bulgarisch-rumänischen Produktion The Pig (Filmfestreihe International Independents) aus. Hier steht ein absoluter Außenseiter im Mittelpunkt der Story. Rumen ist dick und unbeholfen und wird aufs Extremste in seiner Schule schikaniert. Auf dem Weg zur Schule steckt er schon die erste Tracht Prügel ein. Zunächst erträgt er all das mit bemerkenswertem Gleichmut, bis eines Tages ein neuer Mitschüler in die Klasse kommt und für Rumen das Fass überläuft. Danach ist nichts mehr, wie es vorher war. Rumen muss abtauchen. Aber wo soll er denn hin? Mit seinem ersten Feature-Film Shelter (2010) hat der bulgarische Regisseur Dragomir Sholev weltweit mehr als 20 Preise gewonnen. Zuvor hat er mehrere Kurzfilme und eine Dokumentation gedreht. In The Pig gelingt es Sholev auf intensive Weise, die Gewalt und die Anspannung förmlich spürbar zu machen. Dabei hat er viel mit der Spontaneität seines Hauptdarstellers Rumen Georgiev gearbeitet, der sich bis zu einem gewissen Grad selbst gespielt und seine eigenen Erfahrungen als Mobbing- und Gewaltopfer eingebracht hat. Die beinahe dokumentarische Form macht den Film zu einem kontroversen, aber auch sehr eindringlichen Werk, das mit den Grenzen von Fiktion und Realität provokant zu spielen vermag.
Beitrag aus Heft »2019/04 Making und Medienpädagogik«
Autor: Markus Achatz
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publikationen
Heinrike Paulus: „Wie werden Familien „medienfit“?
Österreichisches Institut für angewandte Telekom munikation | Saferinternet (2018). Medien in der Familie. Tipps für Eltern. Wien. 60 S. www.saferinternet.at/fileadmin/categorized/Materialien/Medien_in_der_ Familie.pdf, kostenfrei.
Fernsehen mit dem Tablet, Telefonieren über das Internet oder Bilderbuch-Apps für die lange Zugfahrt: Digitale Medien sind inzwischen fester Bestandteil des Alltags und somit des täglichen Familienlebens geworden. Schon von klein auf kommen Kinder mit Smartphone und Tablet in Kontakt, Wischen und Zoomen ist für sie selbstverständlich. Medienerziehung tangiert folglich nicht nur die Gesellschaft insgesamt, sondern auch Familien im Besonderen.Der familiären Medienerziehung widmet sich intensiv die Broschüre Medien in der Familie der österreichischen Initiative Saferinternet. Alltagstaugliche Hinweise sollen Eltern und Erziehungsberechtigte dabei unterstützen, die neuen Herausforderungen bewältigen zu können, die sie aufgrund der durch die Digitalisierung hervorgerufenen, sich wandelnden Mediennutzung ereilen können. Zudem ist es in der digitalen Gesellschaft unerlässlich, Heranwachsende auf ein selbstbestimmtes und verantwortungsvolles Handeln in der Medienwelt vorzubereiten. Ebenso gilt es, Kinder vor jenen nicht altersgerechten Inhalten zu schützen, die für die jeweilige Entwicklungsphase ungeeignet sind. Medienerziehung in der Familie müsse Saferinternet zufolge die Intention verfolgen, Kinder darin zu fördern, sich selbstständig „ausreichend Kompetenzen anzueignen, um mit problematischen Situationen besser umgehen zu können“.
Um welche problematischen Situationen es sich dabei handeln kann, zeigen die behandelten Themen von In-App-Käufen über Cybermobbing und Kommerzialisierung der Kindheit bis hin zu Internet und Sexualität, mit denen sich Medien in der Familie in 17 übersichtlichen und sehr gut verständlichen Kapiteln, unter anderem anhand realitätsnaher Fallbeispiele, befasst.Bereits im Eingangskapitel weisen die Herausgebenden darauf hin, dass (Groß-)Eltern die wichtigste Anlaufstelle für Kinder darstellen, wenn diese durch die (digitale) Mediennutzung mit Fragen und Problemen konfrontiert werden. Durch einen solchen Austausch und das Darüberreden wird die Möglichkeit gegeben, dass Eltern und Kinder im Idealfall durch unterschiedliche Erfahrungen gegenseitig voneinander lernen. Ebenso kann dies von allen Familienmitgliedern zum Anlass genommen werden, gemeinsam Regeln für den Mediengebrauch im Familienalltag zu entwickeln. Denn „nur so können [die Regeln] von allen verstanden und eingehalten werden“, konstatieren die Expertinnen und Experten von Saferinternet. Eltern müssen sich hierfür jedoch zunächst selbst „medienfit“ machen, indem sie sich erforderliches Wissen aneignen. Der Ratgeber ist hierfür ein guter Impulsgeber, jedoch könnte er mehr an seine Leserinnen und Leser nahelegen, dass seine Lektüre kein kontinuierliches Engagement der Erziehungsberechtigten ersetzt, sich mit der Mediennutzung der Heranwachsenden auseinanderzusetzen. Zudem bedarf es darüber hinaus medienerzieherischer Weiterbildungsangebote etwa durch Kindertagesstätten oder Schulen, die sich speziell an den Bedürfnissen von Familien orientieren.
Die medienpädagogisch brisante Frage, wann ein Kind sein eigenes Smartphone bekommen soll, diskutieren die Autorinnen und Autoren im fünften Kapitel und appellieren dankenswerterweise auch an medienkompetentes Handeln der Eltern innerhalb des eigenen Umgangs mit den mobilen Endgeräten. So sind Mütter oder Väter im alltäglichen Leben zu sehen, die dem Smartphone mehr Aufmerksamkeit schenken als der Erziehung. Doch kleine Kinder benötigen der Broschüre zufolge direkten Kontakt und Zuwendung: „Der direkte Kontakt zu den Kindern ist wichtig, um eine Bindung mit ihnen aufzubauen. Vor allem die Jüngsten nehmen die Handys der Eltern oft als Konkurrenz wahr.“
Neben Smartphone und Computer berücksichtigt die Publikation die verschiedenen Facetten des Fernsehens im digitalen Zeitalter, darunter Videoplattformen, Mediatheken oder Apps für mobile Endgeräte, die das klassische TV-Gerät ergänzen oder gar ersetzen. Vor allem YouTube fasziniert Kinder und Jugendliche besonders, wie auch die JIM-Studie 2018 bestätigt. Dabei versuchen inzwischen viele Kinder und Jugendliche, neben der Rezeption der Videos, ihren Idolen auch nachzueifern und manche von ihnen sehen ihre eigene Zukunft im ‚Traumberuf YouTuber‘. Aus diesem Grund widmet sich das dritte Kapitel des Bandes der Frage, wie Eltern mit diesen Berufswünschen pädagogisch adäquat umgehen können. Der Schutz der Privatsphäre des Kindes selbst sowie aller Familienmitglieder müsse dabei oberste Priorität besitzen. Als Kritikpunkt ist hier anzumerken, dass die erzieherische Dimension des in (Medien-)Pädagogik und Medienethik umstrittenen Influencer-Marketings unberücksichtigt bleibt. Bisweilen erfolgt dies auch auf Initiative der Eltern, indem sie ihren Nachwuchs vor laufender Kamera etwa zum Testen von Spielzeug animieren.
Medien in der Familie ist in gedruckter Form erhältlich oder online abrufbar. Die Handreichung ist eine von vielen Angeboten rund um Medienerziehung der Initiative Saferinternet, diemit dem gleichnamigen InternetportalImpulse für die medienpädagogische Arbeit liefern. Die Expertinnen und Experten möchten darin Lehrende, Eltern, Kinder und Jugendliche, Fachkräfte in der Jugendarbeit wie auch Seniorinnen und Senioren bei einem sicheren, kompetenten, reflektierten und verantwortungsvollen Umgang mit (digitalen) Medien unterstützen.
Die neuerschienene Handreichung ist daher größtenteils am Puls des digitalen Zeitalters und zeichnet sich durch Tipps sowie konkrete Hilfestellungen für viele Alltagssituationen aus. Sie richtet sich an Familien, die Medien wie Computer, Smartphone oder Fernseher selbstverständlich in ihren Alltag integrieren. Zugleich bezieht sie jene mit ein, die diesen eher kritisch gegenüberstehen,
Zu empfehlen ist Medien in der Familie allen Erziehenden und jenen Multiplikatorinnen sowie Multiplikatoren, die mit Kindern, Jugendlichen sowie deren Familienangehörigen pädagogisch arbeiten. Darüber hinaus können Studierende der Medienpädagogik und Erziehungswissenschaften Impulse für eine praxisbezogene Medienerziehung beziehen.
Beitrag aus Heft »2019/04 Making und Medienpädagogik«
Autor: Heinrike Paulus
Beitrag als PDFEinzelansichtDana Neuleitner: Fleischer, Sandra/Hajok, Daniel (Hrsg.) (2019). Medienerziehung in der digitalen Welt. Grundlagen und Konzepte für Familie, Kita, Schule und Soziale Arbeit. Stuttgart: Kohlhammer. 217 S., 29 €.
Fleischer, Sandra/Hajok, Daniel (Hrsg.) (2019). Medienerziehung in der digitalen Welt. Grundlagen und Konzepte für Familie, Kita, Schule und Soziale Arbeit. Stuttgart: Kohlhammer. 217 S., 29 €.
Wie funktioniert Medienerziehung in der digitalen Welt? Zur Beantwortung der Fragen beginnt die Publikation – herausgegeben von Sandra Fleischer und Daniel Hajok – mit Grundlagen der Medienerziehung und baut darauf einen guten Überblick über das breite Spektrum der Medienerziehung auf – von Familie über Kita bis Schule. So werden verschiedene Zugänge zu einer angemessenen Medienerziehung aufgezeigt. Anhand von Studienergebnissen wird auf die Mediennutzung Heranwachsender und auf rechtliche Grundlagen eingegangen, was – neben einem Kapitel zu verschiedenen Medienerziehungsmustern von Eltern – besonders Studierenden einschlägiger Fachrichtungen eine fundierte theoretische Grundlage bietet. Auch werden smarte und vernetzte Spielzeuge kritisch betrachtet und einige Beispiele kurz vorgestellt; diese werden jedoch leider nicht auf ihre pädagogische Einsetzbarkeit hin bewertet. Es folgt ein Beitrag über Medienerziehung in der Kita, in dem für pädagogische Fachkräfte interessante Vorschläge unter anderem zur Integration von Medien gegeben werden. Ein Plädoyer gegen die Unterscheidung virtueller und realer Erfahrungswelten hebt die Wichtigkeit des Berufs der Medienpädagoginnen und -pädagogen hervor. Neben einer hilfreichen Einführung in Open Educational Resources liefern die Autorinnen und Autoren viele praktisch umsetzbare Ideen und Anreize zur Medien- und Filmbildung sowie Projektvorschläge etwa für die Unterrichtsfächer Ethik und Sachkunde in der Grundschule. Auch Probleme und Herausforderungen in der Medienerziehung werden nicht außer Acht gelassen. Den Abschluss bildet eine detaillierte Auflistung ausgewählter Internetangebote zur Medienerziehung, die sich an verschiedene Zielgruppen richten. Lesenden bietet das die Möglichkeit, ihr erworbenes Wissen direkt umzusetzen.
Da in Medienerziehung in der digitalen Welt ein breites Spektrum abgebildet wird, können die einzelnen Kapitel teils nur einen Einblick in das jeweilige Feld geben. Lesende erhalten so jedoch einen guten Überblick. Durch seine sehr gut verständlichen theoretischen Inhalte sowie viele Beispiele ist der Band sowohl für pädagogische Fachkräfte als auch für Studierende der Medien oder der Sozialen Arbeit geeignet und bietet Anreize für die formale wie auch die informelle Bildung.
Beitrag aus Heft »2019/04 Making und Medienpädagogik«
Autor: Dana Neuleitner
Beitrag als PDFEinzelansichtKira Thiel: Müller, Patricia (2019). Social Media und Wissensklüfte. Nachrichtennutzung und politische Informiertheit junger Menschen. Wiesbaden: Springer VS. 347 S., 49,99 €.
Müller, Patricia (2019). Social Media und Wissensklüfte. Nachrichtennutzung und politische Informiertheit junger Menschen. Wiesbaden: Springer VS. 347 S., 49,99 €.
Das Nachrichtennutzungsverhalten junger Menschen hat sich in den vergangenen Jahren stark gewandelt. Im digitalen Zeitalter werden Nachrichteninhalte nicht mehr nur über traditionelle Kanäle wie (Tages-)Zeitungen, Zeitschriften, das Fernsehen oder Radio, sondern immer häufiger auch online rezipiert. Insbesondere soziale Netzwerke gewinnen dabei als alternative Nachrichtenquellen an Bedeutung. Vor dem Hintergrund algorithmisch-personalisierter Newsfeeds auf Facebook, Twitter und Co. geht Patricia Müller in der gekürzten und überarbeiteten Fassung ihrer bereits 2017 verfassten Dissertation der Frage nach, ob und wie sich das veränderte Informationsverhalten auf den politischen Wissenserwerb Jugendlicher im Alter zwischen 16 und 29 Jahren auswirkt. Anknüpfend an die traditionsreiche Wissenskluftforschung untersucht sie mittels einer zweiwelligen Panelbefragung motivationale, kognitive, soziale und kommunikative Einflüsse auf die Entwicklung nachrichtenbezogener Wissensklüfte.
Die Studie identifiziert fünf Nachrichtennutzungstypen, die sich erwartungsgemäß sowohl in ihrem politischen Vor- und Themenwissen als auch in ihrer Fähigkeit und Praxis der Informationsverarbeitung unterscheiden. Bei der Betrachtung der Befunde ist zu berücksichtigen, dass die Datenerhebung bereits 2012/13 erfolgt ist. Mit Blick auf die Schnelllebigkeit digitaler Plattformen sollten daher die Aktualität und Relevanz der Ergebnisse kritisch hinterfragt werden. Nichtsdestotrotz bietet die Publikation sowohl theoretisch als auch empirisch eine sorgfältige Auseinandersetzung mit der relevanten Thematik der OnlineNachrichtennutzung.
Im sogenannten postfaktischen Zeitalter erfordert die Nachrichtenrezeption auf Social Media mehr denn je eine ausgeprägte Quellenkompetenz der Nutzerinnen und Nutzer. Der systematisch aufbereitete Überblick über das nachrichtenbezogene Medienhandeln junger Menschen ermöglicht ein tiefergehendes Verständnis für die zugrundeliegenden Dynamiken und kann medienpädagogischen Fachkräften bei der Konzeption einschlägiger Praxisprojekte als theoretische Grundlage dienen. Zudem werden Anknüpfungspunkte für weiterführende kommunikations- und medienwissenschaftliche Forschung aufgezeigt, die durchaus lohnenswert erscheinen.
Beitrag aus Heft »2019/04 Making und Medienpädagogik«
Autor: Kira Thiel
Beitrag als PDFEinzelansichtSophie Strasser: Rath, Matthias/Krotz, Friedrich/Karmasin, Matthias (Hrsg.) (2019). Maschinenethik. Normative Grenzen autonomer Systeme. Wiesbaden: Springer VS. 261 S., 49,99 €
Rath, Matthias/Krotz, Friedrich/Karmasin, Matthias (Hrsg.) (2019). Maschinenethik. Normative Grenzenautonomer Systeme. Wiesbaden: Springer VS. 261 S., 49,99 €
Angesichts der sich wandelnden technologischen Möglichkeiten, die nahezu alle gesellschaftlichen Bereiche durchdringen, und voranschreitenden Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz ist auch das Verhältnis von Mensch und Maschine neu zu bestimmen. Denn Robotik, Maschinelles Lernen und autonome Algorithmen eröffnen auch ethische Herausforderungen in Bezug auf Verantwortlichkeit, Autonomie und Moral. Diesem Themenfeld widmet sich der Band Maschinenethik, herausgegeben von Matthias Rath, Friedrich Krotz und Matthias Karmasin.
Drohnen mit Tötungsabsicht, selbstfahrende Autos, Roboterhunde und vernetzte Diagnosesysteme sind nur einige Beispiele der Autorinnen und Autoren, die das Spannungsfeld in insgesamt 15 Beiträgen aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchten. Im ersten Teil des Bansdes verschaffen grundsätzliche Überlegungen zur Notwendigkeit einer neuen Ethik von Maschinen der Leserschaft einen verständlichen Einstieg in die komplexe Thematik. Eine kritische Reflexion der Herausforderungen maschinenethischer Betrachtungen findet im zweiten Teil der Publikation statt. In der Diskussion der Handlungsfähigkeit und Verantwortlichkeit von Maschinen verbleiben die Autorinnen und Autoren zwar teilweise auf einer abstrakten argumentativen Ebene, dennoch werden die Thesen und Erkenntnisse aufgrund von systematisch strukturierten Texten, grundlegenden begrifflichen Definitionen und den Rekurs auf aktuelle empirischer Beobachtungen für eine breitere Zielgruppe zugänglich. Abschließend erfolgt im dritten Teil eine Ethikbegründung im Hinblick auf den Geltungsbereich und die Argumentationslogik, wobei auch metaethische und ethikübergreifende Aspekte wie Anthropologie, Logik und Handlungstheorie thematisiert werden. Die Autorinnen und Autoren scheinen sich insgesamt weitgehend über die Grenzen autonomer Systeme einig zu sein, allerdings werden Perspektiven und Lösungsvorschläge dennoch nur ansatzweise skizziert.
Das interdisziplinär ausgerichtete Herausgeberwerk richtet sich an Studierende sowie Lehrende der Kommunikations- und Medienwissenschaft, Medienethik und der Informatik. Um der durchaus anspruchsvollen Argumentation folgen zu können, sind Vorkenntnisse in den Bereichen der Philosophie, Medienwissenschaft, Soziologie oder Informatik empfehlenswert.
Beitrag aus Heft »2019/04 Making und Medienpädagogik«
Autor: Sophie Strasser
Beitrag als PDFEinzelansichtHeinrike Paulus: Rieß, Johanna (2019). Internet in Nairobi, Kenia. Medienaneignung als Konstruktion. Bielefeld: transcript. 318 S., 39,99 €.
Rieß, Johanna (2019). Internet in Nairobi, Kenia. Medienaneignung als Konstruktion. Bielefeld: transcript. 318 S., 39,99 €.
Viele Bilder, die den Weg von Afrika nach Europa finden, beschreiben den Kontinent anhand von Stereotypen, die diesen wie eine zukunftslose Ödnis erscheinen lassen: Kriegszerstörte Häuser, korrupte Regime und Zugang zum Internet scheinen demnach keine Selbstverständlichkeit zu sein.
In ihrem Forschungsband widerlegt die Autorin Johanna Rieß am Bespiel der kenianischen Hauptstadt Nairobi diese Vorurteile im Hinblick auf die voranschreitende Digitalisierung. Die Projektmanagerin, Redakteurin und Medienanalystin verdeutlicht damit, dass die seit den 1990er-Jahren vorherrschenden Ansätze des Digital Divide – auch als digitale Kluft bekannt – inzwischen als überholt anzusehen sind.
Rieß untersucht im Rahmen einer explorativen Feldforschung Formen konstruktivistischer Internetaneignung von Nutzerinnen und Nutzern aus drei Internetcafés aus verschiedenen Stadtteilen der kenianischen Hauptstadt Nairobi. Diese so herausgearbeiteten „Modi der Internetaneignung“ lassen auf ein konkretes Nutzerverhalten schließen. Zudem können auch die Einstellungen und Interpretationen der Nutzenden berücksichtigt werden. Bewusst klammert sie dabei den entwicklungspsychologischen Nutzen des Internets aus. Von zentraler Bedeutung ist in ihrer neun Kapitel umfassenden Untersuchung die Digitalisierungsgeschichte Kenias aus der Perspektive der sozialen Konstruktion von Technologie. Ausführlich beschreibt die Autorin den von ihr gewählten Forschungsstil der Grounded Theory, wonach sie die einzelnen Phasen der biographischen Aneignung von Internet- und Computertechnologie eingehend erläutert.
Durch die interdisziplinäre Herangehensweise werden differenzierte Perspektiven auf den Mediengebrauch in Kenia und somit einer anderen Weltregion eröffnet, was zugleich zur Internationalisierung der Medienwissenschaft beiträgt. Neue internationale Zusammenhänge werden in einem Themenfeld aufbereitet und eingeordnet, das von ständigen Veränderungen und rasanten Entwicklungen geprägt ist. Daher ist die Lektüre des Bands vor allem Forschenden und Studierenden der Disziplinen Kommunikationswissenschaft und Medienwissenschaft sowie Erziehungswissenschaft zu empfehlen.
Beitrag aus Heft »2019/04 Making und Medienpädagogik«
Autor: Heinrike Paulus
Beitrag als PDFEinzelansichtAndré Golling: Stüwe, Gerd/Ermel Nicole (2019). Lehrbuch Soziale Arbeit und Digitalisierung. Weinheim/Basel: Beltz Juventa. 288 S., 14,95 €.
Stüwe, Gerd/Ermel Nicole (2019). Lehrbuch Soziale Arbeit und Digitalisierung. Weinheim/Basel: Beltz Juventa. 288 S., 14,95 €.
Das Einbeziehen digitaler Medien bringt auch im Bereich der Sozialen Arbeit viele Herausforderungen mit sich, denen sich die Akteurinnen und Akteure aber stellen müssen. Das Lehrbuch Soziale Arbeit und Digitalisierung von Gerd Stüwe und Nicole Ermel zeigt dies detailliert auf.
Dazu setzt sich das Autorenteam zu Beginn theoretisch mit dem Professionsverständnis Sozialer Arbeit auseinander, was im Kontext zu digitalbasierten Anwendungen steht. Lebensweltorientiertes Handeln und der praktische Bezug auf das Individuum mit all seinen Lebenszusammenhängen stehen im Vordergrund sozialen, professionellen Helfens. Auch Empathie, Ressourcenorientierung und der Beziehungsaufbau zur Klientin bzw. zum Klienten sind wesentliche Bestandteile Sozialer Arbeit. Dies steht im Kontrast zu digitalbasierter Praxis, da lediglich die Rekonstruktion des Zusammenhangs von lebenspraktischen Handlungen übermittelt werden kann. Die Soziale Arbeit hat sich demnach Herausforderungen zu stellen, um angemessen digital auftreten zu können.
Dennoch gibt es auch bereits Arbeitsfelder der Pädagogik mit starkem medialem Bezug. Neben der Medienpädagogik und der zunehmenden Anwendung neuer Medien im Bildungssektor beginnt sich allmählich die ‚Digitale Kinder- und Jugendarbeit‘ durchzusetzen. Aufgrund ihres hohen Stellenwerts für Jugendliche sollte der Gebrauch von digitalen Medien in allen Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe konzeptionell fest verankert werden. Auch Online-Beratung erhält vermehrt Einzug in die Soziale Arbeit. Darunter zählen Angebote wie Chat- und E-Mail-Beratung sowie Beratung in Foren. Von großer Bedeutung ist bei all dem, dass die Soziale Arbeit ihren Grundsätzen und Selbstverständnissen treu bleibt und sich an ihre ethischen Prinzipien hält. Stüwe und Ermel gehen darauf tiefgreifend und allumfassend ein.
Die Publikation bietet eine aussagekräftige Darstellung zum aktuellen Entwicklungsstand – und ist damit ein Lehrbuch und zugleich eine Ermunterung an alle Fachkräfte der Sozialen Arbeit. Hinweise, Vorschläge, Warnungen und Vorgehensweisen werden ausführlich erläutert und gut verständlich aufgeführt. Vor allem werden aber die Bedeutung und Dringlichkeit deutlich, dass die Soziale Arbeit ihr Handlungsrepertoire zukunftsorientiert, also digital erweitern und sich dem gesamtgesellschaftlichen Wandel anpassen muss.
Beitrag aus Heft »2019/04 Making und Medienpädagogik«
Autor: André Golling
Beitrag als PDFEinzelansichtSophie Strasser: von Gross, Friederike/Röllecke, Renate (Hrsg.) (2019). Instagram und YouTubeder (Pre-)Teens. Inspiration, Beeinflussung, Teilhabe. Dieter Baacke Preis Handbuch Bd. 14. München: kopaed. 175 S., 18,00 €.
von Gross, Friederike/Röllecke, Renate (Hrsg.) (2019). Instagram und YouTubeder (Pre-)Teens. Inspiration, Beeinflussung, Teilhabe. Dieter Baacke Preis Handbuch Bd. 14. München: kopaed. 175 S., 18,00 €.
Social Media-Plattformen sind ein wesentlicher Bestandteil der Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen. Instagram, YouTube, Snapchat und TikTok zählen längst zu etablierten Möglichkeiten der Kommunikation, Inspiration, Information und Teilhabe – und stellen damit zentrale Erfahrungsräume von Heranwachsenden dar. Auch viele sehr junge Nutzerinnen und Nutzer sind mit den Apps scheinbar bestens vertraut, obwohl sie oft nicht zur Zielgruppe gehören und das eigentlich vorgegebene Mindestalter teilweise noch nicht erreicht haben. Ein explizites Anliegen des 14. Dieter Baacke Preis Handbuch zu Instagram und YouTube der (Pre-)Teens. Inspiration, Beeinflussung, Teilhabe ist es daher, die Nutzung dieser Apps durch Unter-13-Jährige sichtbar zu machen. Neben der Sensibilisierung für Risiken sozialer Medien liegt der Schwerpunkt auf deren politischen, sozialen und kulturellen Dimensionen im Hinblick auf die Entwicklungsaufgaben sowie das medienkulturelle Handeln von Kindern und Jugendlichen.
Im ersten Teil regen Beiträge aus Forschung und Praxis zur theoretischen Auseinandersetzung einerseits sowie zur medienpädagogischen Umsetzung andererseits an. Durch die Reflexion der vielfältigen Potenziale von Social Media-Anwendungen wird die Begeisterung Jugendlicher dafür verstehbar gemacht. So gelingt es, junge Nutzerinnen und Nutzer bei einem sicheren und verantwortungsvollen Umgang zu begleiten. Gleichzeitig regen die Autorinnen und Autoren durchgehend zu einer kritischen Perspektive in Bezug auf Formate und Inhalte an, um die kompetente Mediennutzung Heranwachsender zu fördern. Im zweiten Teil berichten die Preisträgerinnen und Preisträger von der Umsetzung ihrer Projekte und den daraus gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnissen. Die entstandenen Film- und Fotoprojekte, Apps und Materialsammlungen greifen unter anderem die Themen Gaming, Robotik, Cybermobbing, Inklusion und Partizipation auf.
Das Handbuch eignet sich für medienpädagogisch Forschende sowie Fachkräfte aus der Praxis gleichermaßen. Neben vielfältigen und wertvollen Impulsen und Anknüpfungspunkten für die eigene pädagogische Arbeit liefert der Band fundierte Informationen über gegenwärtige Entwicklungen im Bereich digitalen Medienhandelns von (Pre-)Teens.
Beitrag aus Heft »2019/04 Making und Medienpädagogik«
Autor: Sophie Strasser
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kolumne
Klaus Lutz: Privater Lauschangriff
Seit meiner Jugend habe ich ein Laster – ich würde es mal meinen persönlichen großen Lauschangriff nennen. Immer wenn ich zum Beispiel in einem Café sitze, Zug fahre oder mit anderen Menschen auf die U-Bahn warte, kann ich mich nicht dagegen wehren, den Unterhaltungen anderer zu lauschen. Da gibt es überaus viel zu erfahren: Liebeserklärungen, Strategien, wie man Eltern dazu bringt, einem das neuste Handy zu kaufen, hochdramatische Trennungen, Kochrezepte oder welche Serien auf Netflix gerade so angesagt sind. Man kann auch versuchen, sein Englisch aufzubessern – vor allem in München am Bahnhof gibt es dazu viele Möglichkeiten. Oder man kann Fremdsprachen raten. Dazu muss man allerdings die fremden Menschen letztlich ansprechen und fragen, welche Sprache sie sprechen; das mache ich allerdings nur, wenn ich alleine unterwegs bin, denn meiner Familie ist derartiges Verhalten immer unglaublich peinlich. Mit der massenhaften Verbreitung des Handys wähnte ich mich im Paradies angekommen. Das öffentliche Telefonieren eröffnete mir nicht für möglich gehaltene, schier grenzenlose Gelegenheiten. Ganz ungeniert telefonierten viele Menschen in der Öffentlichkeit und die Gespräche waren auch noch aus größeren Entfernungen zu verstehen. Mit der Zeit telefonierten die Menschen jedoch immer seltener in der Öffentlichkeit. Schade! Seit es aber die Möglichkeiten gibt, mit WhatsApp-Sprachnachrichten zu versenden, kann ich meiner Leidenschaft wieder besser frönen. Kürzlich kam ich im ICE von München nach Nürnberg wieder einmal in den Genuss: Die Frau in der Sitzreihe vor mir hatte sich über ihre beste Freundin so geärgert, dass sie ihr gleich mehrere Sprachnachrichten per WhatsApp schickte. Denn: Ihre Freundin (eine gläubige Katholikin) war nicht bereit, die Taufpatenschaft für ihr Kind zu übernehmen, da sie der Meinung war, dass meine Mitfahrerin nicht fest genug im Glauben verankert sei. In mehreren Nachrichten kündigte die Zugfahrerin ihr nun die Freundschaft, wärmte alte Streitigkeiten auf und drohte damit, allen gemeinsamen Freunden von dieser Ungeheuerlichkeit zu berichten. Nach der Fahrkartenkontrolle war die junge Frau zwar auf schriftliche Kommunikation umgestiegen, was für mich allerdings kein Problem bedeutete, denn schließlich war der Spalt zwischen den Sitzen breit genug, um Mitlesen zu können. Nach einiger Zeit war die Kommunikation doch recht redundant und ich verlor die Lust am Mitlesen, weshalb ich mich Spotify zuwandte – für viele seit Jahren eine Selbstverständlichkeit, für mich eine absolute Neuentdeckung – und Cat Stevens anwählte. In Nürnberg stieg ich aus und lief beschwingt den Bahnsteig entlang, immer noch die Stöpsel im Ohr. Verwundert bemerkte ich, dass mich viele Leute anstarrten. Erst dachte ich: „Jetzt wissen alle, dass ich heimlich Leute belausche. Jetzt muss ich ins Exil.“ Dann sah ich die entsetzten Blicke meiner Familie, die mich am Bahnsteig erwartete. Mühsam brachte mein Sohn über die Lippen: „Vadder, hör auf zu singen. Du bist total peinlich.“ Mit hochrotem Kopf zog ich mir die Stöpsel mit dem Song „Father and Son“ aus den Ohren und schlich hinter meiner Familie vom Bahnsteig. Das Musikhören mit dem Handy muss ich wohl noch etwas üben.
Beitrag aus Heft »2019/04 Making und Medienpädagogik«
Autor: Klaus Lutz
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